.Die Knmmcrn entscheiden in der Besetzung von dreiMitgliedern mit Einschlutz des Vorsitzenden. Die Straf-kamniern sind in der Hauptverhandlung mit fünf Mitgliedern, inder Berufungsinstanz bei Uebertretungen und in den Fällen derPrivatklage aber mit drei Mitgliedern einschließlich des Borsitzendenzu besetzen.' Abg. Dr. R i n t e l e n<C.) beantragt dafür folgendeFassung:.Die Civilkammern und die Strafkammernentscheiden in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluß desVorsitzenden.' Abg. R e m b o l d sC.) stellt den Antrag, indie Berufungsinstanz das Laienelement einzuführen und den SchöffenDiäten und Reife-Entschädigungen zu gewähren. Abg. Schmidt«Marburg(C.s stellt den Antrag, die Berufungsinstanz nach öst»reichischem Vorbild aus vier Richtern zu bilden. Der Vertreterdes Reichs- Justizamts, Geh. Rat Lenthe, erNärt, daß dieverbündeten Regierungen zur Zeit keine bestimmte Erklärungabgeben könnten,' weil eine neue Beschlußfassung nicht stattgefundenhabe. Besondere Gründe zu einer veränderten Stellung lägen nichtvor. Die Einführung der Berufung dürfe nicht mit einerVerschlechterungder ersten Instanz verbunden sein. Der Schwerpunkt müsse immer in derersten Instanz liegen. Ter Antrag Schmidt sei unannehmbar. GegendeuAntragRembold spreche, daß seit t 878 Erhebungen über die Tbätigkeitdes Laien-Elements nicht stattgefunden haben. Der Antrag Rem'boldwürde also eine Verzögerung des Zustandekommens der Vorlage zurFolge haben. Der frühere preußische Justizminister Leonhardt habeursprünglich die Einführung des Laienelements in die mittlerenGerichte geplant, sich selbst aber später überzeugt, daß nicht überalldas geeignete Laieuelcmcnt vorhanden sei und deshalb seineursprüngliche Absicht aufgegeben. Man müsse auch bedenken,daß eine Einführung der Schöffen in die mittleren Gerichte sichals Vorstoß gegen die Geschwornengerichte qualifiziere. Unannehm-bar sei die Gewährung von Diäten an Schöffen, daS Schöffenamtmüsse ein Ehrenamt bleiben. Der Vertreter der badischenRegierung ist der Anficht, daß die badische Regierung der Ein-führung des Laienelements günstig sei. Die Ausdehnung des Laien-elements sei ein anstrebenswertes Ziel für die Zukunft.Die weitere Beratung wird auf Donnerslagvormittag vertagt.Die Budgetkommisstonwählte heute an Stelle des Herrn v. Kardorff, der den Vorsitz be-kanntlich niedergelegt hat. den Grafen Stolberg-Wernige-r o d e sk.) zu ihrem Vorsitzenden.Die nächste Sitzung der Budgetkommission findet am D i e n S-tag statt, und zwar soll der Etat des Rcichs-Eisenbahnanits in An-griff genommen werden. Hieran soll sich die Beratung des Post-und Telegraphenwesens knüpfen. Die Beratung des China-k r e d i t s i st z u r ü ck g e st e l l t, bis die erste Lesung der Penstons-vorläge für die Invaliden und Hinterbliebenen der Chinakrieger imPlenum vorgenommen sein wird.Die Kommission zur Beratiing der Scemm»»S-Ordn»»gnahm Donnerstag in ihrer ersten Sitzung nach den Ferien dieBeratung beim noch nicht erledigten§ 10 wieder auf. der Be-stimmungen über die Anmusterung enthält. Die Socialdemokrate»hatten verlangt, daß es dem Schiffskapitän zur Pflicht gemachtwürde, bei der Anmusterung der Schiffsmannschaft vor demSeemannSamte persönlich zu erscheinen, wenn er nicht dringend ver-hindert ist. Nach langer Debatte wurde dann auch ein diesemPrincip entsprechender, von freisinniger Seite formulierter Antragangenommen.