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Ur. 300. 17. Jahrgang. 1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Dienstag, 25. Bezember 1900.

Der französische   Gesetzentwurf zur Regelung gewerblicher Streitigkeiten."

Die eine Regelung der Streits bezweckende Gesezesvorlage, welche der socialistische Handelsminister im französischen   Parlament eingebracht hat, wird im vorliegenden Wortlaut kaum die Zu stimmung der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter finden können. Es läßt sich nicht leugnen, daß das geplante Gesez in mancher Be­ziehung einen Fortschritt gegenüber den gegenwärtigen Zuständen bringen würde. Dieser Fortschritt liegt aber mehr auf theoretischem

Gebiete.

Durch das Gesetz würde:

geringen Ausnahmen der inneren Festigkeit, welche die Voraussetzung schaffen will, die in Berufen, in welchen gute Gewerkschaften be

bon

führen kann.

"

spricht, daß die gewerkschaftliche Organisation in Frankreich   un unter dem Gesetz entwickeln. Es kann dies nicht anders sein, weil genügend ist, denn thatsächlich scheinen die Syndikate mit das Gesetz für den Abschluß des Arbeitsvertrags Institutionen für ein erfolgreiches Wirken ist, zu entbehren. Es ist aber ein stehen, schon durch Einrichtungen überholt sind, die den Abschluß Irrtum, anzunehmen, das vorliegende Gesetz würde die Syndikats- eines Kollektiv- Arbeitsvertrags in weitergehendem Sinne, als er in bildung fördern. Vielmehr steht zu befürchten, daß es geeignet ist, der Gesetzesvorlage zum Ausdruck kommt, ermöglichen. die Entwicklung der Gewerkschaften zu hindern, indem es zur Bildung Das Gesetz würde es ferner auch den Arbeitern unmöglich Interessentengruppen innerhalb einer Berufsorganisation machen, einen Sympathiestreik, oder wie er amtlich in Deutschland  genannt wird, Mitstreit" herbeizuführen. Wenn von einer Nicht ohne Grund erklären die Unternehmer bei Differenzen Gewerkschaft in einem Orte Forderungen aufgestellt und den sämt mit den Arbeitern, nicht mit dem Vorstand der Gewerkschaft oder lichen Unternehmern zugestellt werden, so würden, wenn die letzteren der Lohnkommission, sondern mit den im eignen Betriebe be- nicht organisiert sind, einzelne bewilligen, andre es zum Streit schäftigten Arbeitern unterhandeln zu wollen. Sie wissen, daß der fommen laffen. Es kann sich nun aber notwendig machen, daß auch 1. vom Staate principiell anerkannt werden, daß die Arbeiter persönliche Einfluß, welchen sie auf die von ihnen Beschäftigten in den Betrieben, in welchen die Forderungen bewilligt sind, die das Recht haben zu streifen, um ihnen durchführbar erscheinende ausüben, dazu beitragen kann, die Forderungen der Arbeiter ab- Arbeit eingestellt werden muß, um die Unternehmer zu zwingen, auf Arbeitsbedingungen zu erzwingen; zuschwächen. Die Arbeiter werden mit Rücksicht auf besondere ihre widerstrebenden Kollegen einen Druck auszuüben, 2. die Arbeiterschaft darauf hingewiesen, die ihre Lebenslage Betriebseinrichtungen, die nicht der Neuzeit entsprechen, an die sich damit sie den Forderungen der Arbeiter nachgeben. Unter einem berührenden Fragen gemeinsam zu beraten, Solidarität zu üben die Arbeiter des Betriebs aber als an etwas una bänderliches Gesez, wie das vorliegende, wäre aber eine solche Arbeitseinstellung und sich den Beschlüssen der Majorität zu fügen; gewöhnt haben, bereit sein, die von der Gewerkschaft aufgestellten ohne eine Vertragsverlegung, welche die erwähnten nachteiligen 3. der Streifbruch zu einer unehrenhaften Handlung er- Forderungen einzuschränken, weil hier nach ihrer Meinung ein be- Folgen nach Artikel 29 für die Arbeiter haben würde, nicht durch­sonderer Fall vorliegt. Die Folge davon wären Auseinander- führbar. 4. den Arbeitern eines jeden Betriebs, für den das Gesez fegungen in der Gewerkschaft darüber, daß die erstrebten einheitlichen anerkannt wird, eine gesetzliche Vertretung gegeben, welche von Arbeitsbedingungen von den Arbeitern einzelner Betriebe nicht dem Besitzer oder Leiter des Betriebs gehört werden muß und durchgeführt sind. Dies diente nicht zur Förderung der gewerk­fich infolgedessen auch einen Einfluß auf die Betriebsverhältnisse schaftlichen Organisation, sondern wäre ein Hindernis für dieselbe. fichern könnte. Deswegen darf unter keinen Umständen, wenn diese Materie Die Durchführung dieser Ideen ist so wichtig, daß man wohl einmal gesetzlich geregelt werden soll, der Abschluß des Arbeits­andre Bestimmungen des Gesezes übersehen könnte, wenn diese nicht vertrags den Arbeitern der einzelnen Betriebe, sondern er muß der geeignet wären, die Organisation der Arbeiterschaft zu hemmen und Berufsorganisation übertragen werden. Fehlt es in Frankreich   zur die Erreichung des wichtigsten Ziels der wirtschaftlichen Arbeiter- Beit noch an solchen Organisationen, so würde durch Uebertragung bewegung des tollettiven Arbeitsvertrags- au von gesetzlichen Vollmachten an die gewerkschaftlichen Vereinigungen

