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6? -�bes nach bem Elisabeth-Krankenha use geschafft. Witthuhn ist seit etwa zwei Jahren in dem Eisenbahn  -Betriebe beschäftigt, ver- heirathet und Vater von zwei Kindern. Die Schuld an dem Vor- rommniß dürfte dem Maschinenführer Inner beizumessen sein, da er die für ihn nicht gestellte Weiche durchfuhr, während er vor derselben zu halten verpflichtet war. Ein Einbruchsdiebstahl auf dem Eise. Der in der Acker- straße wohnende 22 jährige Ziseleur Karl C. war am Sonnabend Nachmittag mit mehreren Freunden nach Rummelsburg   hinaus , gefahren, um auf dem dortigen See Schlittschuh   zu lausen. Die jungen Leute vergnügten sich bis zur einbrechenden Dunkelheit auf dem Eise und namentlich war der Ziseleur auf der glatten Fläche weit hinausgcdrungen. Plötzlich gerieth C. in eine so- genamite Buhne, eine von den Fischern absichtlich aufgelassene Stelle, und versank sofort in dem eisige» Wasser; zum Glück verlor der junge Mann die Geistesgegenwart nicht, wieder auf- tauchend, klammerte er sich an die Eiswand und schrie aus Leibes- kräften nach Hilfe. Anfänglich verhallten die Hilferufe des Verunglückten ungehört, bis etwa 5 Minuten später jT-vei junge Leute, die gerade vorüberliefen, sich der Unfall- stelle näherten und den vor Kälte fast Erstarrten heraus- zogen und seinen'nunmehr gleichfalls herbeigeeilten Freunden übergaben. Die Retter verschwanden dann in der Dunkelheit, C. jedoch wurde ans Land geschafft und erhielt hier von einem ihm bekannten Einwohner Rummelsburgs warme Kleidung. Dabei beinerkle der Gerettete, daß ihn, Uhr und Kette ins Wasser gefallen sein mußten, denn nur ein Rest der Letzteren hing noch an der Weste. Um sich nach dem ausgestandenen Schrecken zu stärken, begab sich der Ziseleur mit seinen Freunden Nach einer in Rummelsburg   gelegenen Destillation und trat sofort an den Schanktisch. Hier stand ein junger Mensch, der mit dem Geschäftsinhaber sprach und eine Uhr in der Hand hielt, die der Ziseleur zu seinem größten Erstaunen als die seinige erkannte und dies sofort laut äußerte. Statt aller Antwort zog es der Bursche, der etwa 20 Jahre alt war, vor, mit Zurücklassnng der Uhr zu verschwinden. Wie der freudestrahlende Ziseleur ver- sicherte, war der Flüchtige einer der beiden Männer gewesen, die ihn aus dem Wassergrabe herausgeholt und als Retterlohn ihm dem fast Bewußtlosen, gleich Uhr und Kette abgerissen und an sich genommen, um den Wcrthgegenstand, nach Angabe des Destillateurs, bei demselben zu verkaufen. Schtvm Jungen. Ein Einbruch wurde in der Nacht zum Conntag im Hause Skalitzerstraße 137 ausgesührt. Daselbst be- sindet sich zur ebenen Erde das Galanteriewaaren-Geschäft von Schwarzer, eine Wendeltreppe vennittelt die Verbindung mit dem La�erzwecken dienenden Kellergeschoß  . Als der Nacktwächter gegen drei Uhr seine Runde machte, fand er die Hausthür geöffnet, als er in das Haus eintrat, sah er in-'"lur einen großen Reisekoffer, auf welchem ein Album lag. Au-, den» Keller aber drangen menschliche Stimmen empor, und der Wächter ahnte sogleich, daß hierschwere Jungen" ihr Handwerk geübt hatten. Er nahm daher den Koffer an sich, verschloß die Hausthür und gab das Nothsignal. Mit eineni herbeigeeilten Sckutzmann drang er dann in de» Keller ein. Aber obwohl die Beamten