sucht auf eine eigenartige Weise seinen Helden zu entlasten. Er schreibt: .Die jetzt ausgesprochene und anch richtige Erwartung, daß der Reichstag die nachträgliche Bewilligung aussprechen wird, allerdings mit geringerer Mehrheit, ist auch keine Entschuldigung dafür, daß man ihn so spät beruft, denn es trifft ja bei den meisten großen Forderungen, au» denen der Etat besteht, von vornherein zu, daß der Reichstag sie bewilligen wird. Die Angelegenheit wird daher wie man fich heute schon im Reichstag überzeugen konnte und wie schon die Haltnng der Parteipresse andeutete, etwas emster aus 8 e faßt, als sie in der Thronrede behandelt ist. vielleicht auch des alb, weil man weiß, daß der jetzige Reichskanzler und frühere Staatssekretär des Auswärtigen für die Einberufung des Reichstags im Lauf des Sommers war und weil man die dunNe ver- mutung bat, baß den Ausschlag für die Richtberufung viel leicht eine Instanz gegeben hat, der gegenüber eS gut und notwendig ist, daß der Reichstag recht streng auf den verfassungsmäßigen Rechten der Volksvertretung besteht und auch dann keine Verletzung derselben ungerügt läßt, wenn sie vielleicht einer gewissen gehobenen kriegerischen Stimmung entsprungen ist. in der man glaubt, unter Patrioten sei das egal, ob die an sich nicht ? weifelhafte verfassungsmäßige Genehmigung ein paar Monate rüher oder später eingeholt werde." Diese bemfene bürgerliche Strenge, die eS bei ein paar harten Worten bewenden läßt und vor der einfachsten Konsequenz zurück bebt, wirkt ebenso grandios wie der naive Entschuldigungszettel, der dem Grafen Bülow ausgestellt wird. Wenn der Reichskanzler im Sommer davon überzeugt war, baß der Reichstag einberufen werden müsse, und er, der zwar nicht die formelle aber die materielle Ver- antwortung trug, hat trotzdem irgend einem nicht verantwortlichen Wunsche nachgegeben, anstattdieAngelegenheitzu einer Frage seines Verbleibens im Amte zu machen, so würde das beweisen, daß der Reichskanzler nicht die elementarsten Pflichten der Verantwortlichkeit kennt und dem Reichstag keinerlei Gewähr einer verfassungsmäßigen Regierung bietet. Graf Bülow mag sich vor seinen Freunden und Berteidigem in acht nehmen.— .. Die Vertagung der Vorlage deS Zolltarif « hält die .Kölnische Zeitung " für sicher. Angeblich soll die Vertagung aus Rücksicht auf das Ausland erfolgen, das möglichst lange im un« klaren über die deutsche Zollpolitik gelassen werden müffe. Natürlich sind für diese Verschleppung Motive der inneren Politik maßgebend. Man will nicht, daß in einer Zeit schwierigster auswärtiger Politik die Khakiparteien durch inneren Hader in ihrem Eifer gelähmt werden. Die Agrarier finden so schon die ganze Weltpolitik„gräßlich".- Nicht« gelernt und alle« vergeffen. Die„Rheinisch- Westfälische Zeitung", die sich über unsre Wür digilng der„döcision irrövocable* ärgert, schreibt u. a. „Nächstdem ist dem„Vorwärts" am peinlichsten, daß China an Staat und Private Entschädigungen zahlen soll. Kein Wunderl Denn das Geschrei über die gerade letzt vom Reichstage geforderten 123 Millionen Mark muß sich angesichts der Wahrscheinlichkeit baldiger Wiedererstattung dieser Summe durch China selbst vor den Ohren der urteilslosen Maffe erheblich eindrucksloser gestalten." Wir antworten der.Rhein.