So sind von den aus dem UnteroffizierSstcmde hervorgegangenen Offizieren 2 unter 11 zu Obersten. 1 unter 18 zum Oberftlieutenant, 6 unter 37 zu Bataillons- und Schwadronschefs, 7 unter 35 zu Hauptleuten befördert worden. Unter den zu höheren Stellungen Beförderten befinden sich also 15 Proz. solcher, die aus dem Volke hervorgegangen sind, während nach der bisherigen Praxis diese Elemente nur mit 2 Proz. am Avancement beteiligt waren. FreYcuwt hatte früher einmal Aehnliches versucht. er war jedoch, wie die„Kölnische Zeitung " bemerkt,„an dem bartuäckigen Widerstand der Beförderungskommissionen ge- scheiterr. deren Cliquen- und Kastengeist sich mächtiger erwies, als der Kriegsminister". Gegenwärtig ist durch einen Erlatz des Präsideute» der Republik dem Kriegsminister das entscheidende Wort bei der Beförderung gesichert. Diese Demokratisierung der Armee ist nicht nur eine Maßnahme gegen das Umsichgreifen reaktionärer und royalistischer Gesinnungen und Komplotte im Offiziercorps, sondern auch ein Mittel zur Hebung der militärischen Tüchtigkeit, da weder die Blaublütiakejt, noch der Drill in den Kadettenanstalten zuverlässige Gradmesser der mili- tärischen Begabung abgeben.— Afrika . Schwere Sorgen bereiten die anneksierten Boerenstaaten den Engländern. Lord K i t ch e n e r selbst, der nach der Abreise des erfolggekrönten Lord Roberts und des oft geschlagenen General Bnller die Nachlese am Siegeslorbeer halten soll, hat nach London gemeldet, daß der Krieg noch keineswegs beendet sei und daß leider noch sehr viel Arbeit vorliege. Lord Kitchener , dem nunmehr die Verantwortung für die ferneren Ereignisse aufgebürdet ist, hat nur klug gehandelt, wenn er die Situation der Wirklichkeit entsprechend geschildert hat, selbst wenn Lord Roberts , der schon vor mehreren' Monaten den völligen Zusammenbruch des Boerenwiderstands meldete, davon ebenso unangenehm berührt sein sollte, wie der englische Imperialismus. Auch die heutigen Nachrichten wissen nur von dem Wieder- aufflammen des Widerstands zu berichten. So meldet daS„Reutersche Bureau" auS Maseru vom 31. Oktober, daß die Zahl der an der Basutogrenze stehenden Boeren wachse, daß ein Kommando von 1400 Mann dicht bei L a d y b r a n d stehe und Stadt und Distrikt F i ck s b n r g sich in den Händen der Boeren befinde. Die von den Engländern in Ficksburg versteckt zurückgelassene Munition ist den Boeren gleichfalls in die Hände gefallen. Gleich- zeitige Meldungen, daß die Boeren Häuser geplündert und mehrere Personen erschossen hätten, sind jedenfalls mit Vorsicht aufzunehmen. Nach einem aus C r a d o ck vom 4. November datierten Reuter- Telegramm steht auch ein Boerenkommando bei Petersville südlich vom Oranjeflutz. Eine englische Patrouille wurde erschossen. „Agence Havas" meldet unterm 0. November aus Dschibuti : DaS Kriegsschiff„Gelderland " ist mit dem Präsidenten Krüger an Bord gestern hier eingetroffen und wird hier 3 Tage verweilen. In Port Said soll die Gelderlaud" die erforderlichen Anweisungen übet ihre Landung in Europa erhalten. Krüger, dessen Gesund- heitszustand sehr gut ist, äußerte, als er von den jüngsten Boerensiegen hörte, lebhafte Freude. Dr. Heymanns erklärt. Krüger