Die Angeklagte Scheding ist freizusprechen. Die Kosten fallen. soweit eine Verurteilung erfolgte, dem Angeklagten, soweit Frei» sprechung erfolgte, der Staatskaise zur Last. Es liegen bei Sternberg drei Verbrechen gegen die Sittlichkeit im Fall Wvyda, eins im Fall Teichert vor. Der Fall Collis scheidet aus, weil dies Mädchen schon über 14 Jahre alt war. In der ersten Verhandlung sind dem Angeklagten mildernde Umstände zugebilligt worden, weil der Fall Woyda als vereinzelte Verirrung angesehen wurde. Jetzt ist aber jeder Zweifel gehoben, daß ihm ein Hang inne wohnt, sich an Kindern zu ver- gehen. Deshalb hat der Gerichtshof eine Zuchthausstrafe für angemessen erachtet. ist aber im Falle Teichert nicht erheblich über daS Strafminimum hinausgegangen und hat auf ein Jahr drei Monate Zuchthaus erkannt. Die zwei Jahre Gefängnis im Falle Woyda sind in ein Jahr acht Monate Zuchthaus umgewandelt und die Gesamtstrafe auf zwei Jahre sechs Monate Zuchthaus, wovon sechs Monate als verbüstt erachtet werden, festgesetzt worden. Bei der Schwere der That und der Ehrlosigkeit der Gesinnung Ehrverlust erkannt. ist auch auf fünf Jahre Herr Justizrat Dr. Seiko ersucht uns um Aufnahme folgender Erklärung: Es war meine Absicht, mich gegen die gegen mich erhobenen Vorwürfe nur vor dem Ehrengericht der Anwaltskammcr zu ver- antworten. Indessen nötigen mich die gestrigen Ausführungen der kgl. Staatsanwaltschaft, schon jetzt öffentlich die Annahme zurück- zuweisen, daß ich meine flüchtigen persönliche» Beziehungen zu dem Kriminalkommissar Thiel im Interesse des Angeklagten Steruberg aus genutzt hatte. Es ist mir unbegreiflich, wie gegenüber Thiels eignen Bekundungen eine solche Annahme auch nur hat entstehen können. Meine wenigen, kurzen Besprechungen mit Thiel haben sich, so weit sie den Fall Sternberg betrafen, nur auf Thiels Beteiligung an der Befragung der Zeugin Collies bezogen. Ich habe ihn, wie er selber bekundet hat, auf die möglichen strafrechtlichen Folgen seines Thuns hingewiesen und ihn ermahnt, sich von solchen Dingen fernzuhalten. Er hat selbst niemals behauptet, datz ich von ihm je irgend eine Auskunft erbeten oder erhalten hätte. Ich- habe meine pflichtmähige Aufgabe ihm gegenüber nur darin erblickt, ihn in der selbstverschuldeten Lage durch Rechtsbclehrung und Warnung zu beraten. Ich habe es auch bei der schweren Gewissensbedrängnis, die sein ganzes Verhalten aussprach, gar nicht für möglich gehalten, daß er meine Warnung alsbald' in den Wind schlagen und neue, schwerere Schuld auf sich laden werde. Von seinem Verkehr mit Stierstädter habe ich erst in der letzten Gerichtsverhandlung etwas erfahren; ich habe niemals irgend eine Mitteilung empfangen, die ich auch nur vermutungsweise auf die Thätigkeit des Herrn Thiel hätte zurückführen können. Bis zum heutigen Tage ist nicht eine einzige Thatsache erwähnt worden, deren Kenntnis die Verteidiger dem pflichtwidrigen Verhalten des Herrn Thiel zu danken hätten. Alles dies bin ich zu beschwören bereit. Am 4. Verhandlungstag trat der Zeuge Stierstädter mit seinen Enthüllungen ans Licht; ich sollte ihm durch Thiel 200 000 M. und eine Villa am Genfer See haben anbieten lassen. Der Bestechungs versuch, dessen er Thiel hiermit beschuldigte, erschien mir als so unerhört und so plump, der behauptete schnöde Mißbrauch meines Namens aber als so undenkbar, daß ich im ersten Augenblick der Empörung eine solche Ungeheuerlichkeit nicht für möglich halten konnte. Der weitere Verlauf der Verhandlung hat freilich zu Gunsten Stierstädters diese meine Auffassung widerlegt. Meine unmittelbar nach Stierstädters Aussage abgegebene Er klärung hat nichts weiter bezweckt und besagt, als daß ich nicht entscheiden