Nr. S.
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Vorwärts
9. Jahrg.
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Seen Sprech- Anschlu Amt VI, r. 4106.
Redaktion: Beuth- Straße 2.
Väterliches Regiment und Gesinde- Ordnung.
Sonntag, den 10. Januar 1892.
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Expedition: Beuth- Straße 3.
Nur in Einem größeren Staate besteht gegenwärtig der Rest frisch aufgeputzt und das ganze System der Gefindes noch das„ väterliche Regiment": in Rußland . Be steht? Ordnungen dauernd befestigt werden. Nein! Es liegt am Boden, moralisch zerschmettert, Solchen Reformpfuschereien kann die Sozialdemokratie niedergedonnert, rathlos, bankrott. Der Landesvater, der dort nimmermehr ihre Zustimmung geben. Die Gesinde Der Racker von Staat", als wohlbestallter Kommis in dem Musterlande des väterlichen Regiments, offiziell„ das Ordnungen müssen a 13 so I che vollständig beseitigt werden. oder unseretwegen auch Hausmeier der gerade herrschenden Väterchen" heißt, der liebende Bater, das geliebte Bäterchen" Daß die väterliche Gewalt, welche man in allen gebildeten Klassen, Stände und Parteien hat sich den beherrschten hat für seine Kinder" so väterlich gesorgt und so weise ihr Staaten aus Rücksichten des Gemeinwohls den Fürsten Klassen und Massen stets als ein höheres Wesen auf- Wohl bedacht, daß sie, die kindlich der im„ heiligen Baren" entziehen mußte, jedem beliebigen Bauer und Bourgeois, zuspielen geliebt und demgemäß die Unterthanen" als verkörperten Vorsehung vertraut hatten, jetzt millionen- der sich„ Gesinde" anschaffen kann, gewährt werden soll- untergeordnete Wesen betrachtet und behandelt. Die Re- weise hungern müssen, und tausendweise verhungern, und das ist einfach Aberwi. gierungen, als persönlicher Ausdruck des Staates, verbreiteten daß das ganze riesenhafte Musterland des väterlichen in früheren Zeiten, wo das Volk noch an übernatürliche Regiments der Anarchie verfallen ist, und unaushaltsam einer Gewalten und an einen direkten Verkehr der Menschen mit ungeheuren Katastrophe zustürmt. ihnen glaubte, das heute von jedem aufgeklärten und dentfähigen Menschen verlachte Märchen, die Behörden" als Regierungssystem in dem letzten Staat, der es noch geUnd diesen Augenblick, wo das väterliche Regiment" feien von Gott eingesetzt. Die Sagenkönige der vorgeschicht duldet hat, dem Drachen der Revolution, den es in seinem lichen Zeit haben durchweg einen göttlichen Ursprung, blöden unverstand und seiner tollen Verblendung herauf- Politische Lebersicht.
Familie
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Hier gilt es: nicht flicken. Auf alte morsche Lumpen setzt man fein frisches Zeug. Fort mit den Zumpen! Weg mit den Gesinde Ordnungen!
und der Gedanke des Königthums von Gottesguaden" und des„ göttlichen Rechts der Könige" spukt noch wacht der Erde beschworen, in den Rachen rennt, und durch keine Berlin , den 8. Januar. der Erde mehr vor dem Untergang bis in die neueste Zeit. Der König ist nach dieser wahrt werden fann, diesen Augenblick Vorstellung der Vertreter und Bevollmächtigte Gottes Unter dem neuen Kurs erregt Aufsehen das gegen das den Grafen Limburg- Stirum , ehemaligen preußis auf Erden und was ist näher liegend, als daß nuzen deutsche Regierungen zu einem Versuch, der Vertreter des himmlischen Vaters sich nun auch selber väterliche Regiment" auf dem einzigen Gebiet, wo es sich schen Gesandten und zur Zeit Führer der konservativen Fraktion im preußischen Abgeordnetenhaus eröffnete höchsteigenpersönlich seinen„ Unterthanen" gegenüber als in Deutschland noch erhalten hat, aufzufrischen und neu Bater" fühlt? Ganz logisch und natürlich entwickelte sich Gesinde- Ordnungen. Die Arbeiter und Arbeite- verträge in der„ Kreuz- Zeitung ". Als Beamter zur Dispozu beleben wir meinen die patriarchalische Ordnung der Disziplinarverfahren wegen eines Artikels gegen die Handelsfo aus dem Königthum von Gottesgnaden das väterliche rinnen, welche als sogenanntes„ Gesinde" in Stadt und Land fition unterliegt Graf Limburg dem preußischen DisziplinarKönigthum, der patriarchalische- d. h. wörtlich übersetzt: leben und sich des, in den meisten Fällen sehr zweifelhaften geſetz. Das Aufsehen darüber gründet sich einestheils darauf, väterlich herrschende Despotismus. Der Staat ist eine