kommt nur auf Urlaub nach Europa . Der Fall Casale. Ein Sieg der Socialisten in Neapel . AuS Neapel wird uns geschrieben: Als die italienische Regierung im vorigen Jahre ernsthaste Anstalten zu treffen schien, um die Maffia und die C a m o r r a in Sicilien und Neapel zu bekämpfen, stellten die neapolitanischen Socialisten dem Ministerpräfideuten Pelloux— welchen man Compagno sGenossenj Pelloux nannte, da er durch seine ungeschickte reaktionäre Bekämpfung des Socialismus demselben mehr Nutzen als Schaden brachte— ihre Thätigkeit, ihre Kampflust und das ihnen zu Gebote stehende umfangreiche Material zur Ver- fügung, falls er die Sache wirklich zu Ende zu führen gedenke. Dieses kühne Anerbieten, das ebenso gut als Ironie aufgefaßt Iverden konnte, blieb, wie zu erwarten war, ohne Autwort. So setzten denn die Socialisten ihre Bestrebungen gegen die Camorra allem fort. Die neapolitanischen Socialisten sind junge Leute von Intelligenz und Thatkraft. Wie es sich aus den vielbesprochenen Mißständen in Neapel notwendigerweise ergiebt, nimmt ihre mutige Aktion besonders den Charakter eines Kampfs für die Moralität in ber öffentlichen Verwaltung an. Als die Sache Palizzolo in Sicilien — von welcher auch der „Vorwärts" seiner Zeit berichtet hat, einen wahren Eutrüstuugs- stürm hervorrief, erschien im socialistischen Organ Neapels ,„La Propaganda " ein sensationeller Artikel, der behauptete, der Skandal Palizzolo stände nicht einzig da, er habe vielmehr ein Gegenstück im Fall Casale in Neapel . Wer war Casale? Alberto Agnello Casale hatte einmal geäußert: A Napoli comando iol(In Neapel befehle ichl) Und da« war keine leere Prahlerei. ES war eine Macht von mysteriösem Ursprung, die aber thatsächlich bestand. Casale. Abgeordneter und Stadtverordneter in Neapel , beherrschte den politischen Wahlkörper und noch mehr das administrative Leben dieser größten Stadt Italiens . Alles mußte durch feine Hände gehen. Ein hinreichender Grund für diese Macht lag weder in besondren geistigen Fähigkeiten, noch in pekuniären Mitteln und dergleichen, sondern einzig und allein in einem außer- ordentlich entwickelten Talent zur Jntrigue. Die Art dieser Jntrigue aufzudecken, stellte sich die„Propaganda" zur Aufgabe. Dazu bedurfte es nicht etwa langwieriger Recherchen, sondern nur vielen Wagemuts. Denn, sprachen wir vorhin von einem mysteriösen Ur- sprung seiner Macht, so war dieselbe nur„offiziell" ein Geheimnis. In Rom , in den politischen Kreisen und im Parlament, wo er sich als Crispianer auszeichnete(nicht etlva durch Redenhalten, sondern durck> Duelle, ja auch durch Faustschläge), sowie in Neapel waren seine Manipulationen hinlänglich bekannt. Doch fühlte er sich völlig sicher inmitten derer, die ihn gebraucht hatten oder seine Macht fürchteten. Da kam die socialistische„Propaganda" und wagte den ent- scheidenden Schlag. Sie fragte: Wovon lebst Du? Und antwortete: Casale besitzt kein Privatvermögen; er lebt von Bestechungen. Ein Prozeß lvar die Folge dieser Anschuldigung und gegen alle Voraussicht endigte derselbe mit einem glänzenden Siege der neapolitanischen socialistischen Partei und der Moralität. Das System Casales ivurde vollständig aufgedeckt. Jeder