-Westf. Ztg." mit nachstehenden vor- trefflichen Ausführungen, die der.Vorwärt«" am 17. Juli der.Rhein . westf. Ztg." entnahm: .Ob China ferner faktisch allen Mächten eine volle Krieg« entschadigung zahlen können wird, das ist auch sehr fraglich ES hat bereits 11 Anleihen zu 4 bis 8 Proz. in Höhe von 1200 Millionen Frank gemacht, für die jährlich etwa 80 Millionen Zinsen zu zahlen sind. Japan erhielt seiner Zeit für den zweijährigen Feldzug eine Kriegskostcn- Entschädigung von 3CX1 Millionen Urn(1 Denn— ca. 2,10 M.) oder etwa 770 Millionen Frank. Die verbündeten Mächte werden vermutlich viel mehr Truppen ins Feld führen, als Japan im Jahre 1894. Wenn sie dann zusammen ebenfalls 770 Millionen Frank Entschädigung beanspruchen, wäre das vielleicht viel zu knapp gerechnet. wo man sich jetzt so unsicher fühlt, diese aber leihen? Und wie soll es die Z i n s e n das bringen, die bei S Proz. schon fast 40 Mill. Frank er wird China e Summe f ü r a u f Proz. schon fast 40 Mill. Frank betrügen? Denn Chinas Gesamteinnahmen aus Zöllen aller Art sSeezöllen' betragen nur 22>/s Millionen Haikvan Taels sa2.S4M.) oder etwa 83 Millionen Frank, die nur zur Verzinsung der bisherige» Anleihen reichen. Oder soll man die fünfprozentigen Scezolle erhöhen? Aber die„Politik der freien Thür" würde durch solche Zollerhöhungen wenig gefördert und die Wareneinfuhr aus Europa erschwert werden. zumNachteildeSHandels. dessent- wegen die M a chte sich hier ja hauptsächlich nur festsetzen. Die Aussichten deS Handels sind aber für die nächste Zukunft infolge der europner- feindlichen Boykott- bewegung im Reiche der Mitte, durch die Ermordung der Fremden und der einheimischen Christen, durch Zerstörung der Eisenbahnen Handelsniederlassungen und sonstigen europäischen Anlagen ohne- hin recht traurig."— Politik und Handel. Wie sehr die vernünftige Politik der Vereinigten Staaten von Amerika gegenüber China seit langem schon dem ameri kanischen Handel gedient hat, ist oft bewiesen worden, ebenso oft wie das Gegenteil: die rückläufige Bewegung z. B. des deutschen Handels mit China seit der Khaki-Politik. Die im ReichSamt des Innern herausgegebenen„Nachrichten für Handel und Industrie" übernehmen soeben aus dem»llourual vk Commerce and Comraercial Bulletin" die neuesten amtlichen chinesischen Zahlen, die von neuem den enormen Vorteil beweisen, den der amerikanische Handel aus der vernünftigen Politik seiner Regierung davongetragen hat. Nach der amtlichen chinesischen Stati st ik entwickelte sich hiernach in den letzten fünf Jahren die Einfuhr der Vereinigten Staaten nach China in folgender Progression: 1896... 6 093 182 Haikwan Taels 1896... 11929853, 1897... 12440302., 1898... 17163 312 1890... 22 288 745 In einem Zeitraum von fünf Jahren hat sich also die amerikanische Einfuhr nach China mehr als vervierfacht! In derselben Zeit stieg die Einfuhr aus Großbritannien nach China von 33 950060 Haikwan Taels(1895) auf 40 161 115 H. T. (1899) und die Einfuhr auS dem europäischen Festland außer Rußland von 7 552 090 H. T.