plünderten Schaukästen sc. Jetzt sind die Diebe zumeist in einerKaschemme in der Skalitzerstraße ergriffen worden.Gewaltige Flammengarben tobten in letzter Nacht am nördlichen Himmel empor und lockten Scharen von Neugierigen nachder Müllerstraße. Hier brannten hinter dem Hause Nr. 112 aufreiem Felde zwei der Finna Gossing gehörige leere EisschuppenVon 12 bis 3 Uhr gaben die Dampfspritzenrohre Wasser, dann wardie Hauptgefahr beseitigt.Festgestellt ist die Persönlichkeit des Manns, der im Tiergartenerschossen aufgefunden wurde. Es ist ein 28 Jahre alter KaufmannWilly Krüger, der einzige Sohn eines Klavierspielers aus derZossenerstr. 6. Krüger, der bei seinem Onkel, einem Metallwarenfabrikanten Schubert in der Neuenburgerstraße, als Buchhalter beschäftigt war, machte am Dienstag noch eine Hochzeitsfeier mit undging am Mittwochabend mit seiner Braut, einem jungen Mädchenaus der Puttkamerstraße, spazieren. Was ihn in den Tod getriebenhat, wollen seine Angehörigen nicht wissen.Straßensperrung. Die Elbingerstraße an der Ecke der Landsberger Allee wird wegen Verlegung eines Wasserrohrs von heute abfür Fuhrwerke und Reiter gesperrt.Im Hörsaal der Urania wird heute. Freitag. Herr Direktor FranzGörke seinen mit zahlreichen Lichtbildern ausgestatteten Vortrag..Bornholm'wiederholen. Im Theater wird der Vortrag„Eine Wanderung durch dieWeltausstellung in Paris" gehalten." Im Verein für volkstümliche Kurse von Berliner Hochschullehrer» beginnen heute S1/� Uhr abends zwei Vortragswrse. ProfessorDr. Hoeniger wird in der Aula des Französischen Gymnasiums, ReichstagsUser 6, über ,. Grundzüge der socialen Geschichte Deutjchlands im Mittelalter" vortragen und zunächst die Anfänge der socialen Gliederung bei denGermanen behandeln. In der alten Urania, Juvalidenstr. S7/K2. beginntzu gleicher Zeit Prof. Dr. Jaclel seinen Kursus über„Descendenzlshre aufGrund der Entwicklungsgeschichte der Tierwelt". Am ersten Abend soll diebisherige Beurteilung der Organismen(Descendenzlehre und Selectionchtheorie) dargestellt werden. Eintrittskarten sind zu haben bei: Georg Belling,W. Leipzigersir. 136; A. Schütz, 0. Holzmarktstr. 60; Chr. Tischendörser,C. Sophienstr. 20; Trautweinsche Buchhandlung, W Leipzigerstr. 13Centralstelle für Arbeiter- Wohlsahrts- Einrichtungen, W Köthenerftr. 23(8-3 Uhr)._Auö den Nachbarorte».Neu- Weißensee. Die Beerdigung utisres ParteigenossenBruno Schilling fand am Mittwochnachmittag unter sehr zahlreicher Beteiligung statt. Außer der großen Anteilnahme aus denKreisen der Parteigenossen, die von dem Bertrauen und der ZnNeigung, die sich der Verstorbene erworben, zeugte, war auch an dergroßen Zahl der anwesenden bürgerlichen Gemeindevertrcterzu ersehen, daß der Verstorbene auch in gegnerischen Kreisensich Achtung zu erwerben verstanden hatte. Vertreten warendie Arbeitervereine von Pankow und Weißensee, sowiefast sämtliche Filialen der Gewerkschaften Weißensees durch Kranzdeputationen, außerdem auch der Abgeordnete und Genossen andrerBezirke des Reichstags-Wahlkreises.