/ngegangen werden. Bei dieser Gelegenheit wollen wir die„Germania* daran erinner», daß das unselige DuellL a s s a l l e's von den Sozialdemokraten wohl psychologischerklärt, aber niemals vertheidigt worden ist.—Der Krach geht herum— der Krach geht herum,und die bürgerliche Gesellschaft hat zwar uicht den Muth,sich„umzuschauen", allein die Schläge„krachen" ihr aufden Rücken und auch auf den Schädel. Flüchtige Kassirer,Bankiers, die sich eine Kugel in den Kopf jagen, weil siesich„verspekulirt", purzelnde Banken, Geschäftsfallimenteen gros, Börsenpaniken— das sind so alltägliche, soallstündliche Nachrichten, daß sie gat keinen Eindruck mehrmachen. Und«mi mit dein neuen Jahr beginnt denn auchder S t a a t s b a n k e r o t t in Europa.Diesmal kommt der Gast aus Amerika— aus derargentinischen Republik, die voriges Jahr den Staats-bankerott erklärte. In Europa hat das kleine Portugalden Vortritt übernommen— seit dem 1. Januar des neuenJahres 1892 zahlt es die Zinsen der garantirten Eisenbahn-Obligationen nicht mehr, und von den direkten Staats-schulden auch nur d i e Zinsen, welche die Regierung zuzahlen— oder nicht z» zahlen— für gut findet. Kurz,der richtige, echte Staatsbankrott, den wir übrigens schonvor mehreren Wochen voraussagten. In nicht viel bessererLage als Portugal ist das Nachbarland Spanien, dasebenfalls thatsächlich bankerott ist, und die Bankerott-e r k l ä r u n g wohl kaum noch lauge wird hinausschiebenkönnen.Noch früher als Spanien wird freilich vielleicht daS«R i e s e n r e i ch im Osten" dem Bankerott verfallen, der„Koloß mit thönernen Füßen", dessen Lage noch ver-zweifelter ist als die des Zwergstaats im äußersten Westenvon Europa. Tie letzte Anleihe hat bekanntlich ein somiserables Resultat ergeben, daß die völligen Zinsen kaumdavon gezahlt werden können, und nun sind infolge derHungersnoth und der Ausfuhrverbote auch die letzten Geld-quellen versiegt. Kredit hat das durch den Musterdespotis-mus gründlichst zu Grund gerichtete Land nicht mehr—die Regierung kann sich blos durch allerhand Taschen-spielerkunststückchen und Schwindeleien für den Augenblicknoch über Wasser halten— die K a t a st r o p h e ist abernicht mehr abzuwenden— die Finanzkatastrophe,der die p o l r t i s ch e Katastrophe zur Begleiterindienen wird.—Zur Naturgeschichte der Diplomatie. Bei denalten Griechen, die bekanntlich nicht auf den Kopf gefallenwaren und sehr„helle" sahen. war M e r k u r, u s derSchutzgott der Kaufleute und Diebe. Wenn die Griechenunsere moderne Staatsmannskunst geahnt hätten, würdensie den Diebs- und Kaufmannsgott sicherlich auch zum Gottder Diplomaten gemacht haben— aller guten Tingefind drei. Und da glaube man nicht, wir Sozialdemokratenhätten zuerst die Aehnlichkeit und Verwandtschaft entdeckt.Wie in vielen anderen Dingen haben wir hier Vorgängerund„berühmte Muster", denen wir als gelehrige Schülernur folgen. Eine kleine Geschichte möge das beweisen,die zwar etwas„pikant" ist, aber den Vorzug hat,wahr m sein. Also: Es war gegen Ende derZwanziger Jahre dieses Jahrhunderts. Die Russenhatten einen der üblichen Raubkriege gegen die Türkei be-gönnen, es ging ihnen jedoch, wie in den meisten dieserRaubkriege, sehr schlecht— sie erlitten Niederlagen überNiederlagen; und noch mehr als das Schwert der Türken setzteihnen dieDiebischkeit der Armeeverwaltung zu— statt Diebischkeit könnte man auch sagen: Diebitschkeit, denn der kom-wandirende Feldherr hieß Diebitsch. Tie armen Soldatenhatten Nichts zu