'SScibe waren in der Pharmazeutischen Anstalt beS Dr. Freund,Schwedterstrabe 35, beschäftigt.$11 dem ArbeitSraume im viertenStock des Onergebändes waren ein Arbeiter und drei Arbeiterinnenanwesend, als der Arbeiter den Rand eines mit Kautschuckmassegefüllten Kessels mit einem Lappen zu reinigen suchte, der kurzvorher zum Aufwischen von Benzin benutzt war. Die dabei ent-wickelten Benzin dämpfe entzündeten sich nun an einer fastl'/e Meter entfernten Gasflamme und setzten im Nu den ge-füllten Kessel und dadurch auch den ganzen Arbeitsraum in Brand.Dem Arbeiter und einer Arbeiterin, die sich in unmittelbarerNähe der AuSgangSthiir befanden, gelang es, mit nur geringenBrandwunden daS Freie zu gewinnen, den beiden oben genanntenMädchen war der Rückzug durch die Flammen abgeschnitten. Herz-zerreibend waren die Hilferufe der Bedrängten, und nur die siu-sicherung, daß ihnen sofort Hilfe gebracht würde, hielt sie vom tob-lichen Sprunge in die Tiefe zurück. Zwei Arbeiter der angrenzendenMetallfabrik von Hamann machten sich daran, mit Aufbietungaller Kräfte eine zum Brandherd führende verschlosiene eiserneThür zu sprengen, was ihnen auch gelang. Die schrecklich ver-brannten Mädchen stürzten ihnen in die Arme; sie wurden von derinzwischen eingetroffenen Feuerwehr nach dem Lazarus- Kraulen-hause geschafft. Der Brand konnte in kurzer Zeit abgelöscht werden.Vom Unglück verfolgt. Die Witwe Trebut aus der Sorauer-straffe 28 verlor im vergangenen Jahre ihren Mann durch einenUnfall. Trebut wurde von seinem eigenen Wagen überfahren underlag seinen Verletzungen. Donnerstagnachmittag gab die Frau ihrem'Schwager, dem 28jährigen Maler Franz Hoffmann aus der Memcler-straffe ti, das letzte Geleit. Hoffmann fuhr am Dienstag vor 14 Tagen.mit seinem Zweirad nach Friedenau zu dem Meister, bei dem er be-schäftigt war, stietz unterwegs mit einem beladenen Bretterwagenzusammen und muhte mit einer schweren Kopfwunde in das Kranken«haus am Urban gebracht werden. Dort starb er. Nach seinerBeerdigung gingen Donnerstagabend seine beiden Neffen, die 9 undS Jnhre alten Söhne Adolf und Wilhelm der Witwe Trebut, nach demSchlesischen Thor, um dort auf einem der- Sandhaufen. die beimHochbahnbau aufgeschüttet sind, zu spielen. Vor dem Hause Schlesische-straffe 2 hielt ein Schlächterwagen. Als die beiden Knaben limUhr m dessen Nähe den Fahrdamm überschritten, um nach Hausezu gehen, stieh mit dem Schlächterwagen eine Taxameterdroschkc zu-sammcn, deren Pferd an der Ecke der Köpnicker- und Skalitzerstraffedurchgegangen war, während der Kutscher sich mit seinem Fahrgastin einer Gastwirtschaft befand, um Geld Ivechseln zu lassen. Derältere Knabe kam noch unverletzt über den Damm, der jüngere aberfiel hin, geriet unter die Pferde und erlitt durch Huftritte schwereVerletzungen am Kopf und eine Verstauchung des rechten Arms. DieRettungswache am Görlitzer Bahnhof leistete dem Verunglückten dieerste Hllfe.Ein Student als Mörder 1 In das Moabiter Untersuchungs-gefängnis wurde gestern unter dem �Verdachte eines Mords derStudent H. eingeliefert. Wie wir vor einiger Zeit meldeten, wurdeein Student B. in der Wohnung seines Studienkollegen H. mit einervon einer Revolverkugel herrührenden Wunde in der linken Schläfetot aufgefunden. Der Freund wurde damals zwar in Haft ge-nonunen, weil man annahm, daff er seinen Kommilitonen erschossenhabe, aber wegen Mangels ausreichender Anhaltspunkte für die Thatvorläufig wieder auf freien Fuff gesetzt. Nach Wiedererlangungseiner Freiheit verließ H. die Reichshauptstadt. Die Staatsanwalt-schaft erließ indessen einen neuen Haftbefehl hinter ihm, der nun-mehr in Magdeburg zur Ausführung gebracht werden konnte. DieUntersuchung dürfte deS weiteren über die dunkle Angelegenheitergeben.Der ZirkuS Busch ist bereits mit einer Pantomime hervor-getreten. Ganz im Gegensatz zu früheren Gewohnheiten steht dieHandlung des Stücks durchaus im Dienst der heiteren Muse.