— Beim ß 11 wurde ein socialdemokratischer Antrag an-genommen, der den Schiffskapitän verpflichtet, in solchen Fällen, wo«in« Anmusterung vor dem SeemannSamte ohne Verzögerung derKeike nicht mehr erfolgen kann:»die Thatsachen für die Unterlassungder Anmusterung in daS Schiffs-Tagebuch einzutragen.'— Dernächste Paragraph wurde zurückgestellt.— Bei§ 17 wurde die Kosten»und Stempelfreiyeit der FührungSatteste der Seeleute beschlossen.—Die weiteren Paragraphen des zweiten Abschnitts bis§ 24 wurdenunter Ablehnung einzelner Berbefferungsanträge der Socialdcmo-kraten angenommen._Der Boeren- Krieg.De Wctsoll nunmehr selbst in die Kapkolonie eingedrungen sein,um dort persönlich die Operationen zu leiten. Höchstwahrscheinlichwird dadurch das Vorgehen der Boeren an Planmäßigkeit undSchneidigkeit gewinnen.Im übrigen ist die Lage in der K a p k o l o n i e unverändert.Zu einem ernsteren Zusammenstoß zwischen den vorgeschobenenBoerenkommandos und den englische« Truppen istes noch nicht gekommen. Die gestrige Meldung von einem Verlust-reichen aber gleichwohl stegreichen Gefecht einer englischen Rad-fahrerabteilung war völlig aus den Fingern gesogen. Nur beiR i ch m o n d. im mittleren Teil der Kapkolonie. hat ein kleinesScharmützel stattgefunden, bei dem 2 Boeren getötet und ö Engländergefangen genommen worden sein sollen.Dagegen haben die Engländer in der Umgebung von Kap!-stadt befestigte Stellungen eingenommen, indem sie beiPiquet Road die Gebirgspässe besetzten, um die in zweiKolonnen über Clamwilliam und Worcester oder Piquetberg heran-rückenden Boeren aufzuhalten. Außerdem wurden in der Ebene,welche sich zwischen der I a f« l b a i und der F a l s e B a h hin-zieht, also in Unmittelbarer Nähe von Kapstadt, Schanz-werke errichtet.In Transvaalist es dagegen zu heftigen Znsammenstösien gekommen. EineDepesche Lord Kitcheners aus Pretoria vom S. Jammrmeldet: Die Boeren griffen gleichzeitig sämtliche bri-tischen Posten in Belfast, Wonderfontein, Nooitgedacht,Whldsfontein und P a n in der Nacht vom 7. Januar beidichtem Nebel an und wurden nach s ch iv e r e n Gefechtenzurückgetrieben. Die Briten hatten 21 Tote, darunterein Hauptmann und«S Verwundete, darunter 3 Offiziere.Die Boeren ließen 24 Tote zurück. Weiter wird gemeldet: Einbritischer Convoi wurde gestern nördlich von Krügersdorp von BeyersKonimando angegriffen. Die Boeren wurden' zurückgetrieben undhatten II Tote, die Briten 4 Leichtverwundete.Danach ist es also den auf S000 Mann geschätzten Boeren unterD e l a r e y nicht gelungen, den Engländern eine zweite Niederlagezu bereiten, wie in derselben Gegend einige Wochen zuvor. Immerhinsind die englischen Verluste recht beträchtlich. Auch dürften die Boerenihre Angriffe erneuern.»#»#DaS Hängen der sieben llitländerstn Johannesburg wird in der Londoner Wochenschrift„The Speaker'scharf verurteilt. Die so brutal Bestraften hätten zivar ihre»Neutralitätscid gebrochen, aber sie hätten diesen Eid auch nur g e-?w u n g e» abgelegt. Wenn sie bei einem späteren Gefecht ge-angen genommen worden wären, so hätte man sie wie Soldatenbehandeln müssen, nicht wie gemeine Verbrecher.