den Keller sorgfältig absuchten und diese Revision mit Hilfe der aus ihrem Schlaf geweckten Hausbewohner auf das ganze Haus erstreckten, war keine Spur von den Einbrechern zu finden; die- selben waren, wie später festgestellt wurde, durch den Keller des Destillateurs Kretschmer am Kottbuser Thor»ach dem benachbarten Schwarzerschen Lagerkeller vorgedrungen; auf demselben Wege hatten sie dann die Flucht ergriffen. I» dem den Dieben ab- gejagten Koffer befand sich eine Kollektion anserlesener Elsenbein- und Goldwaaren, welche die Ganner mit Kennerblicken zu- famniengestellt hatte», minderwerlhige Waaren hatten sie ver- schmäht. Trotzdem ist der Schaden des Besitzers bedeutend genug, da sich die Spitzbuben auch die Taschen niit Waaren im Werthe von einigen hundert Mark gefüllt und damit das Weite gesucht hatten. Ei» Akt»»glaublicher Nohheit wird uns aus Pankow  gemeldet: Vor einigen Tagen betrat der in Pankow   wohl- bekannte Brunnenmeister Dahlmann das in der Berlinerstr. 131 belegene Lokal von Müller. In dem Lokal waren der Sohn des Wirths, der Amtsschreiber Weidtmann und ein Gärtner an- wesend. Zwischen diesen Personen und Dahlmann entspann sich ein kurzer Wortwechsel, in dessen Verlaus Dahlmann zur Thür hinausgeworfen wurde. Nach IVe Stunden der Vorfall trug sich Nachts gegen I2Vz Uhr zu fand ein Pserdebahnkntscher den vor Kälte vollständig Erstarrten auf der Straße. Er ver- anlaßte, daß Dahlmann, der kein Lebenszeichen mehr von sich gab, in das Lokal geschafft wurde. Hier legte man ihn zuerst vor dem Billard nieder, dann wurde er, nachdem man einen Polizisten herbeigerufen hatte, auf das Sopha gelegt. Der Polizist meinte zwar, daß esmorgen wohl besser sein würde" wie wenig er jedoch mit dieser Aeußerung �as Richtige ge­troffen hatte, bewies der Umstand, daß Dahlmann am nächsten Tage, ohne daß er noch einmal zur Besinnung gekommen wäre, bereits eine Leiche war. Von einer gewisse« Judolenz deS sonntäglichen Publiknnis berichtet uns ein Leser: Am Sonntag Nachmittag passirte ich die Alexanderstraße. Vor dem Hause Nr. 21 sah ich einen reinlich gekleideten Mann liegen, der sich in Krämpfe» wälzte. Ich eilte hinzu, konnte aber kaum Jemand bewegen, daß «r eine hilfreiche Hand leistete, um den Schiverkranken wenigstens in einen Hausflur zu bringen. Erst auf mehrfaches Zureden fanden sich einige Personen zu dem Liebesdienst bereit. Ich muß hierbei benierken, daß der Mann sich nicht beschmutzt hatte, daß auch die Straße bei dem trockenen Frostwetter ganz rein war. Erst nach längerer Zeit erschien ein Schutzmann, der die Ueber- sührung des Unglücklichen nach einer Sanitätswache veranlaßte. Falb's kritische Tage für das Jahr 1892 vcrtheile» sich, wie folgt: 1. Ordnung: 28. Februar, 28. März, 26. April, 26. Mai, 6. Septeniber, 6. Oktober, 4. Novenibcr, 4. Dezcniber. 2. Ordnung: 12. Februar, 13. März, 12. April, 24. Juni, 22. August, 21. September, 20. Oktober.   3. Ordnung: 14. Januar, 11. Mai, 10. Juni, 10. Juli, 23. Juli, 19. November, 19. Dezember.   Wir entnehmen diese Angaben dem bei Hart- leben- Wien erschienenen.Falb's Kalender der kritischen Tage 1892." Polizeibericht. Am 16. d. M., Vormittags, wurde eine in einem Hotel wohnhafte 70jührige Rentiere, welche an Schwer- muth litt, in ihrem Zimmer erhängt vorgefunden. Abends wurde ein Bahnarbeiler auf dem Potsdamer Personen-Bahnhofe in einem leeren Personenwage» erhängt vorgefunden. Um dieselbe Zeit wnrde im Hause Roßstr. 