mit dein Mordplane herumgetragen und diese Scheinreise nur angetreten habe, um cveiiluaUssüne einen Zllibibeweis bei der Hand zu habe». Er ist nämlich schon am lö. September heimlich wieder hierher zurückgekehrt. begab sich aber nicht in seine Wohnung bei seiner Mutter, Großbeerenstr. 75. sondern stieg in einem Hotel an der Weidendammer Brücke ab. Nach den Behauptungen der Anklagebehörde soll er dann am 16. September Abends mit seiner Schivester eine heimliche Zusammenkunft in der Prager'sck.en Wohnung gehabt und sich am 17. September Abends in das Haus und i» die Prager'sche Wohnung, die ihm von der Angeklagten geöffnet sein soll, geschlichen haben. Er nahm seine Ausstellung hinter einem mit Zengstoff garnirten Toilettentisch, melchcr in dein Schlafzimmer des Dr. Prager stand, hatte sich Mit Hilfe eines falschen Bartes unkenntlich gemacht und verübte dann das Attentat. Nach demselben entfloh er und ist erst am 23. September in Flensburg ergriffen morden. Ter Lievolver, welchen er benutzt, wurde an» 26. Sep- tember im Flensburger Hafen gefunden, mit noch vier Schüsse» gelade». Auch der Angeklagte Schweitzer behauptet, daß er von seiner Schwester nur gedungen sei, um die Briefe wegzunehmen, und daß er aus Furcht, von deni erregten Dr. Prager ergriffen zu werden und lediglich nni diese» von einer Verfolgung abzu- schrecken, blindlings einen Schuß abgegeben habe. Die Anklage- dchörde meint dagegen, daß der Rock, in welchem allein die von der Angeklagten gesnchten Briefe hätten sein können, dicht bei dem Versteck des Schweitzer gelegen habe, und beruft sich aus Sachverständige darüber, daß der Schuß in allernächster Nähe aus den 5kopf des im Bette aufgerichteten Dr. Prager abgegeben worden sei. Dr. Prager ist an seiner Gesundheit erheblich geschädigt worden. Der Schußkanal verlief horizontal etwa 11 Zentimeter lang von der rechten Seite des Nackens nach der linken Seite. Ter Verwundete mußte am 19. September in die Hahn'sche Klinik übergeführt werden und hier wurde in Narkose die Spitzkugel extraHirt. Während die Heilung anfangs normal verlief, trat am 30. September Wundrose hinzu, die jedoch günstig verlief, so daß Dr. Prager Ende Oktober die Klinik verlassen und sich in die Behandlung seines Hausarztes begeben konnte. Die Verhandlungen finden im großen Schwurgerichtssaale statt, dessen Zuhörerräume wieder bis ans den letzten Platz besetzt sind. Den Vorsitz de» Schwurgerichlshofes führt Land- die Anklage vortritt Staatsanwalt des Angeklagten Schweitzer führt Angeklagten Prager der Rechts auwalt Nausnitz . Die Angeklagten werden um 9>/e Uhr aus der Untersuchungshast in den Saal geleitet. Ter Angeklagte Schweitzer ist ein mittelgroßer Mann mit etwas gekrümmtem Rücken, intelli- gentein blassen Gesicht und schwachem Schnurrbart. Die An- f ellagte Prager hat ansprechende sanfte Gesichtszüge, die Gesichts arbe ist durch die Untersuchungshast etwas gebleicht; sie ist sorgfältig srisirt und der eng anliegende schwarze Paletot hebt ihre an und für sich hübsche Figur vortheilhast hervor.