„Es ist ja wahr, wir haben nach dem Völkerrechte dasRecht in dieser Weise zu handeln, denn die in Fragekomnienden Uitländers waren keine Boeren und hattenden Bürgereid nicht geleistet, und gleichfalls in genauer Befolgungdes Völkerrechts hat jede Nation das Recht. Fremde, die inFeindesreihen kämpfen, als Freibeuter nieder-zuschießen. Dies jedoch ist ein Recht, das heutzutagenicht ausgeübt wird. Der Vorfall ist nur ein neuerBeweis für die beklagenswerte Schwäche und fürden überspaniitenRachedurst, die diegegen wältigeunheilvolle Phase des Feldzugs kennzeichne n.'. �»Gerüchte über Friedcnsnnterhandlungen iverden in denLondoner Klubs in allem Ernste diskutiert. Man spricht von derVermittel nng des kanadischen P r e in i e r m i n i st e r sL a u r i e r und bezeichnet als Grundlage der Friedens-bedingungen die Abtrennung des Rand mit denMinen von Transvaal für England unter AnerkennungdjeS Restgebiets von Transvaal und des Oranje»freistaats als unabhängige Boeren stauten. Außer-dem werde England noch besondere Garantien, wie die Aus-lieferung der gesamten Boeren-Artillerie ver-langen.Trotzdem die Lage im K a p g« b i e t für England die denkbarungünstigste ist und man in Kapstadt, wo allgemeine Panik herrscht.damit rechnet, daß die Boeren selbst günstigenfalls sich nochmonatelang in der Kolonie halten würden, und trotzdem K i t ch« n e rabermals um 2S000 Mann neuer Truppen gebeten hat, diedas Kriegsamt nicht aufzutreiben vermag, dürften die Gerüchte einst-weilen nur der Stimmung eine« immer größer werdenden Teilsder englischen Natton, schwerlich aber den Absichten der Regierungentsprechen. Was nicht ist, kann freilich unter dem Druck der Ver-Hältnisse noch werden._Psurt eiAn den Wahlen zur Bürgerschaft(Landes- und Stadt-Parlament) werden sich die Genossen in Hamburg beteiligen. Siehaben bereits Kandidaten aufgestellt und entfalten eine lebhafteAgitation. Den ArbeiternHamburgs, die bekanntlich alle drei Reichstags-Wahlkreise für unsre Partei vertreten, ist es durch ein hochplutokratischesWahlsystem ganz besonders schwer gemacht, Vertreter in die Bürgerschaftzu entsenden. Man muß, um wahlberechtigter hamburgischer Bürgerzu werden, fünf Jahre hintereinander ohne Unterbrechung 1200 M.Einkommen versteuern. Dann darf man in der allgemeinen Wähler-klaffe wählen, in der auch diejenigen nochmals mitwählen dürfen, dieals Privilegierte schon vorher in besonderen Klassen eine AnzahlVertreter wählen dürfen.Frisch auflackiertes Mittelalter. Im Fürstentum Schwarz-burg-Sondershauseu bestand bisher ein„Sabbatcdckt', das auf dasehrwürdige Alter von 13S Jahren zurückblicken konnte. Unter demVorgeben, daß diese Reliquie veraltet sei. hat man eine neue Ver-ordnung über den Gegenstand erlassen, in der sich folgende Be-stimmung befindet:„Der Vertrieb von politischen Zeitungen und Flugblättern vonaus zu Haus mit Ausnahme der Postbestellung ist an Sonn- undeiertagen nur mit Genehmigung des fürstlichen Landrats ge-stattet.'Mit dieser Bestimmung, die in dem ehrwürdigen Sabbatediktnicht enthalten war, hätte es nun der fürstliche Laudrat in der Hand,an Sonn- und Festtagen die Verbreitung socialdemokratischerZeitungen und Flugblätter zu verhindern und die gutgesinnterDruckschriften zu gestatten, wenn nicht— das R e i ch s- P o st g e s e tzwäre, das die schöne Verordnung in