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Verbrecherische Ausbeutung. Die Skrupellosigkeit des Ausbeutertums, das sich nicht scheut, mit allen Mitteln unter falschen Vorspiegelungen Arbeiter nach Deutschland zu locken, hat zu einem blutigen Verbrechen geführt, über das unser Lübecker Partei-Organ wie folgt berichtet: Auf der Jutefabrik in S ch i f f b e ck haben etwa 20 gewissenlose Agenten aus Deutsch- Böhmen herangelockte Weber und Weberinnen die Arbeit niedergelegt, weil sie bei dem Hunger» lohne von 78 Marl wöchentlich nicht ihr Dasein fristen konnten. Bon der Fabrikleitung wurden die Leute auf da» schnödeste behandelt, und da? Gewerkschaftskartell mußte durch ein» Geld- spende die Bedauernswerten, welche dem östreichischen Textil- arbeiterverbande angehören, vor dem Aergsten zu schützen suchen. Bedauerlicherweise haben die Differenzen zu einer scheußlichen Blutthat geführt. Am Freitagabend, als die Fabrikpfeife Feierabend ankündete, begaben sich drei Oestreicher auf den zur Fabrik führenden Fußsteig, um dem Agenten K r u m p, der sie nach hier gelockt und der jetzt als Bor» richter auf der Fabrik thätig ist, feine Schlechtigkeit vor Augen zu führen. Wir folgen im weiteren der Darstellung, wie sie vor dem Amtsvorsteher zu Protokoll gegeben wurde. Die drei Oestreicher riefen ihrem früheren Landsmann und jetzigen Borrichter K r u m p zu: Wir wollen uns verabschieden und uns dafür bedanke», daß Du uns nach Deutschland hin- eiugeschwindelt hast. Krump: Ihr seid zu dumm, weshalb laßt Ihr Euch beschwindeln. Mit den Worten: Was Ihr wollt, das weiß ich. zog Krump ein Messer aus der Tasche. Der eine Oestreicher erhob seinen Stock und versetzte dem Krump einen Schlag, weil er glaubte, daß dieser zustechen werde. In dem- selben Augenblick bohrte ihm Krump daS Mrffer in die Brust. Die beiden Oestreicher sprangen hinzu und wollten dem Krump daS Messer cutreißen. Dieser st ach blindlings mit der Mordwaffe umher und verletzte den einen Oestreicher an der Schulter, während dem andern durch Messet st iche der Rock zerfetzt wurde. Inzwischen war der verwundete Arbeiter zu Boden gesunken, ein dicker Blut ström entquoll seiner Brust. Seine beiden Kollegen hoben den Bewußtlosen auf die Schulter und trugen ihn fort. Die Ortsbehörde wurde sofort hier- von in Kenntnis gesetzt. Der hinzugezogene Arzt stellte fest, daß die Messerklinge sechs Centimeter tief in die Lunge eingedrungen ist. Nach Aussage des Arztes ist die Verletzung tödlich. Weil der Verletzte nicht transportfähig ist, konnte er nicht dem Krankeuhause zugeführt werden. Die beiden Oestreicher wurden vom Amtsvorsteher ersucht, nicht nach der Heimat abzufahren, da er sie als Zeugen zur Hand haben müsse. Die andre» Oestreicher sind bereits auf dem Wege zur Heimat. Während die Scharfmacher jede einzige Ausschreitung eines Arbeiters zum Vorwand nehmen, um nach Zuchthausvorlagen zu schreien, fällt es ihnen nicht ein, zu fordern, daß dem entsetzlichen Menschenhandel mit Gesetzen entgegen zu treten sei, der mit aus- ländischen billigen Arbeitskräften getrieben wird. Der unmittelbar Schuldige, der die fremden Arbeiter unter lügenhaften Versprechungen dem Unternehmer in die Arme geführt hat, hat in der Erregung seines schlechten Gewiffens sich bis zum Totschlag hinreißen lassen. Schuldiger aber als er sind seine Auf- traggeber, die gegen die heimischen Arbeiter willen- und wehrlose Lohndrücker aus dem Ausland unter schwindelhaften Vorspiegelungen importieren. Aeutsches Zieich. Höfische Mysterien. In dem MajestätsbeleidigungS-Prozeß gegen Maximilian Harden , welcher