«Berliner Landpartien" heißt sein Titel, der insoweit nichtgenau stimmt, als die zweite, bessere Hälfte auf dem Wasser spielt.Mannigfache Abenteuer erleben die Ausflügler in dem Bicrgarten so-wohl als in der Bade-Anstalt des reizenden Ehepaars, dem das„Nasse Dreieck" zu eigen gehört. Alle Augenblicke plumpst irgendwerins Wasser, ein Spaß, der allerdings nicht auf jeden Fall als geist-reich zu bezeichnen wäre, wenn sich hinter ihm nickt so etwas wieeine höhere Bedeutung vermuten ließe. Denn da an dem Hinein-plumsen nicht allein ein Chinese, sondern auch eine Anzahl Kähne aus� dem Kanitzschen Vorstellungskreise beteiligt ist, so vermutetenwir in der harmlos ausschauenden Wasserpantomime gleich irgendeine Anspielung auf Seegewalt und Weltpolink. Unsre Vermutungwurde zu ziemlicher- Gewihhest, als am Schluß gar eine Musikkapelleals Verkörperung des Konzerts der Mächte angegondelt kam, derenHarmonie selbst dann noch nichts von ihrer Standhaftigkeit einbüßte,als sie bereits völlig zu Wasser geworden war. Selbstverständlichkomnit in dem Schaustück auch das schöne Geschlecht zu Wasser undzu Lande zur Geltung, so daß auch solche Zuschauer, die auf diepolitische Seite der Handlung weniger Wert legen, durchaus auf ihreRechnung kommen.Der Cirkus Schumann in der Karlltraße wird heute u. a.mit einem Ausstattungsstück„China" eröffnet.Fruerbcricht. Freitag früh wurde Ebelingstr. 1 Feuer ge-meldet, doch trat die Wehr nicht in Thätigkeit. Später branntenRoßstr, 8 Möbel und Kleider. Aehnliche Brände wurden Rügener-straffe 15, Michaelkirchstr. 7 und Alexandrinenstr. 118» gemeldet.Packmaterial ging Anklamerstr. 22 in Flammen auf, während amExerzierplatz bei der Schwedterstratze ein Posten Stroh eingeäschertwurde. Weitere Alarmierungen erfolgten nach Wilhelmstr. 31, Gubener-straße 60 und Alt-Moabit 114, doch war überall der Anlaß dazuunbedeutend. Ueberhaupt sind größere Brände innerhalb acht Tagennicht zu verzeichnen._Au« den Nachbarorten.Das neue Schönebergcr Krankenhaus, mit deffen Bau imnächsten Jahre begonnen werden wird, soll nach einem von demMagistrat gefaßten Beschlutz zunächst für 300 Betten eingerichtetwerden. Spätestens im Herbst 1901 soll mit dem Bau begonnenworden.DaS vor kurzem eröffnete neue Kreiskrankenhau» in Groß«Lichterfelde hat sich ebenfalls der Berliner Rettungsgesellschaftals Hauptwach« angeschlossen.Aufgelöste Anarchisten-Versammlung. Die„Berl. N. Nachr."schreiben: Da anarchistische Versammlungen, die als solche ange-kündigt waren, in letzter Zeit stets dem polizeilichen Verbot verfielen,hatten Berliner Anarchisten eine allgemeine Arbeiter-Versammlung in Neu-Weißensee einberufen, um hier fürihre Ideen Propaganda zu smachen. Die Behörde erhielt jedochKenntnis, datz eS sich um eine anarchistische Veranstaltung handleund löste demzufolge der überwachende Gendarm die imEtablissement„Zum Prälaten" tagende Versammlung auf, nochehe der Referent seine Ausführungen beginnen konnte.Wir wissen nicht, ob diese Mitteilung zutreffend istz aber wennsie stimmt, dann