wobei verschiedentlich Uebertretungen des Gesetzes über den Kinderschutz festzustel len waren. Deutschland , dasVolk ohne Raum", hat nicht mehr genug Menschen für die Anfor­derungen der Wehwirtschaft. Es erweist sich plötzlich als unterbevölkert; weit ent­fernt davon, Menschen abgeben zu kön nen, muss es Menschen aus dem Auslande heranziehen. Sein Raum reicht nicht nur für die deutschen Menschen reichlich aus, er ist für Hundertlausende von Ausländern ufnahmefähig. Raum ohne genug Volkl Das ist die Wirkung des fieberhaften Rüstungstempos. Aber es ist an sich keine neue Tatsache. Die rasche Entwicklung der deutschen Industrie erforderte in der Zeil nach 1880 in steigendem Masse die Heran­ziehung ausländischer Arbeiter. Die Land­wirtschaft brauchte tschechische, polnische und russische Wanderarbeiter, der Stras- senbau wurde zu einem grossen Teil von Italienern besorgt und in der Schwerindu­strie, namentlich im Kohlenbergbau, wur­den inländische und ausländische Polen unentbehrlich. Aehnlich wie in Frankreich , mussten gerade diese ausländischen Arbei­ter in Krisenzeiten die Hauptlast der Ar­beitslosigkeit tragen. Jetzt ist es wieder so weit. Obwohl den deutschen Landarbeitern die Freizügigkeit geraubt wurde, obwohl ein Teil früherer Landarbeiter zwangsweise aus den Städten auf das Land zurückgeführt wurde, trotz Einsatzes des Arbeitsdienstes und zeitweise von Militär für die Erntearbeiten, lässt sich der Arbeitsbedarf der Landwirtschaft in Deutschland selbst nicht mehr decken. Der Präsident der Arbeitslosenversicherungsan- slalt, Dr. Syrup, beziffert den Bedarf an ausländischen Landarbeitern, die herzuge­ben der deutsche Arbeitsmarkt nicht in der Lage sei, für dieses Erntejahr auf 200 000 Mann, nachdem bereits im Vorjahr 58 000 Ausländer eingesetzt worden waren. Nach­dem bereits mit Mussolini die Lieferung von 30 000 Italienern abgemacht worden ist, sollen weitere Kontingente aus Ungarn , Polen , Tschechoslowakei , Jugoslawien , Oesterreich und Holland kommen. Für die neue deutsche Wirtschaft ergibt sich aber da ein schwieriges Problem. Der Lohn dieser Arbeiter muss nämlich in fremder Währung transferiert werden, da jeder dieser Landorbeiter einmal seine Fa­milie in der Heimat erhalten und dann sei­ne Ersparnisse mitnehmen will. Herr Sy­rup beziffert die devisenmässigen Kosten für jeden ausländischen Landarbeiter in den neun Monaten, für die er sich ver­pflichtet, auf 350 Reichsmark. Die zwei­hunderttausend Landarbeiter erfordern al­so einen Devisenaufwand von 70 Millionen Reichmark, eine Summe, die dem von der Reichsbank ausgewiesenen Goldbestand ziemlich genau entspricht. Nachdem die deutscheErnährungsschlacht" mit ihren sehr geringen Ergebnissen zuerst an die Grenze der deutschen Arbeitsreserve ge- slossen ist, muss jetzt die Ergänzung die­ser Reserve aus dem Auslande die stets vorhandenen deutschen Devisenschwierig­keiten noch vermehren. Man sieht, die Au­tarkie lässt sich auf landwirtschaftlichem Gebiet nicht so leicht verwirklichen, wie die Hitler , Darre und Göring geträumt hatten. Damit ist zupleich ein Hauptpf eiler der deutschen Krdonialaqitation Deutschland brauche keine rungsmöglichkeiten, es bedarf der Einwan­derung. In den früheren deutschen Kolo­nien belief sich die Anzahl der Deutschen auf knapp zehntausend Köpfe. Schon in den Jahren vor dem Kriege gab es keine 'deutsche Massenauswanderung mehr. Die Deutschen gingen als Techniker, Kaufleute, zu einem geringen Teil auch als Monteure und qualifizierte Arbeiter ins Ausland und der Hauptteil ging nicht in die Kolonien, sondern in die Vereinigten Staaten , nach Südamerika und die englischen Dominien. Als