am 8. d. M. unter Ausschluß der Oeffeutlichkeit stattfand, ist, wie ein Eingeweihter in östreichischen Blättern erzählt, manches gesagt worden, das Juteresse hat. Von Bedeutung sind die Zeugenaussagen Dr. Schweningers, des Leibarztes Bismarcks. Von den Fragen seien folgende mit- geteilt: Frage:Ist eS wahr, daß ein Mitglied deS KaiserhanscS dem Geheimrat Schweninger gegenüber feine Anerkennung über den unter Anklage gestellten Artikel HardenS in derZu- kunft" ausgesprochen und daß dieses Mitglied des Kaiserhauses gesagt hat, es sei wünschenswert, daß der Kaiser den Artikel zu lesen bekomme? Schweninger : 3a." Frage:.Ist eS wahr, daß dieses Mitglied des Kaiser- hauseS, deffen Name nicht genannt werde» soll, denselben Vater und dieselbe Mutter hat, wie der Kaiser 1" Schweuuinger: Ja." Frage:Ist es wahr, daß Fürst Bismarck den Angeklagten Harden einen guten Rohalisten genannt hat?" Schweninger : «Ja.' Er fügt hinzu, daß Fürst Bismarck die freimütige Kritik, die der Angeklagte zu üben pflege, gerade vom Standpunkt eines guten Royalismus gebilligt habe. Frage:Ist es wahr, daß Fürst Bismarck die Flasche SteinbergerKabinett, die ihm der Kaiser geschickt hatte, mit dem Angeklagten ausgetrunken hat?' Schweninger :Ja." Frage:Ist es wahr, daß Fürst Bismarck bei dieser Gele«»» heit zu dem Angeklagten gesagt habe:Ich weiß, Sie meincßföjfE mit dem Kaiser ebensogut wie ich?" Schweninger :Ja."�� Frage:Ist es wahr, daß sich der Vorgang in folgender Weise zugetragen hat: Fürst Bismarck , Herbert Bismarck . Schweninger und Harden saßen an der Tafel des Fürsten . Der Fürst sagte zu Harden:Es ist eigentlich das erste Mal, daß Sie hier mit Herbert zusammen sind. DaS sollte doch besonders gefeiert werden." Darauf wandte sich der Fürst zum Diener und gab Befehl, die Flasche Steinberger Kabinett hereinzubringen. War dies der Her- gang?" Schweninger :Ja." Frage:Ist es war, daß Harden einige Tage, nachdem er wegen MajestätSbeleidiguug in Anklage gesetzt und vom Berliner Landgericht unter Vorsitz des Landgerichts-Direktors Schmidt frei- gesprochen worden, beim Fürsten Bismarck dinierte und der Fürst bei der Tafel Harden zutrank, und zwar auf das Wohl des Landgerichts-DirektorS Schmidt? Schweninger :Ja." Frage:Der Angellagte behauptet, der Kaiser sei manchmal nicht richtig informiert worden. Ist es beispielsweise wahr, daß der Kaiser dem Geheimrat Schweninger gegenüber die Aeußerung gethan, Für st Bismarck sei nicht mehr im stände, die Amtsgeschäfte zu versehen, weil er dem Mor- phiniSmnS verfallen sei? Geheimrat Schweninger erwidert, er möchte auf diese Frage keine Antwort geben, weil sie den Kreis der ärztlichen Berufspflichten berühre. Die notwendigen Erläuterungen zu diesen Andeutungen dürsten im Volke, wie die Prozeß-Aussagen selbst, unter Ausschluß der Oeffentlichkeit erfolgen. Hohenlohe » Auferstehung. Im neuestenSimplicifsimus" hat Thomas Theodor Heine einen vlelbelachten Reichskanzlerwitz gezeichnet. Es ist eine Ministerialfitzung. Die edlen Herren sitzen auf ihren Stühlen. Da wird der Reichskanzler vermißt. Die Unterschrist des Bildes lautet:Bitte, meine Herren, sitzt einer von Ihnen vielleicht auf dem Herrn Reichskanzler?" Die Illustration stellt den Moment dar, wo die Minister der Aufforderung gemäß eifrig ihre Stuhlsitze absuchen. Gleichzeitig mit dem Erscheinen de» Blatts dementiert der Telegraph den Witz. Fürst Hohenlohe ist plötzlich wieder aufgetaucht und zum Kaiser nach Homburg gereist. Wir haben also doch einen Reichskanzler. Inzwischen stellt der Berliner Bülow-Liebling derFrankfurter Zeitung " fest, daß der Fürst