i" .Konfrontation mit demselben und gestern gestaltet und sie ein- geschränkt habe. Es handelte sich im wesentlichen darum, ob ich ihm mit Namensnennung gesagt habe, daß ich bei der Collis war und ,m Sternberg-Prozeß thätig sei. Ich will deshalb bekunden, daß ich mit Herrn Luppa zusammen beim Justizrat Dr. Sello war.— LZ o r s.: Wann ist das gewesen und wie ist es gekommen?— Zeuge: Herr Luppa hatte mich veranlaßt, ihn an einem Sonntag 'Anfang März an der Herkulesbrücke zu erwarten, da er mit mir in lder Sternberg-Sache zu Dr. Sello gehen wolle. Wir gingen in die lPrivatwohnuug des Justizrats Dr. Sello. Wasen diesen zunächst ;Micht zu Hause und trafen ihn später in der Wohnung an. Luppa stellte mich vor als„Kriminalkommissar Thiel', sagte, daß ich der iF r e u n d sei, der die Mitteilungen brächte, und der große Un bekannte aus der Callis-Sache. Justizrat Dr. Sello holte lofort das Strafgesetzbuch herbei und zeigte sowohl mir als auch Herrn iLuppa die für Bestechung ausgesetzten Strafen. Air dem Tage wurde nichts weiter verhandelt; Dr. Sello sagte, es würden noch weitere Konferenzen in seinem Bureau notwendig werden. Mir war die Sache außerordentlich peinlich, daß der Justizrat sich gleich auf den RcchtSstandpunkt stellte. Luppa hatte mich mit der Eguipage des Herrn Sternberg erwartet und wir waren zusammen zu Dr. Sello gefahren. Derselbe sagte bei der Unterredung zu mir: Wenn Sie aber Herr v. Tresckow in der Sternbergschen Equipage neben Herrn Luppa sieht, dann wird er wohl Bescheid wissen. Ich ging dann auch zu Fuß zur Pferdebahn. Dr. Sello sagte ferner, um die Sache nicht mtffällig zu machen, ollte ich ihm irgend eine Rechtsangelegenheit übertragen, damit ich unauffällig im Bureau erscheinen könnte, und da war mir der Gedanke gekommen, ihm die ganz aussichtslose Erschaftssache meiner Frau zu übertragen.— Vors.: Ist dann in der Erbschaftssache irgend etwas gemacht worden?— Zeuge: Ich kam noch zwei bis dreimal ins Bureau des Dr. Sello, bei einem dieser Besuche hielt er mir wieder die Paragraphen des Strafgesetzbuchs vor. Er fragte mich auch, ob ich wissen wollte, wer der Kapitän Wilson sei. und da nannte er den Namen Kühn. Er wollte mir auch die Adresse sagen, ich wollte sie aber nicht wissen. Im Bureau des Dr. Sello hat mir Herr Münchhausen auch noch gesagt, wir dürfen uns nicht kennen, er garantiere, daß die Collis mich nicht wieder erkenne. Ich bin nach dem ersten Prozeß noch einmal beim Justizrat Dr. Sello gewesen und dieser sagte mir:„Sie können von Glück sagen, daß die Collis Sie nicht erkannt hat. Herr Sternberg wird Ihnen ewig dankbar sein.— Vors.: Ist Ihnen denn dabei irgend etwas an- geboten worden?— Zeuge: Nein. Herr Dr. Sello hat sich in dieser Beziehung vollständig? passiv verhalten.— Vorsitzender: Wie viel haben Sie im ganzen von Luppa erhalten?— Zeuge: 7—8000 M. Ueber Geldsachen ist im Bureau des Dr. Sello nicht gesprochen worden. Ich habe auch nie von Dr. Sello einen Auftrag in der Sache erhalten, sondern Luppa hat alles gemacht. Rechtsanwalt F u ch s I: Er wiederhole nunmehr den Antrag, daß, nachdem nun zum zweitenmal ein Mann, der sich selbst eines schweren Amtsverbrechens schuldig bekannt habe, Gelegenheit er- halten hat, sich zu äußern, nun auch der andre Teil, Herr Justizrat Dr. Sello, als Zeuge vernommen werde. Das sei eine einfache