u Ei, ei! Hat Tante Voß denn seit 1867 geschlafen? Sie glaubt also noch an deu Liberalismus im Allgemeinen und den Liberalismus des Herrn Miquel im Besonderen— an parlamentarisches Regiment, mit der Verpflichtung für jedes Regierungsmitglied, nur so lange in der Regierung zu bleiben, als es in der Regierung oder in der Volks- Vertretung mit seiner Ansicht durchdringen kann? Die „Vossische Zeitung" scheint vergesien zu haben, daß in Preußen und Deutschland ein gewisser Bismarck 27 Jahre lang Hausmeier war, und mit Liberalen und Liberalismus, sowie parlamentarischem Regiment und parlamentarischen Traditionen gründlich aufgeräumt hat. Oder sollte sie gar den„neuen Kurs" für ernst, und den Eintritt Miquel's in's preußische Ministerium für einen Sieg des parlamentarischen Regiments genommen haben? Bedanernswerthe Tante!— Das englische Parlament samnien.— tritt am 9. Februar zu- Für die Neuwahlen in England, die jedenfalls im Laufe dieses Jahres und beinahe sicher in der ersten Hälfte desselben stattfinden werden, rüsten sich alle Parteien. Wir wollen uns jetzt nicht in allgemeinen Betrachtungen er- gehen und uns nur mit der Tyätigkeit und den Aussichten der Arbeiter kurz beschäftigen. Wie man uns mittheilt, bestehen in England bereits 70 feste„Arbeiterkandidaturen" — in Schottland 10—; und in sehr vielen anderen Wahl- kreisen werden außerdem noch Kandidaten ausgestellt werden. Leider ist der Begriff einer Arbeiterkandidatur in England sehr dehnbar. Die bisherigen Arbeiterkandidaten waren, mck verschwindenden Ausnahmen— im Augenblick fällt uns als Ausnahnie nur unser braver Kamerad Cuninghame Graham ein— zwar„Ar- beiter" von Haus aus, aber ihres Zeichens ge- werkvereinliche Größen, die die Sympathie der liberalen Bourgeoisie verdient hatten, und von ihr in das Parla- ment geschickt wurden, um dort, nicht für die Arbeiter, sondern für die liberale Bourgeoisie thätig zu sein. Ter größere Theil der jetzt aufgestellten Arbeiter-Kandidaturen fällt in diese Kategorie. Es ist aber auch ein ziemlich beträcht- licher Prozentsatz von Sozialisten unter den Kandidaten. Und wie die Tinge liegen, wird dos sozialistische Element bei den kommenden Wahlen in England jedenfalls eine be- deutendere Rolle spielen, als bei der letzten allgemeinen Wahl. Leider bildet die Kostspieligkeit englischer Wahlen, nebst der noch sehr unvollkommenen Organisation ein schwer übersteigbares Hinderniß.— Suchet de« Spitzel! muß es stets heißen, wenn von irgendwo ein„anarchistisches Attentat" gemeldet wird. Und: suchet so werdet ihr finden! heißt's in der Bibel. Wir erinnern uns keines einzigen Falles, in welchem wir . vergeblich nach dem Spitzel gesucht hätten. In Bezug auf die„Bombenverschwörung von Walsall"(bei London ) hat sich, wie wir gestern schon andeuteten. Alles haarklein be- stätigt, was wir geschrieben. Es ist bestellte Arbeit — Spitzelarbeit. Ter Sekretär des unschuldigen „Anarchistenklubs," der für die Arbeit benutzt worden ist, ein ehrsamer Herr Namens Teakin, der für„radikale' Phrasen schwärmt, hat ein zerknirschtes schriftliches Ge ständniß abgelegt. Ein Mr. Charles, der„Radikalste" von Allen, habe die Bonibengeschichte in Szene gesetzt— und dieser Mr. Charles sei, wie er— Teakin— nun wisse, von der Polizei geschickt. Betreffs des Mr. Charles hat Teakin unzweifelhaft Recht,— wir haben den Bericht der