Hohenlohe an der China -Politik nicht teilgenommen habe und er vermehrt seinerseits die Kanzler- Anekdoten um den folgenden Scherz: Der Reichskanzler habe alles in der chinesischen Aktton erfahren, denn er lese Zeitungen. DaS einzige politische Ziel, da« demnach Fürst Hohenlohe zu verfolgen scheint, ist daS, den Beweis der Ueberflüsstgkeit des Reichskanzleramts zu führen. Vordem konnte man glauben, der alte Herr unterzöge sich in einem gewissen Opfermut deshalb der Unannehmlichkeiten seines Postens, weil er besorgt um das Geschick des Reichs seinen Nachfolger mög- I i ch st lange zu verhindern bestrebt sei. Jetzt darf man aimehmen, daß er einer noch höheren Aufgabe lebt: Er will alle seine Nachfolger kompromittieren, indem er durch die That beweist, daß die Welt ganz gut ohne einen Kanzler bestehen könne, daß ein Kanzler nur eine Atrappe sei. Mit dem Autoritätsglauben rückständiger Bevölkerungskreise ist in den letzten Jahren gründlich aufgeräumt worden. Diese Toten- gräberpolitik ist der Fortschritt in der Stagnation der inneren Ver- hältnissr. Khaki-Bildung muß im Volk verbreitet werden! Der KulwS- minister hat die Oberpräsidenten ersucht, bei den auS staatlichen Mitteln unterstützten Volksbibliotheken darauf hinzuwirken, daß bei der Auswahl der Bücher auch darauf Rücksicht genommen werde, das nteresse für die vaterländischen Kolonien und ür die lv eitere Entwicklung der deutschen Flotte durch die Aufnahme geeigneter Schriften zu beleben. Als Ergänzung schlage» wir den Ankauf von gediegenen Werken über die Hunnen und die Geschichte des byzantinischen Reichs vor. Auch sonst bemühen sich die Behörden als Agenten buch- händlerischer Erzeugnisse. So empfiehlt der Landrat von Soltau amtlich ein Berliner Wurstwochenblatt zur Anschaffung. Wir sollen eben wieder zum Volk der Dichter und Denker erzogen werden I Chiuaflaue. Die verzückte Begeisterung der Chinaprcsse ist verflogen. Die Hoffnung auf heroische Thaten im fernen Osten ist vernichtet und angstvoll mit leeren Händen tritt die Weltpolitik vor den Reichstag , der mit vollen Händen zahlen soll. Wie kleinlaut lispelt es jetzt auS den Spalten derMünchener Allg. Ztg.", die vor kurzem noch lärmendes Alldeutsch trompetete: Die klerikal-demokralischen und namentlich die socialdemo- kratischen Kritiker der deutschen China -Politik lhun das Gegenteil von dem, was das einzig Richtige ist, wenn sie zu verlangen fortfahren, wir sollten so schnell wie möglich aus China herausgehen. Sie stellen die Sachlage auf den Kopf, iniofern sie glauben machen, es komme irgend jemand in Deutschland darauf an, daß Graf Waldersee und das ihm unterstellte deutsche Exp e d iti o N« c o rp S nach blutigen Schlachten lorbergekrönt heimkehre. Die militärische Macht- entwicklung deutscherseits in China dient am letzten Ende nicht kriegerischen, sondern eminent fried- l i ch e n, kulturellen und national ivirtschaftlichen Zwecken. Denn eS liegt uns daran. den Austausch von Gütern mit China vermittelst unsrer Schiffahrt nach Möglich- keit zu heben. beziehungsweise ihn in dem Maße zu sicher», wie das nur dann angeht. wenn der Schutz der Fremden in China mit dem Bölkerrccht im Einklang steht. Unser Haupt- intereffe liegt in dem freien Handels- und Schiffahrt»- verkehr mit China . Deshalb legen wir Wert darauf, daß an dem Princip der offenen Thür festgehalten werde. Die Abfuhr gewisser Produkte des deutschen Gewerbe- fleißcs nach China liegt nicht nur im Interesse der Großindustrie. sondern auch in dem der Arbeiter. Dies den letzteren klarzulegen, wäre Pflicht der socialdemokratischcn Presse, wenn