24 in der 3 Treppen hoch belegenen Wohnung des Handlungsgehilfen Brandes Feuer be- werkt. Di» Feuerwehr fand denselben bei ihrem Eintritt bewußtlos und mit Brandwunden bedeckt neben dem brennenden Bette liegend vor und ließ ihn nach Anlegung eines Nothverbandes nach der Charitee bringen. Mehrere Bewohner des vierten Stockes waren dabei in Lebens- «efahr gerathen und saßen bei Ankunft der Feuerwehr bereits auf den Fensterbrüstungen, sotaß Beamte der Feuerwehr mittelst Hakenleitern zur Beruhigung derselben in du Wohnungen einsteigen mußten. Am Nachmittage desselben Tages erlitt der Arbeiter Witthuhn durch den Zusammen- stoß eines Rangirzuges mit einer leeren Maschine einen Bruch des linken Unterschenkels.   In der Nacht zum 17. d. M. ent- stand an der Ecke der Distelmeyer- und Mathiasstraße eine Schlägerei, bei der ein Arbeiter und ein Möbelpolirer durch Messerstiche schwer verletzt wurden, so daß sie nach dem Kranken- hause am Friedrichshain   gebracht werden mußten. Am 17. d. M. Vormittags wurde eine 74jährige Frau in der Küche ihrer Wohnung, Plantagenstr. 43, mit Brandwunden bedeckt, todt aufgefunden. Anscheinend hat sie den Ofen ihrer Wohnstube heizen wollen und haben ihre Kleider an einem dabei benutzten Lichte Feuer gefangen. Gegenüber dem Haufe Schönhauser Allee 130 siel Abends ein 14jähriger Knabe beim Schliddern zur Erde und brach den Vorderarm. Er wurde nach dem Lazarus- Krankenhause gebracht. Am 16. und 17. d. M., sowie am darauffolgenden Morgen fanden 12 kleine Brände statt. Kerilktks-Ueikmig. Zwei Auklage» Wege» Veleidiguug durch die Presse wurden gestern vor der dritten Strafkammer des- Landgerichts I  gegen den Redakteur derFreisinnigen Zeitung", Emil Walter, verhandelt. Im ersten Falle hatte der Kommandeur des 31. Jnfanterie-Regiments zu Altona   den Strafantrag gestellt. Am 7. April v. I. erschien in derFreisinnigen Zeitung" eine Notiz, worin mitgetheilt wurde, daß sich in Hamburger Blättern eine Anzeige des dortigen antisemitischen Vereins befunden habe, worin zum Besuche einer Versammlung eingeladen wurde, in der antisemitische Ansprachen gehalten und Musikgenüsse von der Kapelle des 31. Jnfanterie-Regimenis dargereicht werden würden. DieFreis. Ztg." knüpfte hieran die Bemerkung:Während an anderen Orten es den Militär- Kapellen verweigert wird, in politischen Versammlungen zu konzertiren, scheint in Hamburg  die Jndenhetze mit Militärmusik begleitet zu werden." Wie sich herausgestellt hat, ist weder in jener Versammlung von der ge- nannten Kapelle konzertirt, noch die Erlaubniß dazu vom Rcgiments-Kommandeur eingeholt worden. Der Angeschuldigte berief sich darauf, daß er jedenfalls im guten Glauben gehandelt habe. Die Anzeige habe in den Hamburger Nachrichten ge- standen und zivar ani Tage vor der anberaumten Versammlung, es mußte doch angenommen werden, daß damals alle Formalitäten erfüllt seien. Im zweiten Falle sollte der Landtags-Abgeordnete O l z e m der Beleidigte sein. In dem Parlamentsbericht, der sich am 14. Juni v. I. in derFreisinnigen Zeitung" befand, handelte es sich besonders um das zu damaliger Zeit zur Annahme ge- langte Wildschadcngesetz. Es wurde darauf hingewiesen, daß