Die„Konservative Korrespondenz" stopft darum inihre» Kaiser-Geburtstagsartikel die folgenden Erpressnngssätze:„Im Innern wird der ersehnte Friede aber immer noch durchdie zersetzenden Agitationen der Socialdemokratie ge-stört. Das große Friedenswerk, unsre Socialreform, das dankunsrem Kaiser, dessen Fürsorge für die wirtschaftlich Schwachennimmer ruht, mustergültig dasteht, hat nicht vermocht, alle Arbeiterdavon zu überzeugen, daß ihr Wohl und Wehe besser imfriedlichen Zusammenarbeiten mit der„bürgerlichen" Ge«fellschaft unter einem thatkräftigen Monarchen, als im Klassen«kanipfe unter der Führung einer republikanischen Parteigewahrt sei. Die gewissenlosen socialdemokratischen Verführerfinden noch immer in weiten Kreisen der Arbeiterschaft unverständ-lichen Glauben und in Kreisen von Politikern, die ihren Partei-rücksichten das Wohl des Vaterlands unterordnen, schwach-volle Unter st ützung. Möchte es gelingen, die social-demokratischen Agitatoren zu isolieren und ihrem Verhängnis»vollen Einflüsse Schranken zu setzen.Es ist doch recht unvorsichtig, daß das amtliche Organ derKonservativen von zersetzender Agitation redet, nachdem niemand mitsolchem Erfolg die monarchische Autorität zu erschüttern verstandenhat als die agrarischen Agitatoren.Auch die„Deutsche Tageszeitung", das Organ desBunds der Landwirte, die kürzlich drohte, daß ohne eine gebührendeZollerhöhung die Throne nicht mehr zu retten seien, stürzt sichwieder zielbewußt in den„Kampf gegen den Umsturz". Sie rätzwar davon ab, daß die Konservativen einen Antrag auf Erlaß einesSocialistengesetzes oder einer Umsturzvorlage einbringen, weil damitdie Partei das Odium des Antrags auf sich nehmen ivürde, aber sieprovoziert die Regierung, ein solches Gesetz einzubringen:„Die wirtschaftlichen Ziele der Socialdemokrafie find... nichtverfassungswidrig... Wohl aber ist das offenkundige und zuge-standene Streben der Socialdemokratie, die Monarchie zubeseitigen, nicht mit der Verfassung vereinbar.Dadurch stellt sie sich selbst außerhalb der Verfassung. Das kannnicht oft genug wiederholt und nicht scharf genug hervorgehobenwerden. Einer solchen verfaffungswidrigen politischen Er-scheinnng gegenüber kann man zwei verschiedene Standpunkteeinnehmen: entiveder man hält sie für gefährlich, und dannmuß man aus ihrer Verfassungswidrigkeit die selbstverständ-lichen Konseqnenzen ziehen.— oder man hält sie für un-gefährlich, für«ine vorübergehende Erscheinung, die sichaustoben werde, dann kann man fie ruhig austobe» lassen, nnitzaber freilich damit rechpen. daß manches, ja vielleicht dieGrundlagen der Verfaffung, umgestürzt werde. Die Ver-antwortung dafür trägt lediglich die Regierung, keine Partei undkeine Volksvertretung. Und diese Verantwortung können unddürfen wir ihr nicht abnehmen.Das ist wieder jene junkerliche Einschüchterungspolitik, die wiraus der Camarillazeit unter Friedrich Wilhelm IV. kennen. Es istnicht verfassungswidrig, wenn die Socialdemokratie für Beseitigungder kapitalistischen Ordnung eintritt, nur an der monarchischen Forindarf sie nicht rütteln.ES bedarf keines Beweises, daß diese Deduktion blanker Unsinnist. Politische Gefinnungenund Bestrebungen sind überhaupt nicht ver-fassungswidrig, so lange sie in verfassungsmäßiger Weise bethätigt werden.Die Konservativen sind eingestandenermaßen gegen das Reichstags-Wahlrecht, sie wollen also die eigentliche Gnmdlage der Verfassungumstürzen. Wir könnten mit mindestens demselben Recht die Par-teien, die auf eine Aendernng des Wahlrechts hinarbeiten, alsaußerhalb der Verfassung stehend bezeichnen, wie die„Deutsche Tageszeitung" uns der Verfassungswidrigkeit beschuldigt,weil wir principielle Republikaner sind.Natürlich glaubt die„Deutsche Tageszeitung" selbst nicht anihren Schwatz, ihre Schreiberei dient lediglich dem Ziveck, den Kaiser,der sich seiner Zeit so energisch gegen die Brotwucherer, erklärt hat,von der größten Gefahr der Gegenwart abzulenken: von der ver-wüstenden agrarischen Wirtschaftspolitik.