diese die wirk- licken Interessen der handarbeitcndcn Klassen verträte." Leider bedeutet die gesamte deutsche Chinapolitik von derPachtung" Kinutt'chouS bis zur Waldersee-Cxpedition das Gegenteil solcher Maßnahmen, die zur Erreichung friedlicher Ziele führen könnten. Leider steht der Erfolg der handelspolitischen Absichten in China im umgekehrten Verhältnis zurj militärischen Machtentwicklung. Außerdem aber istdie Abfuhr gewisser Produkte de» deutschen GewerbefleißeS" nach China für die Arbeiter weit weniger wichtig als die Frage, wie die deutschen Arbeiter in höherem Maße zum Genüsse der von ihnen unter hundertfältiger Entbehrung geschaffenen Produkte zu gelangen vermögen. Die grundsatzlose, greisenhafte Resoluttott zur China - Politik, zu der Eugen Stichler sich für den Börlitzer Parteitag ver- standen hat, sucht dieffreistnuige Zeitung' damit zu bemänteln, daß u»sre Ausfaffuugin keinem Parlament der Welt bei der Beschluß- fassung über die Chinakredite aufgetreten, auch nicht unter den sociäldemokratischen Abgeordneten des gesetzgebenden Körpers in Pari S". DieFreisinnige Zeitting" sollte doch nun endlich wissen, daß unsre Anschauung über Wellpolitik und Chmafrage von der gesamten internationalen Socialdcmokratie geteilt ivird; insbesondere haben unsre französischen Genossen, wie Sembat auf dem internatioiialen Kongreß erklärte, gegen die Chinakredite gestimmt und zwar die ganze Fraktion einstimmig. Die ganze Politik des Freisinn» bedeutet nachgerade nur ein mühseliges Schaufeln des eignen Grabs. Und sein Totenhemd ist khakifarben. Pachtung einer Kohleustatton. Wie dieAgence HavaS' aus Aden meldet, pachtete Deutschland von der Türkei die kleine JnselWroan im RotenMeer für 30 Jahre zur Errichtung einer Kohleustatton. Die Weltpolitik fordert die Erwerbung von Kohlenstattonen in allen Erdteilen und Oceanen heraus. Da stnd unabsehbare Möglich- leiten zum Geldverpulvern gegeben. Aber was bedeutet:Deutschland pachtete"?<Deutschland " kann nichts pachten ohne Bewilligung der Kosten durch den Reichstag . Es handelt sich also doch wohl erst nur um Pachtungs- a b s i ch t e n. Oder soll der Reichstag in allen Angelegenheiten der äußeren Politik vor vollendete Thatfachen gestellt' werden? In der Zwickmühle. DieKöln . Volks-Ztg." ist durch dieErläuterungen" deS Freiburger Bischofs in eine arge Zwickmühle gekommen. Sie muß zugeben, daß der Kommentar gegen die Gewerkschaften über- Haupt gerichtet ist. DieKöln . Volks-Ztg." und ein Teil der Centrums-Socialpolittker müssen nun aber wohl oder übel für die katholischen Gewerlschasten eintreten und somit die Ansichten des Erzbischofs bekämpfen. Einem so hohen Kirchensürsten aber Irrtum vorwerfen, das geht doch nicht an. In sehr gewundener Sprache bringt sie denn zum Ausdruck, daß die Rat- geber des Herrn Erzbischofs Seine Ehrwürden falsch beraten haben. Wir hätten erwartet, daß die Redacteure derKöln . Volks- Ztg." mit besseren Ausredengesegnet" wären. Aber das rheinische Katbolikenblatt muß noch viel mehr zu- aeben, nämlich, daß auch der HZirtenbrief selbst ver- schiedenen Deutungen Raum läßt. Vielleicht kommt man der richttgen Deutung am nächsten, wenn man sagt: der Hirtenbrief sei nicht gegen die christlichen Gewerkschaften als solche, wohl aber gegen gewisse G e- fahren in der christlichen Gewerkschaftsbewegung gerichtet. Daß es deren giebt, muß auch der wärmste Freund der christlichen Gewerkschaftsbewegung anerkennen. Wir haben uns darüber mehr als einmal eingehender geäußert. In Organen wie in Versammlungen der christlichen Gewerkschaften sind mehrfach sachlich recht