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Yfjt Mau denn wir müssen uns hier mit daS Schinesenfutter herum Schlagen aber an Hühner fehlt es doch nicht...... Löhnung bekommen wir hier auch keine denn ich habe bis jetzt schon Achtundfünfzigmark im Abrechnungsbuch stehen...... Geehrter Meister wenn ich noch einmal Glücklich wieder nach Tsingtau komme dann schicke ich zuerst genügend Ansichtskarten. Ich will Schließen in der Hoffnung daß euch diese Zeilen Gesund und munter antreffen wie sie mich verlassen. Viele Grüße sendet euch Wenn man diesen Brief eines Deutschen liest, gelangt man zu bitteren Betrachtungen über die sittliche Erziehung des deutschen Volks durch den Militarismus. Im übrigen hoffen wir, daß der Briefschreibcr recht viele Ansichtskarten kriegt. Maler Rocholl aus Düsseldorf , der ja im Lager des Weltfeldmarschalls ist wird sie wohl schon skizziert haben: Deutsche Soldaten auf der nächtlichen Suche in den Chinesendörfern, hier alles tvie Kraut und Rüben durcheinanderwerfend, Waffenerobemd dort und da Chinesen mit Ochsenziemern sozerhauend", daß die Chinesen nicht mehr Amen sagen können, d. h. sterben. Den wehrlos am Boden Liegenden hacken die Soldaten mit Säbeln die Zöpfe ab Man köunt« auch einige hübsche Guirlanden aus den Karten zeichnen, vielleicht mit den Inschriften:Wir sind im wahren Christentum" Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst"Deutschland , Deutsch­ land über alles"Hoch das deutsche Hunnentum". Einen andren Hunnenbrief veröffentlicht die neueste Nummer derZukunft". Er ist von einem Soldaten an seine Angehörigen in Remagen gerichtet und lautet: Tientsin , den 22. 8. 1600, Meine lieben Grotzeltem! Ich muß die Feder(Bleistift) zur Hand nehmen, um Euch einige Worte zu schreiben. Wir sind schon seit dem 17. 8. 1900 hier in Tientsin . Wir sind alle in der chinesischen Universität einquartiert. Ihr könnt Euch gar keinen Begriff in Deutschland davon machen, wie es hier aussieht. Alles ist verwüstet und zerstört. Von Taku bis hier, Tientsin, sind alle Dörfer ausgebrannt und von den Chinesen verlassen. Man sieht nur noch die Ueberreste von den Häusern. Das sind aber nur mehr Lehmhütten. Ueberall sieht man tote Hunde und Leichen herumliegen. Auch hier in Tientsin sieht man fast außer der Besatzung keinen Menschen mehr. Die Chinesen, die noch hier find, muffen schwer arbeiten. Wenn sie nicht wollen, giebtS Bambushiebe. Die sind aber auch froh, daß sie arbeiten können, sonst müssen sie verhungern. Borgestern abend mufften Chinesen(gefangene Boxer) bei der Artillerie, bevor sie am andren Morgen erschoffen wurden, arbeiten. Einer weigerte sich dazu und schlug sogar nach dem Wachtmeister. Sofort kriegte er fünfzig BambuShiebe<aber feste), bekam den Zopf abgeschnitten(die härteste Strafe) und wurde nachdem erschossen. In de« K Tagen, die wir hier find, sind schon gewiff 60 Chinesen erschoffen worden, worunter 48 gefangene Boxer. Letztere werden überhaupt alle erschossen. Aber auch viele Japaner sind schon von den Chinesen nachts ermordet worden. Der Peiho schwimmt voller Leichen. In den nächsten Tagen marschieren wir weiter gegen Peking . Ungefähr IS 000 Boxer sind von Peking her im Anmarsch auf Tientsin und Taku, damit keine Truppen mehr landen können. Wir werden ihnen den Weg aber schon zeigen. Nun habt Ihr mal ein kleines Bild davon. Da könnt Ihr Euch vorstellen, wie es hier aussieht. Hoffentlich seid Ihr doch noch alle gesund und munter wie ich auch. Ich will nun mein Schreiben schließen und hoffe, daß diese Zeilen(vielleicht die letzten) Euch ebenso ge sund antreffen, wie sie mich verlassen haben, und verbleibe unter den herzlichsten Grüßen Euer Euch liebender und dankbarer Enkel W. S.....