Dolikifche Msbevochk.Berlin, den 29. Januar.Zollerhöhung und Slusland.Noch bei allen Redeleistungen des Grafen B ü l o>v erklang auchouS dem gesamten Umkreis der Nachbarstaaten vielfaches Echohöchster Bewunderung. Ganz andren Widerklang jedoch erweckte dieneueste Ankündigung des preußischen Ministerpräsidenten, daß die Regie-rung sich zur wesentlichen Erhöhung der landwirtscha'ft-l i ch e n Zölle entschlossen zeigte.Mit Recht macht der„Hamb. C o r r e s p." darauf aufmerksam,daß das„Wolffsche Telegraphen-Bureau", das bisher in der Regeldie auswärtigen Preßstimmen über die Bnlow-Reden sorgfältig ge-sammelt und schleunigst über das ganze Reich verbreitet hatte, dies-mal seine Leser ganz im Stiche lasse.Eine Mitteilung der östrcichischen Preßäußemngen über die Erklärung des Grafen Bülow würde die schweren Gefahren,die für die Erneuernng der Handelsverträge aus den Absichten derRegierung erwachsen, offenbar machen. Die Wiener„Sonntags-blätter" haben sich über die neueste Kundgebung des BülowschenGenies durchweg in nngiinstigem Sinne ausgesprochen und erklärt,daß sich dir Anöstchteu der Erneuerung der Handels-Verträge bedeutend verschlechtert hätten.Die„Neue Freie Presse" beispielsweise schreibt:„Daß aber der„gesteigerte Zollschutz" für das Getreidezugleich in sehr erschlverender Weise der Er-Neuerung der Handelsverträge präjudiciert,dafür bedarf es kaum eiucs Beweises;' man kann nur mitBefremden über die Höhe des Preises staunen, welchen GrafBülow den Agrariern für die Annahme der Kanalvorlage zu zahlensich entschlossen hat."Aber nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politischeSchwierigkeiten als Folge der jetzigen deutschen Zollpolitik kündigtdas genannte Wiener Blatt an:„Es ist umsonst, sich dem Wahne hinzugeben, daß die p o l i-tischen und die wirtschaftlichen Wechselbeziehungenzwischen großen Nachbarreichcn durch einen G r a b'e ngetrennt seien; sie wirken naturnotiv endigauf einander und sind von einander abhängig.Aus diesem Grunde haben wir auch in Oestreich-Ungarn Anlaß,die Erklärung des Grafen Bülow im preußischen Aligeordneten-hause mit einige ni Befremden hinzunehmen undangesichts der Vorbereitungen zur Erneuernng unsres Handelsvertrags mit Deutschland uns zu fragen, ob die in Aussicht ge-stellte Steigerung des Getreidezolls nicht eine beträchtliche Er-schwerling bedeutet. Wir sind wiederholt in der Lage gelvesen,solche Erschwerung zu empfinden, und haben zu der Zeit, da dasarge Wort vom„Tribut" fiel, die Erfahrung machen können, wieverstimmend handelspolitische und wirtschaftliche Dissense auchaus das lebhafte st e und zw eisellose st e poli-tische Zusammengehörigkeitsgefühl wirken können."Auch im ungrischen Abgeordnetenhause ist dieSperrpolilik des Weltpolitikers der„offnen Thür" bereits amMontag besprochen worden. Bei der Beratung des Budgets desHandelsministeriums wies der oppositionelle Abg. Polonhi auf dieaus der Erklärung des Grafen Bülow folgende Gefährdun.,der ungrischen Landwirtschaft hin, die durch Erschwerungder Einfuhr von Borstenvieh nach Deutschland ohnehin geschädigtsei-. Polonhi bezweifelt unter solchen Umständen d iMöglichkeit des Abschlusses der HandelsverträgeAeußerungen der russischen Presse sind noch nicht bekannt. Manwird bald begreifen, warum das offiziöse Telegraphenbnrcau sietotzuschweigen beliebt.