selbständige Unternehmer oder höhere Angestellte förderten sie die Ausdehnung der Handelsbeziehungen mit dem Mutter lande und leisteten volkswirtschaftlich da­mit eine weit wichtigere und produktivere Tätigkeit als die Siedler in den Kolonien. Trotzdem hat bis in die jüngsten Zeiten ;lie nationalsozialistische Kolonialpropa­ganda die Rückgabe der deutschen Kolo­nien mit dem Argument bestritten, sie sei­en für die deutsche Auswanderung und für die produktive Betätigung der deut­ schen Arbeit unentbehrlich. Man kann sich denken, mit welcher Befriedigung die eng­lische und französische Presse jetzt auf len Arbeitermangel in Deutschland selbst hinweisen. Aber auch mit dem anderen Kolonialar­gument steht es nicht besser. Die Hitler- uropaganda versucht mit allen Mitteln, den Massen weiszumachen, dass die Wieder­erlangung der deutschen Kolonien sie von ill den Rohstoffnöten, die die Wehrwirt­schaft über sie verhängt hat, befreien wür­de. Auch diese Behauptung hält einer Nach­prüfung nicht stand. Die Propaganda legt zum Beispiel grosses Gewicht au den deut­ schen Einfuhrbedarf an Oelfrüehten. Nun betrug in den letzten vier Jahren die durch­schnittliche Einfuhr Deutschlands an Palm­kernen, Kopra und Erdnüssen rund 750 000 Tonnen, der Einfuhrbedarf an Palmöl rund 45 000 t. Die ehemaligen deutschen Kolo­nien liefern aber gegenwärtig nur 151 000 t. Palmkcrne, Kopra und Erdnüsse und rund 12 000 t. Palmöl. Wenn der ganze Export dieser Kolonien ausschliesslich nach Deutschland ginge, so könnte der Einfuhr­bedarf an den genannten Oelrohstoffen nur zu 20 Prozent und an Palmöl nur zu 27 Pro­zent gedeckt werden. Der deutsche Ein­fuhrbedarf an Oelfrüehten für Ernährung und technische Zwecke zusammengenom­men, liesse sich freilich aus den ehemali­gen deutschen Kolonien nur zu knapp 10 Prozent befriedigen. Die Versorgung des Dritten Reiches mit Oelrohstoffen würde durch die Rückgabe der Kolonien nur in sehr geringem Umfange erleichtert wer­den. Nicht viel anders steht es mit den Tex- litrohstoffen. Die Gesamtproduktion der ehemaligen deutschen Kolonien betrug 1935 an Wolle 9 200 t. Die gedrosselte Ein­fuhr Deutschlands dagegen 122 000 t. Die koloniale Produktion an Baumwolle war 12 000 t., die Einfuhr Deutschlands 210 000 Tonnen. Dabei sind die Aussichten für ei­ne Steigerung der kolonialen Produktion selbst bei grossen Kapitalaufwendungen recht ungünstig. Die klimatischen Verhält­nisse im ehemaligen Deutsch -Südweslafri- ka. dem einzigen Land, das für Wollpro­produktion in Frage kommt, lassen eine we- j sentliche Vermehrung des Schafbestandes Baumwollkultur mit allen Mitteln geför dert. In Deutsch-Ostafrika stieg auch die Baumwollproduktion von 1913 bis 1935 von 2 198 auf 9 980 t., in Togo von 503 auf 1 535 t. Immerhin liesse sich denken, dass sich in Deutsch-Ostafrika im Laufe von 15 Jahren die Produktion auf die Höhe des benachbarten Uganda , auf etwa 60 000 t. steigern liesse. Auch in Togo ist eine Pro duktionserhöhung auf 8 000 t. nicht aus geschlossen. Fünfzehn Jahre nach einer Wiedererlangung des alten Kolonialbesitzes könnte Deutschland nach Einsatz sehr grosser Mittel damit rechnen, ungefähr 75 000 t. Baumwolle im Bereich der Deut­ schen Markwährung zu erzeugen. Damit wären erst 25 Prozent der heule durchaus unzureichenden Einfuhr gedeckt. Zugleich würde sich ein nennenswerter Teil der so mühsam und kostspielig aufgebauten Zell- wollproduktion als Fehlinvestition erwei sen. Die Lügenhaftigkeit der deutschen Kolo nialpropaganda ist also offenkundig, wie die wenigen Beispiele, die sich beliebig vermehren Hessen , bezeugen. Es wird klar, dass die Rückgabe der afrikanischen Ko