� Der Verstorbene ivar, ivenn auch nicht hervorragend rednerischthälig, so doch stets bestrebt, für Organisation und Aufklärung zuwirken. Nachdem er jahrelang als' Mitglied des Vorstands' desArbeitervereins thätig gewesen, wurde er im Jahre 1898 mit erdrückender Mehrheit als Angesessener in die Gemeindevertretunggewählt. Die Arbeiterschaft wird dem Verstorbenen ein ehrendesAndenken bewahren.Grünau. Die Sitzung des Arbciter-Bildungsvereins findet amSonnabendabend 9 Uhr bei Gerke statt. Vortrag des GenossenHeinrich.Schönebcrg. Hiesige Handwerksmeister wollen an die städtischenBehörden das Ersuchen richten, der Errichtung einer Baugewerksschule Hierselbst näher zu treten. Es konnut für diesenWunsch in Betracht, daß die Baugewerksschule in Berlin derartigüberfüllt ist, daß Aufnahmcgesuchc für lange Zeit zurückgestellt werde»müssen. Auch würde die zu errichtende Baugewerksschule einem Teilder Einwohner einen erheblichen Nutzen durch Vermietungen undPensionen an die Baugeiverkschüler einbringen.Eine Stadtverordneten-Ersatzwahl hat gestern in Schöne-b e r g in der zweiten Abteilung des 3. Bezirks stattgefunden.Dr. med. Hehl wurde gewählt.Wilmersdorf. Die Notwendigkeit einer Markthalle resp.eines W o ck> e n m a r k t s in unsrem 30(XX) Einwohner zählendenOrt macht sich immer mehr fühlbar. In einer der letzten Sitzungen.der Gemeindevertretung wurde diese Frage eingehend erörtert unddie Grunderwerbs-Konnnission beauftragt, sich sehr zeitig nach einemfür die Errichtung einer Markthalle passenden Grundstück umzusehen.Bis jetzt hat diese Kommission ein passendes Grundstück noch nichtgefunden, da aller Grund und Boden auch hier, wie leider in vielenKommunen, der Privat spekulation überantwortet ist.Der Kulturstaat Preußen. Ueber den Lehrermangelim Regierungsbezirk Potsdam giebt eine Bekanntmachung im„Amtlichen Schulblatt" Nachricht; darnach haben bis zum l9. Oktober indiesem Bezirk 65 Lehrerstellen wegen Mangels an Schulamtskandidaten nicht besetzt iverden können.Gerichts-Zeikung.In Könitz begann gester» vor dem Schwurgericht derMeineids-Prozeß gegen Maßlos und Genossen. Maßlos willbekanntlich in der Nacht nach der Ermordung Winters in dem Kellerdes Schlächtermeisters Lcvy, Angehörige der Familie Lewy sowiemehrere andre jüdische Männer bei' einer sehr verdächtigen Hantierungbeobachtet haben, er will im Keller Wimmern und verdächtiges Ge-räusch gehört, und alsdann bemerkt haben, wie mehrere Männer einschweres Paket an die Stelle am Mönchsee trugen, an welcher späterTeile vom Körper Winters gefunden wurden. Diese Angaben hat Maßlos vor dem Untersuchungsrichter beschworen. DieAnklagebehörde nimmt an, daß Maßlos gelogen habe.Angeklagt des wissentlichen Meineids sind, wie bereits mit-geteilt: 1. der 25jährige Gasanstalts-Arbeiter Bernhard Maßlos,2. desspn Schwiegermutter, Frau Rotz, 3. Frau Maßlos, 4. FrauAuguste Berg. geb. Rotz. Tochter der ziveiten Angeklagten. Diese4 Personen, insbesondere der erste Angeklagte, wollen am Abenddes 11. März d. I. in dem Keller des Fleischermeisters Lewy dieVorgänge beobachtet haben, die, wenn sie sich bewahrheiten, keinenZweifel lassen ivürden, daß in dem Lewyschen Keller der GymnasiastWinter geschlachtet worden sei. Als Zeuge ist u. a. der Bater desermordeten Winter erschienen, ebenfalls Herr Bruhn, der Redactenrder„Staatsb. Ztg." in Berlin. Aus dem Verhör des AngeklagtenMaßlos heben wir hervor:Auf Befragen des Präsidenten erklärt der Angeklagte Maßlos:Am Abend des 11. März habe ich 3� oder 4 Glas Bier und einigeSchnäpse getrunken, war aber ganz nüchtern. Dann ging ich in einandres Wirtshaus, wo ich noch ein Glas Bier und einen Rum trankund bis 10 Uhr Karten spielte. Von dort ging ich durch die Rähm-stratze nach Hause. Unterwegs wollte ich eine Prise nehmen. Dabeifiel der Deckel meiner Schnupftabaksdose zur Erde. Als ich michbückte, um den Deckel z» suchen, sah ich einen Lichtschimmer ausdem Lewyschen Keller dringen und hörte im Keller sprechen. Dasfiel mir auf.