—t»•*Aeutsches Weich.Et» agrarischer Vorstoß.� Im Abgeordnetenhaus haben, wie schon gestern erwähnt wurde,konservative, freikonservative und CentrumSagrarier die angekündigtezollpolitische Aktion durch den Antrag eingeleitet, die Regierung auf-zufordern, mit größter Entschiedenheit darauf hinzuwirken, daß beider bevorstehenden Reu-Ordnung unsrer handelspolitischen Verhält-»iffe der Landwirtschaft ein wesentlich gesteigerter Zollschutz zuteil werde, und in diesem Sinn dafür zu sorgen, daß baldigst dieVorlage des in Vorbereitung begriffenen Zolltarifs an den Reichstagerfolge."Schweinburg kündigt an. daß Graf B ü l o w am Sonnabendzu dem Antrag das Wort ergreifen wird. Wir zweifeln nicht, daßer dann das erlösende Wort vom„gesteigerten", nicht bloßvom„gesicherten" Zollschutz sprechen wird.—Deutscher Außenhandel 1900. Nach den„MonatlichenNachrichten" des Statistischen Amts betrug der Wert der deutschenEinfuhr 1900 b 833 312 000 Mark gegen 5 783 628 000 Markund 5 439 676 000 M. in den Vorjahren. Das ergiebt mehr gegen1899: 73 961 000, gegen 1898- 476 411 000 M. Erhebliche Zu»»ahme zeigten u. a.: Baumwolle, Blei, Eisen, Holz, Maschinen,Fahrzeuge. Kupfer, Papier, Kohlen, Teer. Pech, Tiere, während beiDroguen, Apotheker- und Farbewaren, Flachs, Getreide, Kautschuk.Leder, Leinengarn. Leinwand, Materialwaren, Seide, Vieh, Wolle einzum Teil starker Rückgang stattgefunden hat.Die Ausfuhr erreichte einen Wert von 4 556 291 000 M.gegen 4 368 409 000 M. und 4010 565 M. in den Vorjahren. DieAusfuhrwerte haben hiernach ungleich stärker zugenommen als dieEinfuhrwerte; beide werden indessen bei der Ermittelung derHandelswerte für das Jahr 1900, die durch eine im Februarzusammentretende Sachverständigenkommission vorgenommen wird,für 1900 voraussichtlich große Aenderungen erfahren. Stark zu«genommen haben u. a. die Ausfuhrwerte von B a u m iv o l l e undBaumwollenwaren. Eisen, Flachs, Getreide, Maschinen,Papier, Kohlen, während größere Ausfälle Blei, Droguen, Erden,Erze, Haare zc., Kautschuk, Kleider, Leder, Seide, Wolle erfuhren.Besonders bemerkenswert ist, wie amtlich betont wird, dieAbnahme der Einfuhrwerte von Getreide und andren Land-banerzengniffe» in den letzten zwei Jahren, bei gleichzeitigerZunahme der Ausfuhrwerte.Ein- und Ausfuhrwerte ergeben 1900 zusammen 10,4 MilliardenMark gegen 10,2 und 9,5 Milliarden Mark in den beiden Vorjahren.Nach Gewicht berechnet, betrug die Einfuhr in Tonnen:45 926 159 gegen 44 652 288 und 42 729 839 in den Borjahren, dahermehr 1273871 und 3196 320. 26 von 43 Zolltarifnummern zeigeneine größere Einfuhr, worunter Kohlen mit fast der Hälfte derganzen Einfuhrsteigerung, während ein erheblicher Rückgang u. a.bei Getreide zu bemerken ist.Die Ausfuhrmengen betnigen in Tonnen: 32 682409 gegen30 403 226 und 30 094 318 in den beiden Vorjahren, daher mehr2 279 183 und 2 588 091, 32 von 43 Zolltarifnummern brachteneine Ausfuhrzunahme, worunterhervorragend Kohlen f-j- 1 601 975),Materialwaren, Eisen, Apotheker- und Farbewaren, Papier. Einestarke Zunahme erfuhr die Ausfuhr von Rohzucker und namentlichjene, auch von der amerikanischen Handelsstatistil bestätigte, nach denVereinigten Staaten von Amerika.Ganz besonders intereffant ist, daß, worauf wir schon öftershinwiesen, die landwirtschaftlichen Produkte in starker Steigerungausgeführt werden, während die fremde Einfuhr sich erheblich ver«mindert hat. Da» deutet auf eine günstige Lage der deutschen Land«Wirtschaft und läßt die agrarische Zollwucher-Campagne um so ver»werflicher erscheinen. ES ist kein Zufall, daß daS Statistische Amtausdrücklich auf diese Erscheinung hinweist.Die starke Kohlenaussuhr bei Kohlennot im Inland zeigt gleich-falls, wie es der Kapitalismus versteht, das Baterland zuschröpfen.