essen— Alles wurde ihnen vor den spitz-bübischen Lieferanten und Kommandanten von demhungrigen Mund wegstiebitzt. ES war so arg, daß das da-malige„Väterchen" die Pateraugen nicht länger verschließenkonnte. Ein grimmiger Ukas erging. Ein Exempel solltestatuirt werden. Die Untersuchung, obgleich russisch ge-führt, d.h. von Spitzbuben gegen Spitzbuben, ergab unglaub-liche Unterschleife. Völliges Vertuschen war nicht möglich. Einerder Hauptschuldigen wurde zum Tode vernrtheilt. Vorder Hinrichtung ließ„Väterchen" sich die Prozeßaktenzur Einsicht kommen. Er ging sie gewissenhaft mit seinemLieblingsminister durch. Und das war eme interessanteLektüre. Ter Todeskandidat hatte seine Spitzbübereien nnt"nd strich sich mit der Hand über die Stirn, als wollte ereinen Einfluß von sich wegbannen, den er gegen seinenWillen auf sich einwirken fühlte.„Aber unser Gespräch," fuhr Iwan mit erhöhter Leb-haftigkeit fort,„hatte einen eifrigen Zuhörer; Elise folgteunseren Ausführungen mit steigendem Interesse; sie fühltewie wir, und ihre Blicke sprachen lebhaft mit. Das Weiterewissen Sie. Unsere Herzen hatten sich an diesem Abendegesunden; fester und immer fester knüpfte sich das Bandunserer Liebe, knüpfte sich das Band unserer Freundschaft,und befangen in dem Rausche dieser neuen, allmächtigenGefühle sagte ich mir wohl manchmal, daß es meine Pflichtsei, Euch ganz und voll die Wahrheit über meine persön-uchen Verhältnisse zu offenbaren, fürchtete aber doch dieUnruhe, die Besorgnisse, welche durch derartige Mit-thcilungen in Elijen's Herzen wachgerufen werden möchten,und über diese Furcht konnte ich bis zur Stunde noch nichthinwegkommen. Es war wohl Unrecht von niir, daß ichüberhaupt einmal zu einer Unwahrheit meine Zufluchtnahm, aber ich that es nicht aus böser Absicht; es warwohl nicht recht, daß ich so lange mit der Darlegung meinergisellschaftlichen Stellung zögerte, aber ich glaubte zögern zu'Nüssen. Können Sie mir das uicht nachseyen, Herr Barth,sv muß ich das um unserer Beider willen auf's Lebhaftestebedauern: vor meiner zweiten Richterin jedoch hoffe ichGnade zu finden."Der junge Buchdrucker schwieg, aber es kämpfte mächtigw seinem Innern.Iwan bemerkte es und, die Hand auf die Schulter desehemaligen Freundes legend, fügte er hinzu:�„Sie kämpfen mit sich selbst; ich will auf ihre Erwägungenleinen ungebührlichen Einfluß auszuüben versuchen; ivirwerden weitere Gelegenheit finden, uns auszusprechen, daSchicksal durch äußerlichen Zwang uns hier zusammen-....Ich kämpfe mit mir selbst, ja," erwiderte der Buch-rucker.„Ihre Ausführungen haben, das will ich Ihnengern zugestehen, manche Ursache zum Groll und Mißtrauennn mrr beseitigt, aber ein mit Theil Argwohn bleibt dochn seiner Seele zurück.(Fortsetzung folgt.)einem wahrhaft„genialen" Raffinement betrieben— so„genial", daß der Zorn gegen thn sich in Bewunderungvcrivandelte. Einen solchen Mann darf man nicht hin-richten, er hat das Zeug zu einem großen Diplomaten!Er hatte blos seinen Beruf verfehlt und was war natür-licher und logischer als der Gedanke, ihn seinem r i ch-t i g c n Beruf zuzuführen? Gedacht, gethan. Der Prozeßward in aller Stille niedergeschlagen, wie die meisten Pro-zesse dieser Art; der„geniale" Spitzbube wurde begnadigt,irgend einer entfernten Gesandtschaft zugetheilt und dann,nachdem Gras über die Sache gewachsen war, auf einen, seinentähigkeiten angemessenen Posten gestellt. Der begnadigtepitzbube ist einer der berühmte st en Diplo-maten der Neuzeit geworden. Sein Name sängt miteinem B an und endet mit einem w.Und woher wissen wir das Alles? Ein andererDiplomat, der aber kein Spitzbube war und mit dembetreffenden„genialen" Kollegen viel zu thun hatte, hat esder Welt verrathen. Auch dieser andere Diplomat, der sichspäter freilich einem weniger heiklen Berus zuwandte, ist einsehr bekannter Mann.