(1392) auf 10 172 393 H. T. (1899). Während also die Einfuhr auS Großbritannien in diesen fünf Jahren um 18 Prozent zugenommen hat und diejenige auS dem europäischen Festlande außer Rußland um 35 Proz., zeigt die Einfuhr auS den Vereinigte» Staaten eine Steigerung um 337 Proz. Wenn man überhaupt noch daran im entferntesten auch nur denken dürfte, die bornierte Vorstellung unsrer Khaki-Politiker, daß der Handel durch die Khaki-Politik gefördert werde, durch die Ver- nunft der Thatsachen zu belehren und zur Umkehr zu bringen, so könnten es auch diese amtlichen, vom Reich samt de» Innern, wie gesagt, verbreiteten Zahlen... JndeS— laßt alle Hoffnung draußen 1—_ Die 18000 Mark-Affaire. Die„Post" weiß bereits, daß der Reichskanzler die sofortige Beantwortung unsrer Interpellation abgelehnt hat, und sie freut sich dieser Galgenftist: „Es wäre in der That ein Skandal ersten Rangs gewesen, wenn die Session mit der Besprechung einer Interpellation be- gönnen hätte, an der nicht nur der Schmutz widerrechtlich an« geeigneter Privatbriefe haftet, sondern welche auch ein Glied einer politischen Aktion bildet, durch welche die Socialdemokratie mit der größten mala Lde, und mit arglistiger Verlogenheit den Glauben zu erwecken versucht, daß die Reichsregierung in Wirklichkeit von der Großindustrie beherrscht werde." Die„Post" verwechselt Zukunft und Vergangenheit. Bisher ist der Reichstag noch gamicht befragt worden, er hat auch nicht ant- Worten können. Immerhin ist eS möglich, daß Graf Bülow die China -Affaire für weniger blamabel hielt, als die 12 000-Mark-Ge- schichte und darum als würdigeren Anfang der Sitzungen die in seinem Kopf aufgespeicherte Khaki-Rede losznwerden wünscht. Wir teilen diese Schätzung des Kreuzzugs nicht im mindesten; auch die Abrechnung mrl der a u S w ä r t i g e n Politik der Regierung wird sich moralisch und intellektuell zu keinem Triumph deS Grafen Bülow gestalten, wie feig und urteilslos auch die bürgerlichen Parteien in dieser Frage sich benehmen mögen. Die„Post" nennt unsre Behauptung eine Lüge, daß sie zu gestanden habe, die ZuchthauSvorlaae sei eine Liebesgabe für die Unternchmer gewesen, sie hätte im Gegenteil dargelegt, sie hätte im Interesse der' Arbeiter gelegen. Die„Post" ist undankbar. Wir hatten ihr gestern die Gunst erwiesen, daß sie logisch denken könne und hatten deshalb die idiotische Beteuerung, daß die Arbeiter ein Interesse an der ZuchthauSvnrlage gehabt hätten, schonend über gangen; denn sie widersprach dem Gedankengang deS übrigen Artikels und sie schien uns deshalb als ein nachträgliches unüberlegtes Ein 'chiebsel eines ängstlichen RedacteurS. Der Artikel selbst vertrat ja die Ansicht, daß die Regierung amtlich von Privatleuten Agitationsgelder nehmen könne, nament lich wenn e« sich um die Berücksichtigung besonders interessierter Kreise handle. DaS ReichSamt de« Innen, hat Geld von den Scharfmachern genommen, folglich mußte die„Post" nach den ' tzen der Logik zugestehen, daß diese an der ZuchthauSvorlage interessiert waren. Wenn die„Post" jetzt nachträglich diese Schlußfolgerung ablehnt. giebt sie damit entweder ihre gestrige Beweisführung preis oder die Logik. Wir lassen ihr die Wahl. — Die Bildungöfeindlichkeit de« Eentrnm« ist bekannt. Aber nicht alle Ultramontancn geben ihre Rückständigkeit so offen zu er- kennen, wie das der LandtagS -Abgeordnete Pleß dieser Tage in einer