flärt und

hindern.

Der Handelsminister spricht zwar in der Begründung zu dem Der Handelsminister spricht zwar in der Begründung zu dem Gefeßentwurf davon, daß durch das Gesetz die Arbeiter an die Idee des kollektiven Arbeitsvertrags gewöhnt werden sollen. Er faßt aber diesen Begriff in viel zu engem Sinn auf. Das geht aus der ganzen Anlage des Gesezentwurfs deutlich hervor. Der Minister und seine Ratgeber scheinen das Princip des Kollektiv- Arbeitsvertrags schon dann als durchgeführt anzusehen, wenn die Arbeiter eines Betriebs den Vertrag gemeinsam formulieren und dieser von dem Unternehmer

oder Betriebsleiter anerkannt wird.

Die Gewerkschaften dagegen erkennen das Vorhandensein eines Kollektiv- Arbeitsvertrags erst dann an, wenn die Arbeitsbedingungen zwischen den organisierten Arbeitern eines Berufs und den Unternehmern für das ganze Staatsgebiet oder zum mindeſten für alle Betriebe einer Branche an einem Orte bereinbart sind.

Solche tollektiven Arbeitsverträge sind nicht nur in England, sondern in allen Ländern, in welchen die gewerkschaftliche Organisation nur einigermaßen Bedeutung erlangt hat, schon vorhanden. Auch in Frankreich   find solche Verträge zwischen den organisierten Arbeitern und Unternehmern schon geschlossen worden. Deswegen wäre es ein Rückschritt, wenn nunmehr durch Gesetz der Abschluß des Arbeits­vertrags nicht der Gewerkschaft, sondern den Arbeitern des einzelnen

Betriebs übertragen würde.

werden, während durch das vorliegende Gesetz deren Bildung eher Anregung zur Gründung und Vervollkommnung dieser gegeben

verhindert würde.

Es ist deshalb völlig unverständlich, daß der Syndikate, die hier an erster Stelle stehen sollten, in dem Gesetz gar nicht Erwähnung gethan wird.

Es ist immer eine heifle Sache, über Vorgänge in der Arbeiter­bewegung oder über Gesezesvorlagen im Auslande zu urteilen. Un ein völlig gerechtes Urteil abzugeben, ist eine größere Kenntnis der Landesverhältnisse erforderlich, als man sie sich durch gelegentlichen Aufenthalt im Auslande zu erwerben vermag. Im allgemeinen zeigt sich aber, daß die gewertschaftlichen Organisationen in allen Ländern in gleicher Weise sich entwickeln. Deswegen kann man wohl sagen, daß der vorliegende Gesetzentwurf auf die Gewerkschaftsbewegung in Frankreich   ebenso nachteilig wirken würde, als dies in Deutschland  der Fall wäre. Er ist in der grundlegenden Bestimmung ver­nicht an die in gleichem Maße für alle Betriebe daran interessierten fehlt und überträgt die Vollmacht zum Abschluß des Arbeitsvertrags bereinigten Berufsgenossen, sondern an Einzel­gruppen derselben. Die günstigen Wirkungen theoretischer Natur wiegen diesen Nachteil nicht auf.