* Graf Bülow wird auch für diese Ausbreitung der europäischen Kultur die Verantwortung zu übernehmen haben. Die Zeiten des dreißigjährigen Kriegs sind zurückgekehrt. Deutsches Weich. Dem neuen Reichskanzler! Die in London erscheinende Finanz-Chronik veröffentlicht Briefe eines deutschen Kaufmanns, der in S h ang h ai lebt. Die Briefe bezeichnen sich selbst als nüchtern und sind auch geeignet, die Welt- Politik zu entnüchtern, sofern sie diesen Weg der Besserung be- schreiten dürfen. Sollte der Graf Bülow in seinem neuen Berus Zeit haben, sich gelegentlich über weltpolitische Probleme zu orien- tieren, so seien ihm diese Briefe eines deutschen KauftnannS zur Lettüre empfohlen. Der Kaufmann schreibt u. a.: Es wird zweifellos Lord SaliSburh recht angenehm sein, daß Deutschland durch die Besitzergreifung von Kiautschou sich zum Puffer zwischen der russischen und der großbritannischen Interessensphäre hergab. Der Weg nach dem Dangtse-Thale von Rußland führt politisch genommen durch die deutsche Interessen- fphäre. Unsre Generation wird es vielleicht noch erleben, daß, wenn Rußland mit seinem unerschütterlichen, wenn auch lang- samen Marsch seine Herrschaft in China weiterhin geräuschlos vor« schiebt, Deutschland in Asien mit einer russischen Grenze beglückt wird, die mindestens dreimal so ausgedehnt ist als feine Ostgrenze in Europa . Wer diese Umstände sich richtig vor Augen hält, der braucht keine weitere Erklärung. Daff Frankreich mit seinen indo-chinefischen Be- sitzuugen bisher keine Seide gesponnen hat und nur immer tiefer in den weiten Weltteil des kaufmännischen Deficits hineingeriffe» wurde, ist wohl auch nicht nötig, Ihren Lesern erst durch Zahlen in Erinnerung zu bringen. Es giebt gewiß eine ganze Reihe von Gründen, die Deutschlands China -Politik erklären und zu einem gewissen Teile auch rechtfertigen. Aber darüber, daß unsre'Landsleute mit der angreifenden Wendung einer überseeischen Expansion einen Wechsel auf die Zukunft gezogen haben, dessen Höhe man heute ebenso wenüj erkennen kann wie den Wucher- z i n s, mit dem die jetzige Generation ihn zu eskomptieren ver- inag, das ist jedem, der hier draußen die Dinge mit weniger Enthusiasmus, aber mit mehr Erfahrung beobachiet hat. so klar wie der Tag. Mit romantischen Perspektiven über die großartigen Possibilitätcn(Entwicklungsmöglichkeiten) für Industrie und Handel ist es allein nicht gethan, und es ist außerordentlich zu bedauern, daß dieselbe Nüchternheit und Maßhaltung, die früher au den leitenden Stellen in Berlin beobachtet wurde, ehe man daS mühsam gewonnene Prestige riskierte, jetzt einer, gelinde gesagt, leichteren Auffaffung der Dinge gewichen ist." Am Schlüsse des Briefs heißt es: Vor allem sind es die YankeeS , deren GeschäftSinstinkt bei der Aufrollnng der chinesischen Frage am sichersten be- friedigt werden dürfte. Ihnen fällt, während für England. Deutschland und die andren europäischen Mächte der Gewinn mehr als zweifelhaft ist, die fruchtbare Aufgabe zu, für die Aufschließung Chinas im Verein mit Rußland die nötigeIntelligenz" zu liefern, mit andren Worten Maschinen, Lokomotiven, Baumwollwaren, Waffen und was sonst noch an fertiger Ware für die neue Kultur nötig, ins Land zu schaffen und wahrscheinlich auch friedlich und schiedlich nnt Rußland zu paktieren und das Zarenreich mit denjenigen finanziellen Mitteln zu versorgen, nach denen Herr Witte längst schon auf den abgegrasten Triften der europäischen Hochfinanz ver- geblich ausgeschaut hat. Für patriotffche Feste mag ja der Gedanke. an der Spitze