Forderung der Gerechtigkeit. Der Vorsitzende befragt den Angeklagten Sternberg, ob er den Justizrat Dr. Sello von der Pflicht d er Ämtsverschwiegen- heit entbinde; derselbe will es im Interesse Luppas nicht thun, Justizrat S e l I o erklärt aber, daher sich in diesem Fall nicht an die Amtsverschwiegenheit gebunden er- achtet. Das Gericht beschließt, den Justizrat Sello als Zeuge»» zu vernehmen. Juflizrat Sello entledigt sich seines Amtskleides und tritt vor den Zeugentisch. Er giebt an, daß er Erich heiße. 48 Jahre alt und evangelischer Religion sei. Er äußert sich wie folgt: Ich hatte ohnehin die Absicht, die Erklärung abzugeben, daß die gestrigen Aeußerungen des Kriminalkommissars Thiel, abgesehen von einigen Punkten, deren Unrichtigkeil ich seiner begreiflichen Er- regung zuschreibe, im wesentlichen der Wahrheit entsprechen Zü der heutigen völlig abweichenden Bekundung bemerke ich: El ist nicht richtig, daß von meiner Seite angeregt worden ist oder daß ich eine Kenntnis davon hatte, daß die Erbschaftsangelegenheit, die durch ein Schreiben des Herrn Thiel eingeleitet worden ist, nur zum Schein betrieben werden sollte. Ich erinnere mich jetzt, daß Herr Thiel einmal flüchtig in meiner Wohnung war. Es mag sein, daß er dort mit Luppa zusammengetroffen ist, jedenfalls haben sie sich nicht zusammen melden lassen. Daß ich bei dieser Gelegenheit die Straf- Paragraphen zu Rate gezogen habe, ist nicht richtig und muß ein Irrtum des Herrn Thiel sein. Ich habe damals gar keine sachlichen Er- örterungen mit Herrn Thiel gepflogen, da ich dies in meiner Woh- ttung nicht für angemessen halte. Ich sagte ihm, er solle nach meinem Bureau kommen, wenn er in der Erbschaftssache etwas mitzuteilen habe. Es ist nicht richtig, daß ich etwas von der Equipage des Herrn Stern berg gesprochen habe, ich habe nicht gewußt, ob der Zeuge zu Fuß, zu Wagen, zu Pferde oder per Straßenbahn gekommen ist, der Zeuge muß sich darin entschieden irren. Es ist nicht richtig, daß ich bei irgend einer Gelegenheit irgendwie auf die Dankbarkeit des Angeklagten Sternberg direkt oder indirekt hingewiesen habe. Ich kann nur annehmen, daß sich der Zeuge irrt oder daß ich von ihm mit andren Personen ver- wechselt werde. Es ist nicht richtig— das Gegenteil würde ja auch eine kolossale Frivolität oder Dummheit von mir sein—, daß ich dem Zeugen den Namen des Kapitän Wilson genannt oder dessen Adresse angeboten habe. Ich erkläre jetzt noch, daß ich den Kapitän Wilson nicht kenne, seine Person und seine Adresse nicht weiß. Es ist mir dunkel so, daß jemand einmal eine Vermutung über die Person des Kapitän Wilson ausgesprochen hat, aber der Name Kühne ist nicht zu meinen Ohren gekommen. Wenn ich mich recht entsinne, war ein„ö" in dem Namen. WaS Luppa betrifft, so habe ich häufige Zusammenkünfte mit ihm gehabt, er hat fich immer höchst korrekt benommen. Seit dem 5. Jnni habe ich von Herrn Thiel weder etwas gesehen noch gehört, ich habe sogar auch an den Detektivdirektor Schulze geschrieben, er möge alle Mitteilungen, die ihm zugingen, an einen der Mitverteidiger fdjtcfcit. Präs.: Herr Thiel, was haben Sie hierauf zu erllären? Es muß Ihnen doch bewußt sein, welch' eine schwere Tragweite Ihre Bekundung haben kann?