nationalen Chauvinismus gegeben; jede neue Wahl hat demParlament Leben und Kraft genommen. Das Parlamentwird zusammentreten, einige vergebliche Gehversuche anstellenund nach zwei, drei Wochen wird es wieder entkräftet zuBoden sinken. Dann wird man mit dem Z 14 wieder dasLoch stopfen, und so wird sich an die vier Jahre des Elendsund der Schmach ein neues und wieder ein neues anreihen.**Das Wahlergebnis wird durch das„W. T. B." folgendermaßenmitgeteilt;Von den am Donnerstag zur Besetzung gelangten 47Neichsrats-Mandaten der allgemeinen Kurie in den verschiedenen Kronländernhatten die Socialdemok raten 12 inne. Sie verloren inBöhmen 6, in Mähren und Steiermark je 1, gewannen dagegen inNiedcr-Ocstreich 3, in Schlesien 1 und gelangen in Wien(2. Wahl-kreis) und Brünn(Stadt) in die Stichwahl. Die Jungczecfienhatten bisher neun Mandate in Böhmen, drei in Mähreninne; sie verloren in Böhmen definitiv zwei; das Ergebnisin Prag steht noch aus. Sie verloren in Mähren einMandat. Die czechisch- nationalen Arbeiter erobertenin Böhmen 4, in Mähren ein Mandat. Die Deutsch-Radi-k a l e n. welche bisher in der fünften Kurie ein Mandat inne hatten,verloren dasselbe an die Socialdemokraten; sie eroberten da-gegen in Böhmen 5 Mandate. Die deutsche Fort-schrittsvartei, welche bisher 2 Mandate in Böhmen inne-hatte, verlor einen Bezirk an die Dcntsch-Nadikalen undgelangt in Brünn mit einem Socialdemokraten in die Stich-wähl. Die katholische Volkspartei, welche bisher 5 Mandate innchatte, verlor eins. Die Christlich-Socialen ver-koren von ihren 10 Mandaten in Nicder-Oestrcich endgültig 3 undkonimen in zwei Bezirken in Stichivahl, in einem mit den Social-demokraten, im zweiten mit der deutschen Volkspartei.England am Abgrund.Die Situation in der Kapkolonie hat sich für England nochverschlechtert. Ueberall dringen die Boerenkommandos mitüberraschender Schnelligkeit bor. Zwei Drittel der Kap-k o l o n i e sollen bereits von. den Boercn überschwemmtsein, die die Bahnlinien nach K a p st a d t, PortE I i z a b e th und E a st London besetzt halten, de Aar undK i m b e r l e y isoliert und die Drahtverbindung mit dem englischenHauptquartier abgeschnitten haben. Sie stehen vor Grafreinet,C r a d o ck und Beaufortivest und fordern deren Uebergabe,sie haben Fraserburg erreicht, Ivohin in aller Eile alle ver-fügbaren englischen Truppen getvorfen worden sind.Daß England selbst für Kapstadt fürchtet, wird bestätigt.Angesichts der drohenden Haltung eines Teils derBevölkerung sind die Kriegsschiffe klar zu in Ge-f e ch t in Position gebracht worden, so daß ihre Kanonen denHafen und die Unterstadt beherrschen. Die Marinetruppen brachtenSchiffsgeschlltze an Land und besetzten die Arsenale. Die Garnisonsteht unter Waffen, die Straßen werden abpatrouilliert! In derStadt herrscht also Gänuig und die Boeren stehen nur noch vierTagemärsche entfernt IWird es den Boeren gelingen, die Kapholländer zurallgemeinen Erhebung zu bewegen? Die junge Generation derholländischen Kapbevölkerung soll bereit sein, sich dem Aufftandanzuschließen, während die ältere Generation sich nur schwer zukriegerischen Aktionen entschließen können soll. Kommt es zur all-genieinen Erhebimg, so kann England das Spiel getrost ver-koren geben, denn dann wird es ihm durch Aufgebot all seinerKräfte nicht gelingen, die Flammen zu ersticken. Reichte doch dienach Südafrika gerufene Viertelmillion Soldaten nichteinmal aus, mit den beiden Boerenrepubliken fertig zu werden.Von dieser Viertelinillion sollen nach