Verhandlungen vor dem Polizei-Magistrat gelesen—, aber Mr. Charles war nicht der einzige Spitzel. Cailes, was wir schon früher erwähnt, war sein Gehilfe, und noch ein dritter der sechs Verhafteten hat aller Wahrschein- lichkeit uach bei der Lockspitzelei geholfen. Und nun kommt nach ein intereffantes Moment: von Teakin wurde ans- gesagt, die Bomben seien für das Ausland bestimmt ge- wesen. Aber für welches Land? Hier weichen die Berichte von einander ab. Nach dem einen hat Teakin gesagt: kor?ru8sia— für Preußen; nach der anderen: kor Russi»— für Rußland . Nun ist nicht blas£ r in Schrift und Druck von U schwer zu unterscheiden, so daß unzählige Verwechselungen vorkommen, sondern es ist auch eine notorische und sehr erklärliche füruns allerdings sehr wenig schmeichelhafte Thatsache, daß von der Masse der Engländer zwischen Pnissia und Russia— Preuß n und Rußland — kein Unterschied gemacht wird. Unter solchen Verhältnissen halten wir eS für durchaus möglich, daß Prussia— Preußen— von Teakin genieint war. Uns dünkt dies um so wahrscheinlicher, als die Horde der zeitweilig verab- schiedeten Lockspitzel des Trifoliums B i s m a r ck-K r ü g e r- P u t t k a m e r, seit ihr Futlertrog nicht mehr aus dem Reptilienfouds gefüllt wird, eine unheimliche Thätigkeit ent- wickelt, um ihre Uncntbehrlichkcit zu beweisen. Wir bitten unsere englischen Freunde, den Gang des Prozesses scharf zu verfolgen.— Tie italienische Kammer hat die Handelsver- träge mit Deutschland und Oesterreich nach längerer Debatte a ng e n o m m e n. Der Sieg der Re- gierung wurde thatsächlich— wie wir vermuthet hatten— durch Herrn C r i s p i herbeigeführt. Dieser demaaogische Radaubruder, der— gleich seinem deutschen Glücks- und Unglückskollegen— vor Wuth gegen seinen Nachfolger platzt, setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um diesem ern Bein zu stellen. In seinem blinden Neidgrimme hieb er sogar auf den Dreibund, sein eigenstes Werk, los,— nur weil der- selbe den Handelsverträgen zur politischen Grundlage dient. Herr Crispi ist aber— wiederum gleich seinem deutschen Glücks- und Unglückskollegen— so verrufen und so verhaßt. daß die Majorität der Kammer, um ihm nicht zu einem Siege zu verhelfen, lieber für das neue Ministerium und die Handelsverträge stimmte. Em solcher Sieg ist freilich nicht viel werth. Und die Thatsache bleibt bestehen, und wird von unseren Politikern m Rechnung zu stellen sein, daß der Dreibund in Italien sehr mipopular ist, und durch jeden Versuch, ihm die von BtsmarÄ-Crispi beabsichtigte Spitze zu geben, unfehlbar gesprengt wurde. Zu einem dynastischen Krieg gegen die Republik Fraiu- reich lassen die Italiener sich nicht mißbrauchen.— Marx' Misörs de la Philosophie—„Elend der Philosophie " gegen„die Philosophie deS Elends von P r o u d h o n"— ist von unserem spanischen Freund und Genossen I o s e M i s a in's Spanische übersetzt ivorden.