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Nr. 217. 17. Jahrgang. 2. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Dienstag, 18. September 1900.

Konferenz der socialdemokratischen

Frauen Deutschlands .

Mainz , 15. September.

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gemeinheit trifft dieser Vorwurf nicht mit Recht. Es hat sich viel mehr ergeben, daß die Frauenorganisationen da am stärksten sind, wo Frauen und Männer in den Werkstätten nebeneinander arbeiten.( Redner führt dafür aus Nürnberg sprechende Beweise an.) Bei Streits haben sich die organisierten Frauen sehr gut, viel Altoholfrage berührt. fach besser als die Männer gehalten. Razenstein hat hier die Der Anti Alkoholismus ist eine sehr schöne Sache, aber er hat mit der Partei nichts zu thun, er mag Specialisten überlassen bleiben.( Redner trintt einen Schoppen Wein. Heiterkeit.)

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Frau Ihrer und Frau 8ettin legen ebenfalls besonderen Wert auf die persönliche Agitation.

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Frau Biez Hamburg ist auf Grund persönlicher Erfahrungen der Auficht, daß man den Arbeiterinnen weniger mit allgemeinen politischen Thematen, sondern mehr mit sachlichen, die Arbeiterinnen persönlich angehenden tommen muß. Die persönliche Agitation nach einer Versammlung sei oft wichtiger als die Versammlung selbst. Rednerin legte den Frauen besonders ans Herz, ihr Wahlrecht bei den Orts- Strantentaffen auszunügen.

Bernerstorffer- Wien : Aus den letzten Verhandlungen habe Frau Ledebour Dresden bittet, den Antrag Bettin anzu ich ersehen, daß auch in Deutschland die Frauenbewegung erst im nehmen. Für die Frauenbewegung in Dresden würde die Nicht- Werden begriffen ist und noch nicht diejenige Sufe erflommen hat, annahme einen starken Rückschlag bedeuten. In Dresden würden die die wir alle wünschen. In einem solchen Stadium aber ist die per­Genossen sofort mit Freuden die Gelegenheit ergreifen, den Frauen fönliche Agitation die Hauptsache. Persönliche Frauenagitation ist aber ihre mühsam erworbenen Rechte wieder zu nehmen. gut nur von Frauen zu leisten. Wir haben in Oestreich den Zucker­Frau Fürth Frankfurt a. M. befürwortet den Antrag Zetkin . Steuer- Rummel gehabt. Die Frauen sind in Scharen in unsre Ver­Es sei bedauerlich, daß hier noch über die äußere oder innere Gleich- sammlungen gekommen. Nachher haben sie sich aber wieder vers berechtigung der Frauen so lange diskutiert worden sei. laufen. Für die parteimäßige Organisation hat nichts herausgeschaut. Ich kann den Frauen nur raten, sich auf sich selbst zu stellen. Von den Männern dürfen Sie nicht viel erwarten. Die Männer kommen den Frauen nicht immer so zart entgegen, sie zuden bei aller poli tischen Aufklärung über die Frauen die Achseln. So ist es wenigstens bei uns, ich weiß nicht, ob sie bei Ihnen besser sind.( Heiterkeit.) Ich möchte sagen, wie der Socialismus nur siegen kann durch die Arbeiter selbst, so tann auch die Frauenbewegung mur fiegen durch die Frauen selbst.( Beifall.)