—Die zweite Ehina-Rnleihe bemißt die„Norddeutsche All-gemeine Zeitung" schon jetzt auf nicht weniger als 197 MillionenMark, obwohl noch nicht einmal die erste von 150 Millionen be-willigt ist.UebrigenS wird offiziös beruhigend erklärt, daß das Geld nichtauS England oder Amerika gepumpt werden soll.—Kulturlügen.Zur Abschwächung der in den Hunnenbriefen berichteten Greuel-thaten der Kulturträger werden auch gewerbsmäßig allerlei Scheuß-lichkeiten berichtet, die angeblich von Boxern begangen sind. Wärendiese Angaben wahr, so würden fie natürlich die Heldenthaten derEuropäer keineswegs entschuldigen. Aber sicher ist, daß die Boxer-greuel vielfach Erfindungen der europäischen Soldateska sind. Dasweist in einem Fall der Ehina-Korrespondent der„Frankfurter Ztg.".unsres Wissens ein ehemaliger Offizier, sehr instruktiv nach.Es wurde aus China mit allen Einzelheiten gemeldet, daß aufeiner Station zwischen Tongku und Tientsin nächtlicherweile sechsdeutschen Soldaten die Köpfe abgeschnitten worden seien. DerKorrespondent ist dem Gerücht auf den Grund gegangen und stelltdas Folgende fest:„WaS ich aus der sichersten Quelle, nämlich von beteiligtenOffizieren, erfuhr, war der folgende für die europäische»Truppen wenig schni eichelhafte Thatbestand. Unweit derStation, die der Schauplatz der schrecklichen Mordthat gewesen seinsollte, liegt ein großes chinesisches Dorf am Peiho.Eines Nachts börte nun der russische Posten, der vor derStation stand, in dem Dorfe Getümmel. Wirkliche Nebelgebilde.oder dem genossenen Wutki entstammende Gebilde, gaukelten ihn:angreifende Boxerhaufen vor und so beeilte er sich nach Abgabeeines Schusses die Nachricht zur Feldwache zu bringen, daß starkeBoxcrhaufen die Bahn angriffen. Die Meldung wuroe nach Tientsinund Tongku weitergegeben. An einigen Orten wurden einigeCompagnien alarmiert, doch kam nur eine CompagnieRussen von dem nahe gelegenen Tongku rechtzeitig an.Da die Russen nichts von einem Angriff auf die Stationmerkten, schoben sie laugsam Patrouillen vor, um dasimmer noch unruhige Dorf einzuschließen. Auf diesePatrouillen fielen einige Schüsse, die drei Russen leicht verletzten.Natürlich ging man nun zum Angriff vor, fand aber nichtnur keinen einzigen Boxer, oder auch nur dengeringsten Widerstand, sondern nur eine ver-zweifelte Bevölkerung, und es stellte sich heraus, daß dasFeuer auf die Russen von D j u n k e n anf dem Peiho herrührte.deren militärische Begleitmannschaften in den Russen Boxerentdeckt zu habe» glaubten. Die Sache war zu Gunsten der Dorf-bewohner so gründlich klar, daß selbst die Russen, die gewiß keinenChinesen schonen, wenn sie ihm mit einem Schimmer von Recht etwasanhaben könne», das Dorf und seine Einwohner in Frieden zurückließen.Die Nachforschungen, die man darüber anstellte, iveShalb in demDorfe ein solcher Tumult geherrscht habe, ergaben folgendentraurigen und für unsre civilisicrtcn Armeen tiefbcschiimcnde»Thatbestand. Seit einiger Zeit war es bei einzelnen militärischenBegleitmannschaften Mode geworden, sich mit einer oder der andrenDjiinke in der Dunkelheit möglichst vom Transport zu trennen—ein Fall, der leicht genug