—Korrespondenzen undVorteumchrichten.In Hagen Ü/W. tagte am 3. Januar eine sozial-demokratische Parteikonferenz für den Reichstags-Wahlkreis Hagen. Dieselbe war aus 9 Orten von 23 Delegirtenbesucht und verhandelte über die bisherige Taktik der Partei,sowie über die Punkte: Presse, Agitation und Organisation. ZuPunkt 1. wurde eine Resolution einstimmig angenommen, nachwelcher die bisherige Tatik beizubehalten ist und die Beschlüssedes Parteitages anerkannt wurden. Hinsichtlich der Presse beschloßman, bis zum 1. April an Stelle der bisherigen„HagenerArbeiterzeitung" welche ein Privatunternehmen der Frau Jeupin Gelsenkirchen ist, ein der Partei gehöriges dreimal wöchentlicherscheinendes Organ für den ganzen Wahlkreis zu schaffen, dessenVerlag sich in Hagen befindet, während der Druckin Dortmund durch die Buchdruckerei der„WestfälischenFreien Presse"' erfolgt. Zur Einführung des Blatteswurde eine Preßkommission gewählt. Betreffs der Agitationbeschloß man, in allen größeren Orten des Kreises Sammellistenfür gelesene Arbeiterblätter zu errichten, und bei günstigerWitterung Agitationstouren auf's Land zu machen und bei solchenGelegenheiten die gesammelten Blätter zu vertheilen. Auch sollso viel wie möglich durch Versammlungen agitirt werden. Eswurde auch betont, daß jeder einzelne Parteigenosse eine regereThäligkeit zu entfalten habe, damit nicht die Agitation wenigenGenossen allein überlassen bleibt, lieber die Organisation bestimmte man, daß überall da, wo sozialdemokratische Vereine nochnicht bestehen und die lokalen Verhältnisse deren Errichtung er-landen, solche gegründet werden müssen. Die Verhandlungen derKonferenz, welche die Zeit von Nachmittags 2 biS AbendsVeT Uhr in Anspruch nahmen, wurden mit einem begeisterndenHoch auf die Sozialdemokratie zum Abschluß gebracht. Mansieht: auch im Wahlkreise des„großen" Jrrlehrenmannes gehtes mit unserer Partei flott vorwärts. Trotz der Richter'schenIrrlehren und semer Zerrbilder wird das sreisinnige Bollwerkimmer morscher.»»Die Sozialdemokratie des Wahlkreises Nordhausenhielt ain 27. Dezember in N o r d h a n s e n eine P a r t e i v e r-s a m m l u n g ab, welche aus mehr als 20 Ortschaften von ins-gefammt SOV Personen besucht war. Dieselbe wurde durch einenmit stürmischem Beifall aufgenommenen Chorgesang des Gesang-Vereins„Vorwärts" eingeleitet, worauf Redakteur Hülle ausErfurt über die heutige Gesellschaftsordnung und die Ziele derSozialdemokratie unter großem Beifall der Versammlung sprach.An diesen Vortrag reihle sich eine vom Genossen Holzapfelgegebene Darlegung der wirthschaftlichen Verhältnisse der Tabak-arbeiter, Metallarbeiter, Weber und Landarbeiter des KreisesNordhausen, die mit der Aufforderung endete, alle Arbeitermöchten sich der gewerkschaftlichen und politischen Organisationanschließen, um durch dieselbe die sonst unmögliche Besserungihrer Lage herbeizuführen. Die Versammlung besmloß dann, daßder in Nordhausen bestehende Sozialdemokratische Wahlverein denTitel„Sozialdemokratischer Wahlverein des Reichstags-Wahl-kreises Norbhausen" annehmen solle, damit den ländlichen Ar-beitern Gelegenheit zum Beitritt gegeben werde, und