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Jm Saale von Rothermund trat heute früh die erste Konferenz socialdemokratischer Frauen zusammen. Anwesend sind etwa 40 Personen, 25 weibliche und etwa 15 männliche Delegierte, die von Frauenorganisationen hergesandt find. Auch aus dem Ausland find Gäste anwesend, so Fanny Jmle aus Zürich und Mstr. Askew aus London . Im Auftrag der hessischen Regierung nimmt die Assistentin der Gewerbe Inspektion Mainz , Frl Schumann, an der Konfeng teil. Von der Polizeibehörde find Stenographen mit der Aufnahme der Ver­handlungen beauftragt. Frl. Baader Berlin begrüßt die An wesenden. Sie weist darauf hin, daß die Konferenz zum erstenmal die socialdemokratischen Frauen Deutschlands vereinige. Die Konferenz ist notwendig geworden, um die deutsche Frauenbewegung fördern Frau Bettin Stuttgart: Es ist richtig, daß erst Ansätze einer zu helfen, denn wir verhehlen uns nicht, daß in unser Bewegung Frauenbewegung vorhanden sind, aber gerade deshalb halte ich es noch mehr als bisher geschehen muß. Die Konferenz soll natürlich praktisch für durchaus richtig, daß wir Organe schaffen, die plan­teineswegs Sonderbestrebungen verfolgen, sondern im Gegenteil be- mäßig für die Organisation arbeiten. Die Vertrauenspersonen, die ich im wirken, daß der Zusammenschluß der Frauenorganisationen mit den Auge habe, sollen nicht gleichzeitig Vertrauenspersonen für die Ge­allgemeinen Partei- Organisationen immer enger wird. Die Konferenzwertschaften sein, aber mit ihnen Fühlung haben, ihnen Verständnis wird die auf ihr gefaßten Beschlüsse dem allgemeinen Barteitag entgegenbringen. Es ist gesagt worden, es mangele uns an dem unterbreiten und auch dort zur Verhandlung zu bringen suchen. Die nötigen Menschenmaterial. Ja, wenn wir das hätten, dann wären geeinigte focialdemokratische Partei besteht jetzt grade 25 Jahre. wir schon am Ziele unsrer Wünsche. Es ist auch gesagt worden, bie Hoffen wir, daß wir es in den nächsten 25 Jahren, vielleicht noch Männer fönnen nicht aus ihrer Haut. Wir müssen sie zwingen, sich der Ansicht, daß die Frauen sich jetzt noch nicht auf die eigene Kraft Frl. Vogel Charlottenburg ist im Gegensatz zu Bernerstorfer früher, zu einer starken, achtunggebietenden Frauenbewegung bringen zu häuten und den alten Adam abzulegen. Die Bebenten wegen verlassen und die Mithilfe der Männer nicht entbehren können. der vereinsgesetzlichen Bestimmungen sind durch die Einschiebungen der Fran Dunder erledigt. Formale Einwendungen können nun nicht Freilich würden die Frauen noch warten müffen, bis die Männer Frau Steinbach- Hamburg stimmt der Vorrednerin zu. mehr erhoben werden. Die Annahme unsres Antrags würde den noch mehr aufgeklärt feien. Der Begriff des Weibchens" müßte den Männern eine moralische Verpflichtung auferlegen. Ich überschätze Männern im politischen Verkehr mit Frauen erst ausgetrieben werden, geeignete Sträfte unfrerfeits vorhanden sind. Aber es ist notwendig, fchaftliche Organisation gewonnen werden, Borqusjegung dabei ist meinen Antrag durchaus nicht, er kann nur durchgeführt werden, wo auch ehe es besser werden könne. Die Frauen können nur durch gewert unfren grundsäglichen Standpunkt festzulegen. Vielfach sind auch die Neutralität der Gewerkschaften.( Lachen.) In 30 Jahren werden wir durchaus geeignete Sträfte vorhanden, die jetzt brach liegen. Werden über den Nutzen der Neutralität alle einig sein.( Erneutes Lachen.) diese Kräfte herangezogen, dann wird der jetzt häufige Kleinfrieg Bernerstorffer Wien betont, um jedes Mißverständnis aufhören. Werden die fleinlichen Reibereien zwischen männlichen auszuschließen, nochmals, daß er nicht dem Zusammenarbeiten von und weiblichen Genossen aufhören, so ist damit allein schon der Männern und Frauen hinderlich in den Weg treten wolle, daß er Zweck des Antrags erfüllt. aber der Ansicht sei, in letter Linie könnten nur die Frauen ihre Bewegung zum Ziele führen,

werden.

In das Bureau werden hierauf gewählt Frau 8ettin Stuttgart als erste Borsigende, Frl. Bader Berlin als zweite Borsigende, Frau 8ieß- Hamburg und Frau Ledebour Dresden als Schriftführerinnen.

Hiermit schließt die Diskussion. Der Antrag Bettin:

Zum ersten Bunft der Tagesordnung Ausbau des Systems der Bertrauenspersonen" spricht Frau Bettin: Im Jntereffe weiterer Agitation ist der Ausbau des Systems der Vertrauenspersonen not­wendig. Wir müssen auf unsren Sonderorganisationen bestehen, denn die allgemeinen Parteiorganisationen dienen unfren specifischen Interessen nicht genug. In der Theorie find wir Frauen ja völlig gleichberechtigt, in der Bragis aber hängt gar vielen unsrer männlichen Genossen der Philisterzopf grade so im Nacken, wie dem ersten besten Spießbürger. Grade die Frauen find aber für den Befreiungskampf des Proletariats notwendig. Durch den Ausbau des Systems der" In jeder größeren Stadt und in jedem größeren Industrie­Bertranenspersonen werden mehr Frauen als bisher zur Mitarbeit centrum haben die Genoffinnen nach vorausgegangener Ber herangezogen werden. Das kann der Bewegung mur nügen. In ständigung mit den Genoffen eine Vertrauensperson zu wählen, allen Industriecentren werden Bertrauenspersonen zu wählen sein, welche am Ort die Agitation unter dem weiblichen Proletariat plan­die wiederum in der Umgebung dieser Centren weitere Vertrauens- mäßig leitet. personen anzustellen und mit ihnen in ständiger Fühlung zu bleiben haben. Vor allem aber miffen wir verlangen, daß die Frauen als völlig gleichberechtigt zu allen Entscheidungen in der inneren Partei­organisation hinzugezogen werden. Die innere Einheit der Partei verlangt es. Schließlich soll eine Centralvertrauensperson für ganz Deutschland bestellt werden. Diese soll Berichte über die Frauen bewegung aus allen Bezirken einfordern und zusammenstellen. Die Berichte sollen dann dem offiziellen Bericht des Parteivorstands einverleibt werden. Rednerin empfiehlt eine im Sinne dieser Aus­führungen gehaltene Resolution.

In der Diskussion stellt sich

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Frau 8ie Hamburg ganz auf den Standpunkt der Frau Bettin. Man habe zwar weibliche Vertrauenspersonen aller Orten gewählt, aber doch den Ausführungen Auers in Gotha zugestimmt, der die Gleichberechtigung der Frauen bestritten habe. Die männ lichen Genossen seien eben auch nicht Nietzschesche Uebermenschen, sondern mit all den Fehlern behaftet wie die andren Männer auch. Frau Gotthusen Düsseldorf giebt einen Bericht über die Frauenbewegung in ihrer Heimat. Die Männer wären dort noch sehr rüdständig und erlaubten ihren Frauen nicht, den Organi fationen beizutreten, verweigerten ihnen direkt die Geldbeiträge dazu. Frau Ihrer Berlin weist darauf hin, daß die vereinsgefeß lichen Bestimmungen in vielen Staaten der Annahme der Zetkinschen Resolution entgegenstehen. Preußen verbiete z. B. den Frauen die Mitgliedschaft an politischen Bereinen. Auer habe also nicht unrecht gehabt, wenn er sagte, die Frauen könnten in den politischen Organi fationen nicht gleichberechtigt sein.

Frau Dunder- Leipzig beantragt, die Gleichberechtigung da zu fordern, wo es die vereinsgefeglichen Bestimmungen gestatten. Für Württemberg , Hamburg ze. würde das dann einen Fortschritt

bedeuten.

" Die Genoffinnen der größeren Centren haben durch ihre Vertrauensperson die Agitation unter dem weiblichen Proletariat des umliegenden Bezirks anzuregen und weiter zu führen, so lange daselbst noch keine weiblichen Kräfte herangezogen und geschult find, welche selbständig den betreffenden Aufgaben genügen fönnen. In Orten des Bezirks, wo solche Kräfte vorhanden sind, haben die Ge­nofsinnen der größeren Centren dafür einzutreten, daß eigne Ver­trauenspersonen aufgestellt werden", wird einstimmig angenommen, ebenso weitere Ginzelbestimmungen. Streitig ist nur der folgende Punkt:

" Die Bertrauenspersonen der Genosfinnen sind überall, wo die Vereinsgefeße es nicht hindern, von den Organen der allgemeinen Bewegung zu allen Arbeiten und Sigungen als gleichberechtigte Mit­arbeiterinnen heranzuziehen."

Dieser Zusatz wird mit zehn gegen acht Stimmen angenommen. Die Konferenz geht zum zweiten Bunkt der Tagesordnung All­gemeine Agitation" über.

Flugblättern mit geeigneten Artikeln aus der Gleichheit" verlangt, Ein Antrag von Lily Braun Berlin , der die Verteilung von findet teine Zustimmung. Die Artikel der Gleichheit" feien für vor geschrittene Genossinnen, nicht für erst noch zu gewinnende Frauen geschrieben.

Genoffinnen, den Zeitungen eine allwöchentlich erscheinende Frauen Frau 8ie Hamburg vertritt einen Antrag der Hamburger beilage beizulegen.

