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Echlieblich noch eins: Ich weiß nicht, wer die böswillige Be- hauptung erfunden hat, daß ich im Prozeß Sternberg irgendwie und irgendwann auf Thiels V e r e i d i g u n g hingewirkt oder sie gar beantragt hätte. Diese Behauptung ist in der Gerichtsverhandlung eingehend erörtert und von allen Seiten, schließlich auch von Thiel, als unrichtig anerkannt worden. Ihre Wiederholung müßte ich da nach als eine bewußt wahrheitswidrige Verunglimpfung be- zeichnen. GroßeS Unheil richtete gestern nachmittag um 4 Uhr ein Brauereiwagen aus Weitzensee an der Ecke der Tiergarten- und Regentenstraße an. Borschriftswidrig schnell um die Ecke jagend, riß er den 47 Jahre alten Straßenrciniger Wilhelm Gundler' aus der Zietenstraßc 19 um, überfuhr ihn und zermalmte ihm den rechten Oberschenkel. Während ein Schutzmann sich des Verunglückten an- nahm und ihn mit einer Droschke nach der Charita brächte, suchte der Bierfahrer zu entkommen, indem er aus Leibeskräften auf sein Pferd einschlug. Dabei stieß er in der Regentenstraße nrit einer Droschke zusammen und überfuhr deren Pferd. Nun stürzten aber auch seine eignen Pferde, und so gelang es Straßen gängern und Polizeibeamten, ihn einzuholen und festzustellen. Die Tischler-<ZwangS-) Innung vollzog am Donnerstag die Ersatzwahl der Delegierten zur Generalversammlung. Wie gering das Interesse der Tischlermeister für die Zwaiigsinnnng ist, zeigte am besten die überaus schwache Beteiligung an dieser Wahl, für die der Jnmmgsvorstand noch dazu in vier'von ihm in den verschiedenen Stadtteilen kurz vor der Wahl abgehaltenen Versammlmigen eifrig Propaganda zu machen versucht hatte. Von den rund 2500 Mit­gliedern der Innung erschienen nur 344 zur Wahl. Für die vom Vorstaud empfohlenen Kandidaten wurden 201 und für die von den Gegnern der Zwangsinnung aufgestellten Kandidaten 143 Stimm- z eitel abgegeben; da die absolute Majorität 173 Stimmen beträgt, so haben die Anhänger der Zwangsinnung mit 28 Stimmen Mehr- heit den höchst zweifelhaften Sieg errungen. Unter den gewählten Delegierten befinden sich übrigens noch circa 3, die sich offen als Gegner der Zwangsinnung erklärten und von denen mehrere auf beiden Kandidatenlisten benannt waren. Letztere wurden mit 27ö bis 292 Stimmen gewählt. Vergiftet hat sich in einem Hotel der Friedrichstadt   ein 23 Jahre alter, aus Pietschen im Kreise Kreuzburg gebürtiger Gast Oskar Przircnbcl, der gestern morgen um 6 Uhr mit dem Schnellzuge aus Breslau   ankam und sich sofort auf sein Zimmer begab. Da er bis 4 Uhr nachmittags noch nicht wieder zum Vorschein gekommen war. so sah der Hausdiener sich einmal nach ihm um und fand ihn tot ,n seinem Bette liegen. Ein Arzt stellte fest, daß er Gift genommen hatte. Ueber den Beweggrund zum Selbstmorde hat der Mann leine Andeutung hinterlassen. Bei der Arbeit schwer verunglückt ist gestern der 32 Jahre alte Kutscher August Dittmar aus der Luckenwalderstratze 11. der bei der Transport-Aktiengesellschaft am Anhalter Bahnhof   beschäfligt war. Dittmar hatte an der Stadtbahn gehalten, um abzuladen, und die . Pferde der Kälte wegen zugedeckt. Als nun der Mitfahrer die Decken, auf der Deichsel stehend, abnahm, wurden die Pferde unruhig. Um seinen Arbeitsgenossen nicht in Gefahr zu bringen, suchte Dittmar sie mit allen Kräften zu halten. Sie gingen aber doch durch und stießen den Kuticher um. Der Unglückliche erhielt Huftritte im Gesicht, wurde überfahren und zog sich komplizierte