Zeuge fügte ein neues interessantes Detail hinzu. Daraus ergab sich, daß nicht einmal die Portierstelle im Rathause neu besetzt wurde, ohne daß man hie7für an Casale eine Taxe entrichtete. Die Größe der- selben variierte natürlich je nach der Wichtigkeit des von ihm ver« langten Dienstes. Wollte man einen Rat(I), wie man sich vom Militärdien st befreien könnte, so betrug die Summe für diesen 50 Lire. Da sein Einfluß sich sogar auf die Gefängnis- Verwaltung erstreckte, verlangte er den gleichen Betrag für die Ueber- Weisung eines Gefangenen aus einem Gefängnis ins andre! Solche Kleinigkeiten wurden nicht direkt an ihn— bei der Annahme solcher Lappalien beniühte er sich nicht persönlich—. sondern an seinen Sekretär ausgezahlt. Der Hauptmarkt der städtischen»emter war da» Caf« Diodato. Fast die ganze neapolitanische Stadtpolizei hat dort ihre Stellen gekauft(bis 5000 Lire zahlte man für den Posten eines Polizei- Offiziers, und 500 bis 1000 Lire ftir den eines Schutzmanns!) und blieb so von Casale abhängig. Auch die Bezahlung in Naturalien(Wein und Liqueure) wurde nicht verschmäht. Er selbst beschästigte sich hauptsächlich mit dem Abschluß größerer Kontrakte zwischen Lieferanten oder Gesellschaften und den Magistrat oder der Regierung. So hat man im Lauf des Prozesses erzählt, daß z. B. eine Schiffahrts-Gesellschaft, welche sich in großer Verlegenheit befand, durch seine Vermittelung— natürlich nicht umsonst— Subsidiengelder von der Regierung erhielt; daß die Straßenbahn-Gesellschaft drei Personen, darunter Casale, 60000 Lire zahlte, um einen Bertrag mit der Stadt zu stände zu bringen, und daß die elektrische Gesellschaft für Straßenbeleuchtung zu gleichem Zwecke 400 000 Lire erlegte. Von Zeit zu Zeit leistete er sich den Luxus einer gratts und der Gerechtigkett entsprechenden erteilten Gunst; dies vermehrte seine Popularität und seine Machtstellung. Der unerbittlichste Zeuge, der für daS Resultat deS Prozesses ausschlaggebend war, war der junge Socialist und Oekonom Arturo Labriola, der daS Vorgehen CasaleS kennen lernte, als er sich wegen der sogenannten politischen Wirren 18S8 im Gefängnis befand. Hier ließ ber Staatsanwalt die Beweisaufnahme schließen mit der Begründung, daß die Unehrenhastigkeit Casales zur Evidenz erwiesen sei, trotz der verständlichen Zaghaftigkeit einiger als Zeugen citierten hochgestellten Persönlichkeiten und der ver- blüffenden Aussage eine? Staatsanwalts, welcher Casale für den Ehrlichsten der Ehrlichen erklärte l Die„Propaganda" wurde freigesprochen. Casale hat sich, vom öffentlichen Leben zurück- gezogen. Man kann sagen, daß der Feldzug der„Propaganda" nicht dem Einzelnen, sondern dem ganzen System galt. Die Macht CasaleS sowie die andrer Leute vom selben Schlag konnte sich nicht bilden ohne die, zum mindesten passive, Kom- plizität der Autoritäten wie eines großen Teils der „öffentlichen Meinung", welche dieses Borgehen ganz in der Ordnung fanden. Um diese verderbliche Gewalt zu bekämpfen, bedurfte eS einer neuen Kraft, der Verbreitung einer höheren Moral in den großen Massen: auf dem Weg zu diesem Ziele, daß sich die socialistische „Propaganda" gesteckt hat, bedeutet dieser Sieg eine wichtige Etappe. Infolge