hierauf folgteein Fest, das ohne jeden� Mißton verlief.Kassel, ö. Januar. Vorgestern hat in Melsungen derzweitehessis che Parteitag stattgefunden. Anwesend warengö Delcgirte ans 18 Ortschajten, welche sich auf 6 der 8 hessischenWahlkreise verlheilen. Nicht vertreten waren die beiden Wahl-kreise Fritzlar, Hornberg, Ziegenhain und Rotenburg, Hersfeld,Hünfeld. Dagegen befriedigte es allgemein, daß der schwärzesteder hessischen Wahlkreise, der Fuldaer Wahlkreis, durch 2 Delegirtevertreten war. Ueberhaupl muß den Fuldaer Genossen, so zungsie noch in der Bewegung stehen und so klein ihr Häuflein auchist. die Anerkennung gezollt werden, daß sie mit Ausdauer undZähigkeit der schwarzen Garde arge Kopfschmerzen bereiten.Tie Verhandlungen des Parteitages begannen Morgens II Uhrund dehnten sich mit Einschluß einer zweistündigen Mittagspaufebis Abends 8Vs Uhr aus. Die Verhandlungen wurden geleitet von denGenossen Pfannkuch und Brinkmann- Kassel als Vorsitzendem undKörner-EschwegeundPuth-FechenheimalsSchristführermDieTageL-ordnnng enthielt folgende Punkte: Berichterstattung der Telegirien,die Agitation, unsere Presse, Kenntnißnahme der Eschweger Vor-kommniffe, Vortrag und Diskussion über unser Programm.Wenn auch anerkannt wurde, daß die traurigen Erwerbsverhält-nisse der materiellen Seite der Bewegung nicht förderlich sind,so konnte man auderseils konslatiren, daß dieselben mächtigzur Entwickelung der Partei beitragen. Zur Betreibungeiner einheitlichen und planmäßigen Agitation wurde eine drei-gliederige Kommission mit dem Sitz in Kassel bestellt und der-selben Ermächtigung ertheill. behufs Aufbringung von MittelnWerthzeichen im Betrage von S und 10 Pfennig in Umlauf zusetzen. Das Vorgehen der Kasseler Genossen in Bezug des„Volksblatts" wurde einstimmig gebilligt. Die Preßkommissionzu bestellen übertrug man den Kasseler Genossen mit der Maß-gäbe, daß Preß- und Agitationskommission ihr Mandat bis zumnächsten ordentlichen hessischen Parteilag auszuüben habe». NachKenntnißnahme einiger Eschweger Streitigkeiten, wozu sich derParteitag nur auf ausdrücklichen Wunsch der Bethciligten bereiterklärte, mußte wegen der vorgerückten Zeit der letzte Punktunerledigt gelassen werden. Da die Erörterung über das Pro-gramni weniger des Parteitages bezw. der Delegirten halber alsvielmehr wegen der Melsunger jc. Landbevölkerung ans die Tages-ordnnng gesetzt war, soll dieselbe später tn einer nach Melsungeneinzuberufenden Volksversammlung nachgeholt werden. Nacheinem Resumä des Vorsitzenden wurde der Parteitag mlt einemHoch auf die Sozialdemokratie und dem Gesang der Marseillaisegeschlossen. Zur Sicherheit der Telegrrte» bezw, der Theilnehmerund zur Wabrung des ungestörten Forlganges der Verhandlungenwar eine außerordentlich starke Polizeimacht aufgeboten worden.So wenigstens wurde uns die Anwesenheil der zahlreichen Gen-bannen von einem der Herren in der liebenswürdigsten Weiseerklärt.««»Der unsere« Leser« sattsam bekannte Stiinterer,welcher seit Jahren schon im Londoner Kommunist»-schen Arbeiter-Bildungsverein bestrebt ist, Unruhezu stiften und die deutsche Sozialdemokratie zu lästern, hat jetztSukkurs aus Deutschland«halten. Der Photograph Drach-holz, welcher auch in Erfurt auf dem Parteitag war und vondort nach der Schweiz wanderte, ist jetzt in London eingetroffen.Dieser Herr ist aus Aerger darüber, daß der Parteivorstand seinAnerbieten, ihn mit der Landagitation in Pommern zu betrauenund entsprechend zu besolden, abgelehnt hat. zur