< Zu Liebe der Handvoll wohlgemästeter Grundbesitzer soll nichtnur die Masse der deutschen Arbeiter geschröpft, sondern auchschwerste Erschütterung der politischen Beziehungen dcS Reichs zugroßen Nachbarstaaten, selbst zum intimen Dreibundsfreunde gewagtden Mcepräsidentcn v. F r e g e. den sein böses Geschick heute wiederbei der Rede eines Socialdemokraten in den Präsidentenstuhl gesetzthatte, in nicht geringe Verlegenheit gebracht. Herr v. Frege hateine begründete Abneigung dagegen, neue Belege für seine Unfähigkeit in der Führung der parlamentarischen Geschäfte zu liefern._ Erüberlegt es sich dreimal, bevor er eingreift. Heute hielt er einenlangen Kriegsrat mit den Schriftführern ab und zog das Stenogrammder Bebelschen Rede zu Rat, bevor er endlich einen OrdnungSrugegen unsrcn Redner aussprach, der viel zu verspätet kam.Mittwoch wird die Etatsdebatte durch einen Schwerinstag unterbrachen.Auf der Tagesordnung stehen die 3 Schlußreden zu denInitiativanträgen auf Reform in der Wohnungsfrage und dieAbstimmungen über diese Anträge. Dann soll über den Antrag derfreisinnigen Volkspartei auf Beseitigung der Theater-Censudurch Abänderung der Gcwerbe-Lrdnung beraten werden.Das Abgeordnetenhaussetzte am Dienstag die zweite Lesung des Etats der l a n dwirtschaftlichen Verwaltung fort und bewilligtenach längerer Debatte das Gehalt des Ministers. Die Diskussion drehte sich, soweit sie nicht auf Fragen lokaler Naturund andrer Einzelheiten abschweiften, in der Hauptsachewieder um die Frage der Zollerhöhung. Auf feitender Gegner eines höheren Getreidezolls operierten die AbggDr. Hirsch, Gothein und namentlich Dr. B a r t h stellenweise recht geschickt, während für die Brotwucherer die HerrenFrhr. v. Zedlitz und der Centrumsagrarier Schmitz dasWort führten. Herr v. Zedlitz scheint, seitdem er im Soldevon August Scherl in Volksverdummung macht, jeder ruhigenUeberlegung bar zu sein. Suchte er doch allen Ernstes nachzuweisen, daß der Brotkonsum der Arbeiter geringer ist alsder der Bevölkerung im Durchschnitt! Von dem AbgSchmitz erfuhr man. daß das Centrum von einem 8 MarbZoll, wie ihn am Montag Frhr. v. Wangenheim vorschlug.nichts wissen will. Nun, die Herren werden schon noch mitsich handeln lassen.Im übrigen sind aus den Verhandlungen die Mitteilungender Regierungsvertrcter über den Stand des Weingesetzcsund des Fideikommißgesetzes von Interesse. Ersteressoll„voraussichtlich in kürzester Frist" an den Reichstag ge-langen, letzteres soll dem Landtage in der nächsten Sessionzugehen.Am Mittwoch wird die Beratung des Etats der landwirtschaftlichen Verwaltung fortgesetzt. Einer Mitteilung desPräsidenten zufolge wird Montag die erste Lesung der KanalVorlage beginnen.—_werden I—Im Reichstagwurde heute dem Grafen Posadowsky daS Gehalt bewilligt. Wirhabe» recht behalten mit unsrer Prophezeiung. Jedes Tausend derberühmten 12 000 M. hat der Staatssekretär des Innern mit einemTage Etatsdebatte bezahlen müssen. Es war immerhin noch einSchlußantrag nötig, um der allgemeine» Redelust ein Ende zu«lachen. Noch bevor die Abgeordneten Fischbeck und Bebel gesprachen hatten, wollte die Rechte den Schluß herbeiführen. Daaber die Abgeordneten in nur beinahe beschlußfähiger Anzahl ver-samnielt waren, erzwangen sich die beiden Abgeordneten derOpposition das Recht der Antwort auf die Angriffe der Rechten.In der Hauptsache war es die in den letzten Tagen angeschnitteneAgrar- und Zolldebatte, die die heutige Sitzung ausfüllte. FürstHerbert Bismarck fühlte sich gedrungen, auf die neulichc Rededes Abg. v. Siemens zu erwidern und dabei seine ökonomischenKenntnisse, die er sich in seinen SO Lebensjahren nur sehr allmählichangeeignet hat, auf den parlamentarischen Markt zu bringen. Erschloß niit einem inhaltsscbwcrcn Wort, das die Haltlosigkeit desAusdrucks„Brotlvocher" beweisen sollte: Großgrundbesitzer sind keineBäcker. Die Herren Bäckermeister, die Lieblinge der Konservativen,werden von dieser liebenswürdigen Redewendung, die ihnen dasOdium des Brotwuchers aufhalst, nicht sehr erbaut sein.Herr Dr. P a ch n i ck e von der freisinnigen Vereinigung sprachdann gegen die Gctreidezölle. Er weiß, daß seine Partei nur ausOffizieren ohne Soldaten besteht und möchte doch so