Brüche des linken Ober-»ind Unterschenkels und des linken Oberarms zu, während der Mitfahrer unvcri ehrt davonkam, indem er rücklings auf den Wagen fiel. Schutz- männer hielten die durchgehenden Pferde an der Grunerftraße an und brachten den Schwerverletzten nach der Unfallstation X in der Alten Schützenstraße und von dort in ein Krankenhaus. Dittmar blieb trotz serner Schmerzen bei voller Besinnung und bat. für seine aus Frau und drei kleinen Kindern bestehende Familie zu sorgen, dre s,ch rn Not befänden. Ein sinkender Kahn des Schiffers Otto Schurich ans Hamburg  nahm gestern früh an der Kaiser Wilhclmbrücke die Hilfe der Berliner Feuerwehr mehrere Stunden in Anspruch. Beim Durchschleusen am Mühlendamm hatte der Kahn am Boden zwei Beschädigungen davon- getragen und durch die entstandenen Löcher drang das Wasser in solchen Mengen ein. daß der leere Kahn bereits einen Meter hoch vollgelaufen war, als die Feuerwehr erschien. Die Dampsspritze 2 aus der Keibelstrahe hatte dann mehrere Stunden zu thun, bevor das Wasser ausgepumpt und der Kahn wieder gedichtet war. Die leidige Angewohnheit, ätzende Flüssigkeiten in Bier staschen statt in besonderen, nicht leicht zu verwechselnden Behältern aufzubewahren, hat wieder einmal schweres Unheil angerichtet. Der 46 Jahre alte Arbeiter Ludwig Friedrich aus der Waldcmarstr. 57, her in der Zweigwerkstatt der Nieder-Schöneweidener Acciimulatoren werke in der Kleinen Frankfurterstraße beschäftigt war. hatte zwei gleiche Flaschen vor sich auf dem Arbeitstisch stehen, eine mit Bier, die andre mit S a l m i a k g e i st. In der Hast der Arbeit ergriff er die falsche Flasche und trank fast die Hälfte des Salmiakgeistes aus Er verbrannte sich innerlich so schwer, daß ihm da§ Blut ir Strömen aus dem Mund floß. Die Unfallstation X leistete dem Verunglückten die erste Hilfe und brachte ihn dann nach dem Moabirer Krankenhause  . Vom Berliner   Personenzuge Nr. 242 abgestürzt und von einem kreuzenden Güterzuge sofort getötet wurde unweit der Station Gräfenhainchen ein junger Mann im Frackanzuge, der eine Fahrkarte Berlin   Halle sowie einen Geldbetrag von etwa 15 M. bei sich führte. Dem Unglücklichen wurde der Brüstkasten eingedrückt. der rechte Fuß und die rechte Hand abgefahren und auch am Kopfe fanden sich schwere Verletzungen, so daß der Tod auf der Stelle eingetreten zu sein scheint. Nach den bei der Leiche vorgefundenen Papieren ist der Verunglückte der etwa 35 jährige Bank-Buchhalter Rochlitz  . Aus einem in seinem Besitze befindlichen Schreiben ging hervor, daß er sich bei der Reichsbank in Berlin   vorgestellt, jeden falls aber keine Stellung erhalten hatte. Ob ein Selbstmord oder ein Unglücksfall vorliegt, konnte bisher nicht festgestellt werden. Am ersten Vortragsabend des VereinsBerliner Presse" wird Herr Prof. Dr. Richard Muther  (Breslau  ) überdie französische  Malerei im letzten Jahrhundert" sprechen. Der Vortrag findet am Donners- tag, den 10. Januar, im groben Saale des Architeltenhauses, Wilhelmstr. 92, staft und beginnt pünktlich um 8 Uhr. Eintrittskarten sind zu haben in den Buchhandlungen von Amelong, Potsdamerftr. 126; Lazarus  , Friedrichstr. 66; Speyer   u. Peters, Unter den Lüld-n43; Trautwein, Leipzigerstr  . 13; Woyte, PotSdamerstr. 