Oppositionübergegangen. Als Oppositioneller hat Drachholz nun am19. v. M. im genannten Londoner Berein einen Vortrag gegendie deutsche Parteileitung gehalten und wurde darauf auch von denanwesenden 27 Mitgliedern mit 22 gegen S Stimmen eine Resolution angenommen, welche das„kurzsichtige Verhalten desErfurter Parteitags" vernrtheilt. Der bekannte radikale Sozialist,Anarchist und Gelegenheits-Korrespondent der„Possischen Zeitung"berichtet dieser unterm 3. Januar das welterschütternde Ereigniß,hütet sich aber wohl, die Zahl der Abstimmenden anzugeben, eunennt nur die Mitgliederzahl des Vereins: 200. Ebenso verschweigt der Korrespondent vorsichtig den Namen des Rednersund„Erfurter Delegirten". Er scheint eben doch selbst zu fühlen.daß mit Drachholz, der, als er in Erfurt einmal den Versuch zusprechen machte, nach den ersten Sätzen allgemein ausgelachtwurde, kein Slaat zu machen sei.Neiv-Pork, 25. Dezember.'Ein köstliches Dokument hat der„General-Werkmeister" des Ordens der„Knights of Labor" derOeffentlichkcit übergeben. Es ist darin„offiziell" und indrastischster Art das bestätigt, worauf ich in meinen Berichtenstets als auf die Ursache hingewiesen, von der die politischeOhnmacht der amerikanischen Arbeiter, wie überhaupt die That-fache herstammt, daß die Arbeiterklaffe dieses Landes noch nichtzur„Erkeimtniß ihrer Klassenlage" gekommen ist. Das Schrift-stück, ein Zirkular an die Ordensm»tglieder, ist deshalb werth,daß es in seinem wesentlichen Inhalt auch den europäische» Ar-beitern zur Kenntniß gelangt. Dasselbe beginnt:„Auf der Schwelle eines neuen Jahres«scheint es mir an-gemessen, einige wenige Worte über eine Sache an unsere Mit-zlieder zu richten, welche den Generalbeamten nicht wenig zuchaffen gemacht hat. Die Angelegenheit ist heikel, aber wir ver-ichern, daß nur die besten Interessen des ganzen Ordens unsveranlassen, jetzt das Wort zu ergreifen. Während der Präsident-schafts-Kampagne von 1883 verlor der Orden über 100 000 Mit-glieder, welche empört waren über die Handlungsweise hervor-ragender Mitglieder, die für einen oder den anderen Kandidatenin's Zeug gingen. Viele, die im Orden Aemtn bekleideten,warfen ihre Verpflichtungen bei Seite, um für die Kandi-baten ihrer Wahl") auf den Stnmp zu gehen. währendAndere, ohne ihre Aemter niederzulegen, politische Stellen an-nahmen und in öffentlichen Versammlungen damit prahlten, daßsie Beamte des Oroens seien. An vielen Orten wurde d er Ordendadurch kompromittirt, daß Lokal- und Distrikt> Assemblies sichfür die verschiedenen Parteien«klärten. Der ganze Orden wurdeals Rekrutirungsfeld für die Agenten beider Parteien benutzt.Unsere Assemblies wurden mit politischen Dokumenten undRednern überschwemmt. Der Orden wurde vom Mittelpunkt bisan seine äußersten Grenzen erschüttert; seine Existenz war bedrohtund viele Derjenigen, welche uns verließen, um sich einer oderder anderen politischen Partei anzuschließen, versicherten, daß derOrden jene Kampagne nicht überleben würde.— Es steht nichts inunseren Gesetzen, wodurch ein Mitglied daran verhindert werdenkönnte, die Kandidaten irgend ein« Partei zu empfehlen, unddie Generalbeamten denken nicht daran, die Rechte der Mitgliederin dieser Beziehung zu beeinträchtigen; aber wir erkennen dieGefahr, welche uns im nächsten Jahre droht, und wir forderndeshalb jedes einzelne Mitglied auf, zu bedenken, daß die Jnter-essen unserer großen industriellen Assoziation auf dem Spielestehen."Es folgen nun darauf bezügliche Vorschläge, worunter be-sonvers der, daß die Mitglieder bei den bevorstehenden Beamten-wählen nur solche Mitglieder wählen sollen, von denen fie sichersind, daß sie über dem Präsidenten-Wahlrummel rncht dieInteressen des Ordens vernachlässigen.