— Präs.: Aber das ist doch nichts Auffälliges?— Angekl. Maßlos: Ich hörte Stimmengewirr und Geheul.— Präs.: Angeklagter, ich mache Sie darauf aufmerksam, daßSie sich bei Ihrer Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter viel-fach tvidersprochen haben. Ich ermahne Sie, heute die volle Wahrheitzu sagen. Sie haben z. B. bei Ihrer Vernehmung vor dem Land-lichter Zimmermann gesagt: Ich habe keinen Lichtschimmer gesehen;meine frühere Bekundung, daß ich durch eine Ritze des verhängtenKellers gesehen hätte, ist falsch. Heute sagen Sie hier nun wieder:Ich habe einen Lichtschimmer gesehen. Was ist nun richtig?—Angekl. Maßlos: Der Untersuchungsrichter hat mich angeschrienund gesagt: Ihre erste Aussage ist falsch. Darauf habe ich ge>antwortet: Ja, das ist falsch, aber ich habe den Lichtschimmergesehen.Auf weiteres Befragen des Präsidenten bemerkt der AngeklagteMaßlos: Ich habe mich auf den Erdboden gelegt und den Ruf:„Hrrrr" gehört; es klang so, als ob jemand gewürgt würde, eingurgelnder Laut. Das Gegurgel habe ich dreimal gehört.—Präsident: Davon haben Sie doch bisher noch gar nichts ge-sagt?— Maßlos: Es ist aber wahr.Der Präsident macht im weiteren den Angeklagten auf eine ganzeReihe von Widersprüchen aufmerksam, die er sich in seinen Aussagenvor dem Untersuchungsrichter hat zu Schulden kommen lassen. Erhat an jenem Märzabend von abends 10 Uhr bis nachts 3 Uhr vorLewhs Keller auf der Lauer gelegen; seine eigentliche Absicht war,ein Stück Fleisch zu stehlen. Auf die Frage des Präsidenten, ob ervor dem Untersuchungsrichter einen Meineid geleistet habe, beteuertMaßlos mit lauter Stimme, daß seine Aussagen auf Wahrheitberuhten.Maßlos ist viel von Berliner Antisemiten über die Angelegenheitinterviewt worden; besonders erstreckte sich die Befragung auf denangeblichen Transport der Leiche des Winter.Präsident: Was haben die Herren denn mit Ihnen gesprachen?— Maßlos: Die Herren haben mich gefragt und ichhabe gesagt, daß ich bei Lewy„Gewimmer" und„Gedabbre" gehört hätte. Daraus wurde ich im Hotel Kühn in ein Zimmer,1 Treppe hoch geführt, habe aber nichts vorgesetzt bekommen.—Präsident: Kannten Sie die Herren?— Maßlos: Sie warenaus Berlin. Ich erzählte ihnen alles.— Präsident: Erzählten Sie jedem, also auch Unbekannten, alles? Das wardoch Sache der Behörden?— Maßlos: Die Herren fragten mich,ob ich gestohlen hätte.— Präsident: Wie kommen die Herrendenn dazu?— Maßlos: DaS weiß ich nicht.— Präsident:Haben die Herren Ihnen gesagt, Sie könnten nicht bestraft werdenund auch Ihre Arbeit nicht verlieren?— Maßlos: DerHerr Gasanstalts-Direktor A s ch k e sagte, ich würde nichtaus meiner Arbeit kommen.— Präsident: Hat Sieein fremder Herr zur Polizei geführt?— Maßlos: Ichwurde von der Polizei vernommen.— Präsident: Wes�halb machten Sie nun bei Ihrer polizeilichen Ver�nehmung eine andre Aussage, als bei Ihrer eidlichenVernehmung?— Maßlos: Da bin ich mißverstandenworden.— Hieran schließt sich die Verlesung der Aussage, dieMaßlos vor dem Untersuchungsrichter Zimmermann gemachthat. Er hat dort ausgesagt. Der zweite der drei Männer schiender„Pincenez-Lewy" zu sein. Nachdem das Wimmern aufgehörthabe, sei ein Geräusch entstanden, als ob gescheuert worden sei.—r ä s i d e n t: Angeklagter, davon haben Sie uns heute nichts ge-sagt.