formidabler(fürchterlicher) Heeresabteilungen das Reich der Mitte zu besiegen, seine schmeichelnden Reize haben, aber für einfache Kauflente, wie wir hier draußen, stellt sich die Sache doch ver- zweifelt anders. Bei uns ist wohl jeder der Ueberzengung, daff daS klingende Spiel und die Flinten praktische Erfolge in Chwa nicht versprechen. Vielleicht wird auch den deutschen Enthusiasten die Sache etwas klarer, wenn die ersten SO Millionen in die gelbe See gepurzelt sind und man dafür außer billigen Komplimenten für die einzelnen Truppenführer und hübsch illustrierten Ansichtspostkarten keine Aktiva aufweisen kann." Aehnliches haben wir oft genug ausgeführt, Der Doppel-Hungertarif. DerRheinisch-Westfälischen Zeitung" wird aus Berlin tele- graphiert: Den Gegenstand der Beratungen deS Wirtschaftlichen Ausschusses bilden bis jetzt weniger die einzelnen Zollsätze als die allgemeine Frage unsrer künftigen Zoll- und Handelspolitik. Den Beratungen zu Grunde liegt der fertige Zolltarif-Gesetzentwurf in der Form, wie er bestimmt ist, an den Bundesrat zu gelangen. Der Tarifentwurf ist an' Grund des Doppeltarif- Systems ausgearbeitet worden, und wenn auch der Widerspruch des Reichs-Schatzamts gegen das System des Maximal- und Minimal- tarifs noch nichtfallen gelassen ist, so ist jetzt doch nicht weniger bestimmt anzunehmen, daß noch vor Weihnachten dem Bundesrat der Tarifentwurf mit einer Maximal- und Minimalrubrik vorgelegt werden und in dieser Form Ende Februar an den Reichstag komme» wird." Die Aufstellung des Doppeltarifs bedeutet die schwerste Ge- fährdung jeglicher Handelsvertrags- Abschlüsse. Es gilt, gegen die verderblichen Absichten der Regierung, denen eine Reichstagsmajorität sicher scheint, mit aller Macht zu rüsten. Die lübische Streikposten-Verordnnng. DaS Hamburger Landgericht hat am Freitag sein Urteil im Prozeß gegen Molkenbuhr wegen Aufforderung zum Un- gehorsam gegen die bekannte Streikposten-Verordnung des Senats von Lübeck verkündigt. Molkenbuhr ist zu 100 M. Geldstrafe ver- urteilt worden, weil er zum Ungehorsam gegen eine rechtsgültige Verordnung aufgefordert habe. Seine Gründe für die An- nähme der Gültigkeit der Verordnung hat das Gericht, nach-der uns zugegangenen Nachricht, mit keinem Worte verraten. Das Hamburger Landgericht ist also der entgegengesetzten An schauung als das VrauWwurger Amtsgericht, das die lübische Ver ordnung für reckts u n gültig erklärt hat, da sie in eine reichsrechtlich geordnete Materie eingreife. Die Frage geht nunmehr an die oberen Instanzen._ Er kennt seine Leute. ImBahrischen Vaterland' schildert Dr. Sigl mit prächtigem Naturalismus die Khaki-Komödie des Centrums. Sie besteht aus den folgenden drei Akten: Der erste von ihnen spielt hinter den Couliffen. Hierver- ständigte" sich das Centrum mit den Männern am Ruder, d. h daS hochwohllöbliche Centrum ließ es mit größtem Vergnügen ge- schehen, daß der Reichstag nicht versa nrmelt wurde... Ja, es ist sogar sehr wahrscheinlich, daß das Centrum trotz aller Dementis mit aufgehobenen Händen bat, daß der Reichstag nicht einberufen werde. Denn wäre er versammlt worden, dann hätte diePartei für Wahrheit und Recht" offen Farbe be- kennen müssen, ob sie auf Seite der Regierung steht oder auf derjenigen des Volks. Der zweite Akt der Komödie ist noch nicht aufgeführt und wird erst im Reichstag vor sich gehen. Hier werden die braven Centrnmsheldcn... über die Nichteinberufung des Reichstags wettern, die Politik in China verurteilen und die gehorsamen Tintenkulis des CentrumS werden dann ein großes Lobpreisen des Muts und der Energie dereinzigen und allein wahren Volks Partei' beginnen. Der dritte und letzte Akt, der ebenfalls noch nicht über die Bühne gegangen ist, wird draußen im Lande vor den Ceytrumswählern henmtergeorgelt werden. Da wird dann den Bauern vorge macht, daß das Centrum gewiß auf das kräftigste gegen den Khakizug gesprochen hätte, wenn nur der Reichstag rechtzeitig einberufen worden wäre.