große Bortheils erfreuen, bei den„ Herrschaften" zu wohnen, sind daß der unbedeutenden Persönlichkeit des ehemals Weimar der Monarch, unterſtützt von den Rathgebern, in Deutschland unter Ausnahmegesete gestellt, die schen Gesandten und seinen Auslassungen ein solches Gewicht Wille Anderer gegeben hat, ist der Vater, der über die Gesinde- Ordnungen" heißen. Sie müssen arbeiten, wie beigelegt wird, und dann auch weil eine derartige VerUnterthanen, feine Kinder, mit väterliche Liebe, Weisheit riegelt, wie andere Lohnarbeiter, ja, fie sind unter allen dem jezigen Kanzler neu erscheint. Herr v. Caprivi dis andere Lohnarbeiter, sie werden ausgebeutet und geschuh- folgung, wie sie unter Bismarck gang und gäbe war, unter und Autorität herrscht. Noch in den Vierziger Jahren Arbeitern diejenigen, welche am meisten ausgebeutet, kreditirt durch das Verfahren gegen den Grafen Limburg nur war Deutschland die fromme Kinderstube", in der die am rohesten tyrannisirt werden wir erinnern noch mehr die Beamten, welche in die parlamentarische oder verschiedenen Landesväter die väterliche Gewalt" ausübten- mit welchem Erfolge, ist bekannt, an die„ Mägde" und" Knechte" auf dem Lande-; sie schriftstellerische Thätigkeit treten, und bestätigt, daß es Die Kinder" wollten nicht länger bevormundet sein, die sollen aber nicht das gleiche Recht haben wie die an- vor allem äußerst verkehrt ist, wenn ein Wahlkreis einem Gleichheitsidee brach sich mehr und mehr Bahn, und nach deren Arbeiter, sie sollen nicht wie diese der Gewerbe- vollständig abhängigen Mann ein Mandat anvertraut. Ordnung unterstehen, sondern der Gesinde- Ordnung, d. i. Wenn aber die Bismarck 'schen Organe sich in kritischen dem schon 59 Jahre vorher die Franzosen mit dem mittel- einem Ausnahmegeses, das auf der Borstellung beruht, der und abfälligen Betrachtungen über den Fall Limburg er alterlich- feudalen und patriarchalischen Gerümpel sehr gründ- Arbeiter sei gegenüber der„ Herrschaft" ein untergeordnetes gehen, dann sollten sie sich nur an die Verfolgungssucht erlich aufgeräumt hatten, schafften sich auch die langsamen Wesen, ein Wiensch zweiter Klasse, ein erwachsenes Kind, innern, die Bismarck gegen alle ihm mißliebigen Beamten des väterlichen Regiments Deutschen 1848, im„ tollen Jahr", den Plunder das zu der väterlichen„ Herrschaft" in demselben Ver- übte. Man denke nur an die Verfolgung des Grafen Arnim Despotismus, nicht das„ persönliche Regiment", aber die hältnisse steht, wie das unmündige Kind zu den Eltern. und die ganze Reihe ähnlicher Verfolgungen, bis zu dem tindische Kinderei der„ frommen Kinderstube." Das Bolt Kurz dieselbe vorsintfluthliche Wahnvorstellung, die dem Verfahren gegen die Veröffentlicher des Tagebuchs" des glaubte nicht mehr an" bie väterliche Weisheit, Liebe und väterlichen Regiment" im Staate zu Grunde gelegt war, Raisers Friedrich, Geffcken 2c. Die Bismard- Organe haben Autorität der Fürsten - es nahm sich die Freiheit, seine Blödsinn über Bord geworfen ist, und gegenwärtig aber hat durch das Verfahren gegen den Grafen Limburg von allen gebildeten Völkern längst als gemeinschädlicher also allen Grund zu schweigen. Der Reichskanzler Caprivi eigene Volljährigkeit und Mündigkeit zu erklären der Despotismus hörte auf gemüthlich" zu sein, in den Abgrund der Revolution hinabjagt.. das letzte Reich, in dem sie noch nicht weggefegt worden, höchstens den Beweis geführt, auf wie schwachem Boden seine Regierung stehen muß, wenn er es schon für nöthig er hüllte die Eisenfaust in den Glacé- Handhält, in die Fußspuren Bismarck's zu treten. schuh des Schein- Konstitutionalismus und steht nun die sächsische Regierung hat soeben dem Landtag im Rampfe auf Leben und Tod mit dem revolutionären den Entwurf einer reformirten Gesinde- Ordnung vor Prinzip der Volkssouveränetät, das er, um seine Existenz zu gelegt; und andere deutsche Regierungen beabsichtigen, wie fristen, in Gestalt des allgemeinen und gleichen Wahlrechts verlautet, das Gleiche zu thun. Einige der anstößigsten Von den Verwüstungen des Jahres 1891 spricht bat anerkennen müssen. Bestimmungen der alten Gesinde- Ordnungen sollen beseitigt, die Eisen- Zeitung" und meint damit nicht etwa Verluste,
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vom Halse. Nicht den
Feuilleton.
Nachdrud verboten.)