— Zeuge Thiel: Schon der Unter- suchungsrichter hat mich darauf hingewiesen, daß ich wahrscheinlich zn einem gegen Justizrat Sello anhängig zu machenden DiSciplinarverfahren vereidet werden würde. Ich habe mich ernstlich geprüft und kann kein Wort von meiner heutigen Aussage zurücknehmen. Justizrat Sello: Dann muß ich aber doch darauf hinweisen. daß der Zeuge nach seiner gestrigen Vernehmung auch gesagt hat: So ist es l Zeuge Thiel: Ich muß noch hinzufügen, daß Justizrat Sello mir bei dem ersten Besuche nicht nur den betreffenden Paragraphen aus dem Strafgesetz- Buch, sondern auch einen bezüglichen Paragraphen aus Olshausens Kommentar vorgehalten hat.— Justizrat Sello: Ich war damals der Meinung, daß es sich nur um ein Disciplinarvergehen und nicht um eine strafbare That handle, welche nach dem Strafgesetzbuch geahndet wird. Ich nahm dies deshalb an, weil Thiel mir sagte, er habe nur nebenbei Dienste eines Privatdetektivs aeleistet. Hierzu verwies ich ihn auf den 8 322 im Olshausen. Ich bleibe aber ntit aller Bestimmtheit dabei, daß dies nicht in meiner Wohnung, sondern in meinem Bureau geschehen ist.— Zeuge Thiel bleibt bei seiner letzten Aussage. — Auf Befragen des Präsidenten giebt der Zeuge Thiel zu, daß möglicher- weise die Erbschaftssache auch von Luppa und nicht vom Justizrat Sello angeregt worden sei, aber die Einzelheiten habe er mit dem Justizrat Sello besprochen.— Rechtsanwalt Fuchs I fragt den Zeugen Thiel, warum er bei seiner gestrigen Vernehmung nicht alle diese Angaben gemacht habe.— Der Zeuge erwidert, daß er den Justizrat Sello so lang« wie möglich habe schonen wollen. Präs.: Haben Sie sich ernstlich geprüft bei der großen Tragweite Ihrer Aussage? Ich bitte und ermahne Sie. wollen Sie alles aufrecht halten und für alles einstehen?— Zeuge Thiel: Ich habe mich ernstlich geprüft— ich bleibe dabei.— Justizrat Dr. Sello: Herr Thiel ist aus die außerordentliche Wichtigkeit seiner Aussage hingewiesen worden. Ich meinerseits kann vor meinem Gewissen und in der Hoffnung, es beeiden zu können, sagen: So wie ich es gesagt habe, ist es gewesen. Rechtsanwalt Fuchs beantragt die soforttge Vereidigung deS Justizrat Dr. Sello. Der Vorsitzende erklärt, daß er die Beweis- aufnähme erst fördern und die Vereidigung noch verschieben wolle, es seien ja noch mehrere andre Zeugen auch noch zu ver- eidigen. Justizrat Dr. S e l l o: Ich werde mich also nach Hause be« geben, werde meine Wohnung nicht verlassen und bin auf telephonischen Anruf jederzeit zu haben. In diesem ernsten Moment möchte ich noch hervorheben: Ich gehe nicht so weit, dem Zeugen Thiel vorzuwerfen, daß er auS Bosheit einem Manne, der sich seiner Interessen angenommen hat. etwas Falsche? nachzusagen. glaube aber, daß er in der begreiflichen Erregung, in der er sich befindet, verschiedene Personen in seinen Gedanken zusammenschiebt. Für mich ist die volle subjektive Bürgschaft dafür die Thatsache. daß er behauptet, ich hätte ihm den Kapitän Wilson nennen wollen. Das ist absolut unmöglich, ich habe den Namen nicht gewußt, weiß auch jetzt nicht, wie er mit seinem bürger lichen Namen'heißt und wo er wohnt. Für mich ist er eben solches Rätsel wie für jeden andern. Rechtsanwalt Fuchs beantragt nochmals die Vereidigung deS Justizrats Dr. Sello.— Staatsanwalt Braut beantragt, die Vereidigung auszusetzen, gerade mit Rücksicht darauf, daß Zeuge Thiel in der Erregung sich befindet und verschiedentlich Erklärungen abgegeben hat. die von einander abweichen.