Anscheinend find die Syndikate vor der Ausarbeitung des Gesetz Daß in dem Artikel 11 des Gesetzes gesagt ist, die Vertreter entwurfs nicht gehört worden, was unbedingt erforderlich gewesen der Syndikate können Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl von wäre. Oder es ist damit zu viel gerechnet worden, das Gesetz auch Delegierten in einem Betriebe erheben, kann nicht als eine Einfluß- für die Unternehmer annehmbar zu gestalten. Diese werden auf nahme der Gewerkschaften angesehen werden. Auch die Bemerkung Grund ihres vermeintlichen, Herrenrechts" sich mit aller Ge­in der Begründung zu dem Gesetz, daß den Syndikaten insofern ein walt gegen den Abschluß des Arbeitsvertrags durch die Arbeiter­Einfluß bei den Streits gesichert fei, als sie es sind, welche die organisation so lange wehren als nur irgend möglich. Daß sie der Mitglieder des bei einem Streit als Schiedsgericht anzurufenden fortschreitenden Entwicklung nicht dauernd Widerstand zu leisten ver­Arbeitsrats wählen, ändert nichts an der Thatsache, daß der Ab- mögen, zeigen die Erfolge, welche die Gewerkschaften auf diesem schluß des Arbeitsvertrags betriebsweise und nicht durch Gebiet schon erreicht haben. Und weil diese Erfolge vorliegen, so die Korporationen zu erfolgen hat. Der Unternehmer ist bätte und mußte von dem Parlament die Anerkennung des von den dadurch gesetzlich nur an das gebunden, was er mit den bei ihm Be- Gewerkschaften verfochtenen Princips verlangt werden. War dies schäftigten vereinbart und kann die Einmischung einer Gewerkschaft nicht zu errreichen, dann blieb nichts andres übrig, als mit größerem Rechte abweisen, als dies heute geschieht. die gewerkschaftlichen Vereinigungen der Arbeiter mit allen gesetzlichen Mitteln zu fördern und sie so zu stärken, daß sie die Unternehmer zur Anerkennung dieses Princips zwingen konnten. Es ist dies der langsamere und für die Arbeiterschaft opfer­reichere Weg, er muß aber gegangen werden, weil nur dadurch den Unternehmern klar werden kann, daß der Absolutismus im Betrieb eine vorübergehende Erscheinung iſt.

Zu welchen Konsequenzen dies führen kann, mag an einem Beispiel dargestellt werden.