auch der Abgeordnete Olzem im Gegensatze zu seiner Partei für das Gesetz gestimmt. Der Abgeordnete Olzem habe sich schon mehrfach bei der Abstimmung im Widerspruche zu seiner Partei befunden und regierungsfreundlich gestimmt, der Lohn werde zeden  - falls nicht ausbleiben. Herr Olzem, der im bürgerlichen Leben die Stellung eines Landgerichts-Raths bekleidet, erblickte in dieser"Bemerkung den Vorwurf, als lasse er sich bei der Abstimmung von dem Wunsche nach Beförderung leiten, er beantragte deshalb die Bestrafung des verantwortlichen Redakteurs derFreisinnigen Zeitung". Der Angeklagte bestritt in diesem Falle die beleidigende Absicht, sowie die Beleidigung selbst. Er habe die beanstandete Bemerkung als Ironie auf- gefaßt, als solle dadurch angedeutet werden, daß Herr Olzem schwerlich wieder gewählt werden würde. Die Stellung desselben im bürgerlichen Leben fei ihm garnichl bekannt gewesen. Der Staatsanwalt hielt eine Beleidigung in beiden Fälle» für erwiesen und beantragte eine Gesammtstrafe von 1000 Mark. Der Vertheidiger, Rechtsanwalt Albert Träger  , nahm im Mieren Falle den Schutz des Z 59 des Str.-G.-B. für den An- geklagten in Anspruch. Darnach solle ein solcher straffrei sein, wenn er bei Begehung einer strafbaren Handlung das Vor- handensein von Thatumständen, welche zum gesetzlichen That- bestände gehören, nicht kannte. Fzm vorliegenden Falle habe der Angeklagte nur der Thatsache Erwähnung gethan, daß jene Annonce veröffentlicht sei. In dem AusdruckJudenhetze" sei ferner eine Beleidigung nicht zu erblicken, da dieser Ausdruck nur eine Uebersetzung des Wortes Antisemitismus sei. Auch im zweiten Falle könne eine Beleidigung nur konstruirt werden, wenn in der betreffenden Bemerkung der Vorwurf liege, daß der Abgeordnete Olzem wider seine Ueberzeugung gestimmt hätte. Dies sei aus dem Zusätze aber keineswegs heraus- zulesen. Der Gerichtshof hielt beide Beleidigungen für erwiesen und erkannte wegen der erste» Falles auf 100 M., wegen des zweiten auf 300 M. Geldstrafe. Eine umfangreiche VetrngSanklage wurde gestern vor der zweiten Strafkammer des Landgerichts I   gegen den früheren Kaufmann Adolf H öd er mann verhandelt. Der Angeklagte nennt sichConzert- und Thcaterunternehmer", hat aber geständ- lich bisher niemals auf diesen, Gebiete etwas unternommen, was ihn zur Führung dieses Titels berechtigte. Im vorigen Jahre führte er einen großartig angelegten Schwindel aus. Er ließ durch die Zeitungen bekannt machen, daß für ein Theater Billeteure und Kassirer gesucht würden. Es meldeten sich Leute von allen Berufsklassen. Der Angeklagtn erklärte den Bewerbern, daß er vorläufig noch nicht verrathen könne, um welches Theater es sich handele, er könne nur sagen, daß es im Norden der Residenz liege und ein großartiges Unternehmen sei. Er bedürfe dazu mehrerer Billeteure und Kassirer, die ein schönes Gehalt be- kommen würden. Es seien aber Vertrauensposten und die In- Haber müßten Kaution stellen. Ein Billeteur müsse 200 M., ein Kassirer dagegen, dem grobe Summen durch die Finger ginge», müsse 1000 M. Kaution stellen. Trotz aller durch die Presse erfolgter Warnungen vor Kautionsschwindeleien und trotzden, der Angeklagte, der das Unglück gehabt hat, seine Nase zu verlieren, schon seinem Aeußeren nach wenig geeignet schien; die Stellung