Bon Frau Bettin liegt folgender Antrag vor:

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Frau Dunder Leipzig giebt die Anregung, auf den Eisen­bahnen Agitation mit Drudschriften zu treiben. gefeßlichen Arbeiterinnenschus tritt Bei der mum folgenden Beratung der Agitation für den

Frau Dunder- Leipzig für Erweiterung gesetzlichen Wöchne­rinnenschutzes der Arbeiterinnen und Sicherung materieller Unter­haltsmittel während der festgesetzten Schutzzeit durch Reform des Krankenversicherungs- Gesezes ein.

Arbeiterinnen, nicht nur den für die verheirateten, betont zu sehen. Der Frau Bettin wünscht in der Agitation den Schutz für alle Schutz der ledigen Arbeiterin sei schon deshalb notwendig, damit nicht durch tapitalistische Ausbeutung verwüstete Mädchen in die Che fommen und Kinder gebären. Die Agitation für den Achtstundentag grund zu rüden. Die Agitation muß planmäßiger als bisher ge= und die Freigabe des Sonnabendnachmittags ist in den Vorder­führt werden, sonst kann kein Einfluß auf die Gesetzgebung aus­geübt werden.

verwiesen, wie viele der gefeßlichen Schutzbestimmungen für Arbeite­In der weiteren Debatte wird von verschiedenen Seiten darauf rinnen nur auf dem Papier stehen. Gegen den von der einen Seite verlangten dreimonatigen Wöchnerinnenschutz wenden fich Frau Ihrer und Frau Fürth als zu weitgehend. Adler- Kiel warnt unter anderm davor, im Krankenkassengesetz zu weitgehende nicht drei Monate von dem geringen Krankengeld leben können. Belastungen vorzunehmen. Es sei auch zu bedenken, daß die Frauen Demgegenüber vertritt Fel. Baader die Ansicht, daß ein guter Wöchnerinnenschutz die Krankenkassen erheblich entlasten würde, weil er viele Folgefrankheiten verhindern würde. Ravenstein hält für bedenklich. Wichtiger sei die Erhöhung des Krankengelds für eine Ausdehnung des Wöchnerinnenschutzes über sechs Wochen hinaus Wöchnerinnen auf die volle Höhe des Lohns. Man dürfe auch nur Forderungen stellen, die erreichbar seien.

Zur Agitation unter den Arbeiterinnen sind, wie es schon der Parteitag zu Gotha beschlossen, in bestimmten Zwischenräumen gefeggebende Körperschaft, aber nicht für die Aufstellung grundsäglicher Frau 8iez bekämpft diesen Standpunkt, der wohl für eine furze, populär gehaltene Flugblätter herauszugeben, welche in Forderungen in Betracht kommen fönne und erklärt sich für den ein­Inapper, fräftiger Darstellung einzelne Seiten der Arbeiterinnen monatigen Wöchnerinnenschutz. Interessen und der Frauenfrage behandeln( Lohnfrage, Arbeitszeit, Ueberstundenarbeit, sanitäre Bedingungen, gefeßlicher Schutz, Gewert Frau Bettin angenommen, Nach längerer Debatte wird ein Kompromißantrag der fchaftsorganisation, Gewerbe- Schiedsgerichte, Krankenversicherung zc.). Wöchnerinnenschutz verlangt ein Verbot der Arbeit vier Wochen vor der als Mindestmaß für Diese Flugblätter sollen die Form fleiner Broschüren erhalten, auf der Geburt und sechs Wochen nach der Geburt, Beseitigung der Aus­gutem Papier gedruckt und geschmackvoll ausgestattet werden. Mitnahmebestimmungen, die ein früheres Arbeiten zulassen ,, Ent­ihrer Herausgabe wird eine Kommission betraut. schädigung des vollen Arbeitslohns, Ausdehnung der Wöchnerinnen­der Frau Bettin auf Verbreitung von Broschüren, in denen die Bon verschiedenen Rednerinnen wird übereinstimmend ausgeführt, unterstützung für die Frauen der versicherten Arbeiter. Der Anregung Schusforderungen für Arbeiterinnen festgelegt sind, diese Schutz­forderungen auch in Versammlungs- Resolutionen auszusprechen, wird allgemein zugestimmt.