— Neben der Anklagebank ist eine Tasel aufgestellt, welche den Situations- plan der Prager'schen Wohnung zeigt. Als Sachverständige sind die Herren Geh. Rath Lewin und Mittenzweig, serner Sanitäts- ralh Dr. Küster, Geh. Sanitätsrath Dr. Hahn und Sanitätsrath Dr. Elsner geladen.— Da die Verhandlung möglicher Weise lange danern wird, wird ein Ersatzgeschworener ausgeloost. Das Jnquisitorium beginnt mit der Vernehmung des Auge klagten Schweitzer.— Präs.: Bekennen Sie sich des versuchten Mordes schuldig?— Angekl.: Nein.— Präs.: Erzählen Sie uns etwas aus Ihrer Lebensgeschichle. Was war Ihr Vater? — Angekl.: Mein Vater, welcher starb, als ich noch sehr jung war, war Kaufmann und lebte in Breslau , Görlitz und Sprem- berg.— Präs.: Habe» Sie Geschwister?— Angekl.: Wir waren unser sieben. Davon leben noch drei: mein Bruder in Wien , meine Schwester und ich.— Präs.: Wo haben Sie die Schule besucht?— Angekl.: Zuerst die Elementarschule in Breslau , dann das Gymnasium in Breslau , nach dem Tode meines Vaters kam ich zu meinem Onkel, der in einer kleinen Provinzialstadt lebte, und besuchte auch dort das Gymnasium bis zur Obertertia.— Präs.: Dann wurden Sie Kaufmann?— Angekl.: Ja, ich fühlte etwas anderes in mir, da aber meine Angehörigen keine Mittel hatten, so schickte ich mich darein, Kaufmann zu werden. Ich habe drei Jahre gelernt und kondilionirtc dann in ver- schiedenen Geschäfte», zuletzt bei Stadion, Brecht u. wo ich ein monatliches Gehalt von 126 M. bezog. Präs.: Wie lange waren Sie in dieser Stelle?— Angekl.: Etwa 2'/« Jahre.— Präs.: Zu Ihrer Charakteristik will ich doch hervorheben, daß Sie in einer Ihrer früheren Stellungen dem Geschäft 1060 M. unterschlage» haben.— Angekl.: Ich gebe das zu, aber es war nur jugendlicher Leichtsinn.— Präs. Wir wollen das nicht weiter untersuchen, wir können Sie dajür nicht bestrasen, denn die Sache ist verjährt.— Angekl.: Ich wollte durch Arbeil und treues Verhalten diesen Schandfleck aus meinen» Leben wieder wegwischen.— Präs.: Da» wäre sehr gnt, wenn Sie es getha» hätten; Ihre That, die sie heute hier zu verantworten haben, spricht aber nicht für die Ernsthaftigkeit dieses guten Vorsatzes! Sie sind nnverheirathet?— Zlngekl.: Ja — Präs.: Ich sehe aber ans den Akten, daß Sie noch für ein Kind zu sorgen hatten.— Angekl.: Nein, dasselbe ist gestorben — Präs.: Wo wohnten Sie?— Angekl.: Bei meiner Mutter. — Präs.: Ihre Schwester war niit Herrn Dr. Prager verheirathet? — Angekl.: Ja, aber die'Ehe war nicht glücklich.- Präs.: Ihre Schwester hatte ans Ehescheidung geklagt — Angekl.: Ja wohl.— Präs.: Sie standen mir Ihrem Schwager schlecht?— Angekl.: Ach nein.— Präs.: Nun. hören Sie, Ihr Schroager hatte ihnen doch das Hans verboten.— Angekl.: Das ist ganz plötzlich gekommen. Er>' mir sonst innner ganz freundlich entgegen gekommen. Aber als er meiner Schwester die Briefe aus ihrem Sekretär fortnahm. hat er wohl auch etwas Geschriebenes von mir vorgefunden, hat gesagt, ich sei der Sekretär seiner Frau und hat mir das Hans verboten.— Präs.: Nun sind Sie am 13. September nach Harn- bürg gefahren?