eines TheaterdireltorL zu be- kleiden, haben sich vier Personen bewegen lassen, ihre Ersparnisse herzugeben gegen das Verspreche», zum Winter engagirt zu werden. Sie haben natürlich nie wieder etwas von ihrem Gelde zurückerhalten, denn das angebliche Theater existirte überhaupt nicht. In acht Fällen ist es bei einem versuchten Betrug ge- blieben. Der Gerichtshof vernrtheilte den Angeklagten, dessen Treiben als ein im hohe» Grade gemeingefährliches bezeichnet wurde, zu drei Jahren Gefängniß. Eine t»lS 13 Köpfen bestehende Spitzbuben-Gesellschaft stand am Sonnabend wegen Bandendiebstahls vor der II. Straf- kam», er hiesigen Landgerichts I, welche bei de», Umfang deS Zeugenapparats ihre Sitzung nach dem kleine» Schwurgerichts- saal verlegen mußte. Die Strassache warAlbinsk, und Genossen" getauft. SämmllicheGenossen" waren junge, arbeitsscheue Mensche» im Alter von 20 bis zu 22 Jahren, welche von Ver- brechen leben und denjenigen gut zurichten würden, der ihnen zu- mnthen wollte, die Hände in ehrlicher Arbeit zu rühren. Die An- geklagten hatten sich zu einer förmlichen Bande zusainmengelhan. Zwar fehlte es an Statuten und dem eigentlichen Oberhaupt, doch wurde eine Art von Generalversammlungen abgehalle», welche in einem Lokal des Köpnicker-Viertels stattfanden. Hier figurirten Diejenigen, welche einen Diebstahl ausbaldowert halten, als vortragende Räthe, hier wnrde der Feldzugsplan besprochen und von hier schwärmten die Mitglieder der Genossenschaft zu Zweien oder Dreien nach allen Richtungen der Windrose aus. Es waren keinegroßen" Thaien, zu welchen sich die Bande e», porschwang, es wurden vielmehr zumeist nurkleine" Diebstähle vollbracht und die Angeklagten waren nach keiner Richtung hin Kostverächter und stahlen eben Alles, was ihnen in die Hände fiel: Käse, Hüte, Stiesel, Kleidungsstücke, Goldsachen je. ic. Nicht weniger als 28 solcher Diebstähle standen zur Anklage, bei welchen die An- geklagten mit großer Schlauheit zu Werke gegangen waren. Auch während der Verhandlung zeigten sich dieselbe» als sehr ver- schlagene Menschen, welche das Souffliren so dreist betrieben, daß der Vorsitzende sich genöthigt sah. die Anklagebank über den ganzen Saal zu verthcilen und die Angeklagten etwas entfernt von einander zu placiren. Nach achtstündiger Verhandlung er- kannte der Gerichtshof auf eine Gesammtstrafe von 34 Iah rem Gefängniß, welche sich aus Einzelstrafen in Höhe von sechs I Monaten bis zu fünf Jahren zusammensetzte.' Der seltene Fall, daß ein Gerichtshof von ver Besugnip des§ 501 der Strafprozeß-Ordnung Gebrauch macht und einen Denunzianten die gesammten Kosten des Strafverfahrens auferlegt, ereignete sich gestern vor der ersten Strafkammer des Landgerichts I  . Vor derselben stand der Kistenmacher Julius H o b u s ch, ein in Ehren ergrauter,.völlig unbestrafter Mann, welcher ,it der Luxuspapier-Fabrik May in Geschäftverbindung stand. Er wurde von dem früheren Mitinhaber der Fabrik, Herrn Steinmetz, wegen falscher Angabe einer eides- stattlichen Versicherung zur Anzeige gebracht. Als die ursprüngliche. Firma in May u. Steinmetz umgeändert wurde, trat der jetzige Angeklagte an Ha-rn Steinmetz mit dem Bemerken heran, daß er an die frühere Firma noch eine Forderung habe. Er wurde dahin bedeutet, daß er sich darüber keine grauen Haare