— Der Angeklagte schweigt.— Präsident: Sie haben unsheute vormittag gesagt, daß der zweite Mann Lewy nicht gewesensei.— Maßlos: Genau weiß ich das nicht.Während der weiteren Verlesung der früheren Vernehmungensagt Maßlos, ein Herr Bruhn habe ihn im Hotel Kühn aus-führlich vernommen. B r n h n habe ihn aufgefordert, die volleWahrheit zu sagen. Er müsse alles sagen, was er wisse,auch wenn er es anders beschworen habe. Selbst wenner wegen Meineids bestraft würde, könne er die ausgesetzte Belohnung verdienen, wenn er alles sage. Seine Schwiegermutter habeihm erzählt, daß unter Lewys Wasche Taschentücher gewesen seien,die feiner als die Lewy sche Wäsche waren.Hierauf wird zur Venichmnng der Angeklagten Frau Roßgeschritten. Dieselbe sagt aus: Frau Lewy hat mich beauftragt.ihr ein Dienstmädchen zii besorgen. Ich kam des Sonnabends abendszu Lewy und da hörte ich winseln, so, als ob ein KrankerSchmerzen habe.— Präsident: Sie waren doch mit Lewysbekannt. Haben Sie denn da nicht gefragt, ob jemand krank sei?Frau Roß: Nein, ich wollte nicht störe», da Frau Lewy einen Briefschrieb. Als ich fortging, habe ich mir gesagt, daß ich noch niemalssolches Gcwinscl bei Lewy gehört hatte.— Präsident: Weshalb haben Sic denn Ihre Bekannten, die Lewys, nicht nach derUrsache gefragt?— Frau Roß: Ich habe mir keine Gedankendarüber gemacht.— Präsident: Soeben haben Sie unsaber hier an dieser Stelle gesagt, daß Sie sichgroße Gedanken deswegen gemacht hätten. Als Sie weggingen.haben Sic es doch sogar sofort Frau Hirsch erzählt?— Angeklagte: Ja.— Präsident: Weshalb habe» Sie also nichtLewys gefragt?— Frau Rotz: Ich wollte nicht fragen.—Frau Roß sagt weiter aus: Zwischen der Lewy schen Wäsche seiihr ein feines Taschentuch aufgefallen. Ihre Tochter habe gesagt.das Taschentuch sei mir„E. W." gezeichnet. Sie habe das abernicht weiter beachtet, bis der Kopf gefunden worden sei.Auf weiteres Befragen bemerkt die Angeklagte: Von dem„Winseln" habe sie auch ihrer Tochter Mitteilung gemacht. FrauRoß sagt weiter aus, sie sei Dienstag nach Ostern bei Lewy ge>wesen. Frau Lewy war ganz aufgeregt und sagte, ein so schreck�liehet Mord sei noch nicht vorgekommen. Das Kopfabschlagen seifür den Mörder eine viel zu geringe Strafe. Dem müßte jedesGlied gebrochen werden. Sie sagte:„Meine Söhne können nichtessen, nicht schlafen, nicht wachen." Als ich wieder bei Lewywar, sagte ich zu Frau Lewy:„Sie bekommen keineAufwärterin, da bei Ihnen der Mord geschehen ist.Frau Lewy sagte:„Der ganze Winter ist nicht so viel wert, daßso viel Aushebens von ihm gemacht wird. Den Mörder bekommtman doch im Leben nicht heraus, dazu ist die jüdische Gemeinde zu reich." Acht Tage später ging ich wieder zu Lewy.Frau L e iv y habe sie sehr freundlich empfangen und ihr einenStuhl angeboten.— Präs.: Es ist doch sehr auffallend, daßFrau Lewy Sie, nachdem Sie Frau Lewy auf dasgröblichste beleidigt haben, acht Tage später freundlichempfangen hat?— Frau Roß: Wenn ich ein Wortlüge, dann soll mir sofort der Kopf abgeschlagen werden.Als sie einige Tage später wieder bei Lewy gewesen sei.habe der alle L e ni y vor ihr geweint und sie gebeten, nichtsvom Morde zu sprechen. Sie habe damals wieder Wäsche geholt.� r ä s i d e n t:' Es ist doch auffallend, daß, obwohl Sie FrauLewy beleidigt, diese Sie immer wieder holen ließ?