Beziehung auf Zeitungenungesetzlich macht. Der Artikel 3 des im vorigen Jahre be-schlossenen neuen Postgesetzes bestimmt:„Abgesehen von den bezeichneten Anstalten ist gewerbsmäßigeoder nicht gewerbsmäßige Beförderung von unverschlossenenpolitischen Zeitungen innerhalb der Gemeindegrenzen eines Orts,iusvcsontere auch wenn sie durch die Post oder durch Expreßbotcndorthin befördert ivurden, jedermann gestattet, auch an Sonn-und Feiertagen während der Stunden, in denen die KaiserlichePost bestellt.'Der sürstlichen Regierung ist zu raten, ihre neue Verordnungschleunigst zu revidieren, sonst kann eS ihr passieren, daß sie beinächster Gelegenheit von den Gerichten für ungültta erklärt wird.Unsren Genoffen im Fürstentume empfehlen wir. sich an dieseVerordnung, soweit sie dem Reichsgesetze widerspricht, nicht zukehren.Unser Partciderein zu Mülhausen i. E. hat seit seinerReorganisation nach der Wahlniederlage im Juli v. I. eine äußersterfolgreiche Tbätigkeit entfaltet und der socialistischen Bewegung inder oberclsässischen Jndustriemetropole einen gewaltigen Anstoß.ver-liehen. Die Zahl der eingeschriebenen Mitglieder hat sich seitherverdreifacht. Neuerdings wurde beschlossen, das Abonnementauf daS reichsländische Partei-Organ für die Mitglieder des Vereinsobligatorisch zu machen.Totcnliste der Partei. In Falken st ein im sächsischenVogtlande starb am Donnerstag der Parteigenosse Hans Künzel,Redacteur der. Vogtländischen Bolkszeitung'. Künzel war mit derPartcibewegung im Vogtlaiide seit Jahren eng verwachsen und hatstets eine aufopferungsvolle Parteirhättgkeit entfaltet. Mit seinemBlatt, das sein Privateigentum war, konnte er bei der blutarmenBevölkerung jener Gegend keine Schätze sammeln; er hatte bis ansein Ende mit schwere» Existcnzsorgen zu kämpfe». Lange Gefängnis-strafen, die er sich in seiner öffentlichen Thätigkeit zuzog, untergrubenseine Gesundheit und nun ist er ihnen vollends erlegen- Die Partei-genossen werden sein Andenken in Ehren halten.polizeilichro, Gerichtliches usw.� Wegen Beleidigung wurde der Redacteur der„Frank.furter Volksslimme", Genosse Zielowski, zu drei Monaten Ge-fängniS verurteilt. Er hatte in seinem Blatte eine Kor-respondenz gebracht, worin von einem Eisenbahn-Stations-Vorsteher behauptet wurde, daß er Bahnarbeiter zu aller-Hand Privatarbeiten für sich benutze. Diese Behaupttnigenwurden zwar vollständig bewiesen, aber die Arbeiter wollendas alles freiwillig und zumeist in ihrer freien Zeit gethanhaben; wenn sie eS manchmal während der Dienstzeit gethanhaben, so dann, wenn sie gerade nichts zu thun hatten und sonsthätten faulenzen müssen, sonst aber hätten sie den etwa versäumtenDienst in den Ruhepausen nachgeholt. Der Staatsdienst hat alsonicht gelitten, darum waren die Behauptungen ZielowskiS Beleidigungen und darum verdient er drei Monate.Nonrnrunttles.Stadtverordnete»- Versammlung.2. Sitzung vom Donnerstag, 10. Januar ISOl,nachmittags 5 Uhr.Der Vorsteher-Stellvertreter Michelet eröffnet die Sitzung mitfolgender Ansprache:Bittrer Schmerz und tiefe Wehmut liegt auf unser allerHerzen. Heute vor 3 Tagen, als wir hier die beredten Wortehörten, die unser Herr Bürgermeister im Dienste der Waisen-Verwaltung sprach, die ihn, so warm vom Herzen kamen, werhätte danials von uns nur ahnen können, daß