wachsen lassen solle, da er, Steinmetz, die Begleichung dieser Forderung in sichere Aussickt stellen könne. Als dieselbe aber nicht erfolgte, vielmehr auch die neue Firma ihre neuen Verpflichtungen nicht erfüllte, ließ der Angeklagte auf Grund der ganzen Forderung schleunigen Arrest ausbringen, wobei er die eidesstattliche Versicherung abgab, daß die Firma May und Steinmetz   ihm die betr. Gesammtsumme verschulde. Im Zivilprozeß wurde er zur Herausgabe des die alte Firma May betreffenden Geldes verurtheilt, da ja thatsächlich die umgeänderte Firma May u. Steinmetz", welche er in seiner widerstattlichen Ver- sicherung benannt hatte, ihm nur einen Theil seiner Forderungen schuldete. Herr Steinmetz begnügte sich aber nicht damit, sondern dennnzirte den Angeklagten auch noch wegen falscher Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Die Beweisaufnahme fiel der- maßen zu Gunsten des Angeklagten ans, daß der Gerichtshof den letzteren freisprach und die Kosten des Verfahrens dem Denunzianten auferlegte. Soziole Tlelreelrckzk. Die Stuttgarter Buchdruckergehilfe» nahmen am Montag die Arbeit wieder auf. Ans Wien   meldet ein Telegramm desD. B. H.", daß eine Versammlung der dortigen Buchdrucker und Schrift- gieß er den Ausschuß beauftragt hat, zur Vereinbarung eines neuen oder Beibehaltung des am 31. Dezember 1891 abgelaufenen Lohntarifs mit den Arbeitgebern zu unterhandeln und auf dem neuneinhalbstündigen Arbeitstag zu bestehen. Die ursprüngliche Forderung des Neunstundentages ließ man fallen. In der Glashütte   und dem Kohlenstaub-Werke Char- lottenburgs ist am Sonnabend sämmtlichen Ar- b e i t e r n gekündigt worden. Dadurch werden 56 Glas« arbeiter, ebensoviele Hilfsarbeiter und ca. 100 Arbeiter sonstiger Zweige brotlos. 74 Kinder der Halber st ädter Volksschule er- klärten auf Befragen. daheim des Morgens nichts Warmes genossen zu haben. Diese Kinder werden zetzt auf städtische und private Kosten gespeist. Wie viele Tausende deutscher Kinder werden gleichfalls noch mit knurrendem Magen zur Schule gehen müssen, ohne daß sich Jemand darum kümmert, ob sie auch m der körperlichen Versassung sind, um mit Nutzen lernen zu können! Ueberall dasselbe. Die brotlosen Arbeiter Roms sandten eine Delegation an den Minister; letzterer ließ eine kleine Summe unter sie vertheilen. So meldet trocken der Telegraph. Wo wären für arbeitslose Arbeiter große Summen flüssig? Vvvlnunnluttgen. Ju der öffentlichen Versammlung der Maurer und Putzer, die am Sonntag unter zahlreicher Betheiligung im Feen- palast tagte, sollte Reichstags-Abgeordneter Ulrich über den Werth der Zentralorganisation sprechen. Derselbe war jedoch, wie der Einberufer, Kollege Klingenberg, bekannt gab, ain Erscheinen verhindert und es trat an seiner Stelle Schuhmacher- meister Theodor Metzner als Referent auf. Derselbe nahm, nachdem nach Ueberwindung großer Schwierigkeiten das Ver- bandsbureau D ä h n e, K l i n g e n b e r g und S ch i g o l s k i als gewählt unter Protest proklamirt worden war, das Wort zu seinem Vortrage, in welchem er die Siothwendigkeit der gewerk- schaftlichen Organisation in überzeugender Weise darlegte und bezüglich der Frage, wie die Arbeiter sich gewerkschaftlich zu organisiren hätten, für Zentralverbände plädirte. Redner erkannte an, daß die Umgestaltung der