vorkommen konnte— in die Dörfer«in-zudringr» und dort Cbiiiescnfraueu und Mädchen durch lieber-redung oder Gewalt sich willfährig zu machen. Gegen der-artige Wüstlinge hatten sich die Chinese» nach ihrer Art mitlautem Geschrei, statt mit ordentlichen Waffen zur Wehre gesetzt,und dieses Geschrei ivar von dem russischen Posten gehört und in einenBoxerangriff Übersetzt ivorden.... Jedenfalls ist es aber gut, daßdurch die phantasiereiche Meldung des Postens Zustände aufgedecktwurden, die ge» Himmel schreien. Wir können der Ueber-zeugung sein, daß unsre deutsche Militärjustiz gegebenenfalls ganzgehörig eingreifen wird. Sie steht hier draußen in dem Rufe, diestrengste zu sein, aber nach alle» mir zu Ohren gekommenenFälle« muß ich sagen, daß sie keineswegs zu streng war."Die offiziöse Richtigstellung de» Bueck-BriefS entwickelteinen geradezu karnevalistischen Humor. Die„Norddeutsche Allgem.Zeitung" beschränkt sich, die sensationelle Enthüllung der„KölnischenZeitung" feierlich und authentisch zu bestätigen, daß Brefeld mitLohma»» nicht auf„Du" steht und daß Brefeld nicht bei der Hochzeitdes Buecksche» Schwiegersohnes gewesen sei.Für die im höfischen Ceremoniendienst gedrillten Geister sindnatürlich solche Einzelheiten höchst wichtig. Da sie nun»ichtSandres zu berichtigen wissen, so steht damit fest, daß die Wiedergabeder Brefeldschcn Anschauungen als korrekt befunden wird. Damithat die Regierung den Bueck-Brief in aller Form beglaubigt!—Neue Kanonen. Die Einführung des 23 Centimeter- Schnell-fenergeschützes bei der deutschen Marine- Artillerie steht nach der„Vost. Ztg." bevor.Gesegneter Krupp!—Für die Prügelstrafe ereifert sich wieder einmal ein LeitartikeldcS Dr. Oertel i» der„Deutschen Tageszeitung":„Unser Volk ist nur noch zum geringeren Teile in dem schlappenHumanitätsdusel befangen, der in dem wüstesten, rohesten,viehischten Verbrechen eine bedauernswert« krankhafte Verirrmigsieht. Die breite Masse des Volks ist in diesem Punkte wie in'so manchem andren klüger und weiter blickend als die sogenanntenGebildeten, als die oberen Zehntausend. Diese stehen zumguten Teile noch im benebelnden Banne jener falschenweichseligen sentimentalen Humanität. Vielleichtmüssen die R o h e i t s v e r b r e ch e n, die von Jahr zu Jahrzunehmen, noch üppiger in» Kraut schießen, ehe allen die Augenaufgehen. Wir möchten aber doch meinen, daß die Erfahrungendes letzten Menschenalters vollkommen genügten, um allgemein zubeweisen, daß die Strafen für Roheitsverbrechennicht genügend abschrecken, und daß, wenn wir,wie das unsre' verfluchte Pflicht und Schuldigkeit, unser Volkvor den Roheitsverbrechen einigermaßen schützen wollen, wir andreabschreckende Strafarten wählen müssen. Wer sich tieriick benimmt, wer viehischen Leidenschaften folgt, wer kein menschlichesGefühl hegt, der hat keinen Anspruch auf Menschen-würde, der muß seiner That entsprechend gestraft werden.Das ist der Standpunkt der gesunden Vernunft und der wahrenHumanität."Glaubt Herr Oertel wirklich, daß die Leist, PeierS, Brüsewitzund Prinz Arenberg, daß die Solbatenschinder und ostelbischcnLentequäler wirklich dadurch gebessert werden, daß man sievon Amts wegen prügelt? Die Kriminalstatistik lehrt, daß dieRoheitsverbrechen da prozentual am häufigsten vorkommen, wo dieGesinnungsgefährtcn Oerteis noch unumschränkt regieren. MeintHerr Dr. Oertel wirklich, daß das sociale und politische Elend imReich« Agrarien, aus dem die Roheitsverbrechen entspringen, durchPrügeln so zum Bessern gewendet werde, daß eine socialdemo-kratisch aufgeklärte Bevölkerung dort erwächst? Ist Herr Dr. Oertelendlich der Ansicht, daß es