Nehmen wir an, die Buchdruder Frankreichs   hätten eine Tarifgemeinschaft wie ihre Kollegen in Deutschland  . Ein Unternehmer verlegte die Vertragsbestimmungen und das für Das aber soll durch den Gesezentwurf geschehen und deswegen den Betrieb eingesetzte Schiedsamt entscheidet, entgegen der Auf­fann er die Zustimmung gewerkschaftlich organisierter Arbeiter nicht fassung der centralen Behörde, des Tarifamts, aus irgend welchen finden. Der Handelsminister mag stillschweigend vorausgesetzt Gründen lokaler oder persönlicher Natur zu Gunsten des Arbeit haben, daß die Arbeiter sich ihrer Gewerkschaft anschließen und in gebers. Dann hätte nach Art. 20 des Gefezes das Personal weiter diefer sich erst verständigen werden, ehe sie ihre Forderungen zu arbeiten. Treten nun die Verbandsmitglieder, welche den Tarif formulieren und den Leitern der einzelnen Betriebe unter für verlegt halten, gemeinsam aus dem Betrieb aus und lassen ihn handlungen vorauszugehen haben, und daß der Streit auch dann breiten werben. Er muß diefes vorausgesetzt haben, weil in dem Gesetz wohl das Recht der Arbeitseinstellung und schuldig und haben nach§ 29 des Gesetzes das Recht ver­in dem Gesetz wohl das Recht der Arbeitseinstellung und sperren, so machen fie fich einer Durchbrechung des Vertrags die Pflicht an ihr teilzunehmen ausgesprochen, nicht aber gesagt ist, wirft, in den nächsten drei Jahren eine Bertrauens­von welcher Seite die Mittel kommen sollen, die im Streit Befind- stellung in ihrer Organisation zu bekleiden oder sonst eine Ver­lichen zu unterstützen. Auch darin hat der Minister recht, wenn er tretung der Arbeiter zu übernehmen. Die Unternehmer würden, mit einer gewissen Jronie in der Begründung zu dem Gesetz davon wenn sie sich überhaupt noch auf Abschluß eines Arbeitsvertrags mit *) Der Artikel ist vor Erscheinen der mit Parvus und h. w. der Arbeiterorganisation einlassen, ihren Einfluß geltend machen und gezeichneten, die gleiche Materie behandelnden Auffäße geschrieben recht oft solche Situationen herbeiführen und auch eine gute Gewerk­und ist deshalb auf die in diesen Auffäßen enthaltenen abweichenden schaft würde dem nicht immer vorbeugen tönnen. Meinungen nicht eingegangen.

Christliche Gleißner.

Hier ist nicht der Ort, und dies ist nicht der Tag, zu unter­suchen, ob die Evangelien Geschichtsquellen sind, ob Ritschl, Harnad und ihre Schule der älteren Kritit das Wasser abgegraben haben oder nicht. Wir lassen diesen Streit auf sich beruhen und nähern uns einmal den evangelischen Berichten ohne die Absicht, für oder gegen ihre geschichtliche Wahrheit Partei zu er greifen und etne Entscheidung zu fällen. Je ficherer wir uns aber der Boreingenommenheit entäußern, je freier und un­befangener wir an die vier Schriften herantreten, desto schärfer hören wir aus ihnen die revolutionären Anklagen wider die Gesellschaft unsres 8eitalters.

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Solche und ähnliche Verhältnisse würden sich notwendigerweise

Eine Besprechung der einzelnen Bestimmungen des Gesezent wurfs dürfte sich erübrigen, wenn dieser in seiner Grundlage vom gewertschaftlichen Standpunkt aus als verfehlt angesehen werden muß. Die Bestimmnugen darüber, daß der Arbeitseinstellung Ver­Arbeitern offenbar Unrecht geschehen ist, entsprechen dem, was die nicht in der ersten Aufwallung beschlossen werden soll, wenn den fortgeschrittenen Gewerkschaften in ihren Statuten und Regle­ments festgelegt haben. Die peinliche Detaillierung, welche die Bestimmungen über das Wahlverfahren aufweisen, laffen erkennen, daß wohlmeinende Theoretiker den Plan ents worfen haben und sie der Meinung waren, daß den Arbeitern am besten gedient sei, wenn hier alles hübsch reglementiert würde. Nötig sind aber diese Detaillierungen nicht, wohl aber geeignet, das Ver­ständnis für das Gesetz und seine Handhabung zu erschweren.

heute. Unter den Lebenden ist keiner, der so treu und unbefangen den Geist und Inhalt der Evangelien und das System des Nazareners wiedergiebt, wie Tolstoj  . Nur in einem deutet Tolstoj  hinzu: Die Berichte der Evangelien über die Lehre von Mann und Weib, die geschlechtliche Ethit, sind unklar und verworren. Vor allem aber: nach den Evangelien wir bes es immer wieder, denn von dieser Voraussetzung allein reden wir nach den Evangelien