— Angekl.: Ja, ich hatte Urlaub erhalten und ivoltte nach Sylt, um»nch zu erholen.— Präs.: Sie sind aber am 16. zurückgekehrt?— Angekl.: Jawohl, so hatte ich es mit meiner Schwester verabredet. Ich hatte ihr versprochen, den Ver such zu machen, die kompromittirenden Briese von meinem Schwager zurück zu erhalten unter Androhung von Gewalt und dazu ge brauchte ich einen Revolver, den ich mir in Hamburg kaufen wollte. Ich hielt mich verpflichtet, meiner Schwester beizustehen — Präs.: Die Reise nach Sylt wurde ivohl nur vorgeschoben: — Angell.: Ja, ich hatte es so mit meiner Schwester verabredet. — Präs.: Am 16. kehrten Sie von Hamburg zurück?— An geklagter: Jawohl.— Präsident: Warn», hielten Sie denn für nöthig, die ganze Reise zu unternehmen. — Angekl.: Ich wollte mir einen Revolver kaufen.— Präs.: Und deshalb reisten Sie nach Hamburg ?— Angekl.: Jawohl.— Präs.: Angeklagter, machen Sie doch nicht so thörichte Ausreden Den Revolver konnten Sie doch in Berlin kaufen.— Angekl. Ich befürchtete, daß ich Verdacht erregen würde.— Präs.: Aber ivie soll das Verdacht erregen, wenn Sie, ein erwachsener Mensch einen Revolver kansen? Sie gehen einfach in einen der vielen Waffenläde» und verlangen einen Revolver, der Verkäufer wird Ihnen ohne Weiteres einen solchen aushändigen. Aber ich will Ihnen sage», weshalb Sie sich scheuten, hier einen Revolver zu kansen, Sie fürchtete», daß der Gedanken des Mordes aus Ihrer Ctinr zu lesen sei und daß Sie deshalb dem Verkäufer in Er innerung bleiben würden, nachdem die That begangen und be lannt geworden. Wohin begaben Sie sich zunächst, nachdem Sie von Hamburg zurückkehrten?— Angekl.: Zu meiner Schwester. — Präs.: Hier haben Sie ja ordentlich erst Probe gemacht von der ganzen Szene, die sich nachher abspielen sollte. Sie habe» sich in das Versleck begeben und alle Hand- langen zur Probe durchmachen müssen. Nach der That sind Sie zu Ihrer Mutter geflohen und haben in der Wohnung Ihrer Schwester selbst Ihr Hemd zurückgelassen. Hat Ihre Schwester nicht Geld gegeben zur Hamburger Reise?— Angekl.: Ja, 60 Mark.— Präs.: Hatten Sie außerdem noch Mittel?— Angekl.: Ja, ich hatte noch 800 Mark.—- Präs.: Von»vem hatten Sie dies Geld?— Angekl.: Auch von meiner Schwester. Sie hatte mir längere Zeit vorher 1000 M. zur Aufbewahrung gegebe».— Präs.: Sehen Sie mal diesen Brief an. Ist der von Ihne» geschrieben?— Angekl.: Ja.— Präs.: Er ist aus Hain- bürg vom 14. September datirt, also am Tage nach Ihrer Ab- reise aus Berlin . Wir werden den Brief zur Verlesung bringen. — Es ist ein Brief, wie ihn Jemand schreibt, der seinen Ver- wandten Nachricht in der unverfänglichsten Art über sein Ein- treffen am Reiseziel giebt. Der Angeklagte giebt„seinen Lieben" eine kurze Schilderung von Hamburg und von den Eindrücken, die Stadt aus ihn gemacht. Er will sich einige Tage dort aushalten und dann nach Sylt abdampfen, um sich zu stärken.