Frau Steinbach Hamburg hält das Verlangen der Genoffin Bettin für verfrüht. Einmal stehen ihm vielfach Vereinsgefeße ent­gegen, daun aber sei weder das heutige Männermaterial noch das heutige Frauenmaterial geeignet, ideale Bustände zu schaffen. Ge­stehen wir es nur ruhig ein, wir haben noch ungeheuer viel zu tämpfen gegen den Indifferentismus in den eignen Reihen. Die Annahme des Antrags Betkin würde zu Kriegszuständen führen, daß die Bresse auch für die Frauenbewegung der stete Tropfen sein denn wir dürfen uns nicht verhehlen, daß jetzt in der Partei Männer müsse, der endlich den Stein aushöhlt. Die Agitations- Flugblätter die Macht haben, die diese Forderung nicht anerkennen. Hier wie müßten jedoch besser als bisher den Bedürfnissen und der Fassungs­anderswo handelt es sich eben um eine Machtfrage. Wandlung der gabe der noch zu gewinnenden Frauen angepaßt sein, Geister ist die Hauptsache. Erst dann werden wir weiter fommen. Es tritt hierauf die Mittagspause ein.

Frau 8iez- Hamburg polemisiert gegen Genossin Ihrer, die vereinsgefeglichen Bestimmungen kenne Frau Zetkin und sie selbst sehr genau. Es handele sich nicht um die Teilnahme an politischen Vereinen, sondern nur um die Teilnahme an Besprechungen von Bernerstorfer aus 23ien als Gast erschienen und wird von In der Nachmittags Sigung ist Engelbert Nomisssionen 2c. Frau Bettin herzlich begrüßt.

Hierauf wird noch der letzte Punkt der Tagesordnung, " Frauenbildungsvereine" in Angriff genommen.

Mainz , 16. September 1900. 8ettin fortgesetzt. Die Verhandlungen werden heute unter dem Vorsitz der Frau