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den spätesten verfassungsmäßigen Termin, einberufen. Der preußische Landtag ist auf den 14. Januar,
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Man merkt es ihnen nicht sehr an, und im Grunde ist Medizinalrath erklärte, er müsse, wenn es nicht bald beffere damit auch den Meisten nicht viel verloren gegangen. Sie Wendung mit ihm nehme, ihn dem allgemeinen Krankenkönnen da vielfach ungehinderter ihren Neigungen folgen, hause überweisen, während er selbst behauptete, es sei nur können treiben, was sie wollen, und das ist mehr, als ich eine vorübergehende Schwäche. Eines Abends bat er mich, von mir sagen kann. Ich muß früh Morgens um 5 Uhr ihm eine Apfelsine zu besorgen. Das that ich nur zu gern, heraus, muß gleich an die Arbeit, bin den ganzen Tag an- und als er mich weggehen sah, bat er mich, das noch nicht gespannt bis des Abends spät, und so geht es Jahr aus, fertige Bild mir in meine Wohnung zu nehmen. Ich Jahr ein." werde morgen doch ins Krankenhaus müssen," meinte er, und da ist es besser, Sie heben es mir auf. Sollte ich's aber nicht überwinden," meinte er- ach, und ich weiß nicht, wie mir's da so weh ums Herz wurde- so be halten Sie das Bild als Andenken an mich. Unvollendet, wie es ist, kann man es nicht verkaufen, und eine andere and soll mir nicht daran."
"
Es ist wahr, Sie haben einen anstrengenden und wenig Elise athmete freier auf, als sie das große, düstere Ge- erfreulichen Dienst. Konnten Sie denn nirgends ein einiger bäude verlassen, in welchem die Luft noch bleierner schien, maßen besseres Unterkommen finden?" als irgendwo sonst. Ihr Blick hob sich unwillkürlich nach Harmonie über dem beängstigenden Treiben der Erde schwebt. Ihre Seele richtete sich auf und ihr Auge strahlte wieder mit freudigerem Glanze.
" Es ist ein schrecklicher Aufenthalt in jenen Räumen,"
meinte fie, gegen die alte Magd gewendet." Ich meiner feits
" Ich konnte früher wohl; jetzt wird es nicht mehr gehen, wenn ich selbst wollte. Sobald ich meinen Dienst hier kennen gelernt hatte, nahm ich mir gleich vor, sobald wie möglich wieder wegzuziehen, denn es that mir anfangs weh, die Menschen da gefangen zu sehen.
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Aber Sie gewöhnten sich daran?"
Der arme junge Mann," meinte Elise, es war gewiß eine Todesahnung!"
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" Ich nahm das Bild mit mir, und als ich am andern " Nicht gleich im Anfange, aber da war zufällig ein Morgen wiederkam, lag er ganz bleich und kalt auf seinem junger Mann in Arrest, der ganz wunderschöne Bilder Lager in der Kammer, die sie das Vegetationszimmer nennen wenn ich gezwungen würde, meine Tage darinnen zuzubringen, malte und ein recht seelensguter Mensch war, mit dem ich, es hatte ihm das Herz abgedrückt. Ich habe die Erinnewie Sie." wenn es sich gerade thun ließ, gern ein Viertelstündchen, rung daran nicht wieder los werden können. So oft ich das " So sieht sich's an, wenn man zum ersten Male herein- oder so, plauderte. Er war sehr arm, und ich habe ihm Bimmer betrete, in welchem er zu malen pflegte, sehe ich tommnt," erwiderte die Mite. Manche wollen ganz verzweifeln, unter der Hand Manches zugestedt, woran er Genuß hatte ihn im Geiſte an ſetner Staffelet sien, und ein bod henn sie hineingebracht werden; sie mögen weder essen, noch und ohne daß er wußte, von welcher Seite es ihm zufam. schon zwanzig Jahre darüber hinweggegangen. Und wenn sie sich ein; sie sehen da, daß es Anderen auch nicht besser so naturgetreu, trinken und sind gang ungeberdig. Aber allgemach richten Er malte ein großes Bild vom ewigen Weltgerichte, ich später manchmal daran dachte, diesen Dienst zu verlassen, als wenn er schon selber babei ge- habe ich es doch niemals über's Herz bringen können, weil geht, sagte, das würde ihm, wenn er es fertig ich mich nicht an den Gedanken gewöhnen konnte, jenes tühlen Wasser. Manchen bleiben außerdem da oben allerlei bekäme, ein schönes Stück Geld einbringen und ihm seine Bimmer nicht mehr wiedersehen zu sollen." Unannehmlichkeiten erspart, denen sie unten nicht entgehen Freiheit wieder verschaffen." tönnten, und jedenfalls leiden sie keine Noth."
"
Aber die Freiheit müssen doch Alle schmerzlich ver
miffen?"
"
Und so tam er frei?"
" Frei, ja, aber anders, als er und ich gedacht hatten. Eines Tages fühlte er sich ganz schwach und krank, und der
,, Sie haben ihn geliebt, den jungen Mann," seufzte Elise, und sah theilnahmsvoll in das Gesicht der alten Magd, die unter der unscheinbarsten Hülle das treue deutsche Herz trug und jetzt bei den letzten Worten des