(Siehe ersten Akt I) So aber sei man, als der Reichstag endlich versammelt gewesen, vor den vollendeten Thatsachen gestanden und daher wäre nicht mehr viel zu machen gewesen I Es hätte auch keinen Sinn gehabt, die bereits verbrauchten Gelder nicht zu bewilligen. Im übrigen habe aber das Centrum unverblümtdie schärfste Mißbilligung" ausgesprochen. Und mehr sei nach Lage der Dinge überhaupt nicht mehr zu thun gewesen. Somit habe daS Centrum seine Pflicht durchaus erfüllt und sei nach wie vor eine Volkspartei p»r wrcsllonco." Nach demselben Textbuch wird auch der liebe Freisinn verfahren. ES giebt nichts Nützlicheres in der Welt als eine schön arrangierte Zwangslage._ Zu schwerhörig! DieGermania " sprach von Kanzlerstürzlern in den Mittelparteien. Dazu bemerkt dieNational-Zeitung": Unsres Wiffens waren Asthma und Schwerhörigkeit die Kanzlerstttrzler." Den plötzlichen Ausbruch von Asthma wollen wir auf sich be- ruhen lassen. An die Schwerhörigkeit aber glauben wir ohne weiteres; sie wird in der That ihn gestürzt haben, dem steinen Herrn war eben in der That bisweilen eine Schwerhörigkeit eigen, die man in andren Zeiten als Haupterfordernis eines Kanzlers be- zeichnen würde, die aber in unsren Tagen als lästig empfunden wird. Wir find sicher, daß der Graf Bülow niemals an Schwerhörig- keit leiden wird, und wenn er 100 Jahre leben sollte. Er wird immer hören! Die Vasalle«. Für das nächste Jahr war eine KrönungSseicr in Königsberg geplant worden, zum Andenken daran, daß vor 200 Jahren ein brandenburgischer Kurfürst den KönigStitel annahm. Die Feier soll aber nun aufgegeben sein, weil die andren Bundes- ursten an dem Fest nicht teilnehmen wollen, um nicht als Vasallen deS Königs von Preußen zu erscheinen.!DaS verrät ein Artikel der.Magdeburgischen Zeitung", der ausführt: Die deutschen �öfe hätten sichrein kollegialisch" bei einer 200. Geburtstags- eier des preußischen Königtums, dienatürlich >aS Deutsche Reich unmittelbar nichts zu kümmern" habe, ehr wohl vertreten laffen können, die Schwierigkeit liege aber zarin,daß der König von Preußen deutsches Reichsoberhaupt ge- worden ist und somit jetzt die Teilnahme fürstlicher Vertreter aus andren deuffchen Staaten leicht diese in einer Beleuchtung erscheinen lassen könnte, die sie selbst für sich wohl kaum wünschten und der sie auszusetzen sicher den Berliner Absichten völlig widerspräche." Auch ein Stimmungszeichen! Zur Neutralität der Gewerkschafte». DieKölnische Volkszeitung" sucht die Aufmerksamkeit von dem ihr unangenehmen Hirtenschreiben abzulenken, indem sie densocial- demokratischen Gewerkschaften" vorwirft, daß sie der politischen Bartei Gefolgschaft leisten. Sie läßt sich aus Berlin schreiben� Die Neutralität der socialdemokratische« Gewerkschaften wurde auf einer Versammlung der social- demokratischen Partei in Braunschweig trefflich illustriert. Dort war es vorgekommen, daß die Gewerkvereine ihre regelmäßigen Zusammenkünfte auch an solchen Abenden gehalten halten, an denen offizielle Parteiversammlungen stattfanden. Hierüber wurde lebhaft Klage geführt und die Resolution be- schloffen, daß die Fachvereine in Zukunft bei Festsetzung der Zeit ihres Tagens auf die allgemeinen Versammlungen der Partei die gebührende Rücksicht zu nehmen hätten. Wie stimmt dieser Beschluß überein mit der so oft wiederholten