könne, ob Stierstädter die Wahrheit gesagt oder Thiel sich eines Amtsverbrechens schuldig gemacht habe, daß aber in jedem Fall mein Name in sträflicher Weise gemißbraucht worden sei. Wenn ich jetzt auf die Ereignisse zurückschaue, so wäre eS sicherlich bequemer für mich gewesen, wenn ich jeglicher Begegnung mit Herrn Thiel von vornherein grundsätzlich ausgewichen wäre. Ich glaube aber weder als Mensch noch als Anwalt Tadel verdient zu haben, wenn ich einen Mann, der mich in meinem Berufe um Rat und Beistand in schwerer Gewissensnot anging, beriet und warnte. wie ich es seit mehr mehr als 20 Jahren für meine Anwaltspflicht gehalten habe und stets halten werde. Durch den nachdrücklichen Hinweis auf die Bestechungsparagraphen de« Strafgesetzbuchs und die ernste Mahnung, seine Hände von ge- fährliche» Dingen zu lassen, hat wohl noch nie ein Mensch einen Beamten zu pflichtwidrigen Handlungen zu verleiten gesucht. Berlin , den LI. Dezember 1900. gez. Dr. Sello, Justizrat. GemeMpchktfkliches. Berlin und Umgegend. Graveure. Der Streik bei der Firma O. Fismer dauert un- verändert fort. Die Rammer der Firma H. Hein in Charlottenburg sind am Donnerstagnachmittag zum größten Teil in den Ausstano getreten. Auf einem Bau desselben m Rixdorf sollten zwei Hilfsarbeiter, natürlich gegen geringeren Lohn, mit Nammen beschäftigt werden. Die Firma begründet das damit, daß sie keine Rammer bekommen könne, während die Kammer das Gegenteil behaupten und ja that sächlich auf andern Bauten der Firma vereinzelt Nammer entlassen worden sind. Infolge dessen verlangten die Rammer, die sämtlich organisiert sind, daß die Hilfsarbeiter von den Nammen fort genommen würden. Der Arbeitsführer hatte diesem Verlangen auch vorläufig entsprochen, aber auch den Firmeninhaber davon in Kenntnis gesetzt, welcher bei seinem Erscheinen auf dem Bau darüber in höchstem Maße erregt wurde und sich zu Aeußerungen hinreißen ließ, die die betreffenden Arbeiter glaubten nicht anders als durch Niederlegen der Arbeit beantworten zu können. Es haben sich dann sofort die Rammer von mehreren andren Bauten der Firma dem Vorgehen ihrer Kollegen angeschlossen. Leider muß aber konstatiert werden, daß sich vereinzelt Stein- setzer gefunden haben, welche sich zu Streikbrecherdiensten gebrauchen lassen. Den Gewerkschaften zur Nachricht, daß unser Bureau am Montag, den 24. Dezember(WeihnachtSheiligabend), und am Donnerstag, den 27. Dezember(3. Feiertag) bis nachmittags 2 Uhr geöffnet ist, abends dagegen geschloffen bleibt. Der Ausschuß der Berliner Gewerkschaftskommission. I. A.: Gustav Busse. Deutsches Reich . Di« Konflikte in der„Leipziger VolkSzcitung" bieten der bürgerlichen Presse noch immer den gewünschten Anlaß, sich mit der.w i d e r s p r u ch s v o l l e n T h e o r i e und Praxis" der socialdemokratischcn Partei zu beschäftigen. Nachdem wir und mit uns die gesamte Parteipreffe, sowie der Fraktionsvorstand sich rückhaltlos gegen das Vorgehen der Leipziger ausgesprochen hatten. war der bürgerlichen Presse zunächst der Boden für ihre Treibereien entzogen; i» dem Scheitern der Einigungsoerhandlungen glaubt sie die Handhabe zu neuen Angriffen gefunden zu haben. Veranlassung giebt ihr in erster Linie eine Aeußerung deSFraktions- Vorstands, durch welche die Setzer, die durch ihren Eintritt in die „Leipziger Volkszeitung" das Weitererscheinen derselben ermöglichten. ausdrücklich als Nicht-Streikbrecher erklärt worden seien.. Der zur Vermittlung angerufene Fraktionsvorstand hat m seinem Bermittlungsvorschl'ag allerdings eine solche Erklärung mit aufgenommen, wie wenig ihm daraus der Vorwurf gemacht werden kann, er habe damit den Streikbruch entschuldigen wollen, so, bald er in