— Präs.: Angeklagter, wissen Sie, daß der ganze Brief, sowie die Reise nach Hainburg nur ein schlau angelegtes Manöver war, um Ihnen einen Alibibeweis zu schaffen? Nachdem Dr. Prager ermordet war und der Verdacht sich auf Sie gelenkt haben würde, hätte man einfach den Brief vorgehalten und gesagt: Seht, er kann es nicht gewesen sein. Wollen Sie wirklich dabei bleiben, daß Sie nur nach Hamburg fuhren, um einen Revolver zu kaufen?— Angekl.: Ja, dabei bleibe ich.— Präs.: Was war die Uhr, wie Sie sich zu Ihrer Schwester begaben?— Angekl.: Es muß gegen Uhr gewesen sei».— Präs.: Trafen Sie Ihre Schwester allein?— Angekl.: Ja.— Präs.: Wie lange blieben Sie dort? — Angekl.: Nur so lange, bis wir uns gemeinsam darüber be- rathen hatte», wie ich in den Besitz der Briefe gelangen konnte. — Präs.: Dann gingen Sie wieder fort und kamen später die Hintertreppe wieder hinauf. Hatten Sie damals schon den 'älschen Bart?— Angekl.: Ja.— Präs.: Sie kamen um 8 Uhr an. Was thaten Sie nun da?— Angekl.: Meine Schwester ägte, ihr Mann würde bald wieder nach Hause zurückkehren und da legte ich Hut und Mantel ab.— Präs.': Sie haben doch auch das Hemd abgelegt.— Angekl.: Das that ich, weil dasselbe knisterte.— Präs.: Na, Angeklagter, das ist nun Unsinn, ein Hemd, welches man den ganzen Tag schon getragen hat, knistert nicht mehr. Sie haben dann eine Art Probe ab- gehalten, ob Sie in dem Schlafzimmer deS Dr. Prager unter den Toilettentisch kriechen könnten. Sie gingen dann in das Schlafzimmer Ihrer Schwester zurück, zogen sich ein Hemd derselbe» an. steckten den Revolver und eine. Blendlaterne zu sich und begaben sich dann in Ihr Versteck. Wie lange dauerte es, bis Dr. Prager heimkehrte?— Angekl.: Etwa vier glaube 1000 Thaler.— Präs.: Sie hatten die Ehescheidung� klage angestrengt?— Angekl.: Ja. wegen Mißhandlung. Jflsl dieser Mißhandlung ein Vorgang zu Grunde, der sich im Bade, in Ostende , zugetragen? �Angekl.: war aber keine Eifersucht daber im Spiele. Präs.. Nun h. Ihr Mann die Gegenklage gegen Sie angestrengt wegen Stunden.— Präs.: Haben Sie das so lang Angekl.: Mein Magen knurrte sehr.—- das Gewissen gewesen sein, welches sich bei! aushalten können? >räs.: Es wird wohl ihnen meldete. Was geschah nun, als Ihr Schwager nach Hause kam?— Angekl.: Ich duckte mich, soviel ich konnte, und verhielt mich ganz still. Dann hörte ich, daß mein Schwager stöhnte und ins Bett stieg auch hörte ich Blätter umschlagen, aus welchem ich annahm, daß er las. Dann hörte das Lesen auf, und ich nahm an, daß er eingeschlafen sei.— Präs.: Und nun gingen Sie an die Ans- sührnng Ihres Planes?— Angekl.: Ich kroch vorsichtig durch die Vorhänge des Toilettentisches hindurch und chob mich ganz langsam vorwärts. Nun weiß ich nicht, ob mein Knie knaxle, oder ob ich irgendwie anstieß, kurz und gilt, ich hörte plötzlich ein Geräusch, ich sehe Licht, ich weiß nicht, was ich lhne; ich zieh- den Revolver; ich drücke blindlings los; stürze ans dem Zimmer, werfe die Blendlaterne fort und laufe zum Hause hinaus.— Präs.: Und den Hausschlüssel hatte Ihnen vorher Ihre Schwester gegeben. Sic rannten in demselben Zustande fori, in welchem Sie sich befanden, mit dem Hemd der Schwester bekleidet, ohne Hut, ohne Stiefel, auf den bloßen Strümpfen.