heutigen Pro- duktionsweise ans rein gewerkschaftlichem Gebiete nicht zu erzielen sei, hielt aber eine Trennung der Politik vom Gewerk- schastlichen und eine kraftvolle Bethätigung auf beiden Gebieten für geboten. Dem weiteren Einwände gegen die Zentralverbände, daß dieselben, sobald sie zu einem Machtsaktor geworden sein sollten, vonoben" beseitigt werden würden, sprach der Vor- tragende die Richtigkeit nicht ab, war aber der Ansicht, daß den Lokalorganisationen ein gleiches Schicksal bevorstehe. Aber darauf könne keine Rücksicht genomine» werden. Als Beweis für die Nothivendigkeit der Zentralverbände führt« der Bortragende den letzten Bnchdruckerstreik an. Die Buchdrucker seien dem ver- einigten Kapital unterlegen trotz ihrer gefüllten Kassen, trotzdem die Arbeiter nicht nur Deutschlands  , vielmehr aller Knlturstaaten sie bis zu einem gewissen Grade unterstützt hätten. Und warum? Weil nicht alle der Organisation angehörten. Hätten alle deutschen Buchdrucker dem Verbände angehört, so hätten sie- mit einem Schlage den Sieg errungen! Daraus sei die gewaltige Macht der Zentralorganisation erkennbar. Der Buchdrucker- Streik habe den deutlichsten Fingerzeig gegeben für die Zentralverbände als nothwendige Form der ge- werkschastlichen Organisation. Redner empfahl demzufolge den Zusanmmischluß in zentralistrten Verbänden.(Beifall.) Die Disknssio», welche sich dem Vortrage anschloß, gestaltete sich un- gemein lebhaft. Karl Behren d betonte zunächst, daß die be- stehenden Meinungsverschiedenheiten lediglich die Form der Organisation betreffen. Die Berliner   Maurer standen keineswegs auf dem Boden einer strikten Lokalorganisation, vielmehr eben- falls auf dem Boden der Zentralisation, sie seien nur aus juri- Itischen Gründen gegen statutarische Zentralverbände und dem« zufolge für eine Zentralorganisation durch das System der Ver» trauensmänner. Der Bnchdruckerstreik war ihm ein Beweis gegen die Zentralverbändc. DerBuchdruckerverband habe trotz seines 25jährigen Bestehens nicht vermocht, alle Buchdrucker in sich aufzunehmen, die- selben politisch zu bilden. Daß die zentralisirtcn Lokalorganisationen weniger leicht zufassen" seien als die Zentralverbändc suchte Redner aus dem Monstreprozeß der Maurer zu erweisen, der mit Freisprechung der Angeklagten endete. Ganz abgesehen davon, daß Politik und Gewerkschaftliches absolut nicht von einander zu trennen sei, würde doch gegebenen Falles eine einseitige Aus- bildung der Arbeiter vor sich gehen und eine politische Ver« sumpfung eintreten. Deshalb seien die rein gewerkschaftlichen Verbände zu bekämpfen. Ferner ständen die Vereinsgesetze der allgemeinen Organisalion der Arbeiter in Zentralverbänden ent- gegen. Demzufolge hielt es Redner für angemessener, Organisationen zu schaffe», welche allen Arbeitern zugänglich und wahre Kampfesorganisationen sind, die an der Lösung der sozialen Frage mitarbeiten können, und empfahl deshalb den Berliner   Maurern das Festhalten an der bisherigen Organisations- form. Keßler war ebenfalls der Ansicht, daß die Grenze nicht zu finden sei, wo Politik anfange und wo sie aushöre und führte als Beispiel hierfür dieFreie Volksbühne" an, wo die Tendenz des Vereins allein genügte, denselben zu einem politischen zu stempeln. Wenn zudem die Gewerkschaftsbewegung die Bor  «