— Der Gerichtshof be- schließt aus denselben Gründen die Vereidigung vorläufig aus- zusetzen. Der Gerichtshof wünsche die Sache möglichst völlig auf- zuklären. Ein Grund zum Niederlegen der Verteidigung sei nicht erkennbar. Der Angeklagte Sternberg bittet den Justizrat Dr. Sello, seinen Platz nicht zu verlassen.' derselbe entfernt sich aber aus dem Saal. Nach diesem Zwischenfall werden noch einige Zeugen geringerer Bedeutung darüber vernommen, daß die E h l e r t vielfach die Un- Wahrheit gesagt habe. Ein junger Mann Namens Müller bekundet, daß er vor mehr als zwei Jahren mit der Ehlert, die er für eine Straßendirue ge- halten, unzüchtig verkehrt habe. Der Vater der Ehlert sei dabei auf der Bildfläche erschienen und habe ihm unter Drohungen nnt einer Strafanzeige darauf hingewiesen, daß seine Tochter noch nicht vier- zehn Jahre alt sei. Der Zeuge hat sich dadurch so einschüchtern lassen, daß er dem Vater Ehlert im Ganzen 675 M. gezahlt hat. sHier ist einzuschalten, daß gestern der Zeuge Ehlert auf Grund dieser Affaire wegen Erpressung in Untersuchungshaft genommen worden ist.) Hierauf wird die weitere Verhandlung auf Donnerstag g>/s Uhr vertagt._ Vevsammlungen. Die Schneider und Schneiderinnen, insbesondere die Heim- arbeiter»md Zwischenmeister, protestierten am Dienstag in einer gutbesuchten öffentlichen Versammlung gegen:„Die b e- absichtigte Vergewaltigung durch die hiesige Z w a n g s i n n u n g Nach dem Referat Ritters gab es in Berlin 1897 etwa 500 Jünungsmcister. Seit Gründung der Zwangs- innung sucht man nun, trotzdem es im Statut nicht vorgesehen ist, die Heimarbeiter und Zwischenmeister zu den Kosten der Innung heran- zuziehen, und dadurch ist die Mitgliederzahl auf 7140 gestiegen, worunter höchstens ISOO wirklich selbständige Meister sein können; Die Summe, die auf diese Weise der Zwangsinnnng zufließt, be- läuft sich auf 8—10 000 M. jährlich. Die Beiträge sind, wo sie nicht gutwillig gezahlt wurden, durch den Gerichtsvollzieher eingefordert worden. Der Redner weist auf die Inkonsequenz hin, die darin liegt, daß nicht allein die Unternehmer und die Großkonfektionäre, sondern auch die Gesellen, die für sie arbeiten, als JnnungSmeister gelten sollen. Nun fordert das Polizeipräsidium die Hausgewerbe- treibenden des Schneidergewerbs auf. sich in der Zeit vom 10.— 20. Dezember dazu zu äußern, ob sie Mitglieder der Zwangsinnung sein wollen oder nicht. Indem der Referent des weiteren ausführt, in welcher Weise die Innungen durch die Gesetzgebung großgezogen worden sind, weist er darauf hin, wie nutzlos diese Bestrebungen besonders für die Heiniarbeiter sind. Trotz Aufforderung des Vorsitzenden meldete sich kein Vertreter der Innung zum Wort. T ä t e r o lv spricht im Sinne des Referenten und kritisiert besonders das Verhalten der Innung bei der Lohn- bewegung. Von Frau Reimann wird im Interesse der Orts- Kran'kcnkaffe zum Protest gegen das Bestreben der Zwangsinnung aufgefordert. Ein diesbezügliches Cirkular wird jedem zur Verfügung gestellt. Vergebens wird der Redacteur der „Dcutfchen Mode", von dem man annimmt, daß er anwesend sei, aufgefordert» sich wegen seiner Haltung in der Angelegenheit zu rechtfertigen.