— Angekl.: Ja, ich war furchtbar aufgeregt und wußte nicht, was ich that.— Präs.: Nun, daS ist ganz natürlich, daß ein Mann, der solch' fürchterliche That begangen hat, sich in größter Aufregung be sindet, ihm das Gewissen schlägt und das Herz schlägt; das würde dem abgefeimtesten Verbrecher so gehen. Angeklagter, was Sie uns da erzählt haben, ist nicht wahr. Es ist nicht wahr, daß Sie in die Lust geschossen haben, denn die Lohe des Pulvers ist dem Dr. Prager direkt ins Gesicht gedrungen und nach dem Gutachten der Sachverständigen muß der Schuß aus allernächster Nähe auf Dr. Prager abgefeuert worden sein. Sie halten auch bequem Gelegenheit, durch den Balkon und das Schlafzimmer Ihrer Schwester den Rückzug anzutreten. Wer die Briefe nur haben will, der bewaffnet sich nicht mit einem Revolver, steckt sich nicht einen falschen Bart an und versleckt sich nicht in einer Weise, wie es der rajfinirteste Strolch nicht thun würde. Ihrer Schivester konnte auch gar nicht so viel daran liegen, die Briefe in ihre Hände zu bekommen, denn wenn Ihr Schwager wirklich 'christliche Beweise der Untreue Ihrer Schwester in Händen hatte, so konnte er auch event. aus dem Gedächtniß die be treffenden Personen als Zeugen vorladen. Angeklagter, ich rathe Ihnen in Ihrem eigenen Juteresse, die Wahrheit zu sagen.— Angekl.: Ich sage die Wahrheit.— Ans weiteres Befragen er zählt der AngeNaate noch, daß er nach der That zunächst in die Wohnung seiner Mutter gelausen, von da in sei» Hotel ge gangen und nachdem er sich umgekleidet, am nächsten Morgen wieder nach Hamburg zurückgekehrt sei. Er sei dann nach Flensburg gegangen, habe dorr den Revolver fortgeworfen und sich schließlich der Polizei selbst gestellt, nachdem er längere Zeit mit Selbstmordgedanken umgegangen war.— Auf Antrag des Staatsanwalts wird der Brief verlesen, welchen der Angeklagte an die hiesige Staatsanwaltschaft von Flensburg aus ge schrieben,«m seine Schwester zu exkulpiren. Der Brief beginnt wie folgt:„Ehe ich aus diesem Jammerthal scheide, halte ich es für meine Pflicht, meine arme unglückliche Schwester, die ganz unschuldig ist, zu rechtfertigen."— Er erzählt dann, daß seine Schwester in Ostende öffentlich von ihren: Manne gemißhandelt worden sei, daß dann der Mann eine Welt reise angetreten, nach deren Rückkehr sich derselbe in den Besitz von Briefen seiner Frau gesetzt habe, die diese während seiner Abwesenheit mit Frennden deS HauseS gewechselt habe. Die Briese seien ganz harmlos gewesen, der Mann habe sie aber gegen die Frau verwerthen wollen und deshalb habe er mit seiner Schwester verabredet, den Versuch zu mache», sich in den Besitz der Briese zu setzen.— Der Bries endet wie folgt:„Meine arme unglückliche Schwester hatte keine Ahnung davon, daß ich bewaffnet war, sonst würde sie meinen Plan nicht gebilligt haben, Gott weiß es! Bald werde ich für meine unglückselige That vor dem himmlischen Richter stehen. Dem irdischen Richter werde ich mich entziehen. Verzeiht mir Alle! Im Jenseits hoffe ich Euch Alle wiederzusehen, denn es giebt ein Jenseits!"