— FrauRotz: Es verkehrte niemand mit Lewy.Hierauf wurden die Frauen Maßlos und Berg vernommenund die Verhandlung alsdann auf Freitagvormittag vertagt.Wie ein Sohn des himmlischen Reich» von einer VertreterindeS.Ewig-Weiblichen" hochgenommen wurde, zeigte eine Anklagewegen Erpressung, die die Frau Johanna Jacob geb. Wolffgestern vor die vierte Straskamnier hiesigen Landgerichts I führte.Der frühere Attache der hiesigen chinesischen Gesandtschast, HerrT s ch e n g, der jetzt seit Ausbruch der Wirren in China nach seinerHeimat zurückgekehrt ist und in Shanghai lebt, trat im Jahre 1890mit der Angeklagten in intime Beziehungen, denen ein Kind ent-Prossen ist. Das Portemonnaie des bezopften Liebhaberswurde während der Dauer dieser Bekanntschaft leerer und leerer,denn die Angeklagte verstand es meisterlich, dem Chinesen dieGoldfüchse aus der Tasche zu locken und ihm zu beweisen,daß es überaus teuer ist, wenn sich ein schlitzäugigerMongole in ein«deutsches Mädchenherz" einschleichen will.Im Jahre 1894 mußte Herr Tscheng nach China zurück und kehrteerst nach vier Jahren wieder hierher. Die Angeklagte hat inzwischenein höchst abenteuerliches Leben geführt. Sie will sich im Jahre1898 in England mit einem Kaufmann Jacob verheiratet haben,kann aber Näheres darüber nicht angeben und ist dann in Frank-reich, Holland zc. gewesen. Die Thaffache, daß Herr Tscheng ausChina wieder da sei, blieb der Angeklagten nicht verborgen, die-elbe rüstete sich, nachdem sie die frohe Botschaft vernommen, sofortzu einem Freibeuter-Feldzug gegen den Attache, wobei nach der Be-hauptung der Angeklagten der Ehemann derselben die Triebfeder ge-wesen sein soll. Herr Tscheng erhielt fortgesetzt Briefe der An-geklagten und diese ging systematisch mit allerlei Drohungen vor,um immer neue Summen aus ihm herauszupresien. Sie hatte demChinesen vorgeredet, daß sie auf seine Anstiftung sich eines gewiffenVerbrechens schuldig gemacht habe und daran'den Schwindel ge-knüpft, daß sie in Untersuchungshaft genommen worden fei. InDeutschland koste jeder Tag. den sie außerhalb der Untersuchungs-Haft zubringe» müsse, 1000 M. Anfang dieses Jahrs folgte einBrief aus Rotterdam, in welchem sie mit„Veröffentlichungenin den Zeitungen" drohte, die ihm seine Carriere gründlichstverderben würden. Herr Tscheng hatte eine offene Handund schließlich auch Furcht vor der' Angeklagten und zog unterSeufzen immer von neuem seine Börse. Von Zeit zu Zeit erschiendie Angeklagte auch in Berlin und wußte in resolutester Weisepersönlich nachzuhelfen, wo ihre geschriebene Bitte nicht auszureichenschien. So pflanzte sie sich eines Tags dem Hause der chinesischenGesandtschaft gegenüber auf und wartete Herrn Tscheng ab, der aufshöchste entsetzt war, als sie ihm plötzlich den Weg vertrat. Sie ver-langte Geld von ihm und ließ nicht locker, als bis er ihr allesGeld, das er bei sich führte, gegeben hatte. Schließlich ist Hert:Tscheng in großes Ungemach gekommen: der chinesische Gesandteerfuhr' von den Liebesabenteuern seines Attache und mit dessendiplomatischer Laufbahn war es vorbei. Wie Herr Tscheng einemVertrauensmann zugestanden, hat er den Verkehr mit der Angeklagtenmit etwa 20000 M. zu bezahlen gehabt. Ihr jetziger Ehemann istübrigens ins Ausland geflüchtet. Er war zu Hannover wegenBetrugs verurteilt worden. Die Angeklagte ist darauf nach Hannovergefahren und hat von der dortigen Staatsanwaltschaft einen Urlaubaus der Strafhaft für ihren Mann zu erwirken verstanden; dieser hatden Urlaub schleunigst dazu benutzt, um sich im Ausland in Sicher-heit zu bringen.