Stadtrats- Wählerversammlung in Mülheim a. Rh. gethan hat. Nach einem Berichte des dortigen Kreisblatts erklärte Herr Pleß: „Ich für meinen Teil mache gar kein Hehl daraus, daß ich ein persönlicher Gegner der Fortbildungsschule bin. Der Knabe soll in der Schule das lernen, wa« er fassen kann, und nicht mit zehn bis vierzehn Sachen belastet werden. Früher wurde in den Schulen nur in 4 Fächern: Lesen, Schreiben, Rechnen und Religion unterrichtet, und eS wnrde etwas Tüchliges gelernt. Jetzt werden sie mit gar vielen Gegenständen belastet, so daß selbst die Pädagogen sagen: das können die Jungen nicht alles fassen I Es wird heute nur eine Halbbildung 36 M., Gefreite 16,50 M., Gemeine 13,50 M. Für die Ausreise des Armee- OberkommandaS ab Genua mit dem ReichSpostbampfer „Sachsen " wurden bezahlt rund 168 000 M. Ein Lieutenant erhalt demnach 18 mal so viel, wie ein Gemeiner, und der Oberkommandierende Graf Waldersee 51 mal so viel lv:e ein Lieutenant oder die Löhnung von 926 Gemeinen. Dafür hat Graf Waldersee aber auch die schwere Last der Vorschuß-Lorbeern zu tragen. Der L e i b k o ch des Grafen Waldersee rangiert seinem Ge- halt nach in der Gehaltsstufe eines Bataillonskommandeurs. Strafexpeditionen in Kamerun . Nach dem„D. Kok.-Bl." hat die Gtrafexpedition nach den Croß-Schnellen nach mehreren schweren Gefechten mit der völligen Unterwerfung der Eingeborenen- stamme geendet, die an der Ermordung de« Lieutenant« v. Queis und de« Forschungsreisenden Conrau beteiligt waren. Zwei ein- geborene Gefreite fielen und Hauptmann v. Besser wurde verwundet. Wie viele Dörfer niedergebram, t wurden, wird nicht mitgeteilt. Eine„Adamaua-Expedition" soll im nächsten Frühjahr zur Ausführung gelangen. Außerdem sind im Bau e- gebiet neue Unruhen ausgebrochen, nachdem glücklich daS B a l i l a n d„beruhigt" worden ist. Unsre Kolonial- Politik bestand bisher überhaupt nur in einer nicht ab- gerissenen Reihe von Strafexpeditionen. Die kriegerischen Erfolge waren ebenso üppige, wie die kulturellen und merkantilen Erfolge über alle Maßen dürftig.— Austand. Schweiz . Wahlsieg. Man schreibt uns auS Zürich , 14. November: Bei den am letzten Sonntag im Kanton Genf stattgefundenen Regie- rungS- oder Staatsratewahlen hat die gemeinsame Liste der Social- demokraten und Radikalen gesiegt, so daß unser Genosse Thiebaud wieder gewählt ist. Er erhielt aber mit 7664 Stimmen die geringste Stimmenzahl, etwas weniger noch als der erste Führer der Radikalen, Favon, auf den 8384 Stimmen fielen. Die Konservativen hätten gerne beide gesprengt und hatten sie darum nicht auf ihre Liste genommen. Ihre Kampfkandidaten erhielten 6177 Stimmen, worin also ihre Stärke besteht. Die meisten Stimmen erhielt der Radikale Fazh mit 14 163, der auf ollen Listen stand. Ter neue Staatsrat besteht wiederum wie sein Vorgänger aus 4 Radikalen, 2 Konservativen und 1 Socialisten.— Erwerbung de« Bürgerrecht«. Im Großen Rat wurden in voriger Woche diesbezügliche Anregungen gemacht, die auch die Ein- ührung eines gewissen EinbürgerungSz wange« statuiert wissen möchten. Dringend notlvendig ist, das muß immer wieder gesagt werden, die bedeutende Herabsetzung der Einkaufsgebühren, die heute in den meisten Gemeinden und Kantonen viel zu hoch sind, ö daß es nur beffersituierten ausländischen Arbeitern, die doch die große Mehrzahl der Ausländer in der Schweiz ausmachen, möglich ist, sich das Schweizerbürgerrcckit zu erwerben. Gerade hier sollte mit dem unschönensGrundsatz:„Kein Geld, kein Schweizer ", gebrochen werden.