socialdemokratischen Parteigeschästen geübt wird, ist auS folgendem deutlich ersichtlich Im Einigungsvorschlag des Fraktionsvorstands wird gesagt: Zur Beilegung der schwebenden Streitigkeiten ist sowohl den gekündigten Setzern als den später aus Anlaß d i e f er Kün d i gun g en aus derArbeit getretenen Personen der Wirdereintritt in ihre früheren Stellen inner- halb 14 Togen offen zu halten. Soweit dieselben von diesem Rechte keinen Gebrauch machen, bleiben die an ihre Stelle ge tretenen Mitglieder der Buchdruckcr-Gcwerkschaft in Beschäftigung In diesem' Verlangen des Fraktionsvorstands liegt die denk bar schärfste und voll st ändig st e Mißbilligung des Verhaltens der Leipziger Geschäfts- bezw. Parteileitung, seine Erfüllung bedeutete die denkbar möglichste Genugthuung für die Entlaffenen bezw. Aus getretenen. Erst nach dieser klaren Stellungnahme gegen das Vorgehen der Leipziger nimmt der Fraktionsvorstand in seiner Erklärung von den arbeitswilligen Mitgliedern der Buchdrucker g ew erksch a ft daS Odium des bewußten Streikbruchs. Sie haben, so heißt eS infolge deS eigentümlich gelagerten Konflikts in der Buchdruckerei der „Leipziger Vollszeitung" diese Stellen in gutem Glauben an- genommen. Der gute Glaube, durch Annahme dieser Stellungen einen Streikbruch nicht zu begehen, kann bei objektivem Urteilen den Gewerkschaftlern in der That nicht abgesprochen werden. Es muß berücksichtigt, werden, daß bedauerlicherweise zwei Buch drucker-Organisationen bestehen, die den Streitfall in genau ent- gegengeseytem Sinne beurteilen, ja daS Vorhandensein der zwei Organisatlonen ist in letzter Linie die eigentliche Ursache des Konflikts, durchaus berechtigt also, wenn den eingetretenen Gcwert- schaftlern in dem Kompromißvorschlag nicht der subjektive Streikbruch zum Vorwurf gemacht wird. Ferner muß noch festgestellt werden, daß die Leipziger Partei genauen sich der allgemeinen Verurteilung, welche ihr Beschluß, erfahren hat, wonach die Einstellungen und Entlassungen in Leipziger Parleigeschäften neben der geschäftlichen Tüchtigkeit auch die Partei thätigkeit zu berücksichtigen sei, gefügt haben, indem sie diesen Be- schluß ausdrücklich aushoben. Wenn die Leipziger Parteigenossen aus diesem ihren Beschluß nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen und den Vorschlag des Fraktionsvorstands nicht augenomiuen habe», wenn ferner die Leipziger Parteileitung nunmehr den Vorschlag macht, nur etiva 10(und nicht, ivie mir kürzlich berichteten, die Hälfte oder Zwei drittel) der früheren Setzer wieder einstellen zu wollen, so miß> billigen wir dieses Verhalten der Leipziger Genoffen durchaus. Der Buchdruckerverband hat ein Recht aus Wieder- einstellung aller seiner früher in der„Leipziger Volkszeitung" be schäftigten Mitglieder, soweit er nicht in de» Vergleichsverhandlungen freiwillig auf einen Teil dieses Rechts verzichtet hat. Wenn der Leipziger Volkszeituug" größere finanzielle Verbindlichkeiten aus dieser Situation entstehen, so muß sie diese Folgen ihres Fehlers tragen. Aus dem endgültigen Scheitern der Verhandlungen der Gesamt- Partei einen Strick drehen zu wollen, ist schlechterdings unmöglich; nur die inobjektive, blinde Wut der Soldschreibcr der Scharfmacher presse bringt solche Ungereimtheiten fertig. Wen» zwei sich streite»— erfährt man die Wahrheit! Der Verein deutscher Buchdruckereibesitzer, Sektion Sachsen, macht in dem„Zlvickauer Amtsblatt" folgendes bekannt: „Es ist in den Kreise» der Buchdruckereibcsitzer und Zeitungs Verleger von Zwickau und Umgebung allgemein bekannt, daß die Druckerei des„Zwickauer Tageblatts" sowohl auf dem Drucksachen- wie auf dem An zeige»gebiete eine Kon kurrenz bereitet, wie sie nur noch in den