— Nach längerer Diskussion, in der sich unter anderm auch der' Vertreter des Gescllcnausschusses gegen das Verhalten der Innung äußert, gelangt folgende Resolution einstimmig zur An- nähme':„Die, insbesondere von Heimarbeiten» und Zwischen- meisten» besuchte öffentliche Schneider- Versammlung erhebt gegen daS Bestreben der hiesigen Zwangsinnung, HauS- gewerbetreibende zur Mitgliedschaft heranzuziehen, Protest. Die Versammelten erklären, daß sie. obwohl nicht auf einer Betriebs- werlstätte, sondern als Heimarbeiter beschäftigt, trotzdem nur als Arbeiter im Sinne der Gewerbeordnung betrachtet werden können, da sie ebenso wie die Werkstattarbeiter in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisse ihren Arbeitgebern gegenüber stehen und in logischer Konsequenz mit den Bestrebungen der Innung nichts gemein haben".— DaS Bureau der Versammlung wird beaufträgt, vorstehende Resolution dem königl. Polizeipräsidium z»ir gcfl. Kenntnisnahme zu überweisen. Zun» Schluß fordert der Vor« sitzende nochmals dazu auf, daß jeder Einzelne mündlich oder schriftlich(durch daS vom Bureau ausgegebene Zirkular) bis spätestens den 20. d. M. im Gewerbc-Kommiffariat, Krausenstr. 29, gegen das Bestreben der Innung protestiert. Die Steinarbeiter hielten am Sonntag eine öffentliche Ver- sammlung im Englischen Garten ab. Gen. M i s ch k e referierte über„Sociale Gesetzgebung" unter Bezugnahme auf die Kämpfe der Arbeiterorganisationen. Die Anwesenden folgten den AuS- fllhrungen deS Referenten mit regem Jntereffe und be- kündeten durch lebhaften Beifall ihre Zustimmung. Eine ent- fpreckiende Resolution gelangte einstimmig zur Annahme. Die Mitglieder de« GeselleuausschusieS erstatteten noch einen kurzen Bericht über die gemeinschaftlichen Verhandlungen mit dem Innung«« vorstand betreffend die Mißstände auf einigen Arbeitsplätzen. Mitschke besprach noch zum Schluß die Submissionsarbeiten, welche leider auf Kosten der Arbeiterschaft so billig; wie nur möglich ausgeführt werden. Charlotte,»bürg. In der am 7. d. M. abgehaltenen Sitzung der Charlottenburger Gewerkschaftskommission wurde der in der letzten Sitzung unerledigt gebliebene Punkt deS neu ausgearbeiteten Regulativs angenommen. Eine Generalabstimmung über daS gesamte Regulativ ergab einstimmige Annahme. K o p p i tz. S P ö r e r und Menge wurden als Kandidaten zu den demnächst stattfindenden Wahlen zum Schiedsgericht für Arbeiterversicherung nominiert. Unter Gewerkschaftlichem verwies der Vertreter der Barbiere Schubert auf den Neunuhr-GeschäftSschluß und ersucht um Unterstützung seitens der Gewerkschaften. Die Vertreterin der Plätterinnen macht auf die hierorts bestehende Beschwerdesteve für Arbeiterinnen aufmerksam. Dieselbe befindet sich bei Frau Wilt, OSnabrückerstr. 27. ES fehlten Textilarbeiter und Zimmerer. WaidmannSlust. Am Sonntag den 2. d. M. hielt der hiesige Wahlverein seine Mitgliederversammluni) ab. K o tz k e hielt einen l'Mtündigen Vortrag über den internationalen Socialistenkongreß in Paris . Der interessante Vortrag fand reichen Beifall. China . Die Antwort des Kaisers von China an Li-Hung-Tschang und die andren Gouverneure. die den Kaiser in einer Eingabe um Rückkehr deS Hofs nach Peking gebeten hatten, lautet' nach dem„Ostas. Lloyd": „Wir haben gefunden, daß eine Ausrottung derBoxer- bewegung ebenso schwierig wie eine Pacifizierung der Insurgenten ist. Wir sind unter dem Donner der Kanonen aus unsrer