möglich sein würde, durch Stockhiebe die„Deutsche Tageszeitung" von ihrer brutalen Gesinnung zu heilen,die wiederholt empfohlen hat. politische Gegner körperlich zu miß-handeln? Wir glauben nicht an diese Wundermacht der homöo-pathischen Methode, Roheit durch größere Roheit zu bessern.AnS dem Etat des landwirtschaftlichen MinlstertumS,dessen Beratung im preußischen Abgeordnetenhaus am Sonnabendbeginnt, ist zu erwähnen die extraordinäre Verstärkung desDispositionsfonds zu Prämien bei Pferderennen,250 000 M. Diese Forderung wird damit begründet, daß infolgeder Verdoppelung der Stempelsteuer des Reichsauf den Totalisatorbetrieb dieser Betrieb nicht mehr wiebisher bei einem Gesamtumsatz von 10 300 000 M. eine Netto«Einnahme für die Vereine von 990 000 M. abgeben würde.„In der richtigen Erkenntnis, daß ein Aufhören des Totalisator-betriebs für die'minder gut situierten Rennvereine gleichbedeutend mitAuflösung derselben sein und auch selbst altbcgründete und vomSlaat subventionierte Vereine in ihrer Lebensfähigkeit stark er-schüttern ivürde und da anzunehmen, daß bei einem Gesamtabzugvon 30 Prvz. das Wetten am Totalisator allmählich anfl)ören würde,haben zwischen den» Unionklub und den einzelnen Nennvereinen Ver-Handlungen stattgefunden, die zu der Vereinbarung führten, daß inZukunft' nirgends mehr als 25 Proz.— einschließlich Reichsstempel-steuer— beim Totalisatorbetriebe in Abzug gebracht werden sollen."Da infolge deS ZnrückgehenS der Einnahmen auch bei dem Eintritts-geld ein Teil der Rennvereine leicht in die Möglichkeit versetzt werdenkönne, ihre für die Pferdezucht ganz unentbehrliche Thätigkeit ganzeinzustellen, sollen solche Vereine niit 250 000 M. mehr als bisherunterstützt iverden.— Weiter sind Posten eingestellt für die Er-richtung eines Laboratoriums und Ver-suchsinslituts für R ü b c n-zucker-Jndustrie. für die Errichtung einer Spiritus-motoren-VersuchSstation und für den Ausbau der hoch-wassergefährlicheu Gebirgsflutin Schlesien und Branden-bürg. Der Fonds hierfür soll von 3 auf 5 Millionen erhöht werden.—Ein großes Sprachrohr der Kornwucherer soll in Hannovergeschaffen werden. Ueber eine zu diesem Zweck stattgehabte Gründer-Versammlung wird berichtet:Mit der Gründling eines großen politischen Organs,das streng die Interessen der Landwirtschaft ver«treten soll, befaßte sich hier die zur Zeit tagende Land-w irt s ck a fts ka m m er der Proviil� Hannover. Landratvon Rheden-Gronan fiihrte die Verhandlungen, denenOberpräsident Graf zu S t o l b e r g- W e rn i g e r o d e,Landesdirektor Lichtenberg und Regierungspräsidentvon Branden st ei n beiwohnte», Landrat v. Wagnererörterte die Verhältnisse der landivirtschaftlichen Fachpresseder Provinz Hannover. Jeder der sechs landwirtschaftlichenHauplvereine besitze ein eignes Fachorgan. Dieser Zustandsei auf die Dauer unhaltbar, und deshalb müsse zu einerKonsolidierung geschritten werden. Man solle bedenken,daß 80 Pro z. aller politischen Zeitungen in ge-schlo ssener Phalanx der Landwirtschaft und ihrenBestrebungen entgegen st änden. In diesem Kampfe seiein enger Zusammenschluß durchaus nötig, und da sei die Schaffungeiner ausgezeichneten Fachpresse die Hanptbedingnng. Eine großepolitische Zeitung, ivelwe die Interessen der Landwirtschaft vertrete,müsse erstehen. Die Versammlung erkannte die dringende Rot«weudigkeit und die Zweckmäßigkeit an und beschloß,„die Sache unterallen Umständen im Auge zu behalten". Nach Schluß der Sitzungwurde lebhaft für das neue Organ agitiert. Der Erfolg sollgut gewesen sein, so daß die Zeitung wohl zustände kommen wird.