13. Die Direktion der Dreptow-Steruwarte hat für den ersten Sonntag in diesem Monat den PrciS für die Beobachtung mit dem Riesenfernrohr auf die Hälfte herabgesetzt und wird an diesem billigen«onntag die Be- sichtigling desAstronomischen Museums" ganz fteigegebcn. Um 5 Uhr nachmittags spricht Direltor Archenhold überdie Auffindung der Stern- bilder" und hält im Anschluß an den Vortrag aus der oberen Plattform praktische Hebungen ab. Das Thema für den? Uhr-Vortrag lautet:Die Bewohnbarkeit der Welten". Freie Volksbühne. Die Generalversammlung dieses Quartals findet am Donnerstag, den 24. Januar, abends 8 Uhr, in Cohns Festsälen, Beuthstr. 29, statt. Vorläufige Tagesordnung: Vortrag, Geschäfts- und Kassenbericht, Verschiedenes. Sonn tag, de» 6. Januar: 2 Vorstellungen. 1. Lessing-Theater. 2�/4 Uhr: 7. Abteilung, Bund der Jugend. 2. Carl Weiß-Theater, 2�/» Uhr: 4. Abteilung, L um p a ci v a g a b un d us. D e r V o r st a u d. I. A.: G. Winkler. Fcucrbericht. Die Zahl der täglichen Alanmcruugen ist fort gesetzt eine sehr hohe. In der Nacht zui» Freitag mußte die Wehr etiva 29mal ausrücken, wobei sie durch einige Brände lange in Anspruch genommen wurde. Oranienstr. 97 war in dem Laden der VersicherungsgesellschaftNeptun" Feuer dadurch auSgekoinmen, daß angeblich der Gasmesser mit glühende» Kohlen umgeben ivar. um ihn vor dem Einfrieren zu schützen. Die Wehr mußte vorsichtig vorgehen, um eine Gasexplosion zu verhüten. Ein Teil des Ladens ist stark beschädigt. Zur selben Zeit Ivar Alcxandrinenstr. 15 in einer Tischlerei ein Schadenfeuer abzulöschen. Usedomstr. 32 mußte ein großer Kellerbrand beseitigt werden, der infolge seiner starken Ver- qualmnng der Wehr viel zu schaffen machte. Ein umfangreicher Dachstuhlbrand in der Wriezcncrstr. 21 war erst nach einstündigem Wassergeben zum Stehen zu bringen. Der verursachte Schaden ist erheblich. Petersbnrgerstr. 15, Oppelncrstr. 6, Reichenbergerstr. 198 und Holzmarktstr. 33 mußten Wohmmgsbrände abgelöscht werden. Reinickendorferstr. 42 brannte ein Lunipenkeller und' Strelitzerstr. 38 Fußboden und Ballenlage. Außerdem wurden von Dnnckerstr. 29 und und Bellealliancestr. 2 noch kleine Brände gemeldet. I Der verhaftete Kommerzienrat Sauden wollte mit seiner Verteidigung eine Autoritär im Handels- und Bankwesen, Jnstizrat Dr. Staub, betrauen. Dieser lehnte jedoch die Verteidigung wegen Ueberhäufung mit anderweitigen Benifsgeschäiten ab. Die Verhaftung eines Rechtsanwalts ivegen Sittlichkeits Verbrechens ist auf Anordnung der Beschlußkammer des Landgerichts I erfolgt, nachdem daS Dienstmädchen seiner Mutter unter dem Eide bekundet hatte, von ihm vergewaltigt worden zu sein. Gelbstmordversuch eines Fünfzehnjährigen. Mehrere Revolverschüsse in den Kopf brachte sich am Donnerstagmittag im Park von Sanssouci   in der Nähe des neuen Orangeriegebäudes auf einer Bank sitzend der 15 jährige Sohn Paul des in Berlin   am Marheinickeplatz wohnenden Postsekretärs Brosowskh bei. Der junge Mann hatte sich unter Mitnahme einer größeren Geldsumme, von der noch 299 M. bei ihm gefunden wurden, von Hause entfernt und wurde mit 3 Kugeln im Kopf schwerverletzt aufgefunden. Im St. JosefskranlcnhanS zu Potsdam   kam er wieder zu sich, ver- »veigerte aber jede Auskunft über das Motiv zu der That. Die Verwundungen erweisen sich nicht als lebensgefährlich,, so daß dem am Donnerstagnachmittag herbeigerufenen Vater Hoffnung auf Wiederherstellung seines Sohnes gemacht werden konnte. DaS Paffage-Theater hat es mit einer drolligen Verwechslungs- komödieDer Herr von Maxim" zu einem niedlichen Erfolg ge- bracht, der namentlich der lustige» Parodie bekannter Schauspieler des Residenz-Theaters zu danken ist. Das Specialitäten-Theater glänzt