— Frankreich . lieber den Millerandschen Streikgesetzentwnrf läßt fich die .Franks. Ztg." telegraphieren: Der von Millerand der Kammer vor- gelegte Gesetzentwurf über Arbeiter-SchiedSgerichte ist sehr umfang- reich; er betrifft sämtliche mehr als fünfzig Arbeiter und Angestellte �• M.»,...«. y Y___ 1 IvlUj f vi. WvVHjl»| WllllHiy v t.'ravift'va ÄÄ"Ä..nr,K;" ülsk1............................. mitsprechen. Wäre eine allgemeine gediegene Bildung möglich, dann wäre da« sehr schön. Aber wo soll e» hin, wenn der Schüler bis zum vierzehnten Jahre nicht auslernt, dann noch bis zum sechzehnten Jahre die Fortbildungsschule besuchen muß. Da« nach wird man dann auch das siebzehnte und achtzehnte Jahr noch hinzunehmen." Herr Pleß ist ein eifriger Bcju..„orter der JnnungSbewegung; eS thut ihm offenbar leid um jede Minute, die der Lehrling der handwerksmeisterlichen AuSbeutuug entzogen wird. UcberdieS aber glaubt -r, daß diejenigen, die nur in den genannten vier Fächern unterrichtet werden, die z u v e r l ä s i g st e n C e n t r u m s iv ä h l e r sind. Vor einigen Monaten hat Herr Pleß im preußischen Landtag ausgeführt, daß„zuviel Wissen" Gefahren in sich berge; vor allem in den ländlichen Schule» dürften nicht zuviel Gegenstände gelehrt werden; die junge» L a n d l e u t e brauchten nur ein beschränktes Wissen: Lesen. Schreiben, Rechnen und Religion. Nach solche» Offenherzigkeiten kann man sich ausmalen, wohin eS mit der Volksbildung käme, wenn die Ultramontanen völlig das Heft in Händen hätten.— Militärjustiz. Vor de». Düsseldorf . Kriegsgericht halle sich der Sergeant Hangs von der 1. Comp. Regiments 39 zu verantworten. Die Anklage wirft dem H. vor. zu Eppeln i. W, woselbst daS Regiment manövrierte, den a n f Posten be- findlichen Füsilier Schölten thätlich angegriffen und schiver mißhandelt zu haben. H., der schon mehr- mals, auch wegen unvorschriftSmäßiger Behandlung Untergebener bestraft ivorden ist, bestritt den ganzen Vorfall. Än dem genannten Tage sei er selbst von Civilpersonen mißhandelt worden. Der Füsilier Schölten sagte dagegen mit großer Bestimmtheit auS, daß H. ihn mißhandelt habe. Der Sergeant sei auf ihn, nachdem er abends gegen l/,10 Uhr auf Posten gezogen sei. zugekommen und habe ihn angefahren:„Wo willstDuLump hin?" und habe ihn am HalS gefaßt. Nachdem Sch. ge- antwortet, er stehe auf Posten und wisse was er thue, habe ihn der Sergeant gegen den Mund geschlagen, die Unterlippe sei ihm dadurch total gespalten. der Unterkiefer lädiert und die Zähne ge- lockert worden. Auf Wache habe er die Sache er- zählt, andern morgens aber habe er. Iveil ihn der Sergeant so gebeten, die Sache doch nicht anzuzeigen, dem Hauptmann Wellinghoff gegenüber den Fall so geschildert, als ob er auch von Eivilisten mißhandelt fein könne. Der Sergeant habe ihm noch ver« 'prochen, ihm daft'ir auf der MontierungSkammer mit leichterer Ar- beit beschäftigen zu wollen. Heute aber, unter Eid, wolle er doch lieber die ganze Wahrheit