— DarlsmenkÄrtfitzes. Die Wahlprllfunaskommission beschloß in ihrer letzten Sitzung die Wahl des Abgeordneten v. Reden(S. hannöverscher Wahlkreis) mit S gegen 8 Stimmen für ailtig zu erklären. Für Herrn von Reden war besonders der Oberbergrath von Detten mit einem ganz unqualifizirbaren Flugblatt bei der Stichwahl eingetreten. In dem Flugblatte hieß es neben anderem:„Seid gewärmt im letzten Augenblick, Ihr Bergleute, Euere Arbeit, Euer Lohn, Ihr Invaliden, Euere Unterstützungskassen stehen auf dem Spiele, wenn die Sozialdemokratie ihren Einzug hält durch Eure Unterstützung." Die Minorität in der Kommission stimmte für Ungiltigerklärung der Wahl. In der Budgetkommissio« des Reichstages wurde Freitag Abend der Gesetzentwurf, betreffend die Unterstützung der zu Uebungen einberufenen Reservisten und Landwehrmänner be- rathen. Die Regierung hatte beantragt, den Frauen der Einberufenen in den Sommermonaten 20 Pf., im Winter 30 Pf. täglich zu zahlen und für jedes Kind 10 Pf. pro Tag zuzulegen; diese Unterstützung war an den Nachweis der Bedürftigkeit geknüpft und sollte zur Hälfte vom Reich, zur Hälfte von den Kreisen und Gemeinden getragen werden. In der Kommission fand sich keine Neigung, den Spuren der Regierung zu folgen, und der Entwurf kommt mit vollständig verändertem Gesicht an den Reichstag zurück. Zuerst hat die Kommission beschloffen, die Unterstützung nicht von der„Bedürftigkeit" abhängig zu machen, sondern die be- treffende Bestimmung dahin abgeändert, daß die Unterstützung auf„Verlangen" gezahlt werden muß. Die Unterstützung selbst ist auf einen Antrag Singer's der ortsübliche Tagelohn zu Grunde gelegt worden, und zwar soll die Frau 30 pCt. und jedes Kind 10 pCt. des ortsüblichen Tagelohns als Unterstützung erhalten; es sind dies dieselben Sätze, welche auf Grund des Unfallversicherungs-Gesetzes gezahlt werden. Außerdem hat die Kommission ebenfalls auf Antrag Singers einen neuen Paragraphen in das Gesetz aufgenommen, in dem ausgesprochen ist, daß die auf Grund dieses Gesetzes gezahlten Unterstützungen nicht den Charakter der Armenunterslützung tragen. Weiter ist beschloffen, daß daS Reich alle aus diesem Gesetz entstehenden Lasten zu übernehmen hat. Da die Konimission einstimmig in ihrem Votum war, so ist zu hoffen, daß die Borlage im Plenum des Reichstages an- genommen wird. Die Regierungsvertteter hielten in Rücksicht auf die ent- stehenden Mehrkosten an ihrem Entwurf fest; man glaubte die von allen Parteien empfohlene Sparsamkeit gerade auf diesem Gebiet ausgiebig fruktifiziren zu sollen; vielleicht sucht sich die Regierung bis zur zweiten Berathung des Gesetzentwurfs angemesfenere und würdigere Objekte für ihre Sparsamkeit. Nach dem soeben erschienenen Verzeichniß der Mitglieder deS Reichstags gehören 66 Mitglieder zur Fraktion der Deutsch - konservativen, 10 zur Fraktion der Reichspartei, 100 zur Fraktion des Zentrums, 16 zur Fraktion der Polen , 42 zur Fraktion der Nationalliberalen, 67 zur deutschfreisinnigen Partei, 85 zur sozial- demokratischen Partei und 10 zur Volkspartei; 80 Mitglieder sind bei keiner Partei. Erledigt sind zur Zeit drei Mandate (7. Oppeln, 22. Sachsen und Mecklenburg-Strelitz ). Z?«rkeinr»lktrickzren. Wie eS bei den Wahlen in unseren östlichen Provinzen zngeht, dafür haben wir schon öfters, und besonders auch wieder aus Anlaß der Wahl deS Grafen von Stollderg im Kreise Rasten- bürg, recht erbauliche Vorkommnisse anfiihren können. Daß liberale oder sozialdemokratische Stimmzettelvertheiler mit Hunden von den Höfen gehetzt werden, ist noch eine der geringsten Ün- annehmlichkeiten der Wahlagitation in jenen Gegenden, aus welchen der preußische Kartoffel- Fusel stammt und die Herren Landräthe und Junker in das Parlament gesandt werden. Eine dieser Junkerwahlen wurde auch im 3. Wahlkreise des