wenige Tage daraufwir an seiner Bahre stehen würden! Am Montag gegen abend um6 Uhr, plötzlich und unerwartet starb der BürgermeisterBrinkmann, uns alle» zu größtem Leid und Schmerz. Eswerden in diesen Tagen drei Monate sein, daß erhier in unsre Verwaltung' eintrat. Freilich erfolgte seine Wahlvorher nur mir einer sehr geringen Majorität aus unserer Ver-sammlung. Doch kein Wunder l Er war ja fast uns allen einFremder; nur wenige von uns hatten den Vorzug, ihn vorherpersönlich kennen zu lernen und bei dieser Gelegenheit Einblicke insein Herz zu gewinnen. Selten ist ein so kühnes Vertrauen treuerund redlicher erwidert worden, selten sind so schöne berechtigte Hoff-nungen, die wir an die Wirksamkeit dieses Mannes knüpfen dursten, sojählings zerstört worden. Es war ein Traum, ein schöner Traum IWir stehen heute im Geiste an seinem Sarge und legen hinein denherzlichen Dank für seinen regen Eifer, für die Mühen, die er unsrerStadt wegen gehabt, den herzlichen Dank für sein aufrichtiges Wollen,herzliche» Dank auch für das, was ihm in so kurzer Zeit schonzu vollbringen möglich gewesen ist.(Allseitige Zustimmung) Mitdiesem Gefühl des Dankes nehmen wir Abschied von diesem Mann,mit dem gleichzeitigen Versprechen, ihm allezeit ein ehrendes, freund-lidbes' Andenken zu bewahren(Beifall). Sie haben sich, wie ichkonstatiere, zum Zeichen Ihrer Teilnahme von den Plätzen erhoben.Der Vorsteher-Stelloertreter teilt ferner mir, daßder kleine Unfall, der den Dr. Langerhans bettoffen, voraussichtlichin einigen Tagen spurlos vorübergegangen sein wird.Darauf wird in die Tagesordnung eingetreten.Die Vorlage betreffend die Besoldungsverhältnisseder Lehrer' an der Taubstnnimen- und Blinden-schule wird auf Antrag Cassel demselben Ausschuß überwiesen,der bereits die analogen Vorlagen für die Zeichenlehrerinnen und dieTurnlehrer zugewiesen erhalten hat.Die„König Friedrich- Stiftung",die dem doppelten Zweck der Abhilfe der Wohnungsnot und derPflege des Andenkens an den 18. Januar 1701, den Tag der Er-Hebung Preußens zum Königreich, nach dem Magistratsvorschlage zudienen bestimmt ist, hat im Ausschuß bezüglich der erstgenanntenZweckbestimmung nur geteilte Billigung gesunden. Die Mehrheithat zwar die verlangte Million bewilligt, aber durch entsprechendeAmendierung die Möglichkeit, daß die Stadt selbst bauen kann,beseitigt. Der grundlegende§ 2 lautet jetzt:„Die Stiftung hat den Zweck, minder bemittelten Einwohnernder Stadt Berlin bei der Erlangung billiger und gesunder Woh-nungen behilflich zu sein. Sie kann insbesondere Unternehmungen,welche den Bau von kleinen, billigen und gesunden Wohnungenfür die Bevölkerung der Stadt Berlin in gemeinnütziger Weisefördern wollen, in geeigneter Form Beihilfe zur Erreichung diesesZwecks leisten. Sie kann ferner ihre bereiten Mittel dafür ver-wenden, um minderbemittelte Bewohner der Stadt Berlin vorWohnungslosigkeit zu schützen.'Referent ist Stadtv. Mommsen.Stadtv. Singer(Soc.): Wir sind aus principiellen und aussachlichen Gründen gegen den Ausschußantrag und gegen dieMagistratsvorlage. Unsre republikanischen Ueberzeugungen erlaubenuns' nicht, uns' an dynastisch-monarchischen Ovationen zu beteiligen.