muß die Person, die für die Auflösung verantwortlichist, der felsenfesten Ueberzeugung sein, daß— vielleicht dank derSocialdemokratie— für die Ausbreitung des Anarchismus in Deutsch-land jeglicher Boden fehlt. Denn andemfalls giebt eS gar keinbesseres Mittel, um den Anarchismus zu fördern, als solche Versammlungsauflösungen.Gevichks-Ivikung.Interessante Streiflichter auf den deutsch- russische»Schmnggelvcrkchr brachte eine Verhandlung, die gestern vor der9. Strafkammer des Landgerichts I stattfand. Aus der Untersuchungshaftvorgefühlt wurde der auf Ersuchen des JustizministeriuniS von denenglischen Behörden aus Glasgoiv ausgelieferte Cigarettenarbeiterund russische Untertha» Peisach Winkler, welcher'der Untreueund Unterschlagung angeklagt war. Der Angeklagte hat seitJahren von dem hiesigen Uhrenwareiihändler Scheuer wertvolle goldeneUhren entnommen, die einem hohen russischen Eingangszoll unterliegen.1 Winkler schmuggelte die Uhren über die Grenze und verkaufte sie inRußland, was mit großem Gewinn geschehen kann, da dort goldeneUhren nicht angefersigt werden. Im September vorigen JahrShatte der Angeklagte wieder von Scheuer Uhren zum Gesamtbeträgevon 2600 M. entnommen. Er ließ nichts wieder von sich hören, bisScheuer, der noch keine Zahlung erhalten hatte, ermittelte, datzWinkler nach Glasgow gegangen war, wo er in einer großenCigarettenfabrik, die etwa 600 Arbeiter beschäftigt, angestellt war.Winkler hatte aber noch ein andres Schmuggelgeschäft betrieben. InWarschau wird ein schwunghafter Handel mit alten Kleidungsstücken be-trieben, die in Berlin aufgekauft, über die russische Grenze geschmuggelt,dort ausgebessert und dann weiter verkauft werden. Für einen solchenWarschauer Händler Namens Fistel Futermann hatte Winklcr hierim vorigen Herbst 60 alte Anzüge gekauft, mit der Aufgabe, sie überdie Grenze zu schmuggeln. Er ließ sich auch in Warschau nicht wiedersehen, so datz auch Futermann geschädigt wurde. Der Angeklagtegab an, datz er bei seiner letzten Expedition von einem eigentümlichenPech verfolgt worden sei. Natürlich müsse er Helfershelfer haben,da er nicht mit einer großen Anzahl Uhren und 50 Anzügenan den Zoll kommen dürfe. Er hatte sich zwei russischeJuden angenommen, denen er den größten Teil derUhren übergeben habe, um sie am Körper und in den Stiefeln ver-steckt, über die Grenze zu schmuggeln. Er selbst habe nur einigeUhren zum Werte von 800 M. für sich behalten. Auch zum Schmuggelder alten Kleider habe er Gehilfen gebraucht. Es komme vor, daßmißtrauische Beamte die Reisenden nötigten, ihre angeblichen ge-brauchten Anzüge anziehen ließen, um sich zu überzeugen, daß sieauch paßten. ES sei Gebrauch, daß ein Schmuggler unter-Wegs unter den Mitreisenden seine Helfershelfer aussuche,die je nach ihrer Größe geeignete Anzüge anvertraut erhalten,die sie beim Zollamt als ihr Eigentum angeben. Für jeden durch-geschmuggelten Anzug erhalte die Mittelsperson 3,25 M., währenddie Steuer 30 M. betrage. Als er nun mit seinen Gehilfen und dendurchgeschmuggelten Sachen glücklich über die Grenze gekommen seiund mit den ersteren abrechnen wollte, hätten diese ihn einfach aus-gelacht und erklärt, datz es ihnen gar nicht einfalle, die Sachenherauszugeben. Wenn er sie anzeigen wolle, so könne er es ruhigthun, es würden dann nicht nur sämtliche Sacken beschlagnahmt,sondern er laufe außerdem noch Gefahr, nach Sibirien ver-bannt zu werden. Nun habe er nicht gewußt, was er anfangen und wie er sich