Berichten der„NoivojeWrenija" freilich 60 000 verwundet oder krank sein und weitere75 000 den nicht mehr aktiven Schutztruppen zugerechnet werde»müssen, io daß die große Armee gewaltig zusammengeschmolzen istund sich völlig in die Defensive gedrängt sieht. Die nochim Kampf stehenden englischen Truppen sollen dazu völligkriegs unlustig fein. Nach den Auslassungen einesenglischen Offiziers im„Truth" haben die Kolouialtruppengemeutert und die Deomanrhs sind wütend darüber,nicht in die Heimat entlassen zu werden. Die ungeheurenStrapazen des Kriegs, der fortwährend Eilmärsche notwendig machtund den Truppen gar keine Zeit zum Verschnaufen gewährt, habender englischen Soldateska alle Kriegsbegeisternng ausgetrieben.Die Boerentruppen stellen dagegen nach den überein-stimmenden Meldungen aus Südafrika ein weit besseresMaterial dar. als zu Anfang des Kriegs. Die Lässigen und nurgeztvnngen den Krieg Mitmachenden sind ausgesondert tvorden; wasjetzt noch die Waffe trägt, gedenkt den Kampf bis zum Aeußerstenfortzusetzen, gleichviel, ob ihnen von außen Hilfe kommt oder nicht.Diese Kerntruppen sind, waS ihnen die Ueberlegenheit über dieEngländer verleiht, alle vortrefflich beritten und ohne alle hemmendeBagage.Korrespondenten behaupten, daß England IVVOVtt Mannfrischer Truppen nach Südafrika schicken müsse, um den Krieg zubeendigen. Bringe das England nicht fertig, so würden die Boerenden Krieg noch Jahre lang in die Länge ziehen. 100 000 Mannwird aber England, trotz der Versicherung der australischen Kolonie,abermals starke Truppenkontingente zur Verfügung stellen zu wollen.schwerlich aufzubringen vermögen.LordKitchener, der Schlächter von Onidurman, der durch dieSchule der Kolonialbrutalitäten gehärtete Kriegsknecht, verzweifeltbereits so sehr an dem Erfolg seiner bisherigen Taktik, daß er nun-mehr durch eine seinem Wesen ganz fremde Milde die Boeren zurWaffenniederlegung zu bewegen versucht. Er ist sogar unter dieRedner gegangen, um i» der Sitzung eines in Pretoria zu-sammengetrommelten Friedenskomitees die Boeren von der Aus-sichtSlosigkeit eines ferneren Widerstands zu überzeugen. Umseinem Liebeswerben mehr Nachdruck zu geben, hat er den Befehlgegeben, das fernere Niederbrennen von Farmen ein-z u st e l l e n. Obschon das Komitee, dem als Lockvogel auch einBruder Cronjes einverleibt worden ist, dem hohen Redner fürseine„Ritterlichkeit" gedankt und eine Resolution auf schleunigeEinstellung des Kriegs angenommen haben soll, dürften die imFelde stehenden Boeren diesen Sirenentönen wenig Beachtungschenken.—_Sie säen Wind und werden Sturm ernte».Mit diesen Worten schließt Dr. D i l l o n in der englischenZeitschrift„The Contemporary Review" eine Betrachtung über dasVorgehen der Mächte in China. Dr. Dillon ist Augenzeuge derScheußlichkeiten gewesen, welche die europäischen Soldaten nach derEinnahme von Peking vollführten. Mit„psychologischem Interesse"hat er die Grausamkeiten der Kulturträger verfolgt und leiden-schaftslos, kühl erzählt er sie seinen Lesern.Von Vorgängen in T n n g t s ch a u sprechend, sagt Dr. Dillou:„Mitten unter einer wehrlosen Bevölkerung, die bei dem Anblickeines Gewehrs, eines Revolvers bis in die tiefste Seele hinein vorFurcht erzittert, hat man ein Regiment des Schreckenserrichtet, für das jedes vernünftige Motiv fehlt. Selbstwenn sich alle Chinese» innerhalb der Mauern der Stadtgegen die Fremden empört hätten, wäre es diesen doch einleichtes gewesen, sie ohne große Anstrengung zu bewältigen. KeinesChinesen Leben oder Eigentum war auch nur einen Augenblick sichervor Vernichtung. Leute, mit denen ich noch zu Mittag gesprochen,lagen bei Sonnenuntergang schon in der Grube und kein Sterb-sicher wird jemals wissen, warum. Der Blutdur sthatte die Europäer wahnsinnig gemacht.