Abonnementspreisen der indem letzten Jahrzehnt entstandenen sogenounten General- anzeiger -Presse ein Beispiel findet. Während aber diese Gcneralanzeiger-Prefse die Konkurrenz meist auf Kosten des eignen Geldbeutels betreibt, in der Hoffnung, durch spätere Preiserhöhungen ihrem Schaden wieder beizutoninien, thul dies das„Zwickauer Tageblatt" auf Kosten der Arbeitslöhne, denn es bezahlt seinen Gehilfen so niedrige Löhne. wie sie nur in wenigen gleichartigen sächsi schen Druckereien wieder vorkommen. Eine Konkurrenz auf Kosten der Arbeitslöhne ist aber entschieden zu mißbilligen und wir glauben, daß die ver- ehrlichen städtischen und Gemeindeverwaltungen nach Kenntnis »ahme hiervon auch auS diesem Grunde Veranlassung nehmen werden, daS Anerbieten deS„ZwickauerTageblattS zurückzuweisen. Im Interesse eines reellen GewerbcstandS und der Anfrechterhaltung f o li d e r Geschäftsgrundsätze hielten wir uns für verpflichtet, den verehrlichen Verwaltungen diese Mitteilungen zu machen und erklären unS auch jederzeit bereit, die Beweise für unsre Angaben zu erbringen." Aus Liebe für die Arbeiter wird dieser Kampf gegen daS„Tage blatt" ja nicht geführt, sondern, wie ja auch gesagt, um die illoyale Konkurrenz zu beseitigen. Auch NencS haben die Arbeiter durch diese Bekanntmachung des UnternehinerverbandS nicht erfahren, aber das längst Bekannte ist als Wahrheit bestätigt worden. Zur Aussperrung auf der Eeebeckschen Werft in Bremer- Häven. Die Firma hat in einem Schreiben an den Borsitzenden des dortigen GewerbegerichtS dieses als EinigungSamt abgelehnt. Die Firma sucht nun durch Inserate und auch brieflich im In- und Auslände Ersatz zu erhalten. Zuzug von Monteuren, Maschinen- dauern, Eisen- und Metalldrehern usw. ist dringend fernzuhalten. Ausland. AuS der Schweiz . Die Uhrenarbeiter in Biel hatten im November mit den Fabrikanten eine Vereinbarung über die Arbeits« Verhältnisse getroffen und darin die Bestimmung aufgenommen, daß für deren Verletzung durch die Fabrikanten demelben eine Buße bis zu S00 Fr. auferlegt werden kann. Da sich bald darauf drei Fabrikanten einer solchen Verletzung schuldig machten, legten 60 Arbeiter die Arbeit nieder und nahmen sie erst wieder auf. nach- dem jeder der drei Sünder 200 Fr. zu Gunsten der Gewerkschafts« lasse gezahlt hatte. Ein ebenso seltener wie interessanter Vorgang. Im Antwerpeuer Hafen ist die Situation noch ziemlich dieselbe: die Arbeiter halten fest zusammen. Die Borarbeiter haben sich, obwohl sie zum Teil einen sehr guten Verdienst haben, den Arbeitern angeschlossen; sie haben eme besondere Liga gebildet und beschlossen, die Arbeit der Streikenden nicht zu übernehmen. Einige Schiffe lassen ihre Ladungen durch ihre Besatzungen löschen, diese haben aber ebenfalls in den meisten Fällen die Arbeit verweigert. Die Unternehmer begaben sich zum Bürgermeister von Antwerpen , um ihn zu veranlassen, gegen die Streikenden einzuschreiten und ihnen den Umzug im Hasengebiet zu verbieten. Streikbrecher sind nur in ganz geringer Anzahl vorhanden; eS sind einige Landleute auS dem Nordland. Bauarbeiterschutz. buna erlassen woroe Sociales. In D r e s d e n ist ein« neue MatSbekannt« machung erlassen worden zum Schutze der Bauarbeiter. Sie trifft Anordnung über Baubuden und UntcrkunftSräume und deren Be- schaffenheit; geordnet wird Höhe, Flöchenraum, Bedachung, Uni- Wandung, Fenster, Reinigung, Heizung und Sitzeinrichtungen. ES wird ferner die Beschaffung von besonderen Aborten und deren Beschaffenheit vorgeschrieben sowie Vorschriften über die CoakSfeuer und die Anbringung von Fenstern auf dem Bau zur Winters- zeit gegeben. Ueb'cr die Beschäftigung von Arbeiterinnen wird gesagt: „Werden Arbeiteriimen auf Bauten beschäftigt, so sind ihnen abgesonderte Unterkunftsräume und Aborte zur Verfügung zu stellen. Auf Gerüsten dürfen Arbeiterinnen nur dann beschäftigt werden. wenn die Stockwerke durchaus dicht mit Brettern belegt und unter« einander nicht durch Leitern, sondem durch schiefe Ebenen ver- Kunden sind."