durch seinen Reichtum anweiblichen" Nummern. Die edle Sangeskiinst Pflegen mehr oder minder erfolgreich die Duettistinncn Lola und die Liedersängerin Frl. Braunsdorf; als Kunstschützin ist Marie van Dick der Einreihung in das Boerenheer würdig. Da die Fesselkünste immer noch in etlichen Kunsttempeln spuken, sucht Herr Cirnoc durch seine Befreiung vom Galgen nicht allein den lebenden Houdini, sondern auch den als Freund des edlen Carlo Moor be- rühmten Herr» Roller Schillerschen Angedenkens erheblich zu über- trumpfen. Weiter zeichnen sich im Programm die Tänzerin Raviza, - sowie die Akrobaten DoraS vorteilhaft ans. i Aus de» Nachbarorte». Charlottenburg  . Z u m B a u v o n W o h n h ä u s e r n für die minderbegütcrten Klassen sucht der Magistrat geeignete Grundstücke. Angebote' sind mit Lageplan bis zum 29. Januar einzureichen. Die A r m e n d i r e k t i'o n erläßt folgende Bekanntmachung:In unsrer Waisenpflege ist fortgesetzt Mangel an guten und geeigneten Pflegcstellcn, insbesondere für Säuglinge und größere schulpflichtige Kinder. Wir zahlen bei den Pflcgcstellen in Charlottenburg  . Berlin  und den unmittelbar angrenzenden Vororten vom 1. Januar 1991 ab regelmäßig für Kinder unter 1 Jahr 18 M.. für Kinder von 2 bis 6 Jahren 15 M., für Kinder über 6 Jahren 12 M. monatliches Pflegegeld und gewähren daneben die erforderliche Kleidung und in Charlottenburg   selbst auch freie ärztliche Behandlung und Arznei. Alle Pflegestellen iverden erst nach sorgfältiger Prüfung besetzt. Vorzugsweise berücksichtigt werden, sofern' sonst Bedenken nicht vor- liegen, kinderlose Eheleute. Meldungen geeigneter Stellen, in erster Reihein Charlottenburg   selbst, werden baldigst an unser Bureau, Berlincrstrnße 77, II, erbeten." Neue Klagen gegen den Berliner   Magistrat zur Zahlung von Beiträgen zu den Schullasten der Vorortsgemeinden stehen bevor. Die Klage, die Nixdorf gegen Berlin   angestrengt hat. schwebt noch beim Obe'r-VerwaltungSgericht. Dennoch werden schon jetzt nicht nur von Nixdorf, sondern auch von Neu- Weißcnsee und Lichtenberg   Maßnahmen getroffen, um bis zum April festzustellen, um wie viel größer die Schullastcn für die Gemeinden durch den Zuzug solcher Arbeiter geworden sind, die in Berlin  ihrer Beschäftigung nachgehen und im Orte zur Gemeindesteuer nicht herangezogen werden können, obgleich ihre Kinder die OrtSschnle besuchen. Nach dieser Feststellung wollen sowohl Rixdorf als auch Neu-Weitzensee neue Ansprüche gcge» den Berliner   Magistrat geltend machen. Der Gegenstand der Klage wird dann etwa 899999 Mark betragen. Lichtenberg  , Schöneberg  , Reinickendorf   und Tegel   wollen das Ergebnis der schwebenden Klagen abwarten und, sofern eS für die Vorortsgemeinden günstig ist,' ebenfalls sofort Entfchädigimgs ansprüche erheben. Der Eissport. Gestern sind auf dem W a n n s e e, Griebnitzsee. Heilige nsee und der H a v e l b u ch t am Kiez bei Potsdam   die Schlittschuhlau fbahncn eröffnet worden. Einige Schwäne haben sich durch den Frost überraschen lassen und sind mitten auf dem Wasser eingefroren, so daß sie um- kamen. Eine große Anzahl wurde von Fischern noch rechtzeitig ein- gefangen und' nach den offenen Futterstellcn bei der Potsdamer Eisenbahnbrücke gebracht. GoviLzks-;3eikung. Eine vom Polizeipräsidenten v. Windham erlassene öffentliche Warnung ist der Ausgangspunkt einer Privat� klage geworden, die gestern das hiesige Schöffcngericht beschäftigte. Gegen die nach den G e l l a Hydra-, Schneeball- und