Behauptung, die Geiverkschaften seien neutral? Die Erfahrung lehrt, daß die An- gehörigen derselben stets unter dem mächtigen Einflüsse der Socialdemokratie stehen. In überwiegend protestantischen Gegenden aber ist es dem einzelnen Arbeiter schier unmöglich, sich dem von ihr ausgeübten Terrorismus zu entziehen. Nur Organisation kann da helfen und zwar in den christlichen Gewerkschaften. Erst nach Einführung derselben ist es in Berlin , Hannover , Braunschweig usw. gelungen, eine größere Anzahl von Mitgliedern der katholischen Arbeitervereine zum Austritt aus der socialdemokratischen Gewerkschaft zu be- stimmen, der sie notgedrungen angehört hatten." Wir können derKöln . Volks-Ztg." verraten, daß es noch andre Städte giebt, wo die socialdemokratische Partei auf die Versamm- lungen der Gewerkschaften Rücksicht nimmt und umgekehrt. Die übergroße Mehrheit der Socialdemokraten sind auch gewerkschaftlich organisiert. Finden wichtige Versammlungen beider an ein und demselben Abend statt, so kommen viele der Beteiligten mit ihrem Pflichtgeftihl in Konflitt. Um zu vermeiden, daß Leute, die bei beiden Zweigen der Arbeiterbewegung interessiert sind, ihre Pflichten bei der einen Richtung versäumen muffen, sucht man den ganz vernünftigen Ausweg, daß man bei der Anberaumung von Versammlungen auf einander Rücksicht nimmt. In diesem vernünftigen Abkommen eine Verletzung derNeu- tralität der Gewerffchaften" zu erblicken, heißt die Dinge auf den Kopf stellen. Das Gegenteil trifft zu. Die socialdemokratische Partei hat sich von jeher befleißigt, beide Bewegungen auseinander zu halten, während ja gerade der Hirtenbrief zeigt, wie wenig an- genehm dem Klerus die Gewerkschaftsbewegung über- Haupt ist. Am Schluß giebt der Schreiber zu, daß in vielen Städten, wie Berlin usw., die Centrumsleute durch Gründung be- sondererkatholischer" oderchristlicher" Gewerkvereine die Zer- splitterung der Arbeiterschaft herbeigeführt haben. Handfeste Männer verlangt dieKreuz- Zeitung " gegen die Socialdemokraten, die in konservativen Wahlversammlungen Ver- leumdungen der Socialdemokraten richttg zu stellen suchen. Wenn konservative Leute Lausejungen schimpfen, so nennt das dieKreuz- Zeitung " mit Recht, wenn auch ein wenig zu höflich,rohe Formen". Bedenklich aber ist die Sinnesänderung des Blatts, das da glaubt, die Socialdemokraten hätten bei der Branden- burger Wahlagitation diese gut konservative Taktik geübt. Die Hand- festen Männer thäten den Konservativen zur Säuberung der eignen Partei vielleicht wertvolle Dienste. Bergleute nach Mautschou gesucht. Unter den Bergleuten des Saar-RevierS ist der«Rheinisch- Westfälischen Zeitung" zufolge eine Umfrage gehalten worden, wer freiwillig nach O st- ästen gehen will. In Kiautschou will man durch ein- heimische Bergleute nach Kohlen graben lassen. Da wird' also der Versuch gemacht, wirkliche Kulturträger nach China zu bringen, nachdem wir bisher bloß Soldaten, Beamte, Missionare und Generalissimi dahin exportiert haben. Die gesundheitlichen Verhältnisse in Kiautschou lassen sehr viel zu wünschen übrig. Diese Freiwilligen sind mithin zu warnen. Die Lchrernot wurde, wie derBolkS-Ztg." geschrieben wird, am 3. Oktober d. I. auf dem letztenBrandenburgischen Lehrertag" besprochen. Bei dieser Gelegenheit machte auch der Vertreter der Potsdamer Regierung über die Lehrernot in dem von ihm ver- tretenen Regierungsbezirk einige Ausführungen. Dadurch, daß die Lehrer' die Einführung deS einjährigen Dienstes erreicht hätten, sei im Potsdamer Bezirk ein großer Mangel an Lehrern entstanden. Mehr als 46 Stellen sei die Regierung nicht in der Lage zu besetzen! Im