— Man sieht, es handeltsich für Powderly nur darum, seinen Orden intakt zu halten;daß der in dem Zirkular geschilderte Zustand der Dingedie ganze Entwickelung der Arbeiterklasse hemmt, sie zum ewigen„Resonnanzboden" der kapitalistischen Parteien macht, scheint dem„großen" Arbeiterführer nicht bewußt zu sein. Auch vermeideter sorgfältig, aus den„Boodle" anzuspielen, welcher die eigent-liche Triebscd« für das verderbliche Treiben der geschilderten„Beamten" ist; er braucht da nur den unschuldigen Ausdruck,baß sie für die Kandidaten„ihrer Wahl" auf den Stnmp(ausAgitation) gegangen seien. Es wäre aber naiv, anzunehmen,daß Powderly glaube, jene Leute halten den Orden„von seinen,Mittelpunkt bis zu seiner äußersten Grenze erschüttert",um einem idealen Privatvergnügen nachzugehen. Er weißso gut wie andere Leute, daß die Kandidaten„ihrer Wahl" die Kandidaten der Partei sind, von derjene Stumpgänger für ihre Thätigkeit, die ihren besonderenWerth in dem Hinweis auf den Einfluß innerhalbder Arbeiterkreist hat— denn an Rednern und Agitatorensonstiger Art ist kein Mangel—, in„oassi"(Baar) oder mit a n-genehmen P ö st ch e n belohnt werden. Da„liegt der Haseim Pfeffer", und da wird er s» lange liegen bleiben, bis sich dieArbeitermassen von ihren Führern obigen Schlages emanzipirthaben.Warum sie daS nicht thun, nicht schon lange gethan haben?Nun, weil jene Cash- und Aemterjäger sammt den Arbeiter-führern ä la Powderly zwecks Ausrechterhaltung des für sie nachder einen oder anderen Richtung profitablen Zusiandes verhinderthaben und verhiudern, daß die Arbeiter über ihre wahrenInteressen aufgeklärt werde».«••Polizeiliches, Gerichtliches te.— Der Verleger der Magdeburger„Volks-stimm e" wurde vom dortigen Landgericht wegen einer angeb-lichen Verletzung des§ 130 des R. St. G. B., begangen tn einerRede über die Märzfei«, zu neun Monaten vernrtheilt und danneinige Wochen später in Untersuchungshaft genommen. Jetztbat das Reichsgericht das Urtheil ausgehoben, weil der ersteRichter fälschlicherweise die Regierung als eine Bevölkerungsklaffeim Sinne deS§ 130 genommen hat. Das Reichsgericht führtaus,„daß die Regierung oder die Regierenden nicht als Klassebetrachtet werden könnten, die anderen Klassen gegenüberzustellensei. Der§ 130 könne also in diesem Falle nicht angewendetwerden. Eine sofortige Freisprechung sel jedoch nicht erfolgt,weil in den inkriminirten Worten möglicherweise eine in andererRichtung strasbare Handlung zu«blicken sei."Genosse Meyer muß also weiter brummen, obwohl dasReichsgericht festgestellt hat, daß er des zuerst angenommenen Ver-gehcns sich nicht schuldig gemacht. Gelingt es nun den Magde-burger Richtern nicht,„in anderer Richlung" eine strafvare Hand-lung aus der Rebe heraus zu lüfteln, so kann Meyer zwar nichtbestraft werden, aber seine diversen Monate Gefängnisse hat«doch weg. Es lebe der Rechisstaat!— Redakteur H. Watermann von der„Nord-deutschen Volksstimme" hat am d. Januar eine zweimonatlicheGefängnißhaft angetreten.— Redakteur Bender vom„Offenbacher Abend-blatt" wurde von der Straskammer in Darmstadt wegen Be-leidigung des Mainzer Gouverneurs von Reibnitz zu vi«Wochen Gefängniß verurtheill. Der Staatsanwalt hatte SOOM.Geldstrafe beantragt.*)„Ihrer Wahl" ist gut! D. E.