sonstigen Lawinen-Systemen arbeitenden Geschäfte hatte der Polizeipräsident von Berlin   eine öffentliche Warnung den Zeitungen zugeschickt und dann im einzelnen die Gefährlichkeil dieser Systeme für ein leicht­gläubiges Publikum beleuchtet. DasBerliner Tageblatt" hatte diese Warnung abgeknickt»nd bekam darauf von derGclla"-Bertnebs gesellschaft eine Berichtigung zugeschickt, in der die einzelnen Punlte der polizeilichen Waniung als unzutreffend und ans den Betrieb der e l l a- Gesellschaft nicht passend zurückgewiesen wurden. Der ver­antwortliche Redacteur Karl Keller ließ durch eine Anfrage beim Polizeipräsidenten v. Windbeim feststellen, daß keine Veranlassmig vorliege, die Gella- Gesellschaft von der allgemeinen Warnung aus- zunehmen. Daraufhin wurde die Berichtigung zwar abgedruckt, in einer redaktionellen Bemerkung dazu aber der Wert der Berichtigung an der Hand der polizeilichen Auskunft illustriert. Es wurde die Behauptung wiederholt, daß auch daö Gella-System auf einer Ausbeutung der Leichtgläubigkeit und der gcschäft lichen Ungewand'lheit des Publikums basiere und daß dem leichtgläubigen Publikum die Augen über solche ungesunden GcschästSunternehmungen geöffnet werden müßten. Der Geschäfts- führer der Gella-Gesellschast erhob nunmehr gegen den Redacteur Keller die Privatklage, die sich auf den Abdruck der polizeilichen Warnung erstreckte. Die Eröffnung des Verfahrens in dieser Beziehung wurde abgelehnt, da sich der Angeklagte bei der Veröffentlichung einer amtlichen Warnung in Wahr- nehmung berechtigter Interessen befunden habe. Die Klage blieb daher auf die der Berichtigung angehängle Bemerkung be- 'chränkt. In der gestrigen Berhandlung verlrat der Angeklagte den Standpunkt, daß er nach seiner bei' dem Polizeipräsidenten selbst eingeholten Information sehr wohl berechtigt gewesen sei. das Publikum nochmals vor einem so ungesunden und auf die Leicht- gläubigkeit der Masse spekulierenden Unternehmen zu ivarnen. Der Privatkläger, Geschäftsführer Hertz, demühte sich, die Behauptung zu erweisen, daß die Gella-Gesellschast nicht mit den übrigen Gesellschaften dieser Art in einem Topf gcivorfen werden dürfe, daß dem Publikum kein Sand in die Augen gestreut werde und alles absolut reell zugehe Behauptungen, denen gegenüber der Vorsitzende verschiedene Stellen des Prospekts verlas. Der als Zeuge vernommene Polizeipräsident v. Wind- heim bekundete, daß gegen seine Warnung Beschwerden beim Minister ergangen und Klagen beim Ober-Verwaltnngsgericht an- Jestrengt seien.' Letzteres habe in einem Fall die Klage aus dem ormalen Grunde abgewiesen, daß der Erlaß solcher Waniung zur Kompetenz des Polizeipräsidenten gehöre. Speciest di« Gella- Gesellschaft habe auf ihre Beschwerde vom Minister den Bescheid erhalten, daß der Minister keine Veranlassung habe, das Vorgehen des Polizeipräsidenten zu mißbilligen. Herr v. Windheim erklärte, daß er trotz der Berichtigung keinen Grund sehe, die Gella- Gesellschaft anders zu behandeln, wie die übrigen Gesellschaften, obwohl gewisse Unterschiede vorhanden seien. Er sehe sich auch jetzt noch nicht veranlaßt, irgend etwas von seiner Warnung zurückzunehmen. Als Sachverständiger wurde der von dem Aeltesten-Kollegium benannte Kaufmann Ernst K n k l u k vernommen. Derselbe begut- achtete, daß die technische Geschäftsführung der Gella-Gesellschast absolut einwandsfrei sei. in wirtschaftlicher Beziehung aber da? System im höchsten Grade unheilvoll für unsre gesaniten Wirt- schaftlichen