Hauptstadt geflohen und hatte» schwere Mühsalen auf der Reise zu überstehen, von denen Ihr General« gouverneure und Gouverneure nicht die geringste Vor- stellung habt. Wenn wir nicht die richtigen Ratgeber erwählten. so war das unsre Schuld, wie wir das früher öffentlich erklärt haben. Unsre schlechten Ratgeber werden nichtsdestoweniger schwere Strafen erleiden. Ursprünglich ersehnten auch wir immer raschen Frieden. Durch eine baldige Rückkehr nach Peking würden die Gemüter sich beruhigen und die Regierung sich ebenfalls festigen. Wir haben nicht das geringste Verlangen, noch weiter nach Westen zu gehen und Peking auszugeben. Indessen haben unsre Bevollmächtigten in Peking noch keine Friedensverhandlungen anknüpfen können; die fremden Soldaten halten Peking in be- stimmten Bezirken besetzt; Beamte und Volk können dort nicht nach Belieben verkehren. Wie sollten wir uns dazu verstehen können, von heute auf morgen plötzlich nach Peking zurückzukehren? Wem» es daS Ausland wirklich mit China gut meint, so wird es uns nicht die Herrschaft rauben wollen und uns nichts Unmögliches zumuten. Sobald die Ver« Handlungen eröffnet sind, werden wir einen Tag für die Rückkehr festsetzen. Vorläufig werden wir in Hfian-sü unsre Residenz nehmen." Der Hof kommt also nicht nach Peking . Wenn die Friedenöverhandlnnge»» ernsthaft begonnen werden, läßt sich noch gar nicht absehen. Nach einer Depesche auS Shanghai haben die Gesandten in Peking die Vollmachten Li- Hnng- Tschangs und des Prinzen Tsching ge- prüft und die des crstercn' für ungenügend erklärt, da sie nicht mit dem Specialsiegcl des Kaisers versehen ist. Es wurden dieselben Vollmachten' verlangt, wie sie die Vertreter Chinas seiner Zeit bei den Friedensverhandlungen mit Japan besaßen. Das bedeutet natürlich wieder eine Verschleppung der Ver- Handlungen. Die Mächte richten sich dafür in Pctschili um so be- haglicher ein. Nach einer Meldung der„Morning Post" besteht daS in Peking eingesetzte internationale Komitee unter dem Vorsitz des Generals Freiherrn von Gayl aus Major von Brixen (Deutschland ), Kapitän Dodds lAnierika), Kapitän Fcrigo(Italien ), Oberst Schiba(Japan ) und Kapitän Selwyn(England).' Die Franzosen verweigerten be- kanntlich ihre Beteiligung, die Russen wurden ausgefchlossen, da sie keine Polizei mehr in Peking ausüben. Eine FenerSbrunst in Peking . Innerhalb der„verbotenen" kaiserlichen Stadt, etwa 1000 Schritt von dem Quartier des Grafen Waldersee, entstand abends eine Feuersbrunst. Die Wohnung des Rittmeisters Rusche, Eskadrons- Chefs im deutschen Reiter-Regiment, sowie die Quartiere der Schwadronsoffiziere und das ais Kasino benutzte Gebäude wurden ein Raub der Flammen. Tentsche Verluste. Die offiziellen Protokolle über die dritte und vierte Sitzung der Budgetkommission des Reichstags sind ausgegeben worden. In der ersten Anlage zum Protokoll der dritten Sitzung ist eine Rekapitulation der Toten und Vermißten des deutschen Expeditions- corps in China enthalten. Bei der Ueberfahrt des ErpeditionS« corps von» 27. Juli bis 2ö. September 1900 starben 4 Mann, ver- mißt wurde 1 Mann, bei der Ueberfahrt der Verstärkung von, 31. August bis 31� Oktober 1900 starben 2 Mann(beide durch Unfall). In Ostasien sind bis zum 1. November 1900 verstorben 3(darunter 1 Offizier), nach einem Telegramm des Corpskommandos