bedenk- liche oder wenigsten» mißverständliche Bemerkungen gefallen, und die Polemik gegen anders denkende, der christlichen GewerkschaftS- bewegung an sich nicht feindlich geyenüberstehende katholische Kreise ist mehrfach in sehr ungehöriger, persönlich gehässiger Weise geführt worden, was unter allen Umständen zu vermeiden gewesen wäre. Es erklärt sich das aber aus der Jugend der Bewegung und der noch nicht hinlänglichen Schulung mancher daran beteiligten Persönlichkeiten, deren gute Absicht sonst nicht zu bezweifeln ist. Eine Mahnung von bischöflicher Seite, die Bewegung von Ausschreitungen frei zu halten, war also gewiß am Platze." Diese Deutung ist eine sehr geschraubte; diegewissen Gefahren", das ist die Besorgnis des Centrums, daß die gegen die Socialdcmokratie alsBolliverke" errichteten Gcwerkvereine sich zu Organisationen herausbilden, die sich mehr und mehr von der Centrumspolitil lossagen._____ DaS schlechte Gewissen. Die polizeilichen Ovationen, die bei Fürstenbesuchen arrangiert werden, hatten uns gestern, anläßlich des Hildesheimer Polizei-Programms, zu einigen Bemerkungen Anlaß gegeben. Dazu schreiben nun dieBerliner Neue st en Nach- richten" zu dumm, als daß man es schurkisch nennen könnte: Ein geringeres Matz von Schutz gegen die Meuchelmörder als die von den Polizeibebörden in dem Hildesheimer Falle au- geordneten Borkehrungen ist überhaupt nicht denkbar. Geht dies den Socialdemokraten schon zu weit, so würde darin nur ein neuer Beweis für ihren Wunsch zu erblicken sein, den Mördern völlig freie Ausübung ihre» ruchlosen Gewerbes zu sichern." Ueber den Kretinismus und die Gemeinheit dieser Be- schuldigung kein Wort I Aber das möchten wir, die wir jedes Menschenleben respektieren, denNeuesten Nachrichten" allerdings zu geben: Die Mörderfurcht der Polizei und des Kruppblattes ist psychologisch durchaus erklärlich in einer Zeit, wo gerade die autoritäre, die gutgesinnte Presse mit Leidenschast den Menschen- mord predigt und Minister, gekrönte Häupter, Fürsten von Gottes Gnaden verächtlich wie schädliches Un- geziefer behandelt. Nicht die Socialdemokraten sind eS, welche Massenmetzeleien predigen, die Köpfung hoher Staatsbeamten und die Mißhandlung erlauchter Herrscher stürmisch fordern. Diesen anarchistischen Kanipf gegen alle göttliche und menschliche Autontät" führen nicht wir, sondern die Parteigänger de» Krupp- blatts. Da» mag die MordS-Hallucinationen des edlen Organs der Schweinburger erklären man fürchtet sich jetzt selbst vor dem Blutkultus, den man so brünstig anbetet i» China ! Zum Küchenzettel der AnficdlungSgüter wird uns noch ge- schrieben: Die Veröffentlichung derVerl . Korr." bestättgt also, daß bei der Aufstellung des Küchenzettels der Speisen-Etat für die Strafanstalten zum Muster gedient hat. Wenn außerdem behauptet wird, daß die Militärverpflegung al« Grundlag « heran- gezogen sei. so ist da« falsch, denn der Küchenzettel ist bis auf ganz geringe Einzelheiten eine wärt» l i ch« Abscbttft de» Speise- Etats für dt» bei Arbeiten in landwirtschaftlichen Meliorationen beschäftigten Gefangenen auS den Strafanstalten(Zuchthäusern). Was wir Ende August als eine Berinutuug auSiprachen, hat sich denn auch durch Erkundigung als Thatfache ergeben: Der Küchenzettel ist dadurch veranlaßt, daß die Ansiedlungsbehörde durch Beschäftigung von Gefangenen mit dem großartigen Etat der letzteren bekannt wurde. Nun behauptet die amtliche Korrespondenz, daß der Küchen- zettel nur eine Art allgemeiner Anweisung bilde. Diese AuSrede ist ebenfalls gänzlich falsch. Denn wie dieWelt am Montag" am 