_ Als Strafen werden Geldstrafen bis zu 1000 M., Haftstrafen bis zu 6 Wochen oder Bauverbot angedroht. Die Bauarbeitcrschutz- Kommisston in Lübeck hatte an Senat und Bürgerschaft eine Petition gerichtet um Erlaß von Schutz- Vorschriften. Die Petition ist den lübische» Behörden und dann der „Bauhütte" zur Begutachtung übergeben worden. Diese hat in einer Versammlung darüber verhandelt und dabei hat man sich dahin auSgc- sprachen, daß unmöglich etwas Gesetz werden könne, was der Staat selbst nicht befolge. Namentlich beziehe sich das auf die Baubuden. Die staatlichen Arbeiter, die Außenarbeit verrichteten, seien bei schlechter Witterung ohne jeglichen Schutz, während für die baugewerk« lichen Arbeiter in dieser Hinsicht schon jetzt„gesorgt" sei. Wir bezweifeln sehr, daß schon jetzt fürlden Schutz der Bau- gewerklichen ausreilbend gesorgt sein sollte. Der lübische Staat aber wird gewiß nicht zögern, die Vorwürfe der Bauunternehmer gegen ihn gegenstandslos zu machen. Der SechSuhr-Ladcnschluß in Finnland . Während die Ber - liner Manchesterleute den Untergang Berlins infolge deS Nennuhr- Ladenschlusses prophezeien, berichtet man aus HelsingforS , daß die dortigen Manufaklurwarenhändler beschloffen, den SechSuhr- Ladenschluß einzuführen, und zwar soll der ganze Arbeitstag der Angestellten nicht mehr als 9 Stunden betragen. gemeinsame beantragten China . Unterzeichnung der Note. Die Gesandten haben am 20. Dezember die Note an China unterzeichnet, mit dem von England Zufatz, die Räumung von Peking und Pet schilt so lange abzulehnen, bisChina sich den Forderungen der Mächte gefügt habe. Der amerikanische Gesandte Ivar durch ein Telegramm seiner Regierung, welches ihn aufforderte, auf eine nochmalige Abänderung der Note zu dringen, an der Unterzeichnung derselben verhindert worden. Er hat dem- nach seine Unterschrift noch verschoben, glaubt indessen, daß die Negierung in Washington nicht auf ihrem Verlangen be- stehen ivird. Anscheinend wäre damit die Einigkeit der Mächte hergestellt, sofern Amerika sich nicht länger gegen die Unterzeichnung sträuben sollte. Aber selbst wenn das geschieht, was noch abzuwarten bleibt, kann die niühsam erzielte Einigkeit bei der ersten Gelegenheit Ivieder aus dem Leim gehen. Sind doch die Forderungen der Note, die z. B. s ch w e r st e Bestrafung der Hauptschuldigen und eine a n- gemessene Entschädigung verlangt, derart von Kautschuk, daß jede Macht sich in jedem Augenblick mit den andren entzweien kann. Und wenn nicht alles trügt, wird der Hader auch bald genug wieder entbreiiiien. Der Kaiser von China auf dem Wege nach Peking . Die„Frankfurter Zeitung " meldet aus Tientsin vom 21. De« zember: Prinz Tschings Dolmetscher erzählt, daß der Kaiser ohne die Kaiserin Hsianfu am 19. Dezember verlassen habe, um sich nach Peking zu begeben. l�heakev. Deutsches Theater.„MichaelKramer". ein Künstler« drama von Gerhart Hauptmann . Der erste Akt wurde ziemlich schweigsam aufgenommen, der zweite fand regen Beifall, der dritte wurde mit Fug und Recht unter Totenstille begraben und der letzte endlich teilte das Publikum in zwei Lager, von denen sich schließlich die Beifallsfreudigen als die Stärkeren er« wiesen. Es wurde gezischt, aber die Zischer drangen nicht durch. Soviel über den äußeren Erfolg. Wir wissen uns in uusrer künstlerischen Wert« schätzung vom Erfolg unabhängig. Seitdem es aber zu einer früh« licken Gewohnheit geworden ist, über die Aufnahme von Dramen gefälschte Geschäfts- Telegramme in die Welt zu senden, gehört auch ein Bericht über die Stimmung des Publikums zu den Pflichten der Kritik. Um nicht mißverstanden zu werden, bemerken wir ausdrücklich, daß wir hierbei mit keinem Gedanken an Hauptmann denken.