(Rufe: Aha!) Wir können auch nicht zugeben, daß die KönigePreußens das Land zu dem gemacht haben, was es ist. Wirmeinen vielmehr, daß Kultur, Wissenschast, Handel, Industrie,Landwirtschaft, kurz alle diejenigen großen socialen Faktoren,die im Volksleben eine wichtige Rolle spielen, nicht durch dieFürsten, sondern durch die Völker geschaffen werden. WaS diepolitischen Freiheiten anlangt, so haben wir den Fürsten Preußensvom Standpunkte des Volkes nicht nur nicht zu danken, sondernmüssen mit ganz geringen Ausnahmen die preußischen Fürsten alseinen Hort der Reaktion bezeichnen.(Unruhe.) Insbesondere habenwir keine Veranlassung, eine sociale Fürsorge mit dem Nameneines Mannes zu verknüpfen, der auf diesem Gebietevon einer objektiven Geschichtsschreibung verurteilt werden mutz.Dafür möge Ihnen ein andrer Hohenzoller Zeuge sein. Friedrich ll.war es, der von seinem Vorgänger gesagt hat: Er war groß inKleinigkeiten und klein in großen Dingen. Friedrich II. war eS, derin den Briefen, die er als Kronprinz an Voltaire schrieb, diesenKönig an, 6. Juli 1737 wie folgt charakterisiert hat:�.Friedrich I. war ein Fürst von sehr beschränktem Verstände, da-bei gut, aber schwach; er liebte Prunk und Pracht und war freigebigselbst bis zur Verschlvendung.Die Lobsprüche, die man Ludwig XIV. reichlich erteilte, machtenEindruck auf ihn und er glaubte, wenn er sich diesen König zumMuster ivähle, würde er auch seinerseits unfehlbar gepriesen werden,und in kurzem wurde der Berliner Hof der Affe des Versailler.Man ahmte alles nach, das Ceremoniell, die abgemessenenSchritte, die„xranäs mousguetaires'— daS sind wohldie preußischen Krongardisten— usw. Noch ein andresUrteil hat Interesse, da es gerade die socialpolitische Fürsorgebetrifft. In einem Brief an Voltaire, worin er sich über die durchdie Pest im Herzogtum Litthauen angerichteten Verwüstungen äußert,klagt er, daß unter der RegierunglFriedrichS I. nichts geschehen wäre,und sagt dann wörtlich: Während dieser Borgänge starb Friedrich l.und wurde in jener falschen Größe beerdigt, die nach seinem Willen nurindem offiziellen Pomp prunkvoller Schaustellungen und leerer Ceremonienbestand.Ich brauche zur Würdigung diese? Fürsten nichts welter bei-zufügen. Wir haben keine Veranlassung, an diesen Namen eine Stiftungzu knüpfen, die eine sociale Fürsorge herbeiführen soll. Es ist über-Haupt zweifelhaft, ob es gegenüber den Thatsachen, die inBezug auf die Selbstverivaltung der Gemeinde in den letztenJahrzehnten imnier mehr um' sich greifen, ratsam ist, daßdie Gemeindevertretung der erstell Stadt desDeutschen Reichs immer' wieder den Versuch macht,durch byzantinisch- monarchische Ovationen...(Lebhafter Widerspruch; Beifall bei den Socialdemokraten. Bor«st e h e r: Herr Singer, wir machen hier keine byzantinischeOvationen I> Man kann sehr ziveifelhaft sein, ob gegenüberder Stellung, die der Staat schon seit längerer Zeit gegen-über der Sclbstverwalttmg der Gemeinden einnimmt, ob" dieBehandlung, die gerade Berlin in den verschiedensten Fällen von denRegenten erfahren hat. der Anlaß sein müßte, jede Gelegenheit zubenutze», um sich an der bett. Stelle wieder bemerkbar zu machen.Wir würde» aber, selbst wenn wir wie Sie das Verlangen hätten,den 200. Jahrtag des Königreichs Preußen zu feiern, dieser Vorlagenickt zustimmen, weil sie uns vom Standpunkt der Ovation zu klein, zugeringfügig, zu nichts bedeutend erscheinen würde.