vom 4. November starb bis zu diesem Termin noch ein Offizier, ein weiteres Telegramm des Corpskommandos kündet am selben Tage den Verlust von 27 Toten, 1 Vermißten. Bis zum 11. November werden vom Corpskommando 10 Mann tot, 1 vermißt, bis zum 21. No- vember weitere 15 Mann tot gemeldet. Am 29. November tele- graphiert Graf Waldersee den' Tod eines Offiziers. Insgesamt starben in der Zeit vom 27. Juli bis 29. November 3 Offiziere, 60 Mann, als vermißt galten 3 Mann. Uetzko Nachvichkett und Depeschen. Kiel , 12. Dezember. (W. T. V.) Die mit dem Dampfer „Köln " ans China zurückgekehrten Offiziere und Mannschaften trafen um ö'/e Uhr hier ein. Admiral Köster hielt eine Ansprache, in welcher er der Tapferkeit der Heimgekehrten Anerkennung zollte und ein Hurra auf den Kaiser ausbrachte. Nachdem Ober« bürgernieister Fuß die Heimkehrenden im Namen der Stadt he« grüfit hatte, ließ sich die Prinzessin Heinrich mehrere Verwundete vorstellen und erkundigte sich nach ihrem Befinden und ihren Ver« Hältnissen. Sodann marschierte der Zug durch die reich beflaggten und glänzend illuminierten Straßen nach der Kaserne, von der Menge begleitet. Die Verwundeten und Kranken folgten in mit Blumen ge>chmückten Wagen, denen sich die Krieger- und Militärvereine an« schloffen, die zum Empfange erschienen waren. Wilhelmshaven , 12. Dezember. (W.T.B.) Bei dem heutigen Festkoinmers, welchen die Stadt Wilhelmshaven zu Ehren der Chiuakämpfcr veranstaltete, ivurden 660 Mann bewirtet. Das ganze Offiziercorps sowie die städtischen Behörden waren erschienen. Admiral Thomsen verlas eine Depesche des Mariuekabinetts, n» welcher mitgeteilt wird, daß auf Befehl des Kaisers die Flaggen am Sonntag von sämtlichen gesunden Mannschaften nach Berlin ge» bracht werden sollen, wo auf dem Lehrter Bahnhos feierlicher Empfang stattfindet. AuS dem englischen Unterhau». London , 12. Dezeniber.<W. T. B.) Im Verkaufe der Be. rattmg des Berichts über die Nachtragsforderung für das Heer ver« langen Neid und Brvce, daß man den Boeren statt bedingungsloser Uebergabe mildere Beoingungen anbieten solle. Staatssekretär Brodrick verliest einen Auszug a»s den Proklamationen des Lord Roberts und erklärt, die Regierung wünsche das Ende deS Guerillakriegs. Wen» im Geiste dieser Proklamationen Abmachungen getroffen werden könnten, die de» zur Uebernahme aufgeforderten Boeren mehr Ver- trauen einflößen, so würde die Regierung gern die nötigen Be« stimmungcn treffen; Vorbedingung hierfür sei aber, daß diese Ab« machungen nicht als Beweis von Schwäche ausgelegt würden und dann eine Verlängerung des Kampfs herbeiführen. Belgrad , 12. Dezember. (W. T.».) Der frühere Minister Gentschitfch wurde heute wegen Majestätöbeleidigung und össcnt« licher Beleidigung der Regierung zu sieben Jahren einfachen Ge« fänqnisseS verurteilt._, " Ncxoe(Bornholm ). 12. Dezember.<W. T. B.) Der Dampfer „Afrika " aus Lübeck rettete an» 9. Dezember den Kapitän und dre» Mann vom schwedischen Schooner„Goeta" aus Marichamm. welcher am 8. Dezember zwischen Ocland und Gotland kenterte. Sechs Mann ertranken._ zz„autw°rtl. Redacteur: Robert Schmidt in Berlin . Für den Jns-rat-nt-il verantwortlich: Th. Glocke in Berlin . Dnick und Verlag von Max Babing in Berlin . Hierzu S Beilagen n.„..terhalnn.gsbla.t.
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