Verhältnisse werden könne._ Durch die ver­lockenden Ankündigungen werden Leute, die eS nicht übrig haben, verleitet, eine Urkunde im Betrage von 14 M. zu erstehen und wenn sie das Geld nicht verlieren wollen, unter Umständen Waren in Höhe von 84 M. zu kaufen und zwar in be- sonders hierzu bestimmten Geschäften. Da die Gella-Gesellschast für die 84 M. von diesen Geschäften Provision erhalte. so liege darin eine wirtschaftliche Gefahr, denn, wenn dieses System sich� weiter verbreitete, würden bald sämtliche Geschäftsleute der Gella-Gesellschast tributpflichtig werden. Das Polizeipräsidium und die Presse haben alle Beranlnssung, vor solchem Geschäftssystem zu ivarnen. Der Gerichtshof erkannte ans Freisprechung. Der Angeklagte habe die Interessen des Publikums und eigne Jntereffen gewahrt und die Form sei nicht beleidigend um so weniger, als nach dem Gut- achten des Sachverständigen das System ein derartiges ist. daß es die wirtschaftlich geringer Stehenden schädigen kann. Wenn sich die Gella-Gesellschast in ihren Prospekten an die Miuderbegüterten ivende und in ihren Reklamen mit fetter Schrift verkünde, daß man für 2 M. eine Nähmaschine, für 4 M. eine Klassiker-Bibliothek. für 6 M. ein erstklassiges Fahrrad und andre Gegenstände.für einen minimalen Bruchteil des Werts" eriverben lönne, so spekuliere sie auf die Leichtgläubigkeit des nicht geschäftsgewandten Publikums und die Presse sei berechtigt, davor zu warnen. Die Mordwagcn der Großen Berliner  . Mit den Brems- vorrichtinigen an den Wagen der Großen Berliner   Straßenbahn scheint es sehr sdflecht bestellt zu sein. Gestern fanden wiederum zwei Ver- Handlungen vor der siebenten Strafkammer des Landgerichts I   gegen Motorwagensührer statt, welche durch Fahrlässigkeit Zusammenstöße mit andren Gefährten, einem andren elektrischen Wagen und einem Omnibus herbeigeführt haben sollten. Wie frühere Angeklagte erhoben auch diese beiden Angeschuldigten den Einwand, daß die sogenannte Not« oder Gcfahrbremse versagt habe. Im Vertrauen darauf, daß dieselbe funktionieren würde, wie sie es früher gethan, hätten sie auch im vorliegenden Fall erst in einer Entferming ge- bremst, die ihnen auf Grund ihrer bisherigeli Erfahrung genügend erschien. Die gebremsten Räder hätten aber»och eine Strecke lang eine schleifende' Vorwärtsbewegung gemacht und dadurch sei ein ge- linder Zusammenstoß mit dem davor haltenden elektrischen Wagen nicht zu vermeiden gewesen. In beiden Fällen wurden die An- geklagten freigesprochen, weil ein Verschulden ihrerseits nicht nachzuweisen sei. Der Feind der Aerzte. Der Hhgieist Karl Ja codi hatte gestern vor dem Schöffengericht zu erscheinen, weil er sich durch unbefugte Beilegung einesarztähnlichen' Titels des Vergehens gegen die Gewerbe-Ordnung schuldig gemacht haben sollte. Jacobi halte im Oktober d. J. in verschiedenen Zeitungen Anzeigen erlassen mit der UeberschriftKlinik für Unheilbare". Nach Aufführung einer Menge angeblich von ihm zu heilender Krankheiten fügte Jacob: hinzü, daß er am Landgerichtl als einzigerArzt für Unheilbare anerkannt worden sei. ZZiese Behauptung stützte sich darauf, daß I. im vorigen Jahre von der 4. Strafkammer des Landgerichts I von der Anklage des Betrugs und der Kurpfuscherei freigesprochen worden war. Der Staatsanwalt hielt es für selbstverständlich, daß das Publikum, welches die Kunnethode deS Angeklagten nicht kenne, durch den Hin­weis auf seineKlinik" in den Glauben versetzt werden müsse. eS handle sich um eine von einem