„Michael Kramer" ist, künstlerisch be- trachtet, wiederum ein Rückschritt, selbst gegen den„Fuhr- mann Henschel". An die„Weber" etwa darf man gar nicht denken. Trotzdem interessiert der letzte Akt der Dichtung, weil Hauptmann hier etwas versucht, waS er künstlerisch bisher nicht versucht hat— er bemüht fich, die Wirkung des ganzen Akts durch abgeklärte Betrachtungen zu bestreiten. Damit versucht er die Grenzen seines künstlerischen Reichs zu erweitern und er bringt eS auch in einigen Momenten zu einer weihevollen Stimmung. Im allgemeinen freilich zeigt er mehr die Grenzen seines Reichs, als daß er sie erweitert. Nichtsdestoweniger ist uns sein Wollen shm- pathisch. Unter den Schauspielern, die im Vordergrunde standen, war K a y ß l e r bedingungslos brillant. Reinhardt's Leistung in der Titelrolle läßt sich nicht mit einem oder einigen Worten ab- thun. Nähere? morgen._ E. S. Uetzke MnchVichtvtt und Depeschen. Vom Kriegsschauplatz in Transvaal . London , 21. Dezember. (W. T. B.) Ein Specialkorrespondcnt deS„Reuterschcn Bureaus' beschreibt in einem Telegramm ans Thabanchu von, 16. Dezember den Rückzug De WetS und sein Durch- brechen der Thabanchu- Linie, als er sah, daß sein Versuch, in die Kapkolonie einzudringen, hoffnungslos war. Der Korrespondent sagt: Es war ein prächtiges Sckiauspicl. als die Boerenarmee von un- gefähr 2500 Mann durch Springhaan Nek in offener Ordnung zu galoppieren begann. Es war ein bewundernswertes Wagestück, wie Steijn und Pict Fourie unter dem unnushörlichen feuern der britischen Geschütze und Gewehre den Angriff leiteten. Der Erfolg war vollständig, obgleich die Boeren 2 Kanonen und 2ö Gefangene verloren haben. Johannesburg , 20. Dezember. (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Die Boeren haben Zuurfontein auf der Bahnlinie zwischen hier und Pretoria Dienstagnacht angegriffen, wurden aber zurückgeschlagen. Die Engländer hatten keine Verluste. Kapstadt , 21. Dezember. (Meldung deS„Reuterschen BnremiZ".) Binnen kurzem wird in den Distrikten Stellenbosch , Worcester und Wellington das Kriegsrecht proklamiert werden. Verantwortlicher Redacteur- Paul John in Berlin . Für den Inseratenteil verantwortlich: Tb. Glocke in Berlin . Druck und Verlag von Max Babing in Berlin . Pose», 21. Dezember. (W. X.©.) Der Reichstags- und Landlagsabgeordnete, AmtsgerichtSrat Motty, ist heute gestorben. Budapest , 21. Dezember. (B. H. ) Die hiesigen Schriftsetzer ordern Verminderung der Arbeitszeit sowie Lohnerhöhung und drohen im Fall der Nichtbewilligung dieser Forderungen in den Streik zu treien. Paris , 21. Dezember. (W. T. B.) In einer halbamtlichen Note wird erklärt, daß Major Cuignet, welcher gegenwärtig wegen seiner Insubordination gegenüber dem KriegSmimster eine Disciplinar» strafe auf dem Moni Valerien verbüßt, dort bis zum Beginn seines Prozesses in Haft bleiben werde. In der Wohnung CnignetS wurde heute nachmittag im Austrage des Platzkommandanten eine Haussuchung vorgenommen, wobei eine Anzahl Papiere beschlag- nahmt wurde. PariS , 21. Dezember. (W. T. B.) Der Kriegsminister hat den Major Cuignet mit 60 Tagen Festungshaft bestraft. Genna, 21. Dezember. (B. H. ) Die Situation verschärft sich. Heute stellten die Straßenhahn-Angestellte» und die Bahnhofs- arbeiter den Dienst ein, so daß jeder Handel stockt. Tie Schiffe verlassen den Hafen, um»n Marseille ihre Ladungen zu löschen. Hierzu S Beilagen