— Der Gerichtshof hielt die Erpressung für erwiesenund verurteilte die Angeklagte zu einem Jahre Gefängnis.Milde Richter. Zwei Forstakademiker, die HerrenGustav v. P l a t e n und Jasper v. O e r tz e n standen dieser Tagevor dem Schöffengericht zu Eberswalde, um sich wegen ver-schiedener Ausschreitungen zu verantworten, die sie in der Nacht zum28. Februar dieses Jahrs begangen hatten. Ein Nachtwächter ver-wies die beiden zur Ruhe, als sie in der erwähnten Nacht auf derStraße einen heillosen Lärm verübt hatten, worauf sie, nach dem„General-Anzeiger für Eberswalde" den Beamten umsprangen wieIndianer auf dem Kriegspfade und ihn mit rohen Schimpfwortenbeleidigten. Als ein andrer Nachtwächter seinem Kollegenzur Hilfe kommen wollte, erhielt er von v. Oertzen einenSäbelhieb auf die Schulter; beim Transport nach derWache leisteten die beiden Studenten ebenfalls Widerstand. DerGerichtshof sah die Sache außerordentlich milde an und verurteilteden v. Platen nur zu 20 M., den v. Oertzen hingegen zu 100 M.Geldstrafe.Arbeiter, die im Lohnkampf einem Streikbrecher oder Uuter-nehmer ein paar harte Worte zuriefen, sind bekanntlich zumonatelanger Gefängnisstrafe verurteilt worden IEingegangene Druckschriften.Von der„Gleichheit", Zeitschrist sür die Interessen der Arbeiterinnen(Stuttgart, Dietz' Verlag) ist uns soeben die Nr. 22 des 10. Jahrgangs zu-gegangen. Aus den, Inhalt dieser Nummer heben wir hervor: An dieGenossinnen!— Die Kohlennot.— Frauenarbeit in Hessen, insbesonderedie Arbeit verheirateter Frauen. Von H. Fürth.— Schutz der Wöchnerinnenbei Fehlgeburten. Von». V.- Der Lohnkampf im Buchbindergewerbe.Von G Sch.— Feuilleton: Dem Kampfe entgegen. Ostara. Gedichte vonKlara Müller.- Die Knechtin. Gedicht von I. H. Maikay.- Notizenteilvon Lily Braun und Klara Zetkin: Frauenarbeit auf dem Gebiete derIndustrie, des Handels und Verkehrswesens.— Arbeitsbedingungen derArbeiterinnen— Frauenbewegung.Briefkasten der Redaktion.Tie juristisch« Sprechstunde siudet Montag. Dienstag.Tonnerstag»nd Freitag von 7— S Uhr abend» statt.E. I.«nd andre.(Aus eine von mehreren Seiten an uns er-ganzen« Anfrage über die Bedeutung des Worts„Khaki"): Khaki ist einindisches Wort und bedeutet Straßenstaub«der auch Strahenkot. DieWurzel des Worts wird dieselbe sein, der das bei uns für den Kot vonMenschen und Tieren gebrauchte Wort entstammt. Wenigstens habenItaliener und Römer für diesen appetitlichen Gegenstand Worte mit derselben Sprachwurzel.Etwas rötlich. Nein.C. St. 100. Das Kuratorium der Simon und Ella Böhm-Stistungsteht unier Leitung des Stadtrats Dr. Mamroth, Rathaus, Zimmer 50W. F. Wir kennen das Statut der Krankentasie Nicht. Sie solltensich beim Vorstand oder bei der Generalversammlung beschweren.000. 1 Ja. 2. Ja, es muh die Zeit aber eine angemessene sein undist im Streitfall durch das Gericht zu entscheide», welche Zeit angemeflen ist.3 Wie oft ein gekündigter Arbeiter während der Kündigungszeit sich nacheiner andren Stellung umthun kann, sagt das Gesetz nicht. Es ist ihmeine angemessene Zeit zu gewähren. Besteht Streit darüber, welche Zeitangemessen ist, so ist dieser Streit vom Gericht zGewerbegertcht eventuellAmtsgericht) zu entscheiden.— O. E. Leider sind Sie zum vollen Ersatzdes Schadens verpflichtet.