— Präs.: Angeklagter, bei Lesen dieses Brieses muß Einen ein Widerwille» überkommen, wenn man sieht, wie Sie angesichts des Todes Gott zum Zeugen der Unwahrheit anrufen, denn es ist doch unwahr, wenn Sie behaupten. Ihre Schwester habe nichts davon gewußt, daß Sie einen Revolver bei sich führten. Ihre ganze That zeugt von einer ganz ungewöhnlichen moralischen Verkommenheit! Damit ist die Vernehmung des Angeklagten Schweitzer beendet. Es beginnt die Vernehmung der Angeklagte» Frau Prager Präs.: Angeklagte, ist die Darstellung Ihres Bruders von dem Sachverhalte richtig?— Angek.: Ja, Herr Präsident.— Präs. Wie alt waren Sie, als Sie den Dr. Prager heiratheten?— Angekl.: 20 Jahre.— Präs.: Wieviel Kinder haben Sie?— Angekl.: Drei.— Präs.: Sie stammen nicht aus einer wohl habenden Familie?— Angekl.: Nein.— Präs.: Die Ehe war in den letzten Jahren keine glückliche?— Angekl.: Nein.— Präs. Sie führten einen groben Haushalt?— Angekl.(zögernd): Nun ja.— Präs.: Sie hielten sich doch drei Dienstmädchen?— Angeklagte: Ja.— Präsident: Tie Einnahmen Ihres Mannes bestanden im Wesentlichen ans Repelitoriengelderu, er bereitete Referendare zum Examen vor?— Angekl.: Ja.— Präs.: Was zahlten Sie für Ihre Wohnung?—'Angekl.: Ich treue?— Angekl.: Ja.— Präs.: Halle Ihr Mann Ihnen nicht geschrieben, daß Sie die Wohnung bis zum 13. September zu räumen hatten?— Angekl.: Ich glaube ja, es war der 13. Präs.: Was hat es nun für eine Bewandtuiß mit den Briefen, die eine so große Rolle spielen?— Angekl.: Der Rechtsanwalt meines Mannes, Dr. Staub, theilte mir mit, daß mein Man» Briefe von mir in seinem Besitze habe, wodurch er mich ver- nichten könne. Ich habe niemals etwas begangen, wodurch ich mich in seine Hände gegeben, aber ich dachte, der Inhalt der Briefe, die mein Mann sich heimlich angeeignet hatte, könnte doch anders ausgelegt werden und deshalb strebte ich darnach, mir die Briefe wieder zu verschaffen. Ich hatte deshalb mit meinem Bruder verabredet, daß er sich in, Schlafzimmer meines Mannes versteckt halten und versuchen sollte, die Briese, die mein Mann stets be: sich trug, an sich zu bringen, wenn mein Mann eingeschlafen war.— Präs.: Warum mußte Ihr Bruder denn erst nach Ham- bürg reisen?— Angekl.: Er sah sehr elend aus, als ich vom Bade zurückkam. Ich sagte ihm, daß er sich erholen müsse und ich ihm gern das Geld zu einer Reise geben wolle. Ich erwirkte ihm auch persönlich den Urlaub bei seinem Chef. Da er aber zu � nervös war, um die verabredete Handlung aus- zuführen, so bestand ich darauf, daß er erst einige Tage sich zerstreuen sollte und daher fuhr er nach Hamburg. — Präs.: Hatten Sie ihm einige Zeit vorher 1000 M. gegeben?— Angekl.: Jawohl.— Präs.: Woher hatten Sie das Geld?— Angekl.: Das waren meine Ersparnisse. Ich erhielt von meinem Manne monatlich 100 M. und früher häufig Ge- chenke von ihm.— Präs.: Wußten Sie, daß Ihr Bruder einen Revolver bei sich führte?— Angekl.: Von einem Revolver wußte ich nichts, ich wußte nur, daß er sich zum Zwecke der Nothwehr mit einer Waffe versehe» hatte.