sagen. H. bestritt alles, auch die Unter- redung mit Sch. Die BeiveiSaufnahme war eine sehr umfangreiche, Zeugen traten auf, die daS diametrale Gegenteil bekundeten, so daß der amtierende Richter sagte, einer von Euch muß einen Meineid geschworen haben. Festgestellt wnrde erner durch den Oberstabsarzt, daß Sch. die ftaglichen Verletzungen zehabt hat. ferner, daß der A n g e k I a g t e an jenem Abend etwas detrunken gewesen ist. Während die Anklagebehörde gegen den Sergeanten 3 Jahre 2 Monate Gefängnis sowie Degradation bean- tragre, kam daS Gericht zu einem freisprechenden Er- k e n n t n i S. DaS Urteil bedarf indessen noch der höheren Be- tätigung, weshalb der Angeklagte in Untersuchungshaft zurückgeführt wurde.— Die LSHnungSskala der Khakitruppcn. Ueber Graf Walder- ees Gehalt ist viel in den Zeitungen gestritten worden; laut der amtlichen Nachweisung erhält der Gras monatlich 2500 M. Feld- besoldung, gleich 30 000 M. jährlich, ferner 10 000 M. Dienstznlage monatlich, gleich 120 000 M.; also insgesamt 150000 M.; er erhielt außerdem noch 12000 M. einmaliges Mobilmachungsgeld. Generallieutenant v. Lesiel bezieht monatlich insgesamt 6120 M. und zivar 2120 M. als Divisionskommandeur und 3000 M. Dienstzulage als Kommandeur des ExpedittonScorps. Sein einmaliges Mobilmachungsgeld betrug 2830 M. Die Brigade - kommandeure erhalten ein monatliches Gehalt von 1420 M.(ein- maligcs MobilmachungSgeld 2400 M.), die Regimentskommandeure 1120 M. iMobilmachimgsgeld 1800 M.), die BaiaillonSIommandeure, Abteilungskommandeure, Stabsoffiziere beziehen monatlich 865 M., die Hauptleute. Rittmeister 600 M.. die Oberlieutenant« und Lieutenants als Companieführer oder als Adjutanten eine« Regiments oder bei höheren Kommandobehörden 425 M. monatlich, die Oberlieutenants im Frontdienst 300 M., die Lieutenants im Frontdienst 240 M.: das MobilmachungSgeld betrug bei allen letztgenannten Chargen 1440 M.. nur die OberlieutenantS und Lieutenants imFrontdienst bekamenl200M. ! ieldwelbel, Wachtmeister beziehen monatlich 90 M. und 30 M. Dienst- zulage, Bicefeldwebel 57 M.. Sergeanten 49,30©?., Unteroffiziere fakultativ, al» die gedruckte Fabritordnung auSdriicklich erwähnen muß, ob sich die Unternehmer ihnen unterwerfen oder nicht. Da» Gesetz bestimmt, daß die Arbeiter ständige Schiedsrichter wählen, die ihre legitimen Vertteter bei den Unternehmern find. Gelingt bei Differenzen keine Einigung, so berufen die Schiedsrichter die Arbeiterschaft, die nach der Majorität über den Streik entscheidet. Dieser Streik ist obligatorisch. Stimmberechtigt sind nur ftanzöfische Arbeiter und Arbeiterinnen sowie Angestellte über achtzehn Jahre. Besondere Abschnitte behandeln daS Verfahren bei der Wahl der Schiedsrichter, das Stimmverfahrcn beim Streik und Straf- bestimmungen.— Die kärglichen Angaben lassen eine Beurteilung de« Millerandschen Gesetzes einstweilen noch nicht zu.