Reaierungs- bezirkes Stettin vollzogen, wo Herr v. d. Osten in der Stichwahl gegen den sozialdemokratischen Kandidaten, Former Körsten- Berlin , den Sieg errang. Gegen diese Wahl war seinerzeit ein Protest eingegangen und jetzt liegt das Resultat der daraufhin beschlossenen Erhebungen dem Reichstage vor. Welcher Art dasselbe ist, ergiebt sich aus dem Antrag der Wahlprüsungs- kommission, welcher dahin geht, der königlichen Staatsanwalt- schaft zu Stettin Kennlniß von dem Sachverhältniß durch Mit- theilung der Akten zu machen zur Erwägung, ob nach den Feststellungen gegen den Bürgermeister von Fiddichow Albert Podlas uud den Polizeisergeanten August Wolter daselbst der Thatbestand des Z 340 bez. 341 des R.-St.-G.-B.(vorsätzliche Körperverletzung in Ausübung des Amtes bezw. vorsätzliche un- berechtigte Festnahme) vorliegt. Da es sich bei den Thatsachen. auf Grund deren die Kommission ihre Beschlüsse faßte, um unter Eid festgestellte Handlungen dreht, so kann dem Herrn Bürger- meister nebst seinem Ausführungsorgan dieses Nachspiel noch recht unangenehm werden. »« Die„Germania " tritt der Meinung der„Tremonla" bei, daß der wegen Einbruchsdiebstahls inhaftirte Bergmann Höh- mann-Steele ein„Sozialdemokrat" gewesen sei. Die„Tremonia " belegt das durch Redensarten, welche wie Gründe wirken sollen, und die„Germania " will auf dieses beweislose Gerede hin„ab- warten", ob der„Vorwärts" widerruft. Der„Vorwärts" hat .��"ufen. Erstlich ist ihm die sozialdemokratische „Westfälische Freie Presse", der die Nachricht entnommen war, als Quelle zuverlässiger denn alle katholischen Blätter zusammen- genommen; zweitens war unsere Polemik einfach Folge des von ultramontaner Seite gemachte» Versuchs, den Einbrecher Hohniann zu einem Sozialdemokraten aufzupolstern und durch ihn unser« erhabene Sache in Verruf zu bringen, was wir begreiflicherweise nur als„Jesuitenkniff der Illttamontanen" bezeichnen konnten; drittens ist die Enthüllung der„Westfäl. Freien Presse", daß„es gerade Hohmann war, der im Interesse der Ultramontanen und zu Gunsten des Verbandes„Glück-Auf" auf Zeche Eintracht-Tiefbau bei Steele den letzten Streik pro- vozirte", in der von der„Germania " versuchten Widerlegung mit keiner Silbe auch nur erwähnt. Der Geschmacklosigkeit, die darin liegt, daß die fromme„Tremonia " und die noch frömmere „Germania " es fertig bringen, die Begriffe„Einbrecher" und „Sozialdemokrat" gewissermaßen zu identifiziren, mag zur Illustration der Moral beider Blätter nebenbei erwähnt sein. ** Eine geistige Konkursmasse des Herrn Eugen Richter , die unter dem Eindruck der allgemeinen Pleite losgeschlagen wird. so bezeichnete Rittergutsbesitzer Dr. Röder in einer Gubener Versammlung die„Sozialdemokratischen Zukunftsbilder" des Führers des„freisinnigen" BürgerthumS. »* Ein nener Arbeiterverein wurde in Grimmen (Pommern ) begründet. «» Heber den Sieg, welchen die Laufaner Sozialdemo- kratie mit der Wahl Fauquez', des Redakteurs des in sran- zösischer Sprache erscheinenden„Grütli", zum Mitglied des Großen Raths errang, berichtet der„Basier Arbeiterfreund" Näheres. Danach erhielt Fauquez bereits im ersten Wahlgange etwa 200 Stimmen mehr als bei der Nationalrathswahl(im Herbst 1800) und war gegenüber seinen zwei Konkurrenten im Vorsprung. In den drei, binnen vier Tagen auf einander folgenden Wahlgängen war das