— Präs.: Haben Sie Ihren Bruder an jenem Abende in das Schlafzimmer Ihres Mannes gelassen?— Angekl.: Ja.— Präs.: Sie haben auch die Gardine der Toilette zugesteckt, hinter der er sich verborgen hielt?— Angekl.: Ja.— Präs.: Was war denn verabredet, im Falle die Papiere in seinein Besitze gelangt wären?— Angekl.: Er sollte über den Balkon flüchten oder sich m mein Schlafzimmer begeben, falls er die Briese hatte und mein Mann nicht erwacht war.— Präs.: Wann begab sich Ihr Bruder in sein Versteck?«�- Angekl.: Gegen halb neun Uhr.- Präs.: Und wann kam ihr Mann?— Angekl.: Gegen neun Uhr. — Präs.: Begab er sich sofort zu Bett?— Angekl.: Nein, ich nehme an, daß er sich zunächst ins Eßzimmer begab, um zu Abend zu essen, dann wird er erst in sein Schlafzimmer gegangen sein.— Präs.: Sie sind bald nach neun Uhr zu Bett gegangen? Angekl.: Ja.— Präs.: Konnten Sie denn schlafe»?— Angekl.: Ja, ich nahm jeden Abend Schlafpulver ein.— Präs.: Sie wachten in der Nacht durch den Schuß auf?— Angekl.: Ja.— Präs.: Sie sollen keineswegs erschreckt oder überrascht gewesen ein?— Angekl.: Ich war beim Erwachen noch halb betäubt von dem Schlafpulver.— Präs.: Gingen Sie denn nun nicht>» das Schlafzimmer Ihres Mannes, um zu sehen, was sich ereignet hatte?— Angekl.: Nein, niein Töchlerchen rief ängstlich: Mama! geh' nicht hinein, er schlägt Dich todt.— Präs.: Sie haben nachher sich in auffälliger Weise um die Sache» bekümmert, die Ihr Bruder in Ihrem Schlafzimmer gelassen, wie Mantel, Hemd u. s. w.?— Angekl.: Ja, ich habe ein Bündel daraus gemacht.— Präs.: Nun waren bereits die Mädchen von oben heruntergekommen und Sie fragte» pin.s b>>rti-lk>>n ak si? Ui. nickt i» ibrem Koffer aus- Ja, es Un- eines derselben, ob sie die Sachen nicht in ihrem Koffer bewahren könne. Das Mädchen hat erwidert, daß es keinen ver- schließbaren Koffer besitze und dann haben Sie das Packet i» Ihr Bett gelegt, wo eS später gesunden wurde.— Angekl.: Die» ist richtig, ich war so bestürzt.— Präs.: Das scheint mir gar nicht so. Habe» Sie nicht auch einige Zeit vorher zu Ihrem Mädchen die Aeußerung getha», Sie fürchteten, Ihr Mann würde 'ich mal erschieße»?— Angeklagte: Ja, das mag richtig ein. mein Mann hatte damals Verluste an der Börse und war in hohem Grade verstimmt.— Prä- idcnt: Der Ueberzieher hat nachher in Ihrem Bett gelegen. Wem gehörte das Geld, welches in den Portemonnaies, die in der Tasche des Ueberziehers vorgesunden wurden, sich befand? — Angekl.: Das Geld gehörte mir, die Portemonnaies meinem Bruder. Ich halte ihm das Geld zum'Aufbewahren gegeben, als ich vom Bade zurückkehrte.— Präs.: Wie viel war es?— Angekl.: Tausend Mark!— Präs.: Hatten Sie nicht an jenem Tage Ihrem Bruder 400 M. zugesteckt?— Angekl.; Nein, das ist nicht wahr. Der Herr Assessor Jung hat das zwar so auf- genommen, aber ts i» doch nicht richtig.— Präs.: Angeklagte, ich mache Sie doch auf die Umstände aufmerksam, welche für Ihre Schuld sprechen, zunächst auf Ihre ganz absonderliche Ruhe, welche Sie unmittelbar nach der That bekundet haben. Es würde doch den: Gefühl des allcrgewöhulichste» Menschen entspreche», daß er sich nach einer so grausige» That erkundigt, was denn eigentlich los war. Es handelte sich doch immer um den Vater Ihrer Kinder und wenn im Hanse ein Schuß fällt, und der Mann um Hilfe ruft, dann springt man doch auf.