—Der unbedeutendste, verächtlichste Bursche, der zufällig dasTageslicht in Europa erblickt. hatte unkontrollierteGewalt über Leben und Eigentum des gebildetsten Chinesen derStadt. Gegen seine Handlnngen gab es keinen Rekurs, kein Chinesewußte, was der nächste Augenblick ihm bringen konnte. Vielleichtwurde er zur Arbeit kommandiert, um nach 12, 14stnndiger Plackereizusammenzubrechen, vielleicht auch, daß er ohne weiteres nieder-geschossen wurde. Der Grund wurde ihnen nicht gesagt. Ich sah, wieein Ehepaar, das sich nach gethaner Arbeit nach Hanse begebenwollte, von den Soldaten festgenommen wurde. In einem kleinenBoote am nahen Fluß war Feuer ausgebrochen, sie waren dienächsten, die aufgegriffen wurden; bei der Fran fand man Streich-Hölzer, niemand, auch der BootSwöchter nicht, Haie sie bei denBooten gesehen, trotzdem— 15 Minuten später waren sie schoneingescharrt."An andrer Stelle erzählt Dr. Dillon(die englische Tages-zeitung, aus der wir citieren, scheut sich, die folgende Geschichte invollem Umfange wiederzugeben):„Was in des Himmels Namen ist das?" fragte ich eines Tagsmeinen Begleiter, als ich in dem Hause eines reichen Chinesen, derwohl jetzt in Abrahams Schöße lag, auf einem großen schwarzenKasten stieß. Es war in einem der größten Zimmer und dem dunklenWinkel entstieg ein scheußlicher Gestank.„Es sind die Mädchen,drei Mädchen!" sagte mein Begleiter, ein Europäer.„IhreLeichname liegen in dem K a st e n", erklärte er:„Wer schaffte sie da hinein?"„ES waren Offiziere!"„Sind Sie deffen ganz sicher?"„Jawohl, mein Herr! Ich war hier, als eS geschah!'„Sahen Sie die jungen Mädchen selbst?"„Jawohl! Es waren die Töchter des Besitzers dieses HanscS."WaS mit diesen jungen Mädchen geschah, ist hier nur angedeutet,aber es ist doch deutlich genug. Die europäischen Lüstlinge stilltenerst ihre Begierde und dann mordeten sie ihre Opfer.Dillon versichert, daß das, was mit diesen Mädchen geschah,ehe man sie tötete, noch vielfach auch anderwärts geschehen ist.„Ich kannte einen Mann sehr genau, mit dessen Frau in deroben beschriebenen Weise verfahren tvorden war und die dann mitihrem Kinde getötet wurde. Der Mann gehörte zu den„guten undloyalen Leuten", der sich mit den Christen aufs beste stand,aber wenn er jemals Gelegenheit bekommt, sich an den Fremdenzu rächen, wird er diese sich so leicht nicht entgehe» lassen. Ichkenne andre, deren Frauen und Töchter sich aufhängten oder sich anden Garteumauern den Schädel einrannten, um Schlimmerem zuentgehen. Die chinesischen Frauen sind fest davon überzeugt, daß ihnennichts Schlimmeres passieren könne, als lebendig in die Händevon Europäern uud Christen zu fallen.(!!R. d.„V.")Das Schlimmste ist, daß sie recht haben. Jawohl, Buddha undKonfncius haben ihre Märtyrer der Keuschheit, deren heroischeThaten keine Martyriologie jenials erzählen wird. Etliche dieserFrauen stürzten sich in das Wasser, uud, da dies nur bis an die Knieging, tauchten sie den Kopf unter das Wasser, bis der Tod das Siegelauf ihr Lebensopfcr drückte.... Aber viele dieser unglücklichen Ge-schöpfe sielen doch lebend in die Hände der verbündeten Truppen.Ich sah einige in Peking und Tung tschau, aber schon tot mitklaffenden Wunden in der B r u st. oder den Schädeleingeschlagen und