seinen Auftraggebern gegenüber verant-Worten sollte. Er habe eS vorgezogen, nach Glasgow zu fliehen.Staatsanwalt Liebenow wies darauf hin, datz selbst wenn dieAngaben des Angeklagten wahr seien, er doch in betreff der Uhren,die er gesländlich für sich behalten, eine Unterschlagung begangenhabe. Nun behauptete der Angeklagte aber, datz er die Uhren vonScheuer fest auf Kredit gekauft halte, während der Zeuge Scheuererklärte, daß er dem Angeklagten die Uhren nur in Kommission ge-geben habe. Der Verteidiger Rechtsanwalt Wcrthauer, richtetean den Angeklagten die Frage, wer denn den Schadenzu tragen gehabt hätte. wenn die Uhren von derrussischen Zollbehörde beschlagnahmt worden wären. Der An-geklagte erwiderte, daff eine Vereinbarnng zwischen ihm und Scheuergetroffen worden sei, daff sie in diesem Falle den Schaben zu gleichenTeilen zu tragen hätten. Da Scheuer dies zugab, so gewann eS den Anschein, als ob thatsächlich ein festes Kaufgeschäft vorgelegen habe. DerStaatsanwalt hielt dennoch die Anklage aufrecht und beantragteeine Gefängnisstrafe von ander thal'b Jahren. Der Gerichts-Hof kam indessen zu einem frisprechenden Bekenntnisse,da das Rechtsverhältnis. welches bei den Schmuggelgeschäftcnzwischen Scheuer und dem Angeklagten obwaltete,' nicht auf-zuklären sei.Eine Anklage wegen Steuerhinterziehung, wissentlichfalscher Anschuldigung und verleumderischer Beleidigungführte gestern den Expedienten Paul Harschkamp vor dieerste Strafkammer des Landgerichts l. Der schon wiederholt vor-bestrafte Angeklagte verbüßt zur Zeit eine wegen Unterschlagungüber ihn verhängte zweijährige Gefängnisstrafe. Er war als Expedientin der Fabrik für Leitungsanlagen von L. E. Becker angestellt undzu seinen Obliegenheiten gehörte auch die Abnahme und Verzollungder aus dem Auslande für die Fabrik ankommenden Fayence-waren. Er war überführt worden, eine Reihe von Unterschlagungenbegangen zu haben und der Prokunst Herr Max Becker hatte dieStrafanzeige gegen ihn erstattet, die zu der oben gedachten Ver-urteilung zu zwei Jahren Gefängnis führte. Um in letzter Stundeeine Strafanzeige von sich abzuwenden, führte er eine Pression aus,indem er in einem an den Prokuristen gerichteten Brief diesendaran erinnerte, daß er doch an die Zollhinterziehungen denken solle,die er in seinem Auftrag ausgeführt habe und die eS bewirkenwürden, daff auch der Chef und sein Prokurist neben ihm auf derAnklagebank würden Platz nehmen müssen. Dieser Briefhatte nicht den erhofften Erfolg. Der Angeklagte erstattetedarauf unter dem 13. August 1899 die Strafanzeigegegen Majj Becker bei der Staatsanwaltschaft. Er behaupteicdarin, daß in zwei von ihm namhaft gemachten Fällen, in denen eSsich um die Verzollung von aus England kommenden Sendungen Fayencehandelte, auf der Zollabfeisigungsstelle am Lehrter Bahnhof Steuer-Hinterziehungen stattgefunden haben. Er sei dabei das Werkzeug des?ierrn Becker jun. gewesen und habe von diesem den Auftrag er-alten gehabt, die Zollbeamten und Arbeiter mit Bier und Eigarrenzu spicken, um am Eingangszoll möglichst zu sparen. Er sei dieserWeisung auch nachgekommen und habe in den beiden FällenZollermäßigung in der Weise erzielt, daß die zu verzollendenFayencebecfen sämtlich als einfarbige zollamtlich behandeltwurden, während fünf mehrfarbige, mit doppelt hoher Steuerbelastete Becken darunter waren, die als einfarbige mit durch-huschten. Die Anzeige hat zu einer eingehenden Untersuchung durchdie Steuerbehörde geführt. Dabei