(Beifall bei denSocialdemokraten.) Von einer„Lösung der Wohnungsfrage' kannhier in unsrem Sinn überhaupt nicht die Rede sein. Sie ist nachmeiner festen Ueberzeugung nur denkbar, wenn der Gnmd undBoden dem Kapitalismus entzogen wird.(Große Unruhe, Beifallbei den Socialdemokraten.) Wir geben uns über den Erfolg unsrerBestrebungen keinen Illusionen hin, aber zwischen der Lösung derWohnungsfrage und dem Verewigen der verkommenen Zustände istnoch ein Mittelweg möglich. Diesen Mittelweg zu gehen beabsichttgtunser Vorschlag.' Der wird eben natürlich ganz andre An-strengungen und Mittel erfordern, als wie eS, abgesehen von dieserStiftung, in dieser Versammlung möglich ist. Der Magisttathat sich über die Wirkung seiner Vorlage der Täuschunghingegeben, daß dadurch auch nur entferntest eine wesent-licke' Linderung der Verhältniffe herbeigeführt werden kann.Die Vorlage ist nickt einmal der Tropfen auf den heißenStein, sodern ein Tröpfchen. Ich muß aber anerkennen, daß in derMagistratsvorlage, namentlich im 8 2, ein einigermaßen socialpolitischerSinn steckt. Dieser Paragraph ist von dem socialen Geist durchtränkt,daß die Gemeinde es als Verpflichtung ansieht, auf einemGebiete, auf dem Tausende, ja Hunderttausende unsrer Mitbürgerin den schlimntsten Verhältnissen leben, mit städtischen Mitteln ein-zugreifen. Der Ausschuß dagegen weist das zurück. Der letzte Satzdes 8 2 des Ausschusses enthält des Pudels Kern. Sie wollen eineneue wohlthätjge Stiftung errichten für Leute, die durch Wirt«schaftliches Mißgeschick, Familienunglück usw. zurückgekommen undnicht in der Lage sind, ihre Miete zu zahlen, durch eine Miets-unterstntznng über Wasser halten, ihnen helfen.(Zuruf: Das ist dochsehr schön I) Das ist sehr schön, aber es nützt nichts und kostetnichts. Vielleicht finden es die Herren deshalb sehr schön,iveil es nichts kostet. Sie erreichen damit noch denangenehmen Nebenzweck, daß die Hausbesitzer ein Ge-schenk bekommen, in sofern sie durch die Mietsunterstützungvor Verlusten geschützt werden, oder der Verlust wenigstens gemildertwird. Aber auch der Magistrat ist in meinen Augen dadurch nicht ent-schuldigt, daß er mit dieser auch für ihn nicht erheblichen Millionwenigstens versuchen will, etwas zu leisten. Wir glauben, daß dieStadt Berlin sich darüber klar sein muß, daß es auf diesem Gebietnicht mit Almosen, mit Wohlthätigkeit gethan ist, sondern daß ge-meinnützige Einrichtungen geschaffen werden müssen, die dergroßen allgemeinen Wohnungsnot abzuhelfen im stände ist.Diese Stiftung sieht zwar aus, als ob sie etwas ist, aber sie hatthatsächlich nicht die geringste Bedeutung, und deshalb werden wirgegen die Vorlage stimmen.(Beifall bei den Socialdemokraten.)Stadtv. Nathan(N. L.): Auch wir stehen nicht auf dem Stand-Punkt, daß die Könige allein Preußen groß gemacht haben.sondem auf dem, daß die Könige gemeinsam mit dem Volk fürden Staat gearbeitet haben. In diesem Sinne sind wir Monarchisten.Herr Singer erkennt einen König doch wenigstens als Autoritätgegenüber einem andren König an.(Heiterkeit.) Die ganze Social-demokratie verehrt Ferdinand Lassalle, der doch auch nicht in jederBeziehung ein Muster und Vorbild war, in dessen Leben gewisseLiebschaften eine Rolle spielen und der schließlich im Duell gefallen