— Angekl.: Er hat nicht um Hilfe gerufen, sondern nach der Feuerwehr. — Präs.: Sie blieben aber ruhig im Bett liegen. Ich mache auch Sie darauf anfmerl- sam, daß der Besitz der Briese für Sie um so weniger Werth hatte, als Sie ja mehrfach behauptet haben, daß Sie sich einer Schuld gegen Ihren Ehemann nicht beivußt sind.— Angekl.: Ich wußte ivirklich nicht genau, was in den Briefen stand, aber mein Mann hatte wiederholt geäußert, daß er inich aus Grund der Briefe vernichten werde.— Präs.: Sie konnten doch aber angeblich gar nicht kompromittrrt werden.— 'Angekl.: Es war mir aucy mehr um die Herren zu thun, welche die Briefe geschrieben, als um meine Person. Ich fürchtete, mein Mann könnte ebenso ordinär sein, wie gewisse andere Mäuner, ivelche solche Briese haben drucken lassen.— Präs.: Dadurch wird doch immer eine Frau mehr an ihrem Renomine ge- schädigt, als ein Mann.— Angekl.: Es handelt sich aber um einen älteren verheirathet«» Mann, der die Briefe geschrieben. Die letzteren waren ja ganz harmlos, aber Ehefrauen sind in solchen Tingen doch immer etwas empfindlich.— Präs.: Wenn es auch vielleicht ordinäre Menschen gab, die solche Familien- fachen in die Oesfentlichkeit zu bringen sich nicht scheuen, so hatten Sie doch gar keine Veraulassung bei Ihrem Mann ein solch schofles Verhalten zu vermuthen.— Angekl.: Er hatte mir aber gedroht— Präs.: Man sieht sich bei solcher That doch nach einem Motiv um und dasselbe liegt auch hier nicht sehr fern- Sehe» Sie mal, Sie stammten aus einer verinögenslosen Familie. — Angekl.: Oh, wir hatten immer das Nöthigste.— Präs.: Sie hatten nun einen wohlhabenden Mann geheirathet, mit dem Sie vor der Ehescheidung standen. Sie hatten die Ehescheidungsklage eingereicht, wenn nun Ihr Manu dagegen nichts that und er als schuldiger Theil erklärt wurde, dann hätten Sie Anspruch aui einen Theil des Vermögens gehabt.— Angekl.: Das habe ich damals Alles nicht gewußt.— Präs.: Wen» aber Ihr Ehemann auf Ehebruch klagte und Sie schuldig befunden wurden, dann wurde Ihnen wahrscheinlich Nichts zugesprochen.— Angekl.: Der- artige Erwqgungen habe ich gar nicht angestellt.— Präs.: Ich wieder- hole Ihnen nochmals, daß die gleichgiltigen Briefe unmöglich da» Motiv zur Thal sein könne».—'Angekl.: Ich kann nur versichern, daß es sich lediglich um die Briefe handelte. Mehr kann ich nicht sagen. — Präs.; Sie, die Sie eine kluge Frau sind, müssen sich doch der schwere» Folgen bewußt gewesen sein, die entstehen können, wenn Ihr Bruder nächtlicher Weile sich mit einem Revolver in das Schlaszimmer Ihres Ehemannes schleicht. Daß eine Lappalie wie diese Briese diesen ganze» entsetzlichen Auftritt veranlaßt haben sollte, ist ganz unwahrscheinlich.— Angekl.: Herr Prä»- «nt. es ist aber uichl anders!— Präs.: Jeder, der nicht»um
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