lonien an das verbündete Japan wird ja keine Forderung gestellt viel weniger ans wirtschaftlichen als aus militärischen Rücksichten gefordert wird. Hitler -Deutsch land will in der Flanke des englischen und französischen Kolonialbesitzes Fuss fassen, um zusammen mit Mussolini einerseits die englisch -französischen lebenswichtigen Seeverbindungen, andererseits zu Lande ih­ren Kolonialbesitz bedrohen zu können. Der Raum, um den es sich den deutschen Machthabern handelt, sind nicht die wirt­schaftlich armseligen früheren deutschen Kolonien, sondern es ist der strategische Raum, von dem aus später der Kampf um die neue Verteilung der Welt und ihre Reichtümer beginnen kann. Dr. Richard Kern. Cie�enseili�keit! Presselrelheil für Uculscbe In England Die Januarnummer desNineteenth Cen­tury", der repräsentativen englischen Zeit­schrift, enthält einen Aufsatz mit der Ueberschrift;The Principle of Collecti- vity in International Relations"(das Kollek­tivitätsprinzip in den internationalen Be­ziehungen). Als Verfasser zeichnet Konstan­ tin Freiherr von Neurath . Der hochoffi­zielle Leitartikler beschränkt sich- nicht dar­auf, die angebliche Fehlerhaftigkeit Völkerbundsverfassung und das aus Neurath spricht nicht von Frankreich . Aber er nimmt bei der Suche nach dem Sündenbock England und Deutschland aus­drücklich und feierlich aus. Da Sowjet­russland zu der Zeit, von der die SteUe des Artikels handelt, noch nicht Bundesmit­glied war, und da zugestandenermassen von den kleinen Mächten nicht die Rede ist, bleibt nur Frankreich übrig. Hier unter­nimmt es hin deutscher Staatsmann, in einer Spitzenzeitschrift der englischen Po­litik, gegen das mit England verbündete Frankreich den Vorwurf zu erheben, es ha­be die Organisation des Friedens in Euro­ pa sabotiert. Nebenbei nennt er die Völ­kerbundsidee ein Gemisch aus unerfüllba­ren Utopien, weltfremden Ideologien und selbstsüchtigen Zielen, die gleiche Idee, von der der englische Regierungschef vor we­niger als einem Monat erklärt hat, sie sei die tragende Idee der internationalen Kon­zentration Englands. Es ist eine eigene Sache um die Freiheit der Meinungsäusserung. Wir würden dem Aussenminister Eden empfehlen, zur Vor­nahme einer Gegenprobe einen Artikel mit entsprechend umgekehrtem Inhalt an eine repräsentative deutsche Zeitung oder Zeil­schrift einzusenden. Vom Kulturkampf. Der deutsche Katholi­zismus hat in seinen Bestrebungen, die Ju­gend festzuhalten, einen neuen schweren Rückschlag erlitten. Sämtliche katholische Jugendorganisationen in Bayern sind zwangsweise aufgelöst worden. Die katho­lische Jugend wird beschuldigt, sich in staatsfeindlichem Sinne betätigt zu haben. Die Begründung ist darauf angelegt, die Ju­gendverbände ausserhalb des vom Reichs­konkordat gewährten Schutzes zu stellen. Wahl-Ersatz. Am 31. Januar mussten alle deutschen Arbeiter in den Betrieben zu Ap­pellen antreten. Die Parole dafür lautete: Wir stehen zu Adolf Hitler ". Ob die Ar­beiter wirklich zu ihm stehen, darnach hat sie keiner gefragt. Diese Appelle sind der Ersatz für die abgeschafften Vertrauens­männerwahlen. Kommt davon. Ein Jude in Leipzig halte am vorigen ersten Mai die Hakenkreuzfah­ne herausgehängt. Er wurde wegenVer­letzung der deutschen Ehre" zu einem Mo­nat Gefängnis verurteilt. Aufgelöst. Auf Grund der Verordnung zum Schutze von Volk und Staat ist der Hamburger Männer- und FrauenchorVor­der(wärts" von 1909 für das Gebiet des Landes ihr(Hamburg aufgelöst worden,weil der drin- entspringende Versagen des Bundes in al-|gendo Verdacht der organisatorischen Zu-; len historischen Situationen der letzten:sammenfassung marxistischer Elemente in- zwei