Die Debatte gestaltet sich sehr lebhaft. Bon Frau Ihrer und Frau lebhaft werden sie von Frau Steinbach bekämpft, die in ihnen nur eine Dunder wird den Frauenbildungsvereinen eifrig das Wort geredet, Fräulein Baader Berlin spricht sich in ähnlichem Sinne aus. zwedlose Spielerei erblickt. Auch Frau Biez empfiehlt die Gründung Die Debatte über die Allgemeine Agitation wird fort von Frauen- Bildungsvereinen, wo die geeigneten Kräfte vorhanden Der Antrag Bettin bezeichne das erftrebenswerte Ziel. Lose Zu- gesetzt. Frl. Vogel Charlottenburg giebt der Meinung Ausdruck, find. Ihr Standpunkt wird von der großen Mehrheit der weiblichen fammentünfte feien von den Gerichten nie als Verein rubriziert daß, so lange tein populäres Frauenblatt existiert, die Gleichheit" Delegierten geteilt. Bruhns Breslau erklärt sich gegen diese worden. Es läge feine Veranlassung vor, polizeilicher zu sein als etwas populärer gehalten werden müsse. Es gelte, den Indifferentis- Vereine. die Polizei. Geeignete Lehrkräfte seien nicht vorhanden, auch das Frau Greiffenberg Berlin tritt für den Antrag Bettin ein. und Töchter von führenden Parteigenossen seien oft schlechter über die Partei müßten die politischen und gewerkschaftlichen Versamnn­mus der Parteigenoffen in der Frauenagitation zu besiegen. Frauen Material der Lernenden sei ein sehr sprödes. Die Rekrutenschule für Frau Wengels- Berlin: Es ist schade um die schöne Zeit, die die Parteiziele unterrichtet, als einfache Fabritarbeiterinnen. wir mit dem Antrage Bettin verbringen. Er ist unannehmbar. Wir lungen bleiben. Auf Anregung der Frau Kähler faßt die Konferenz haben nicht die notwendigen Sträfte, um mit den Männern arbeiten eine andre Redaktionsführung in der Gleichheit". Für die Agitation ihre Sympathie aus. Frau Greifenberg Berlin erklärt sich entschieden gegen in dieser Sache keinen Beschluß, spricht aber den Bildungsvereinen zu können. Wir wollen uns nicht blamieren, denn der Parteitag feien Flugblätter in verstärktem Maße notwendig. Für ein zweites wird den Antrag einfach zurückweisen. Frauenblatt fehlten die Kräfte. Rabenstein befürwortet hierauf den Antrag Betfin. Der Frau Bettin bittet den Antrag Hamburg auf Gründung einer Ausbau des Systems der Vertrauenspersonen sei notwendig. An besonderen Frauenzeitung abzulehnen. Die Gleichheit" brauchen dem Daniederliegen der Frauenbewegung seien weniger die Bereins- die vorgeschrittenen Genoffinnen und auch die Genossen, die sich mit gefege als die Männer schuld, die ihre Frauen nicht zur Organisation der Frauenfrage näher beschäftigen wollen. erziehen. Die Gewerkschaftsbewegung sei ein großer Hebel für die Frauenagitation und durch sie sei die Bewegung auch schon vorwärts Bettin wird einstimmig angenommen. Als es zur Wahl der in Die Diskussion wird geschlossen. Der obenerwähnte Antrag gekommen, aber die Hauptsache sei, daß die in der Partei maß- dem Antrag vorgesehenen Flugblatt- Kommission tommen soll, ent gebenden Männer fich für die Frauenfrage mehr interessierten. Es ipinnt sich eine längere Debatte über die Zusammenſegung der Kom­fei auch notwendig, daß man in der Agitation mehr die Frauen mission und die Frage, ob die Flugblätter allgemein gehalten sein für die örtlichen, für die Streis- und für die Central- Vertrauens­berührende Fragen erwähne. Eine solche sei die Altoholfrage, mit ober auf örtliche Verhältnisse Bezug nehmen sollen. Es wird be- person. deren Behandlung die Frauen besser zu gewinnen seien als mit allen schloffen, die Kommission in Berlin zu konstituieren. Die Wahl der Resolutionen. Personen wird den Berliner Genoffinnen überlassen, die Flugblätter Frau Gotthufen Düsseldorf und Frau 8eise Köln erfollen allgemein gehalten werden. Der Antrag Braun wird flären sich gegen den Antrag Bettin; lettere beflagt den In- durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt. Schließlich wird differentismus der Männer, die die Frauen in die Versammlungen noch eine nachträglich eingebrachte Resolution Ihrer nicht mitnähmen. In katholischen Arbeiterkreisen sei in dieser Be- angenommen, der Parteitag möge die Leiter der Arbeiterblätter ziehung viel mehr Leben. beauftragen, mehr als bisher auf die Interessen der Frauen und Dr. Adolf Braun Nürnberg : Die ganze Debatte hat Arbeiterinnen Rücksicht zu nehmen, wie es von einzelnen Partei­fich viel mehr um die Form gedreht, als den Inhalt berührt. zeitungen bereits geschieht. Hätten wir einen Ueberblick über die deutsche Frauenbewegung, so Der Antrag Hamburg auf Herausgabe einer besonderen brauchten wir uns um die Organisation nicht zu streiten, sie würde Frauenzeitung wird gegen nur wenige Stimmen abgelehnt. In sich von selbst entwickeln. Wir haben aber keine Frauenbewegung, der nun folgenden Debatte wird der besondere Wert der Kleinarbeit sondern nur ganz schwache Ansätze dazu. Deshalb ist der ganze in der Agitation behandelt. Streit mußlos. Einige Genossinnen haben sich hier sehr über die Frau Dunder- Leipzig macht den Vorschlag, fich von Partei­Männer erbost, weil diese angeblich der Frauenorganisation feindlich genossen die Adressen fähiger Fabrikarbeiterinnen geben zu lassen, gegenüberstehen. Gewiß, es giebt solche Männer, aber die All- lum mit ihnen Fühlung zu bekommen.

In der Beratung des gestern unerledigt gebliebenen Punkts Ausbau des Systems der Vertrauenspersonen" wird fortgefahren. bestimmungen über die Aufgaben und Pflichten der Vertrauens Neben den Vorschlägen der Frau Bettin liegen Normative personen von Frau Kähler Hamburg vor, und zwar Regulative

Es wird folgendes Regulativ flir die örtlichen Vertrauens perfonen aufgestellt: 1. In jeder größeren Stadt haben die Genoffinnen nach boraufgegangener Besprechung mit den Genossen eine weibliche Vertreterin zu wählen, welche am Ort die Agitation und die Heranziehung des weiblichen Proletariats zur modernen Arbeiter bewegung planmäßig betreibt.

§2. Die Wahl muß in öffentlicher Frauenversammlung statt­finden. Die Vertrauenspersonen werden auf die Dauer eines Jahrs gewählt und sind wieder wählbar.

§ 3. Die Vertrauenspersonen der einzelnen Orte eines Bezirks haben miteinander, mit der Vertrauensperson des Hauptorts und der Vertrauensperson für ganz Deutschland stete Fühlung zu halten und jährlich mindestens einmal zu einer gemeinsamen Besprechung zusammenzutreten.