ist festgestellt, daß thatsächlichfünf mehrfarbige Becken als einfarbige durch-geschlupft waren. Wie daS möglich gewesen ist, hat sich nichtermitteln lassen; die veniommenen Steueraufseher, unter derenAussicht auf dem Packhof die Auspackung der Waren vorsich geht, konnten sich auf den einzelnen Fall nicht mehrbesinnen, bestritten entschieden jede Pflichtwidrigkeit und ver-mochten eine Erklärung' der Thatsache nicht zu geben. DerAngeklagte hatte bei seiner Vernehmung vor der Steuerbehörde er-klärt, daß er die Beamten nicht habe beleidigen wollen, diesen auchnichts vorzuwerfen habe, sondern nur habe sagen wollen, datz er denArbeitern Bier und Eigarren gespendet habe, damit sie es beim AuS-packen nicht so genau nähmen. Da von Herrn Becker jun. mit Ent-fchiedenheit bestritten wurde, jemals den Augeklagten zur Zollhintcr-zichung veranlaßt zu haben, so wurde gegen letzteren die obigeAnklage erhoben. Man ging dabei von dem Gedanken aus, daß e res unternomnien habe, den SteuerfiskuS zu schädigen. Der An-geklagte verblieb im gestrigen Termin bei der Beschuldigung deS HerrnB. jun., dieser wieS auch hier die Anschuldigung mit Entschiedenheitzurück und die umfangreiche Beweisaufnahme stützte die Behauptungendes Angeklagten nicht. Der Staatsanwalt beantragte, den letzterender Steuerhinterziehung sowie der falschen Anschuldigung und derBeleidigung für schuldig zu erklären und ihn zum vierfachen Betragedes hinterzogenen Zolls sowie zusätzlich zu 6 Monaten Ge-fängnis zu venirteilen. Der Gerichtshof erkannte auf Frei-fprechung wegen der Zollhinterziehung, da derAngeklagte in die zollamtliche Behandlung aktiv nicht eingegriffenhabe, ferner auf Freisprechung in betreff deS Herrn Becker jun., da sichder Angeklagte hier vielleicht m gutem Glauben befunden habe. Wegender falschen Anschuldigung in Bezug auf die Beamten wurdeHarschkamp zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt.Einen tumultuarischen Auftritt im Schalterranm desPostamts in der Beuthstratze veranlatzte ani Nachmittage des 4. Aprilder Hausdiener Wilhelm Koberger. In den Spätnachmittags-stunden ist das genannte Postamt von Hausdienern der benachbartenKonfektiousfirmen überfüllt, welche eine Menge Pakete aufgeben.An dem genannten Tage war der Postexpedient Frey damit be-schäftigt, die Begleitadressen der Pakete einzutragen, als der An-geklagte ihn um Verabfolgung einer Freimarke ersuchte. Derüberbürdete Beamte wollte sich in seiner Arbeit nichtstören lassen und verweigerte� deshalb die Marke, denAngeklagten an einen andren Schalter verweisend. Hierüber wurdeKoberger ungehalten, er klopfte sich gegen die Stirn und rief:„Wenn der Beamte vernickt ist, mag er sich pensionieren lassen!"Die übrigen wartenden Hausdiener wurden dadurch auch rebellisch,es entstand ein solcher Lärm, datz der Postvorsteher einen Schutz-mann herbeirufen lassen mußte, der bald Ruhe stiftete. DasSchöffengericht verurteilte den Angeklagten wegen Beamtenbeleidigungzu einer Geldstrafe von 30 M.Einen romantischen Hintergrund hatte eine Anklage wegenKindesunterschiebung und intellektueller Urkundenfälschung,welche gestern vor der ersten Strafkammer des Landgerichts l vei-handelt' wurde. Die Ehefrau des Monteurs K. hatte, während ibrMann sich fast ein Jahr lang im Ausland befand, mit einemandren Mann ein Verhältnis angeknüpft, das nicht ohneFolgen blieb. Sie genaß im März d. I. eines Kinds. Dieihr bekannten Arbeiter F.schen Eheleute waren kinderlos, es warihr sehnlichster