Jahrzehnte zu beleuchten, und ein Todesurteil über den Völkerbund auszu­sprechen. Er geht zu massiven Anklagen über; Viele Regierungen suchten ehrlich und in Treu und Glauben die effektive Organisation der internationalen Bezie­hungen zu erreichen. Sie stiessen auf kei­ne Gegenliebe bei einer Mächtegruppe, deren alleiniges Interesse es war. die Genfer Maschinerie zur Aufrechterhai nerhalb dieses Chors bestanden habe." Opferfeuer flammt! In Magdeburg soll zugunsten des Winterhilfswerks ein zehn Meter hoher Tempel errichtet werden, in, dessen Eingang auf einer Säule eine Opfer-, schale stehen wird. Jeder Besucher, der den Tempel betritt, soll hier zwanzig Pfen­nig in einen Automaten werfen. Im glei-! chen Augenblick soll das Opferfeuer auf- uicht zu. Etwas günstiger liegen die Dinge eingestürzt, hei Raumwolle. In Togo und Deutsch-Osl- Auswande--afrika haben die Mandalsregierungen diej tung des Status quo zu brauchen, und die; f,,a,nrae"- An d.en Kassenschaltern kann sich bei Ausbruch von Feindseligkeiten gegen eine Automatenquittung ein -Opfcrfeuer-Pass" entgegengenommen wer­den. der abtrennbare Ansichtspostkarten I enthält. die moralische Unterstützung und die praktische Hüfeleistuns» der Bundesmit glieder sichern wollte." Au«» iiieineiu Aotizbncta Jüngst las ich eine Verordnung, wonach es fortab in deutschen Wirtshäusern ge­stattet ist, Speisen, die ein Gast stehen ge­lassen hat, seinem Nachfolger zu servieren. Das überrascht nicht. Es liegt eine Uebertragung geistiger Prinzipien ins Ma­terielle vor. Geistig lebte der Nationalsozia. lismus seit jeher von Abfällen, die jedes saubere Denken voll Ekel verschmähte. Wilhelm Scherer , dessenDeutsche Lite­ raturgeschichte " einstmals in unzähligen Bücherschränken als Symbol der Bildung und Belesenheit des Eigners prangte, Wil­ helm Scherer hatte sich mit der Hart­näckigkeit des deutschen Professors in den Kopf gesetzt, das tiefste Wesen der deut sehen Natur zu ergründen. Endlich glaubte er es zu haben, und er formulierte es als die Hartnäckigkeit im Guten und Bösen", die(nach Tacitus ) von den alten Germanen alsTreue" bezeichnet wurde. Kaum hatte er dies veröffentlicht, da brach in Berlin (es war in den achtziger Jahren) mit Vehe­menz der Radauantisemitismus des Hofpre­diger Stöcker los. Scherer, der mit Virchow, Moinmsen u. a. die bekannteNotabeln"- Erklärung gegen das wüste Treiben unter zeichnete, äusserte in jenen Tagen, wie Georg Brandes berichtet hat, wehmütig am Stammtisch: Es geht mir wunderlich mit der Be­stimmung dessen, was da tiefst innen deutsch ist. Einmal glaubte ich, es wäre die grosse Leidenschaft. Dann meinte ich, es sei die Hartnäckigkeit. Früher wusste ich: unser Fluch ist der. weder Mass noch Ziel halten zu können. Jetzt weiss ich gar nicht mehr, was das Deut­ sche ist, Ich sehe allzuviel Rohheit." Ja, und was war schon das bisschen Radau der Stöcker und Konsorten gegen das Tobec'Jder braunen Horden Adolf Hit­ lers und Julius Streichers? Aus den Tagen der Kämpfe um Shanghai : Während die Chinesenstadt in Flammen steht, während die Granaten der japani­schen Kriegsschiffe ein Viertel nach dem andern in Asche legen, während ein Strom von verzweifelten Flüchtlingen sich in die Europäer -Konzessionen ergicsst, während die Leichen der Erschlagenen von den Flammen verzehrt werden, während alledem herrscht in den Hotel-Wolken­kratzern am Yangtse-Ufer Hochbetrieb. Im achten Stockwerk eines der Paläste(vor dem es in den ersten Tagen der Beschies- sung 150 Tote gegeben hat) befindet sich eine Bar. Nicht ein Plätzchen ist dort zu bekommen. Die Fenster geben nämlich freie Aussicht über den Fluss auf die