mit furchtbar verstümmeltemKörper".Dillon konstatiert mit Genugthunug, daß. so weit er in Er-fahrung bringen konnte, englische und deutsche Offiziere und Sol-baten an den Scheußlichkeiten, die cm Frauen verübt worden, nichtbeteiligt gewesen sind.Im übrigen schildert Dr. Dillon noch viele Einzelheiten überdie an Chinesen begangenen Grausamkeiten und Bnitalitäten, dienur bestätigen, was in den zahlreichen von uns veröffentlichtenHunnenbriefen enthüllt ivorden ist.Wenn diese Enthüllungen unsrem Volke bekannt werden— soagt das englische Blatt—, so wird sicher ein lauter Schrei der Ent-rüstung anheben über solche Grausamkeiten, die da im Namen derCivilisation begangen wurden.Hoffen auch Ivir es. Wir in Deutschland haben leider dieseErfahrung nicht gemacht. Die Scheusäligkeiten der Hunnenbriefelassen das„V o l k d e r Denker" unberührt. Das Knlturgcwissenist nicht erwacht: noch steht in Deutschland die Socialdemokralieallein in dem Kampf gegen die UiMwnschlichkeitcn, welche die Civili-iatoren im fernen Osten begehen.*»*Aeutsches Aeich.Der focialpolitische Goethe-Bnnd.Morgen findet in Berlin der Zusammentritt der„Ge-sellschast für sociale Reform" statt, zu dem im Dezember einvon Angehörigen aller bürgerlichen Parteien von Sonnemannbis Stöcker unterschriebener Aufruf einlud. Erhoben sich zu-nächst nur tadelnde Stimmen gegenüber der Social-demokratie, die der Veranstaltung ebenso kühl gegenüberstand,wie der„Internationalen Vereinigung für Arbeiterschutz",deren nationaler Ableger die neue Gesellschaft sein soll, sofangen jetzt auch liberale Socialpolitiker au. Bedenken zuäußern. In einem sür die neue Gesellschaft im ganzenziemlich sympathisch gestimmten Aufsatz des„Lotsen" schreibtDr. I a st r o w:„In eiliem Lande, in dem kein Arbcitersohn Minister oderauch nur Landrat wird; in dem Hnnderttausende von Kindernin überfüllten Klassen sitzend um den Unterricht betrogenwerden, der ihnen ermöglichen soll, sich im späteren Lebenemporzuarbeiten; wo eigene Hüteschulen errichtet iverden, damitdie Kinder in erster Linie Zeit zum Viehhüten haben und nur inder freigelassenen Zeit die Schule besuchen; wo die'mächtigstegegenwärtig bestehende politische Bewegung eine Bewegung zurVerteuerung des täglichen Brotes ist; wo noch fast überalldas kommunale Wahlrecht so gestaltet ist, daß der größteTeil der Bevölkerung von der kommunalen Verwaltungferngehalten wird; wo in dem größten Bundesstaate auch nichtein einziger Arbeiter ins Parlament gelassen wird—, ineinem solchen Lande wird eine Gesellschaft fiir sociale Refonnbegründet, und erklärt von vornherein mit beredten» Schweigen,daß für sie die nächsten Aufgaben einer socialen Reform lediglichfolgende fünf Punkte sind:„der Ausbau des ArbeiterschutzeS und der Gewerbeaufsicht;die Förderung des Arbeitsnachweises;die Fortbildung der Einrichtungen zur Verhütung und Bei-legung von Streitigkeiten ans dem Arbeitsverhältnis;der Ausbau der Arbeiterversichenmg im weitesten Sinne;die Förderung der Bestrebung der Arbeiter, in Berufsvereinenund Genossenschaften ihre Lage zu beffern."Mit Ausnahme des Freiherrn v. Stumm und des engsten—allerdings auch nur des allerengsten— Kreises seiner Anhänger,kann jeder Deutsche dieses Programm unterschreiben. WennGraf PosadolvSky Humor besäße, so könnte auchersichz um Ein trittmelden.Hiermit soll nich! etwa gesagt sein, daß die linksstehenden Elementein dieser Gesellschaft zu einer unangenehmen Position verurteiltseien. Im Gegenteil, alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß siegehätschelt iverden. Wie es bei der englischen Kabinettsbildungfeststehende Tradition ist, das extremste Mitglied, das irgendwiedafür zu haben ist. in daS Kabinett mit hineinzunehmen, so wirdohne Ziveifel die Organisation der Gesellschaft so gestaltet werden,daß die Linksstehenden sich in keiner Weise zu beklagenhaben. Man kann ihnen jeden Einfluß zugestehen, daeine Wirksamkeit dieses Einflusses durch die programmatischeBeschränkung— nur das zu nehmen, ivas den Parteien g e-me infam ist— von vornherein ausgeschlossen ist."Der Socialdemokratie brauchte diese Erkenntnis nicht erstaufzudämmern; ihr Urteil wurde bereits gefällt, als sie beiGründung der„Internationalen Vereinigung für Arbeiter-schütz" den Beitritt zu jenem Gemisch bürgerlicher Social-rcformer ablehnte. Die bisherige Erbitterung dieser Gründunghat die Berechtigung dieses Verhaltens vollauf erwiesen.—Die Schntzvercinignugvon Pfandbriefinhabern der Preußischen Hypotheken-Aktien-bank hat sich der beiden Hypothekenbanken. wie wir berichtethaben, vollständig bemächtigt. Sie hat in den beiden Angstversamm-lungen Beschlüsse zu stände gebracht, die jedem einzeln en Pfand-briefinhaber die Geltendmachung seiner Rechte verwehren und dieGläubiger beider Banken nebst den Aktionären gebunden in die Händeder hohen Bank liefem. Diese Taktik kommt noch unverhüllter ansLicht in dem Statut der Schutzvereinigung.Nach diesem Statut haben sich die der Schutzvereinigung bei-getretenen Mitglieder, die eine Pfandbriefsumme von 300 Millionenvertraten, geradezu aller Rechte begeben. Sie haben keinenVorstand zu wählen, sondern dieser hat sich ihnen selbst präsentiert;er besteht aus Direktoren der Bank für Handel und Industrie, derBerliner Bank, der Deutschen Bank, der Diskontogesellschaft, derNationalbank, des Schaafhausenschen Bankvereins, einigen großenBankiers und zwei Anwalten. dem Justizrat Kempnerund dem Syndikus des HauseS Bleichröder. Dieser Vorstandhat das Recht, mit den 300 Millionen zu schalten, als wäre er derEigentümer. Keine Instanz der Welt kann dem Vorstand das ein-mal ihm übertragene Mandat wieder nehmen, denn die Rückgabeder hinterlegten Papiere kann»ach Artikel 7 nur auf Antragdes Vorstands erfolgen l Der Vorstand will nötigenfalls inseinem eignen Rainen, aber auf Kosten der Pfandbriefinhaber Ver-gleiche schließen, Konkurse erledigen. Häuser kaufen und selbst wennan Stelle der alten Pfandbriefe neue treten, auch alle Rechte.Ansprüche und Gerechtsame aus diesen in Anspruch nehmen;für Handlungen mid Unterlassungen, die in gutem Glaubengeschehen, lehnt der Vorstand jede Haftung ab. Eine AufsichtS-instanz wird n i ch t gebildet.— die Prüfung der Rechnungen sollmit verbindlicher Wirkung für die Mitglieder von dem AufsichtS-rat der Hypothekenbank, also des Instituts, das den Mit-gliedern 300 Millionen schuldig ist, bewirkt werden. Wenn dieser Auf-sichtsrat keine Erinnerungen zieht, so hat auch die General- Ver-sammlung der Mitglieder kein Recht dareinzureden! Diese Ver-samnclung soll zwar nach einer fettgedruckten Bestimmung im Ar-tikel 13 beschließen über alle Maßnahmen, die einen Verzichtauf Rechte der Mitglieder anS den hinterlegten Pfandbriefeneinschließen,— nach Artikel 8 hat sich aber auch der Vorstand daSRecht vorbehalten, rechtsgültig eine Beschränkung der Aufgabe vonRechten der Pfandbrief-Jnhaber zu beivirken; es verhältsich damit, wie mit der ebenfalls an die General»Versammlung gegebenen Befugnis, über Herausgabe der hinterlegtenPfandbriefe zu beschließen, denn