Arzte geleitete Heilanstalt, er beantragte deshalb eine Geldstrafe von 299 M. Der An- geklagte verwahrte sich entschieden dagegen, als Mediziner gelten zu ivollen, sei er doch gerade der heftigste Gegner der Aerzte. der in allen feinen Aiizeigen dies klar und unverblümt zum Ausdruck bringe. Es hieße ja vom hohen Roß auf den Esel steigen, wenn er sich jetzt zur Medizin bekehren ivolle. Er müsse sich dafür bedanken, mit dem Arzt auf eine Stufe gestellt zu iverden. er sei weit mehr, er sei Natur- heilkundiger. Der Gerichtshof konnte ebenfalls nicht zu der An- ficht gelangen, daß der Angeklagte sich einen auf Täuichung des Publikums berechneten Titel habe beilegen wollen, es wurde deshalb ein freisprechendes Urteil gefällt. Der frühere Obmann der GewerkschaftSkommission, Tischler Fritz B l e e ck aus Charlottenburg.   hatte sich gestern wegen Unter- schlagung und Urkundenfälschung vor der zweiten Strafkammer am Landgericht II zu verantworten. Als Obmann der erwähnten Koni- Mission hatte er auch die Kasse zu verwalten. Er hat auS derselben 299 M. entnommen und in seinem Nutzen verwendet. Ferner erhielt er von dem Kassierer Pfefferkorn der einen Gewerkschaft den Betrag von 59 M. zur Ablieferung an den Kassierer einer andren Gewerkichast. Auch diesen Betrag unterschlug er und als er von der Kontrollkommission um den Verbleib dieser 59 M. befragt wurde. legte er eine Ouittuiig vor. die sich bald darauf als gefälscht er- wies. Es wurde Anzeige erstattet und darauf die Anklage erhoben. Der Angeklagte war geständig und gab an. aus Not. welche durch seine Thätigkeit im Interesse der Gewerkschaftskommission herbei. geführt worden sei, sich an der ihm anvertrauten Kasse vergriffen zu haben. Dte Quittung gefälscht zu haben, bestritt er. und der Ge- ricktshof nahm auch'nur an. daß er von einer gefälschten Urkunde wissentlich Gebranch gemacht habe. Wegen dieses Delikts und wegen Unterschlagung wurde auf drei Monate Gefängnis erkannt. DaS Reichsgericht erkannte gestern in der Revifionsverhaiiblung des MordprozeffeS Krüger(Berlin  ) auf Verwerfung der Revision »nd Bestätigung des Urteil? der ersten Instanz. Krüger hatte seiner Zeit den Maurer Thiede auS Wesendahl in der Nähe von Berlin  erschlagen._ Vermtsshkes. Die Pest. In Smyrna ist ein Pestfall festgestelli worden. Für Herkünste aus Smyrna ist deshalb vom GesundheitS- rat eine zehntägige Quarantäne angeordnet. Die Kommission zur Verhütung und Bekämpfung der Pest in Petersburg   macht be- kaniit, daß im Dorfe Wlad'imirowka im ZarewSkischen Bezirk deS Gouvernements Astrachan vom 17. November bis 16. Dezember in einer Bauernfamilie 9 Personen gestorben sind. ES sind sofort Maßregeln zur Bekäinpfung der Epidemie ergriffen ivorden. Gegenwärtig befinden sich in Wladimirowka 4 Kranke und 12 Per- sonen, die mit den Kranken in Berührung gewesen, zur Beobachtung in einer isolierten Räumlichkeit. «itternngSübersicht vom 4. Januar 1901, morgens 8 Uhr. Stationen » Swiliniidc Hamburg  Berlin  granls./M. Miinchen Wie» 81 776 SW 776 SO 777 SSO 776 ONO 772 O 772 NW w«n«r 2 wollig 1 Nebel «N B-- »II 5» w? -13 -10 1 wolkig14 Sott 2 beiter 2 bedeckt 3 bedeckt -11 -19 -11 Stationen Haparanda Pelcrsbiirg ilberdee» PariS SS 763 Still 7713© 770 SSW Wetter as? b'- d ii wolkenl 2 Schnee bedeckt 770SSW� l'hlb.bed -22 -5 9 3 Wetter-Prognose für Sonnabend, den 5. Januar 1001. Trocken und vorwiegend heiter, zeitweise wolkig bei strengem Frost und schwach en östlichen Winden. BerUner W- l i e« v u r r a u.