Stimmeiwerhältniß folgendes i Fauquez: Der Radikale: Der Liberalkonserv.: 1. Wahlgang 1622 1270 ivvl 2., 2050 1300 945* 8., 2192 1152 704 Trotzdem im letzten Wahlgang da? relative Mehr genügt hätte, überschritt Fauquez doch das absolute Mehr. „Mögen auch einzelne Gegner", sagt das genannte Schweitzer Blatt,„aus Gründen der Billigkeft, d. h. im Interesse der Minoritätenvertretung, die Wahl Fauquez' haben ermöglichen helfen dadurch, daß sie sich der Wahl fernhielten oder ihm gar die Stimme gaben, unverkennbar ist ein mächtiges Anwachsen der Arbeiterpartei. Ihrem energischen Vorgehen ist dieser Sieg zu verdanken." »» Polizeiliches, Gerichtliches ee. — Genosse Pens, gegen den das Versahren wegen Vor« bereitung des Hochverraths und wegen Majestätsbeleidigung ein- geleitet, und dem beinahe jede Lektüre und sonstige geistige Be- schäftigung bis zur Uebernahme der Vertheidiguug durch Stadthagen unmöglich gemacht war, ist nach einigen von seinem Vertheidiger gemachten Klarlegungcn der Rechte der Untersuchungsgefangenen nunmehr in den Stand gesetzt, den„Vorwärts," das„Anhalter Volksblatt," die„neue Zeit," eine italienische Grammatik, Tolstoi's „Was ist mein Glaube?" und mehrere andere von seinem Ver- theidiger ihm übersandte Broschüren und Bücher unbehindert zu lesen und sich nach seiner Wahl geistig zu beschäftigen. Ueberdies ist nach Einreichung einer Schutzschrift durch den Vettheidiger die Anklage, soweit sie Vorbereitung zum Hochverrath behauptete, fallen gelassen und nur noch die wegen Majestätsbeleidigung aufrecht erhalten. Trotzdem haben die Behörden eine Entlassung unseres Genossen aus der Hast ab- gelehnt, weil er zu mittellos ist. um aus eigenen Mitteln eine Kaution zu stellen. Daß eine aus anderen Mitteln gestellte Kaution mehr Sicherheit bietet, will die Behörde nicht wahr haben. Hoffentlich wird die baldige Freisprechung endlich unserem Genossen die Kerkerthüren öffnen. Daß Pens am I.Jan. Vater geworden und daß Frau Peus schwer kraul darniederliegt, erachten die Behörden gleichfalls für keinen Grund, um den„Ver- dacht der Flucht" zu beseitigen. — KurtBaale, Redakteur der„Neuen Welt", tritt am 25. Januar im Gefängniß zu G l ü ck st a d t die viermonatige Ge- sängnißstrafe an, die ihm als früherem Redakteur des„Vorwärts" wegen Abdrucks eines Maigedichts auferlegt worden war. Dieses Ge- dicht soll den Thatbestand eines„Vergehens wider die öffentliche Ordnung" enthalten. — In SanderSleben wurde der Parteigenosse W t l- Helm Rokohl von der Anklage, den Geheimen Bergrath Leufchner durch Behauptung unwahrer Thatsachen beleidigt zu haben, vom Schöffengericht freigesprochen. — In Altenburg war der Expedient der dortigen Ausgabe des„Wählers," Genosse B u ch w a l d, wegen Beleidi- gnng der Braukommission deshalb angeklagt, weil er die Rum- wer, in welcher der betreffende Artikel stand, verbreitet hatte. Der in Leipzig wohnende Redakteur blieb unbehelligt. Nach- dem über ein Jahr vergangen, fand am 11. Januar in dieser Sache Verhandlung vorm Altenburger Schöffengericht statt, welche mit der Freisprechung Buchwald's endete. In dieser Ver- Handlung hatte sich Buchwald noch wegen einer zweiten Anklage zu veravtworten. Derselbe hatte im Sommer vor. Js. als stell- vertretender Redakteur des Altenburger „Wählers" gezeichnet. In Nr. 84 jenes Blattes fand sich eine Plauderei, durch die sich der Polizei-Jnspektor Beckert beleidigt suhlte. Die zweite Ver- Handlung hatte einen ungünstigen Ausgang— Buchwald wurde zu 14 Tage Gefängniß verurtheilt. Soztale XtclTcrltrfi.f. Achtung Tischler! Der Streik in der Nähmaschinen-Möbel- fabrik von Laborenz, Rixdorf, Knesebeckstr. 