dieses Ausgangs des Prozesses haben Bürgermeister und Stadtrat ihre Aemter niedergelegt. Zum königlichen Kommissar der Stadt wurde der Präsident des Staatsrats Saredo ernannt. VÄvkei Partei-Organisation. Die Parteigenossen in Zivickau haben einen neuen socialdemokratischen Verein gegründet und diesem olle Geschäfte der socialdemokratischen Partei des Kreises übertragen. Das System der Vertrauensmänner wurde aufgehoben. Vvlikriltcste». Gerichtliches»Nu. Vom Reichsgericht aufgehoben wurde das Urteil des Land- gerichts Dessau , durch das der verantwortliche Redacteur deS Dessauer Parteiblatts, Genosse Günther zu 30 Mark Geldstrafe verurteilt morden war. Genosse Günlber sollte sieben Vorstandsmitglieder deS auhaltischcn 51riegerverbandS dadurch beleidigt haben, daß er fie beschuldigte, zu Gesetzesübertretungen aufgefordert zu haben. Der Vorstand hatte nämlich seine ivkitglieder aufgefordert, gegen die Socialdemokratie zu kämpfcu. Da sich Kriegervereine nach ihren Satzungen nicht mit Politik beschäftigen dürfen, so bezeichnete Günther dies als Gesetzesübertretung. Das Reichsgericht hatte Bedenken dagegen, daß jemand unter allen Umstünden in der Achtung andrer herabgesetzt werde durch den Vorwurf einer Gesetzesübertretung. ES könne z. B. jemand ein Hnndesteuer-Regulativ übertreten und niemand werde ihn darum der bisherigen Ächtung nicht mehr würdig hallen. Deshalb erfolgte die Aufhebung des Urteils. Meineidsprozetz Maszlof in Könitz. Am Dienstag, dem zehnten Tag. der Verhandlung, bekundet als erster Zeuge Pfarrer Bönig: Eines Tages kanien die Kriminal- beamte» Kriminalinspektor Braun und Kriminalkomiffarius Wehn aus Verlin zu mir und baten niich, ich solle Maßlos vernehmen, da sie den Eindruck hätten, daß er ihnen nicht die Wahrheit gesagt habe. Ich ließ mir Maßlos kommen und forderte ihn auf, die volle Wahrheit zu sagen. Maßlos sagte: bei der erste» Vernehniung habe er nicht ganz die Wahrheit gesagt; das wolle er aber jetzt thu». Ich forderte Maßlos daraufhin auf, jetzt die volle Wahrheit zu sagen, wenn er auch wegen der ersten unrichtigen Aussage verhaftet iverden solle. Maßlos erzählte dann:„Am 11. März fiel nur abends, als ich durch die Danzigerstratze ging, der Deckel meiner Schnupftabaksdose zur Erde. Als ich mich bückte, um den Deckel aufzuheben, sah ich un L e w y scheu Keller eine» Lichtschimmer. Da ich neugierig war, aber von hier aus nicht gut sehen konnte, bin ich nach der Mauer- straße gegangen. Dort hörte ich Stininiengeivirr. Plötzlich kamen zwei Männer aus dem Keller und sahen sich um. Sie gingen wieder in den Keller zurück. Nach einiger Zeit wurde die Hofthür geöffnet. Dann traten drei Männer heraus. Sie trugen einen schweren, sackartigen Gegenstand und gingen nach dem Mönchsee. Ich lief dann nach dem Speicher, um mich zu verbergen."— Präs.: War Maßlos damals schon vereidigt?— Zeuge: Das kann ich nicht sagen. Ich nahm es aber an, weil er sagte, er habe bei seiner ersten Vernehniung nicht die volle Wahrheit gesagt und ich bemerkte:„Wenn Sie auch verhaftet werden, so niüssen Sie jetzt doch die volle Wahrheit sagen."— Präs.: Die erste eidliche Ver- »ehmung hat am 2. Mai stattgefunden.— Zeuge: Maßlos ist später bei mir gewesen.— Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Vogel: Hat Maßlos ausdrücklich den Namen L e w y genannt?— Zeuge: Jawohl.— Verteidiger: Sie hatten aber den Eindruck, daß Maßlos die Wahrheit sagte?— Zeuge: In meiner lang- jährigen Amtszeit als katholischer G e i st l i ch e r ist eS mir nicht vorgekommen, daß mir jemand die Unwahrheit gesagt hätte. Es ist ja niemand gezwungen, zu mir zu kommen. Wenn er nicht die Wahrheit sagen will, kann der Mann zu Kaufe bleiben.— Oberstaatsanwalt Dr. L a u tz: Frei- willig ist Maßlos doch nicht zu Ihnen gekommen. Sie haben ihn aufgefordert.— Zeuge: Auf Wunsch der Herren Kriminali nspektor Braun und Kriminalkom - missariuS Wehn ging ich zu ihm. Da ich ihn nicht antraf, ließ ich ihn z u m i r kommen.— Erster Staatsanwalt Seite- g a st: Hat M a ß l o f Ihnen vorher bei der Beichte etwas gesagt 1 — Zeuge: Ueber die Beichte verweigere ich jede Auskunft.— Schlächter Eisenstedt. Schwester Felicita, Maria Kern: Eisenstedt war in der Nacht vom 11. zum 12. März nicht im Krankenhause, sondern beurlaubt.— Bertetdiger Rechtsanwalt ZielenSky: Der Glaser- meister LewinSky und Eisenstedt drangen in Sie, zu be- schcinigen, daß Eisenstedt in der Nacht vom 11. zum 12. März im Kränkenhause gewesen und nicht auf Urlaub gewesen sei?— Zeugin: Jawohl. Zeugin Schwester Felicita, Maria Kern(fortfahrend): L e w i n s k y sagte, ich solle bedenken, daß ich schwören würde müsien. Ich bemerkte:„Wenn ich schwören muß, kann ich doch nur die Wahrheit sagen." Im übrigen sagte ich L e w i n s k i, er hätte nichts im Krankenhause zu thun.— Er st er Staatsanwalt: Zeugin, es ist Ihnen doch bekannt, daß Eisenstedt ein großes jnteresse an der Bescheinigung hatte, da er als Mörder beschuldigt worden war?— Zeugin: Das war wir nicht bekannt. Zeuge Dr. von Lucowicz, Arzt im Krankenhause, hält es für un- möglich, daß Msenstedt den Winter ermordet habe. Eisenstedt' hatte an der rechten Hand ein großes Geschwür und war vollständig verbunden.— Verteidiger Rechtsanwalt Zielewski: Herr Doktor, halten Sie es für möglich.' daß er ein Tier schlachten konnte?— Zeuge Dr. von Lucowics: Nein.— Zeugin Schwester Floriberta: Eisen-. stedt ist vom 10—11. März und vom 13.— 14. März, aber nicht! in der Nacht vom 11. zum 12. März im Krankenhause gewesen.— Zeuge Pächter Mille: Ich bin am 12. März in das Krankenhaus! „BartolomäuS- Stift" gekommen. Ich erinnere mich genau,! daß Eisenstedt dort auch in der Nacht vom 12. zum 13. März! gewesen ist.— Zeuge Fleischergeselle Schasnokulskr.: Ich bin seit' 1898 Geselle bei Eisenstedt in Schlochau . Der Meister hatte sich etwas an der Hand zugezogen und ging nach fünf Tagenj ins Krankenhaus. Am Tage nach dem Morde war Eisensted Li in Schlochau . Er kam nachmittags ins Schlachthau 8 wo ich gerade einen Bullen schlachtete. Eis enste d t war in der! Nacht vom Montag zum Dienstag in Schlochau. — Präs.: Irrem Sie sich nicht? WaLs vielleicht vom Sonntag zum Montag?� — Zeuge: Nein, in der Nacht vom Montag zu Dienstag war er; in Schlochau. — Präs.: Hat Ihnen jemand gesagt, waS Sie; aussagen sollen?— Zeuge: Nein.— Präs.: Andre Zeugen! haben bestimmt bekundet, daß Eisenstedt in der Nacht vom! Montag zum Dienstag im Krankenhause war.