— England. Eine 1000 Millionen Mark-Anleihe. In Londoner Finanz- kreisen wird versichert, daß die Regierung beschlossen hat, eine dreiprozenttge Anleihe von 50 Millionen Pfund Sterling zur Deckung der Kriegslosten zu machen. Der EmissionSkur» soll 96 bis 97 Prozent bettagen. Afrika . Die Pest ist in Südafrika ausgebrochen— das ist die neueste Hiobspost vom Kriegsschauplatz. Borläufig allerdings erst unter den Eingeborenen. Die' Gefahr der Verschleppung aus die weiß« Be- völlening ist jedoch bei den Kriegsunruhen und dem regellosen Lagerleben nicht ausgeschlossen. Die Reutersche Meldung lautet: Unter den Eingeborenen in Szinvoka in der Nähe von KingwilliamStown ist, wie hierher berichtet wird,«ine Seuche ausgebrochen, von der man annimmt, daß es die Pest ist; sie ist unter den Familien- angehörigen eine« Manns zum Ausbruch gekommen, der kürzlich vom ArveitSdepot am Modder River zurückgekehrt ist.«cht Personen sind erkrankt; von diesen sind drei bereit« gestorben, der vierte liegt im Sterben. Der Kolonial- Sekretär erklärt, er zweifle kaum daran, daß eS sich u m Bubonenpest handelt. Bisher ist die Seuche auf Eingeborenen- Ansiedelungen begrenzt; die Weißen sind gegenwärtig nicht gefährdet. Alle Vorsichtsmaßregeln sind ge- troffen worden.— Die vandalische Kriegsführung der Engländer wird durch folgenden Brief eines Sergeanten der Ueomanry beleuchtet: „Wir macken zwei bis dreimal in der Woche kleine Märsche von unsrem Ouartier aus, wechseln ein paar Schüsse mit den Boeren, brennen einige Farmen nieder und nehmen alles, was wir an Schlachtvieh. Geflügel, Korn ic. finden können, mit uns zurück. In der vorigen Woche waren wir drei Tage unrer General Barton unterwegs. Wir haben während dieser Zeit ungefähr 20 Farmen niedergebrannt, viele mit sehr schöner Ausrüstung an Möbeln:c., mit herrlichen Piano» und Orgeln, sodatz eS uns oft in der Seele weh that, so die Mordbrenner spielen zu niüssen. E» war oft mehr al« wir erttagen konnten, wenn wir die armen Mütter mit zuckenden Gesichtern vor ihren brennenden Heimstätten stehen sahen, wobei ste manchmal ihre kleinen Söhne, die sich ganz wild und tapfer gegen uns betrugen, mit ein paar Worten beruhigten. Von Bothas Farm nahmen wir für über 100000 M. Werl mit uns fort. d. h. an Vieh, Getreide, Fourage, Wagen ic. Später am Tage führte ich den Befehl über«ine kleine Abteilung, die eine andre Farm in der Nähe zu besuchen und— zu ver- nichten hatte. Wir fanden dort eine reizende� alte Dame mit schneeweißem Haar, drei allerliebste junge Mädchen, die jeder englischen Gesellstbast Ehre gemacht hätten, und einen blond- köpfigen kleinen Buben, der ttotzig seine Fäustchen gegen unS ballte, als die armen Frauen uns auf den Knien baten, von unsrem grausamen Beginnen abzustehen. Aber was konnte daS helfen; ich muß bekennen, daß mir selbst die dicken Thränen die Backen herunterliefen, al» ich sah, wie meine Kerle, wenn auch nur widerwillig, da» ganze prächtige Mobiliar einschließlich eines schönen Flügels vorschriftsmäßig mit Aexten in Stücke schlugen und dann Feuer an da« Haus legten. Da« ist keine ehrliche Soldatenarbeit, und ich werde im Leben nicht vergessen, wie die alle Dame mit den drei jungen Mädchen weinend sich in das Unvenneidliche schickte und schließlich in ihrer Bibel Trost suchte. Man hat ja doch schließlich auch Mutter und Schweiler zu Hause." Unsre Khakiblätter entsetzen sich natürlich über diese englischen Barbareien. Wie würde der englische Sergeant, den schon vaS Zertrümmern von Mobiliar zu Thränen rührt, aber erst über die oft- asiatischeHunnenarbeit urteilen I—