—Aus der Studiciimappe des HunnenmalerS Rocholl.Herr Rocholl begeistert sich»och immer für den pittoresken Effektabgeschlagener Boxerköpfe. In seinem neuesten Reisebrief schwärmtunter andeem:„Eden bringen sie auf unsren Hof einen gefangenen Chinesen.Er hat in die Bank einbrechen wollen und als er gefaßt wurde,sich ausgeredet, er sei von de» Deutschen befohlen. Er ivird derOrtspolizei übergeben werden. Ob er so glimpflich(1)wegkommt, wie ein andrer gestern, ist die Frage.Dieser hatte die Nacht vorher einen der Kulis, die mitunsren Truppen von Tientsin mitgekommen sind, in Ketten legenhelfen und verhauen. Abgesehen davon, daß sie ihn ver-mutlich schon auf unsrerWache nicht mit Glacehandschuhen angefaßt haben werden, bekam ergleicki kurzerhand auf unsrem Hof sein vollgerütteltesMaß übergezogen, so daß sein Geschrei weitbinzu hören war. Kann sich immer noch freuen, daß eS ihmnicht ergeht, wie jenen Burschen, deren Köpfe im Nordenund Süden von Kalgau fein sorgfältig auf-bewahrt sind in gut gearbeiteten Lattenkästen.auf Buchenstangen angebracht. Die Haut, aschgrau, hat sichschon fest über dieKnochen gespannt und die Pech-schwarzen Zöpfe hangen fast bis zur Erde, sind aber, wie ich michüberzeugte, nur zur Hälfte echt. Die untre Hälfte ist aus Wolledraiigeflochten. Immerhin eine eigenartige Staffage fitediese öde trostlose Landschaft, die aber in der Abend-sonne glüht in de» herrlichsten Tönen."Immerhin interessiert sich Herr Rocholl auch für die Physiognomiesolcher Chinesenköpfe, die noch nicht zur Verschönerung der Land-schaft von den dazu gehörigen Leibern getrennt worden sind. UndChina ist auch insofern ein Dorado für Maler, als eS dortModellscbwierigkeiten nicht giebt. Hören wir darüberHerrn Rocholl:„Wenn ich mir ein Huhn erstehen oder ein Waschgefäßrequirieren will, wenn ich meinemPferde eine Handvoll G a u l i a n oder Maiskolben geben will, oder«inen Eimer Waffer— nun, jede Thür steht mir offen,wenn der Säbel über die Steine klirrt und die Sporenaccompagnieren.Das war heute eine Komödie erster Klasse. Von9 Uhr ab, Ivo daS Kohlenbecken anfing seine Wirkung zu thnn,ließ lch von der Straße weg von meinem Burschen nacheinander 5 Einwohner in mein Zimmer holen. Erst eindemütiger Kniefall mit entsetzlich ängstlicherGebärde. Die gelbe Stirn berührt den Boden, daß derlange schwarze Zopf fliegt, bis endlich ein Verständnisder Situation aufdämmert, und wir beide unsgeeinigt haben über Stellung usw. Und nun dasverklärte Gesicht, wenn er merkt, daß ihm der Kopfnicht abgeschnitten werden soll. Und dann dasStaunen, wenn er die Studie sieht."UebrigenS bestätigt auch Herr Rocholl die ungemeine Sauberkeitder chinesischen Dörfer und die geschmackvolle Einrichtung derWohnungen:„Ost. ja sehr oft war ich überrascht über die Eleganz.d. h. große geschmackvolle Einfachheit der Zimmer-e i n r i ch t u n g e n, die f a st immer, wenigstens in wohl-habenden Bauern- und Ackerbürger-Damen, vollständig zusammenpatzte. Und ebenso oft auch mußte man wohl oder übel sichwundern über eine gewisse Oberflächlichkeitso mancher R e i s e b e s ch r e i b u n g, in denen eS meist vonSchmutz und Ungeziefer nur so wimmelt. Ja, diese beiden Dingegebe» fast den Lokalton ab.Und dock, wenn ick an so manche Bauernstube inHessen oder Südhannover denke, in der wir alsjunge Gymnasiasten auf großen Fußtouren nächtigen mußten, s obin ich denn doch keinenAugenblick imZweifel.wo in den meisten Fällen der größere Schniutzund die zahlreicheren Insekten zu finden sin d."—Indirekte Wahlentrcchtnng. Erfurt, 20. Januar.(Eig. Ber?Die letzten Stadtverordneten wählen vom November v. I.gingen unter recht eigentümlichen Verhältnissen vor sich. Obwohl in