27. August mitteilte, hat der P r ä s i d« n t der AnsiedlungSkommisfion auf die Beschwerden von Gutsverwaltcrn verfügt:Ich verlange» daß meine Verfügung strikte durchgeführt wird. Die Er- fahrung hat gelehrt, daß es sehr wohl möglich ist, für den Durchschnittspreis von 40 Pf. täglich einen erwachsenen Arbeiter gut und ausreichend zu beköstigen." Das amtliche Organ spricht ferner von einem vierten Fleisch- tage, der bewilligt sei. DieWelt am Montag" hatte auch von dieser Bewilligung �insgesamt V» Pfund wöchent­lich höchstens 1 1) schon Notiz genommen;_ aber die_ amt- liche Korrespondenz verschweigt, daß der Präsident den nächsten Fleischtag durch Ersparnisse an den Brot- und Fett- r a t i o n e n wieder einzuholen befohlen hatte. Von den Kosten für Feuerung, Herdeinrichwng und Geschirr wollen wir ganncht reden; dieser Posten, den da» amtliche Organ aufschlägt ebenso der Lohn für eine fremdländische Köchin macht für die Arbeiter den Kohl nicht fetter. WaS die angeblich in reicher Menge auS dem GutSgarten ge- lieferten Saisondelikatessen angeht, so ist auch dieser Posten falsch in die neue Rechnung gestellt. Solche Gemüse treten dann an die Stelle der gekauften des Küchenzettels. Die Ausreden sind also nichts al» eben Ausreden. Das einzige, was an der grandiosenBerichttgung" etwa» reeller aussteht, ist die Bezugnahme auf dieprivaten Nachbar- betriebe". Die Landwirte im Ansiedlungsgebiet sind damit von einer Behörde bezichtigt, daß sie ihre Arbeiter nach dem Muster des Etats für Strafgefangene beköstigen. Ist das wahr? Was sagt dieDeutsche TageSztg." zu dieser amt­lichen Bezichtigung? Die alte Geschichte. Beginnt eine günstige GeschäftSkonjunktur. so ist die Unternehmerklasse sofort dabei, die Preise der Waren zu erhöhen, erst zuletzt und in der Regel erst nach einem voraus- gegangenen stärkeren Druck der Arbeiter bequemt sich die Unter- nehmerklaffe, auch die Löhne der Arbeiter zu erhöhen. Beginnt da- gegen eine geschäftliche Depression, so sucht die Unternehmerklasse die Preise der Waren so lang« als möglich hochzuhalten, aber sie be- ginnt sofort mit Arbeiterentlassungen und Lohnreduktionen. Die beginnende Krise liefert hierfür wieder die Beispiele in Hülle und Fülle. Ren aber ist, daß diese Geschäftspraktik in einem Unter- nehmerorgan der Unternehmerklasse enipfohlen und nicht nur empfohlen, sondern auch zu rechtfertigen versucht wird. So schreibt die Nr. 25 derDeutschen Bergwerks-Zeitung' vom 7. Oktober, nnckdcm sie die Schwierigkeiten hervorgehoben, die der Bildung des Ftinblech-Syndikats entgegenstehen sollen: Bei Lichte betrachtet wäre es gar nicht so schlimm. wenn namentlich die kleineren und mittleren Werke si ch t h a tsä ch li ch zu Lo h n r e d u kt i o n en ent- sckließ en wollten, um ans eine mäßigere PreiSbasiS zurück­zukommen. Wahrscheinlich würde fich auf dieser eine bemerkenS- werte Belebung des Geschäfts einstellen. Die Lohnrate ist schließlich, da die RohproduktionS-Syndikate noch mit den Preisen standhalten, der einzige Faktor, der zunächst einer Berbiligung fähig i st, und die Arbeiter werden sich nicht beklagen dürfen und werden sich in Wirklichkeit auch kaum beklagen, wenn die W er k l e i tu n g e n, um v o n A r b e i t e r- E n tl a s su n g e n abzustehen. Lohnregulierungen vornehmen. Der Arbeitspreis ist in den letzten Jahren rapide bis zu einer sehr ansehnlichen(?) Höhe gestiegen und bei maßvollen Kürzungen bleiben immer noch Lohnsätze, die einen recht guten standwä of lifo ermöglichen Außerdem ist es nicht mehr als billig, daß die Arbeiter an den Schicksalen ihrer Werke teilnehmen."