dieser— Beschluß soll nach Art. 7nur zulässig sein auf Antrag deS Vorstands.Kurz: die geängsteten Pfandbriefinhaber haben sich auf un«begrenzte, allein in den, Belieben des ihnen aufgenötigten Vorstandsabhängige Dauer mit ihrem Eigentum in die Hände der hohenBank' gegeben. die ganz nach Gefallen mit den anvertrautenMillionen schalten kann und ohne Zweifel aus den Trümmernder beiden Banken eine neue schaffen will und dies aufKosten der Pfandbriefinhaber thun wird. Es scheint, daß dieAbsicht besteht, die Regierung zu einer schleunigen Aendernng deSHypothekenbank-Gesetzes zu veranlassen, um die Zulässigkcit einesVerzichts auf Kapitalansprllche durch eine Dreivicrtel-Mehrheit derPfandbriefinhaber einzuführen.Zum Vorsitzenden deS AufsichtSratS bei der Grundschnldbankwurde der von unS bereits kurz gewürdigte Dr. Wittenberg gewählt.Dr. Wittenberg ist Herausgeber eines Montagsblatts. JustizratKempner, der ihn in der Aktionärversammluug der Grundschuldbankgeradezu bloßstellte, empfahl doch seine Wahl in den AufsichtSratum der Beziehungen zur Presse willen. Die Aktion derhohen Bank im Hypothekenklüngel ivird neuerdings kaum noch auflebhafte Unterstützung in der Presse rechnen dürfen, aber die Ber-Mittelung deS Dr. Wittenberg wird ganz und gar nicht geeignetsein, die Willigkeit der Presse zu erhöhen.—Finanzminister v. Miqnel hat. wie der Berliner Vertreter der„Franks. Ztg." erfährt, sich dahin ausgesprochen, daß er nichtlänger als bis zum Frühjahr im Amt bleibenwolle.Die„Freis. Ztg." erörtert in einem Leitartikel die übern, ächtigeStellung, die sich' Miqnel durch die Leitung der offiziösen Presse.insbesondere der Schweinburgschen„B. Pol. Nachr." geschaffen hat.»nd die eine einheitliche Gesamtpolitik des Reichskanzlers durch-kreuze.—Die Wolke. Als Herr v. Wangenheim im Reichstage von derWolke sprach, die sich zwischen den Junkern und der Krone gelagerthätte, wollte er auf gewisse Personen von der Waterkante gezielthabe».Hoffentlich betrübt es den Ritter vom Bund der Landwirtenicht allzu sehr, wenn er erfährt, daß Generaldirektor B a I l i n, derLeiter der Hamburg-Amerika-Linie! oeben den Kronenorden II. Klassemit Brillanten erhalten hat.Danach ist Herr Ballin offenbar nicht jene Person ge-Wesen— wie man vielfach annahm— die den Kaiser über dieletzte Hamburger Aussperrung so fälsch unterrichtet hat, daßWilhelm II. die Arbeiter statt die Unternehmer für vaterlandsloseGesellen erklärte!—Zu dem Gnadengesuche für die Löbtauer Verurteilte» er-fährt die„Sächsische Arbeiter-Zeitung", daß der Urheber deS Gesuchsder kaiserliche RegierungSrat Dr. zur. Schanze, Docent der Gehe-Stiftung in Dresden ist. Dr. Schanze, der als«in hervorragenderJurist gilt, gehörte der Geschwornenbank an, die Über die Unglück-licht,, damais das schwere Schuldig unter Versagung mildernderUmstände fällte. Der Herr soll sich große Mühe um d,e Sache ge-geben haben, da das Strafmaß selbst die Geschwornen entsetzt habe.Rocholl und Wereschagin. Das„Kleine Journal" deS Sanden-freundeö, des Frhrn. v. Mirbach, findet es ganz begreiflich, daß dernach China entsandte Maler Rocholl abgeschnittene Köpfe und ahn-liche Dinge interessant und amüsant findet. Auch einem Wereschaginseien ja die schrecklichen Seiten eines Kriegs intereffaM erschienen.Wenn Herr Rocholl der Goria oder der Wereschagin deschinesischen Hunnenzygs werden will, wen» er also sich zu dielenwirksamsten und furchtbarsten Anklägern des Kriegs gesellen sollte.so werden wir ihm aufrichtig huldigen. Nur hat Wereschagin d,e