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Freilich, er hütet sich, wenn er seine Homilien bält und Texte aus der Bibel herauszieht, diese den Evangelien zu entnehmen. Das alte Testament mit seiner derberen Ethik scheint ihnen dazu ge­eigneter. Wie Cronwells Kriegern, so ist auch unsern christlichen Welt politikern der eifernde Jehovah weit mehr wahlverwandt, als der Nazarener, der das Leiden für stärker und siegreicher hält, als die That. Das aber ist eben der zum Gelächter herausfordernde tonen Selbstbetrug, der die absoluten Gegensäge zwischen einer Judith, die ein aus Triumphlied fingt, weil sie den Feind ihres Volts mit ihren Reizen ge- hat allerdings der Nazarener nicht die Revolution gepredigt, fangen und im Schlafe ermordet hat, und dem Lamm, das zur aber er war ebenso weit entfernt, noch viel weiter Schlachtbank sich führen läßt, dem Nazarener, nicht spürt. Eben jene, fogar von dem geringsten Respekt vor der Macht die Länder und Meere umziehen, um ein Blutbad der Nache anzu und den Machthabern. Nach den Evangelien hat der richten, meinen die echtesten Schüler des Propheten von Nazareth   zu Nazarener manchmal ein derbes Scheltwort gebraucht, aber nur sein und schwelgen in Andacht, an seinem Geburts gegen die Mächtigen. Nach den Evangelien hat er feste der alte Hymnus erneut wird: Ehre sei Gott   in der Höhe den Gewalthabern Ausdrücke, wie Schlangenbrut"," Gräber voll und Friede allen Menschen von gutem Willen", oder gar nach dem Dreck" an den Kopf geworfen und mit Vorliebe nennt er sie Hypo­Heuchler, Schauspieler. Die amtliche Welt falschen in Deutschland   angenommenen Text: Friede auf Erden und kriten von damals muß ihm nach den evangelischen Berichten den Menschen ein Wohlgefallen. als ein Rattenkönig von Schauspielerei und Heuchelei erschienen sein. Sie muß also der christlichen" europäischen Staatswelt sehr ähnlich gewesen sein.