— Wette 50. Wenn das Kind nach dem31 Dezember 1890 geboren ist, hat es gegen feinen außerehelichen Erzeugerauch dann Anspruch auf Aliinentation, wenn seine Mutter bereitsrüher von andren außerehelichen. folgenreichen Verlehr hatte.M. W. 25. Soweit ersichtlich steht Ihnen kem Recht zu. Die wesent-lichsten gesetzlichen Vorschriilen über die Psandlechanstalten sind folgende:Für Preußen ist das Pfandlcihgewerbe durch das Gesetz vom 17. März1881 geregelt. Die wesentlichsten Bestimmungen dieses Gesetzes sindfolgende: Der Pfandleiber darf sich an Zinsen nicht mehr ausbedingen oderzahlen lasse», als 2 Pf. für jeden Monat und jede Mark von Darlehns-betragen bis zu 30 M.. und 1 Pf. sür jeden Monat und jede den Betragvon 30 M. übersteigende Mark. Es darf jedoch der Pfandleiher aus-bedingen, daß Zinsen mindestens sür 2 Monate gezahlt werden niüffen. DieFälligkeit des von einem Psandleiher gegebenen Darlehns tritt nicht vorAblauf von 6 Monaleu seit dessen Hingabe«in. Der Psandleihermuß in sein Psandbuch eintragen: Datum des Darlehns-geschäfts, Vor- und Zuname des Verpfänders. Betrag des Dar-lehns und der Zinsen. Bezeichnung des Pfands, Zeit der Fälligkeit desDarlehns. Eine Abschrift dieser Eintragungen muß der dem Darlehns-nehmer zu ubergebende Pfandschein enthalten; falls Pfandbuch undPfandschein nicht übereinsnuiuien, gilt der dem Verpfänder günstigere, demPsandleiher nachteiligere Inhalt. Der Verpiänder ist berechtigt, das Pfandjederzeit bis zum Abschlüsse des Verkaufs- i u z u l ö s e n. Der Psandleiherist berechtigt, das Pfand zum Zwecke der Befriedigung wegen seiner Forde-rung an Kapital und Zinsen nach eingetretener Fälligkeit in öffentlicherAuktion ohne vorausgegangene Klage verkaufen zu lassen. Nach er-folgtem Verkauf des Pfands hat der Psandleiher den sür den Verpfändetnach Abzug der Psandschuld und der Verfteigerungskoften etwa verbliebenenUeberschuß des Erlöses an den Verpfänder zu zahlen oder für denselbeninnerhalb längstens 14 Tagen bei der Ortsarmenkafse zu hinterlegen. Biszum Ablauf von drei Wochen nach der Fälligkeit des Darlehns erfolgt dieEinlösung des Pfands nur gegen Rückgabe des Pfandscheins. Sind seitder Fälligkeit des Darlehns drei Wochen verflossen, io kann der Verpfänderdas bis dahin nicht eingelöste Pfand auch ohne Vorlegung des Pfandscheinseinlösen.— Das Gesetz findet aus den Pfandleih- Gewerbebetrieb durch denStaat keine Anwendung; indessen sind die für die staatlichen Pfandleihhäusererlassenen Reglements im allgemeinen mit vorstehenden Bestimmungeu übereinstimmend.H. P. Ein„Egoist" ist ein selbstsüchtiger Mensch, ein Mensch, der inallem nur an sein eignes Ich(lateinisch ego) denkt; ein„Streber" ist auchEgoist, aber einer, der außerdem, um in leinem Amte oder sonstwie vor-wärts zu kommen, vor keinem Mittel zurückschreckt; ein Vorwärtsstrebender,dem jedes Mittel zur Erreichung seines Strebens recht ist.Witten,», gvttderflcht uom 25. Oktober>000. iiiorge»»«»hr.StationenEwinemde.HamburgBerlinFrankf.M.MünchenWienLSt E2|Z--762760--~8?SSW7631® 28764 SSW765 SW767! StillStationen? iI-a 2s—HaparandaPetersburg(SottAberdeeuParis5 38 f757 ZWZöSiNW75 1WWettertfSc �i"Zill wolkig4ivolkigLhlb.bed117«vetter-Prognose für Freitag, den 2«. Oktober I»00.Zunächst etwas wärmer, vorwiegend trübe und regnerisch bei zieinlichfrischen südwestlichen Winden; später anfllarend und etwas kühler.Berliner W-tierdureau.Verantwortlicher Redacteur: Heinrich Wettker in Groß-Lichterfelde. Für den Inseratenteil verantwortlich: Th. Glocke in Berlin. Druck und Verlag von Mar Bading in Berlin.