71, dauert unver- ändert fort, da eine Einigung bis jetzt nicht erzielt werden konnte. Herr Laborenz sucht bereits indifferente Arbeiter heran zu ziehen, deshalb bitten wir, vor Zuzug zu warnen! Die Werkstatt-Kontrollkommission des Fachvereins der Tischler Berlins und Umgegend. Der schon 2Z Wochen währende Streik der Hand- schuhmacher in Friedrichshagen ist unverändert. Die Streikenden stehen in ungetrübter Einigkeit fest zu einander. Siegen oder ehrlich fallen ist ihre Parole. Im letzteren Falle werden sie jedenfalls lieber den Ort verlassen, wie es schon von 60 Kollegen geschehen ist. als sich bedingungslos dem Fabrikanten Hopp zu ergeben. Alle Arbeiter werden ersucht, die streikenden Handschuhmacher auch des Weiteren materiell zu unterstützen. Mit Gruß Die Lohnkommtfston der G l a c e e- H an d s ch u h ma ch er in Frieorichshagen. Fast sämmtliche Arbeiter des Eisenstein-BergwerkS Ecke- selb bei Adorf in W a l d e ck streiken seit Mittwoch, weil ihnen der Lohn um fünfzehn Prozent gekürzt werden sollte. Selbst nach dem nationalliberalen„Hannöver. Kourier" arbeiten nur diejenigen Bergleute vorläufig weiter, welche keinerlei Subsistenzmiltel haben. Aus der benachbarten preußischen Grube„Wartcnberg" stehen seit Dienstag sämmtliche Bergleute aus. Das Amtcölatt des„sozialreformatorischen" Deutschen Reichs macht dazu die naive Benierkung:„Die Ausständigen ver- halten sich bis jetzt völlig ruhig." 400 Bergleute des Schmiederschachts bei Z a b r z e hatten nach einer Mittheilung der„Schlesischen Zeitung" die Arbeit eingestellt. Nach der„Breslauer Ztg." soll der Streik wieder beigelegt sein. DaS Koalitionsrecht, das den Arbeitern nach dem Gesetz garantirt ivird, wird nicht nur von den Privatunternehmern, sondern auch von den Staatsbetrieben lustig weiter angetastet. Den Gasarbeilern in Hamburg , welche unlängst einen Zentral- verein gegründet haben, wird von der Direktion der Gaswerke, welche Staatsbetrieb sind, durchaus nicht der Spielraum gelassen, welchen ihnen das Gesetz in Bezug auf die Organisation giebt. Die Mitglieder einer Kommission, welche vor kurzem sich be- schwerdesührend an die maßgebenden Behörden wandten, weil einzelne Mißstände nicht beseitigt wurden, sowie diejenigen, welche hervorragend für den Verein agitirt haben, wurden in ben letzten Tagen gemaßregelt. Der Verband ist noch nicht kräftig genug, um auf diese Maßregelung mit einer Arbeitseinstellung antworten zu können. Es muß deshalb Aufgabe der Arbeiter dieses Betriebes sein, unablässig für die Organisation zu agitiren, um ein derartiges Vorgehen für die Zukunft zu verhindern. Jedenfalls aber können wir auch hier wieder sehen, daß es mit dem Wort, daß die Staatsbetriebe Musteranstalten sein müßten, sein Bewenden hat. Musteranstalten, vielleicht nach der Richtung, daß man die Arbeiter möglichst abhängig macht. Zur Verstnatlichuna deS Apothekenwesens. Nach der „Franks. Ztg." wurde die Förch heimer Stadtapotheke kürzlich um 70—80 000 M. höher verkaust, als vor 23/i Jahren der Kaufpreis bemessen war.
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