bren­nende Chinesenstadt; man erkennt jeden Einschlag an der aufsteigenden Schult- und Rauchsäule. Mit Aussicht auf diese Schreck­nis tanzt eine mondäne Gesellschaft Nacht für Nacht bis zum Morgen. Während Tau sende sterben, klingen die Sektgläser, und vom anderen Ufer des Flusses bestrahlt der Flammenschein des Inferno die Tänzer, de­ren Körper allein vom Schweisse nass sind. Eine gewesene Kultur symbolisiert ihren Untergang. Keine Dichterphantasie kann den Totentanz des europäischen Kapitalis­mus drastischer malen. ** Abstimmungen in Diktaturländern sind eine recht lederne Sache. Keinem Diktator wollte es bisher gelingen, mehr als hun­dert Prozent der Stimmen auf sich zu ver­einigen, und gerade von da ab würde die Sache doch eigentlich erst inter­essieren! Wie man es auch machen kann, zeigte jüngst ein mit Genehmigung der japani­schen Kriegszensur versandter Artikel ei­nes europäischen Korrespondenten aus To­ kio : Er beginnt mit der imposanten Fest­stellung:Das japanische Volk steht zu hundert Prozent hinler seiner Regierung und ihrer Politik gegen China ." Hundert Prozent, das ist klar, das ist eindeutig. Daran ist nichts zu drehn und zu deuteln. Hundert Prozent das heisst: bis auf den letzten Kuli. Aber der Korre­spondent fährt fort: Allerdings gäbe es auch einige hundert Kommunisten... Ein ärgerlicher Schönheitsfehler, korrigiert durch die beruhigende Mitteilung, man ha­be sie sämtlich eingesperrt und so verhin­dert, dass ihre Agitation die Einheit des Volkes stören könnte. Jedoch, merkwürdig: die Regierung hat noch weitere Massnahmen ergriffen, damit die Anti-Kriegspropaganda nicht um sich greife. Hm, obwohl das Volkzu hundert Prozent" hinter der Regierung steht, ob­wohl diepaar hundert" Störenfriede eben­so restlos eingesperrt sind? In gewissen Fragen, so werden wir belehrt, lasse sich leider nicht mit hinreichender Deutlich­keit unterscheiden, ob eine Ansicht kom­munistisch, oder ob sie sozialdemokratisch oder ob sie bürgerlich-liberal sei. Deshalb habe die Regierung auch die Anhänger die­ser Anschauungen einer scharfen Sonder- Beobachtung unterworfen. Nun weiss man, wie eine Bevölkerung zu hundert Prozent" hinler ihrer Regie­rung und einem imperialistischen Raub­krieg steht. Als in einem Diktaturlande der Winter besonders hart und das Heizmaterial be­sonders knapp war, kam der Propaganda- Minister auf die rettende Idee: Auf seine Anordnung mussten sämtliche Thermome­terfabriken die Skalen so zur Quecksilber­säule einstellen, dass der Nullstrich bei fünf Grad Kälte zu liegen kam. Wer danach dennoch fror, kam als Nörgler ins Gefäng­nis. ** In einem unfreien Lande bloss zu lebe«. das allein ist schon lebensgefährlich' Man verwandelt sich aus einem lebenden Menschen, ehe man sichs versieht, in Menschenmaterial", und von da ab er­geht es einem wie dem sonstigen Altmate­rial: man wird eingestampft. ** Gewalt und Uebcrrcdung sind die beiden Gegenpole, von denen aus der Staat auf die Einzelnen wirkt. Gewalt erfordert stets den höheren Aufwand an Energie, dabei wirkt sie im Gegensatz zur Ueberredung J nur äusserlich und momentan. Gewalt dort angewendet, wo Ueberredung ausgereicht hätte, ist also ähnlich Energievergeudung- als ob der Eigner einer Segeljacht, die de* Wind im Rücken hat, das Segel einzieht und zu den Rudern greift. Daraus lässt sich umgekehrt schliesse«: Wo tatsächlich und ununterbrochen mf den Mitteln der Gewalt regiert wird, h«' die Ueberredung nicht gewirkt, besteht keine Ueberzeugung zu gunsten der Gewalt- ausübenden. Damit entlarvt sich die Be­hauptung von derallgemeinen freiwillige* Zustimmung", die alle Diktatoren zu g«' niessen vorgeben. Jonathan.