wenn

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Wir reden nicht von der Vergangenheit, nicht von der Geschichte der Kirche, nicht von jenem geschichtlichen Augenblic vor und nach Julian dem Apostaten, nach dessen Tode die Fanatiker von Rom   auf das Kapitol eilten und unter dem Schlachtruf Christus ist Sieger" Buddhas Leben ist mit Recht als melancholische Gemüts­die Denkmäler der Heidengötter verwüsteten die Lebensäußerung frankheit" bezeichnet worden, wenngleich diese Kritit nur einen Teil, einer Macht, die aus der Verfolgten zur Verfolgerin geworden war. Wir eine Seite von ihr begreift. Was die Evangelien als das reden von dem, was heute ist. System des Nazareners überliefern, mag als Askese oder als un- Die evangelischen Berichte erzählen nur einen aber vor Fall, in dem der Nazarener über einen einzelnen ein hartes Wieder geht ein Staatschristentum um, ein Religionswesen von befangene Weltauffassung gedeutet werden können, jener Art, die La Bruyère   als höfische Devotion schildert: Devot einer Deutung hätte es sollen gesichert sein, vor der staats- Schimpfwort sagt der Satan", der dem Petrus appliciert sein ist, wer unter einem Spötter von König ein Spötter sein würde"; tirchlichen, weltpolitischen, die jenes System zur Magd der soll, ist offenbar nicht an Petrus   selbst gerichtet, sondern anders zu " Ein Gottesdienst in Versailles  : Der König niet allein, die andren Gewalt erniedrigt hat. Es erscheint auf den ersten Blick verstehen. In jenem einen Falle ist es ein König, der den daß stehen; es scheint, als ob der König allein Gott, die übrigen aber seltsam, gerade diese Deutung bislang Schimpf einstecken muß, Herodes  :" Saget dem Fuchs" usw. ben, Rönig anbeten";" Man hofft, daß die Frömmigkeit des Hofes die herrschende gewesen ist und amtlich noch Nach den Evangelien war also der Nazarener ein trasfer nicht umhin tönne, die Residenz zu inspirieren." gilt, während die bessere Deutung verfolgten Setten und Majestätsbeleidiger. Man hört in den Kirchen an staatskirchlichen Festen hoftheologische Es scheint nach diesen Proben, daß die frommen Höfe einander Märtyrern überlassen blieb. Schon zu Anfang des 18. Jahrhunderts außerordentlich ähnlich sehen. Wer erkennt nicht in diesen Be- hat ein hervorragender Theologe eine Kirchengeschichte geschrieben, Reden über den Ausspruch: Gebet dem Kaiser was des Kaisers ift". obachtungen aus Versailles   das Berlin   des vierten Friedrich Wilhelm um zu beweisen, daß der Nazarener immer nur von den Sekten Man muß lächeln, wenn man ihre Reden hört. Denn der Ausspruch ift ganz offenbar, wie man ihn in den Evangelien findet, wieder? Und heute? Theologie und Hunnenpredigt, Kreuzzug und und Keßern verstanden worden sei. Weltraub, heiliger Krieg und der Cynismus wölfischer Begierde find Ein anglikanischer Geistlicher, der in England und Deutschland   ein verachtender:" Siräubt Euch doch nicht umsonst, den zu einem so widerlichen Gemisch zusammengerührt, daß selbst fast berühmt" ist, Robertson, meint, der Prophet von Nazareth  , wie Dred, den Mammon nach Rom   zu schicken, Euer Herz aber, fromme Theologen, die nicht gewiffenlos und schamlos genug sind, er nach den Evangelien erscheine, sei den Staatsfrommen und das einzig Wertvolle an Euch, will Gott  !" ihren Rock von dem einen und ihre Moral von einem andren Ge- Machthabern seiner Tage als der gefährlichste Umstürzler und Bekanntlich ist nach den Evangelien der Phrophet von Nazareth   als Aufrührer gekreuzigt. An dem Tage, an dem werbe zu nehmen, in den Spalten dieser Zeitung Protest erheben, Anarchist erschienen und habe ihnen so erscheinen müssen. und daß andre an Gerichtsstelle als Zeugen ihren Widerspruch gegen alte Mißdeutung Triumphe feiert und Softheologen die unan- als Ohne Zweifel hat Robertfon recht. Und wenn heute noch die man die Geburt dieses Propheten feiert was liegt näher, daß wir aus den Quellen, auf die sich die Hoftheologie laut werden lassen. des Volts berufen, erweisen, Aber dieser Widerspruch verhallt ohne Wirkung. Die Welle genehmsten Anstrengungen machen, den Heliand, der als eine Art unsre Feinde, die Feinde der Nazarener, eben nach jenen für unfre der Heuchelei geht über das Land, und nationale" Ritter und Haudegen durch die Welt zieht, zu erneuern, so vermögen daß Schwärmer, die auf dem Puntte angelangt find, aus fie es nur, weil ein Rest von Glauben die Evangelien mit den Gegner heiligen Berichten ein Feind, ein Verächter der Gewalt­Betrogenen zu Schelmen zu werden, meinen auch diese zahlreichen Büchern der Bibel, mit den so ganz anders gearteten haber, ja sogar der Besitzenden und ein Freund der Armen gewesen, trübe Belle befahren und benutzen zu dürfen. Briefen Sauls   von Tarsus und gar mit der Offenbarung Johannis daß ihm das Kapital, der Mammon als Sünde und schmählich ers Will man diesem Sput zu Leibe gehen, so find gewiß die zu einem Ganzen verschmelzt, während doch Luther jogar schienen ist! Waffen menschlicher Erkenntnis, des Wissens, der die Widersprüche erkannte und über Jakobus seine Blutwurst" ebenso Mögen unsre Gleißner der Staatstheologie fortfahren, die Welt der Beschränktheit etwas andres zu lehren, die Aufklärung Erfahrung hinreichend, um ihn dem verdienten Gelächter spottete, wie über den Brief des Jakobus. preiszugeben. Aber ist es nicht ebenso angemessen, auf Sind die Evangelien Geschichtsquellen, sind sie pocht an die entlegenften Thore, und die Evangelien selbst bie Quellen zurüdzugreifen, die eben jener fromme Betrug" auch nur die oberste Quelle der christlichen Religion, so ist diese müssen ihr zur Waffe werden, die hypokriten für sich in Anspruch nimmt? Religion ein vernichtender Protest gegen die Staatsreligion von zu entlarben.

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xy.