—. Zeuge:! Ich weiß bestimmt, daß Eisenstedt Montagabend und Dienstag früh in Schlochau gewesen ist. Ich habe bestimmt Montagabend! mit ihm Abendbrot gegessen.— Prüf.: Er kann doch Montag noch! nach Könitz gefahren sein.— Zeuge: DaS kann ich nicht sagen.—! Präs.: Haben Sie ihn Dienstag früh noch gesehen?— Zeuge:' Darauf erinnere ich mich nicht genau.— Präsident: Sie! haben daS aber vorhin doch gesagt?— Zeuge: Genau weiß ich. das nicht mehr.— Ein Geschworener: Wußten Sie am Man- 1 tag schon von dem Morde?— Zeuge: Nein. Ich hatte nur ae-� hört, daß Winter verschwunden sei.— Dienstmädchen OssowSkrc Eisenstedt war am Montag, den 12. März, näcfimtttagS in Schlochau und blieb über Nacht dort. Ich weiß genau, oaß er DicnStng früh nach Könitz gefahren ist.— Präs.: War das vielleicht vom Sonntag zum � Montag?— Zeugin: Nein, ich weiß ganz genau, daß eS vom, Montag zum Dienstag war. Ich muhte Eisenstedt ausziehen, helfen, da er eine schlimme verbundene Hand hatte. Am andren! Morgen mußte ich das Bett machen.— Präs.: Die Krankenhaus-! schwestern sagen: Eisenstedt sei vom Montag zum Dienstag im! Krankenhause gewesen?— Zeugin: Ich weiß; genau, daß! der Geselle am Montag einen Bullen geholt und ge-; schlachtet hatte. Da kam gerade Herr Eisenstedt. — Präsident: Sie wollen also genau wissen, daß. E i s e n st e d t Montag gekommen und Dienstag früh wieder! nach Könitz gefahren ist?— Zeugin: Jawohl.— Ein G e-! schworener: Wußten Sie schon damals vom Morde?— i Zeugin: Frau Eisenstedt hatte die Nachricht aus Könitz mit-! gebracht.— G e s ch w or en e r: Wann war das?— Zeugin:; Das weiß ich nicht mehr genau.— Verteidiger Rechtsanwalt! Zielewski: Ist Ihnen gesagt worden, was Sie aus-! jagen sollen?— Zeugin: Nein. Herr Eisenstedt hat; mir bloß gesagt, ich solle die Wahrheit, sagen.—> Krankenhaus-Schwestern und der Pächter M i.lk e erklären nochmals, auf wiederholtes Befragen: sie wüßten genau, daß Eisenstedt' in der Nacht vom 12. zum 13. März im Krankenhause gewesen sei.! — Das Dienstmädchen O s s o>v s k i bekundet auf eindringliche« Be-> frage»: sie wisse ganz genau, daß an dem Tage, an welchem der Bulle gescklachtet wurde, Eisenstedt nachmittags nach! Schlochau gekommen fei.— Präs.: Ist er vielleicht deS Abends; nach Könitz gefahren?— Zeugin: Nein. Ich weiß ganz genau,. daß er des NachtS in Schlochau geblieben und am andren! Morgen nach Könitz gefahren ist.— Der Präsident Landgerichts-! Direktor S ch w e d e w i tz stellt ans dem Krankenhausbuche fest, daß! Eisenstedt in der Nacht vom 12. zum 13. März im Krankenhause' war. und aus E i s e n st e d t s Büchern konstattert er. daß am! Montag, den 12. März, ein Bulle geschlachtet worden ist.— P r ä s.:s Ich niuß berichtigen, daß das Krankenhausbuch keine Auskunft; darüber giebt, ob Eisenstedt in der Nacht vom 12. März im Krankenhause war.— Zeugin Frau Fleischer Eisenstedt«! Schlochau: Mein Mann kam am 5. Februar ins Krankenhaus. Zum erstenmal kam mein Mann dann am 12. März nach Schlochau.! Wettere Widersprüche. Zeuge Glaser Lewinsky: Ich weiß genau, daß Eisenstedt am 12. März»ach Schlochau gefahren ist. Ich bin mitgefahren.! Ich war mit Frau E i s e n st e d t am Sonnwg, den 11. März, abends im Krankenhause und habe noch vor der Pforte des Krankenhauses mit Lehrer P i n z k y und Frau gesprochen. Ich war mit Frau E i s e n st e d t dem E i s e n st e d t beim Auskleiden behilflich.