Wunsch, ein Kind zu besitzen. Der Frau K. lagnatürlich daran, den von ihr begangenen Fehltritt vor ihrem Ehe-mann geheim zu halten, sie ging deshalb mit Freuden auf den Vor-schlag der F.schen Eheleute ein, ihr Kind an sie abzutreten. DieF.schen Eheleute meldeten bald darauf das Kind beim Standesamtals ihr eignes an. Die Sache wurde entdeckt und die drei be-teiligten Personen wurden zur Verantwortung gezogen. Frau K.wurde zu drei Monaten, der Ehemann F. zu zwei Wochen und dieEhefrau F. zu einem Monat Gefängnis verurteilt.Neubnneiustnrz. In Pforzheim ist unter donnerähnlichemGekrache vormittags kurz vor 10 Uhr ein Teil des in der Tunnel-straße gelegenen Neubaus deS Fabrikanten Kuppenheim eingestürzt.ES wurden sieben zum Teil schwer verletzte Ar-b e i t e r und ein Bauführer auS den Trümmern hervorgezogen.Die Pest in Glasgow. Von den unter ärztlicher Beobachtungstehenden pestverdächtigen Personen in Glasgow find 16 aus derBcobachtmigsstation entlasfeii worden.— Gestern ist ein neuerTodesfall und eine neue Erkrankung an Pest vorgekommen. DerStand der Epidemie ist jetzt folgender: 24 ausgesprochene Pestfälleund 2 pestverdächtige Fälle; unter ärztlicher Beobachtung stehen83 Personen.Die letzte Andreeboje. Wie ans Stockholm telegraphiertwird, wurde am Donnerstag die letzte in Norwegen gefundeneB 0 j e A n d r ö e s in der Akademie der Wisicnschaften geöffnet.Die Boje ist äußerlich gut erhalten, der Deckel war festgeschraubt.Man fand auf dem Deckel spiralförmige Metalldrähte, die Ursprung-lich eine kleine, jetzt fehlende Flagge festhielten. Die Boje ist, trotz-dem sie offenbar einem starken Drucke ausgesetzt gewesen ist, fastunbeschädigt. Nach Abnahme des Deckels fand sich in einer Metall-�hülse das früher mitgeteilte Schreiben. Die Handschrift istzweifellos diejenige Androes. Die letzten noch der �Unterschrift zugefügten Worte rühren möglicherweise von Strind-b e r g her. Die Boje wird ebenso wie die früher gefundenen imNationalmuseum aufbewahrt werden.Neue» Grubenunglück bei Tux. Im Nelson-Schachtbei Drix ereignete sich ein Grubeminglück, wobei drei Arbeitergetötet wurden. Die Kohlenmasscn im Schellenken-Schacht ge-rieten in Brand. Was kommt es dort auch auf ein paar Menschen-leben an!— Gesteni abend gelang es, die 30 im Frisch Glttck-Schachtgefundenen Leichen herauszuschaffen. Von den Verletzten sind bisher7 gestorben.Die Zliisichtskarten- Industrie. Der ersten internationalenAusichtspostkarten-Ausstellung. die vor einigen Tagen in Paris er-öffnet worden ist, widmet das„Journal deS DsbatS" eineninteressanten Artikel. Dr. Henibo, der die Ausstellung ver-anstaltcte, hat nicht weniger als 160 000 Arten von Postkartenaus allen Ecken und Enden der Welt zusammengebracht. WegenPlatzmangels kann die ganze Sammlung nicht auf einmal gezeigt jwerden; gegenwärtig sieht man»nr die 36 000 Karten, die auf!Europa Beziig haben; dieser„Teilausstellung" sollen vier andrefolgen, die je einem Erdteile entsprechen werden. Man kann sichaber schon jetzt einen Begriff von der außerordentlichen Ent-wickliiiig und von den Fortschritten der AnfichtSpostkarten-Jndustriemachen', wenn man die Tcilansstellnng besucht. Eine ganzbescheidene Karte, die sich ans der Ausstellung befindet, wirdvon den meisten Besuchern kaum bemerkt und doch ist sie daS wen-vollste Stück der ganzen Sammlung, denn sie ist die ältesteAnsichtskarte; sie wurde 1866 in Basel verkauft, aber siehatte keinen Erfolg. Erst seit 20 Jahren findet das