Anschluß daran wurde an die Lehrer die Bitte gerichtet, die Regierung bestens zu unterstützen durch bereitwillige Uebernahmen von Vertrettingen. Besonders auf dem Lande werde das der Fall sein. Der Herr RegicrungSvertteter macht eS sich sehr leicht, den Lehrerniangel zu erklären. Der Hanptarund ist aber nicht das Recht des einjährigen Dienstes, sondern die schlechten Gehälter, die nian den Lehrern auf dem Lande zahlt und die unwürdige Behandlung, die sie sich dort vielfach gefallen laffen müssen. Ueber die Industrialisierung deS Hofs plaudert in politisch nicht bedeutungsloser Weise dieKölnische Volkszeitung'. Man hatte von einerAuffrischung der Hofgesellschaft" gesprochen und im Anschluß an dieses Wort führt das Centrumsblatt aus, in dem es an den Satz erinnert, daß in Preußen auf die Dauer nicht gegen dieKreuz-Zeitung " regiert werden könne: Das heißt doch nicht etwa, die Stellung derKreuz-Zeitung " sei in der Presse so bedeutsam, um jeder Regierung die Notwendig- keit aufzuerlegen, sich mit ihr anzufreunden. Die Bedeutung derKreuz- Zeiwng" bestand darin, daß sie das Organ jener Kreise war. ans denen sich immer die Hofgesellschaft zusammensetzte, die vor allem, wenn nicht ausschließlich das Ohr des Königs besaß und auch auf die Besetzung der Minister- und hohen Verwaltungsposten nichl geringen Einfluß hatte. Dutzendfach sind die Erfahrungen, daß ein Minister, der es mit der Hofgesellschaft und derKreuz- Zeitung " verdarb, als ei» vom Förster bezeichneter Baum gelten konnte und in kurzer Zeit gefällt wurde. Liegt es nun nicht auf flacher Hand, wie wichttg eS wäre, wenn sich das änderte, wenn sich eine anders zusammengesetzte Hofgesellschaft bildete! Und allem Anschein nach sind wir schon auf diesem Wege. Man wird deshalb nicht gerade auf eine grundsätzliche Wendung schließen können; eine groffr Rolle spielt dabei das Geld. Für den sparsam eingerichteten Hof Kaiser Wilhelms I. konnten die pommerschen und brandenburgischen Landjunker den notwendigen Aufwand machen. Heute aber geht es den Junkern infolge der Lage der Landwirtschaft immer schlechter, außerdem hat das Avancement vom Königtum zum Kaisertum uns, wie einst schon Gustav Frehtag voraussagte, einen Hofglanz gebracht. von dem sich vor 30 bis 40 Jahren noch niemand etwas träumen ließ. Die meisten Junker können nicht mehr mitkommen. Im vorigen Winter war, wie man uns erzählte, eine schwer reiche Dame der Hochfinanz auf einer Festlichkeit von Angehörigen des landsässigen Adels stark über die Achsel angesehen worden. Sie rächte sich, indem sie mit nicht AU leiser Stimme ihren Nachbarn erzählte:Sehen Sie. was ich hier trage. DaS Brillantcollier übersteigt an Wert be- deutend den ganzen, ziemlich verschuldeten Grundbesitz der hier anwesenden Familie v. X.. die Ringe, die ich an den Fingern trage, den Grundbesitz der Familie v. D.. das Armband und mein Sealskiirpelzmantel ist viel mehr wert als der gesamte v. Z.sche Grundbesitz." So tritt die Finanzaristokratie auf die Bühne und ruft dem alten Adel demSchnaps- und Kartoffeladel", denKrautjunkern", wie man sie spöttisch nennt einöte-toi. quo je rn'y rnette«(Platz für mich!) zu. Sollte es nun der Fall sein, daß dieseneue social- Schicht", um mit Gambetta zu reden, die alte Geburtsaristokratie verdrängt, so ergiebt sich alles Weitere von selbst. Neue Ideen werden mit den neuen Aristokraten ihren Einzug halten, und die Monarchie selbst dürfte nicht ganz unberührt davon bleiben, fondern sich mehr und mehr in eine ArtBürgerkönigtum" um- gestalten. So ist es auch zu verstehen, daß die Taktik des w a d e l st r ü m v f l e r i s ch e n Freisinns, der auf Siege an.