— Die Zeugen Lehrer P i n z k y und Frau, die hierauf vernommen werden, behaupten entschieden, daß bei der Unterredung vor der Krankenhauspforte LewinSky allein gewesen sei, ohne Frau Eisenstedt. Sie wüßten aber nicht genau, ob das am Sonntage ge- wesen sei. Lewinsky bleibt bei seiner Behauptung, daß auch Frau Eisenstedt bei der Unterredung zugegen gewesen sei. Fleischer Eisenstedt: Ich habe keine Veranlassung, meine Aussage zu verweigern.! Ich weiß ganz genau, daß ich in der Nacht vom 11. zum 12. März im Krankenhaus geivesen bin und daß ich am 12. März nach Schlochau gefahren bin. Dort habe ich übernachtet und bin Dienstag früh nach Könitz gefahren. Ich weiß mich auf! jede Stunde und Minute zu erinnern.— Präs.: Die! Schwester Floriberta hat gesagt: sie sei in der Nacht vom 11. zum 12. März in daS Zimmer gegangen, daS dort leer gewesen wäre. Wenn ein Kranker darin gelegen hätte, würde sie nicht hineingegangen sein.— Eisenstedt: Es ist niemand nachts im Zimmer gewesen.— Zeuge Dr. v. Lucowicz: Ich habe Eisen- stedt am Sonntag, den 11. März, zwei Tage Urlaub ge- geben.— E i s e n st e d t: Das muß ein Irrtum sein. Ich bekam am 12. März nur auf einen Tag Urlaub und 5 Tage später, des Sonntags, auf 2 Tage Urlaub.— Zeuge Dr. v. Lucowicz bleibt bei seiner Aussage.— Zeuge Kreisbaumeister D u r a n t: Am 12. März, des Nachmittags 4 Uhr, bin ich mit Eisenstedt zu- sammen vom Schlochauer Bahnhof in die Stadt im Hotelomnibus gefahren.— Präs.: Weshalb wissen Sie genau, daß das am 12. März war?— Z e u g e: Weil mir an diesem Tage ein Sohn, geboren wurde. Zeuge Telegraphist Brennekamp überreicht dem Gerichtshof das Journal, wonach am 6. März der V-Zug den gemischten Zug in Nittel überholte.— Zeuge: Ob dies nochmals im März vorkam, weiß ich nicht.— Präs.: Sie wissen genau, daß Sie vor den» Morde mit 5 Juden im Hotelomnibus gefahren sind?— Zeuge: Ja.— Der Zeuge Telegraphist Brennekamp blättert noch einmal im Zugjou'rual und bemerkt: Nach dem Journal hat nur noch am 1. März eine Zugüberholuug stattgefunden. An diesem Tage bin ich aber nicht in die Stadt gefahren, weil ich da Nachtdienst gehabt habe. Alls dem Zugjournal wird weiter festgestellt, daß derarttge Zug- Überholungen noch am 9. und 24. Februar stattgefunden habe».— Zeuge Bauunternehmer S t u g a I s k i(Tuche!): Am Dienstag, den 13. März, kam ich abends von Allenstein nach Tuchel, als meine Frau erzählte, daß Winter in Könitz abgeschlachtet worden sei. Zwei Tage darauf sagte mir der Bierverlcger Kasimir:„Den Mord in Könitz scheinen die Inden gemacht zu haben." Am folgenden Tage begegnete mir der Kantor H a l l e r. Dieser hatte etwas Auffälliges. Er trug hellgelbes Papier unterm Arme. Ich hatte sofort Verdacht, Haller könnte am Morde beteiligt sei».— Präs.: Weshalb?— Zeuge: Haller kam vom Bahnhofe. Einige Tage später traf ich Hall er wieder. Er kam ebenfalls in der 3iichtung vom Bahnhofe und hatte einen Bretterkasten unter dem Arme.
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