Publikum Ge-schmack an Ansichtskarten, aber diese Mode herrschte lauge Zeit imr inder Schweiz und in Deutschland. In Deutschland besondersgelangte die neue Industrie zu großer Blüte. Fast in jeder größeremdeutschen Stadt werden jetzt Ansichtskarten gedruckt und verbreitet;die besten Ansichtskarten werden in München, in Stuttgart, inKarlsruhe, in Hanau, besonders aber in Dresden hergestellt.Dresden liefert den Händlern in Deutschland, Italien, FrankreichsEgypten und Syrien(I) die meisten Ansichten von Landschaften,'Denkmälern und Straßen, die man den Reisenden auf Postkartenverkauft. Deutschland stellt jährlich 84 Millionen Ansichlskarten her.die den Verlegern 1680 000 M.. den Händlern 6160000 Mark unddem Staat 6 Millionen Mark eintragen. Dann kommt die Schweizmit 13 Millionen Karten, die dem Staat zwei Millionen FrankenNutzen bringen. Frankreich nimmt fast die letzteStelle ein. hinter Oestrelch. Italien. England, Rußland,Belgien, Holland und Schweden und nur vor Spanien. ESerzeugt mir 4 Millionen Karten; die Verleger verdienen da-bei nur 120 000 Franken, die Händler 600 000 Franlen undder Staat 800 000 Franken im Jahr. Die Portosätze sind in Frank-reich höher als in andren Ländern— 10 Centime« für jede Karteim Inland, während man in andren Ländern nur 6 Centime»(oder6 Pfennig) zahlt. Unter den ausgestellten Karten findet man natür-lich die verschiedensten Arten: Städtebilder(bei Tag und bei Nachtaufgenommen), die besonders in Dresden hergestellt werden.farbige Karten, auf welchen die„Ansichten" von Echörkelnund Gewinden umrahmt werden(Schweizer Erzeugnis),„impref-sionistische" Karten aus München, die bald die feinen Schattierungender Alpenpflanzen. bald die Streifen einer Badehose wiedergeben.Stuttgart hat das Monopol der„Gemütlichkeit". Pari» wird aufden deutschen Postkarten immer als das Sünden« Babel dar«gestellt. Monaco ist durch eine Anzahl weiblicher Gestalten ver-sinnbildlicht. Neben diesen sieht man die bekannten Karten mitPhotographien von Familienmitgliedern, lehrreiche Karten, die dieMeisterwerke der großen Museen Europa? darstellen usw.Eine Kirche mit Inhalt gestohlen. Fünfzig Bürgeraus Whiterker. New. Jersey, sind wegen eine» gewißseltenen Vergehen? vor dem Gerichtshof von Belvedere ge-fordert worden: sie haben eine Kirche mit ihrem ganzenInhalt gestohlen und fortgeschleppt I Ein Priester der, neckischen Kirche hatte vor kurzem die Ermächtigung erhalten.n Whiterker eine Kirche zu bauen. Die Arbeiten haften begonnenund waren, trotz deS Einspruchs eines Teils der Bevölkerung, fastbeendet. AlS die Gegenpartei sah, daß jeder Widerspruch wirkungslosblieb, schritt sie zur entschlossenen That. In einer Nacht hobenfünfzig Männer daS ganze Gebäude auf Rollen und zogen ,s aufein andres Terrain. Alles, was in der Kirche war, brachten sie miteinem Male weg. Die Leichtigkeit des Transports erklärt sich da-durch, daß die Kirche ein Holzbau war. Der griechische Priester..der natürlich höchst entrüstet war, hat BerhaftSbefehle gegen dieUebelthäter erwirkt, und der Konstabier führte sie nun vor denGerichtshof von Belvedere, den Hauptort des Distrikts. Die Richtersind angesichts dieses ungewöhnlichen Diebstahls in größter Ver-legenheit wegen des Strafmaßes.12 000 Opfer des Wirbelsturms in Texas. Nach einemTelegramm aus Austin meldet der Gouverneur von Texas in seinemBericht über die Katastrophe in Galveston vom 18. September, daß jSie Zahl der Getöteten mit 12000 nicht zu hoch gegriffen sei.