gern Soldatenhinter sich haben. So erhob er denn gegen unsre Partei den auchschon in der„Nation" von Dr. Barth erhobenen Vorlvurf, daß sienicht rechtzeitig gegen die Getreidezollerhöhung mobil gemacht habe.Auf Herrn Pachnicke folgte wieder Herr Dr. Oertel. Seinkugelrunder Korpus zierte wieder eine glänzend weiße Weste und ersieht in diesem schneeigen Kleidungsstück noch dicker, noch falstaffmäßiger als gewöhnlich ans. Mit groben und platten Scherzen be�strebte er sich eifrig, Saal und Tribünen zu unterhalten und erzielteauch von Zeit zu Zeit, namentlich bei seinen in den Anforderungenan gute Witze wirklich recht bescheidenen Freunden einige Heiterkeit.In das Horn der Gctreideivucherer stieß auch kräftig der bayrischeCentruniskaplan G e r st e n b e r g e r.An den Roggen- und Weizenzöllen sind seine kleinbäuerlichenWähler zwar nicht sonderlich interessiert, wohl aber an höherenHafer-, Tabak und Wcinzöllen. lind all' diese guten Dinge hoffensie durch das Bündnis mit den Ostelbiern zu erzielen.?Der freisinnige Abgeordnete F i s ch b e ck polemesierte erfolgreichgegen den Fürsten Herbert Bismarck. Dann fand die zwölftägigeRedeschlacht ihren Abschluß in einer großen Rede Bebels, die inihrem ersten Teile der Polemik mit den Herren Stöcker, Dr. Arendtund Oertel gewidmet ivar, in ihrem zweiten Teile aber den Brot-Wucherern galt. Schon jetzt ist das Einkommen der Arbeiterdurch die bestehenden Zölle auf die Nahrungsmittel nrit einerSteuer von 5 Proz. belegt, eine Steuer, die um so ungerechter ist,weil sie als Kopfsteuer ivirkt. Und diese Steuer soll durchZollerhöhuiigen auf 7—8 Proz. gesteigert werden. So rief Bebelder Rechten zu und fragte sie, ob sie nicht über Vermögenskonfiskationschreien würde, wenn die Einkommen von 20 000 M. mit einer Steuervon 5000 M. belastet würde.Bebels berechtigte Abivehr der Stöckerschen Verdächtigung, erhabe den Tucker-Brief erfunden, hatte mit ihren scharfen AusdrückenEi» Generalmajor gegen den Gamaschendrill.Daß sich im Militärwesen mehr noch als in andren konservativenInstitutionen eine Unmasse veralteter Traditionen von Generationzu Generation fortschleppt, ist eine allgemein bekannte Thatsache.Wie oft ist z. B. über die gefährliche Sinnlosigkeit der schreiendbunten, niit blitzenden Metallteilen unpraktisch verzierten Uniformengespottet worden. Trotzdem würde sich diese bei der niodernenGcfechtstveise geradezu unzweckmäßige Art der Unifonnierung bei unswahrscheinlich noch Jahrzehnte hindurch konserviert haben, wennnicht endlich auf Befehl von oben daS einfarbige schlichte Khakigewand den glänzenden, bunten Uniformrock verdrängen sollte.Gegen eine ganze Reihe ähnlicher veralteter, durch die Re-volutionierung der Gefechtsweise nicht nur überflüssig, sondern direktschädlich gewordener militärischer Einrichtungen richtet im hiesigenOrgan des Bunds der Landwirte der Generalmajor a. Dv. Puttkamer eine sehr zeitgemäße Kritik. Der militärischeKritiker sagt freilich nichts wesentlich Neues, aber es ist immerhininteressant, daß Urteile, zu denen der gesunde Menschenverstand auchden aufmerksamen Laien befähigt, von einem hohen Offizier anerkanntwerden.v. Puttkamer beschäftigt sich zunächst mit einigen Kardinalvor-schriften des Exerzierreglements. Schon die Vorschrift, die dieGrundstellung der Infanteristen betrifft, wonach dieAbsätze nahe aneinander zu stellen sind und von denFüßen annähernd ein rechter Winkel zu bilden ist, findetganz und gar nicht seine Billigung.Diese Stellung ermüde nicht nur den Soldaten ganz unnötig.sondern«räche ihnr sogar den vernünftigen Gebrauch derWaffe nahezu unnröglich.Ebenso schlimnr sei die vorschriftsmäßige Haltungdes Beins beim Marschieren. Das Auswärtsbiegen derFußspitze und das Durchdrücken des Knies beim Nieder-setzen des Fußes erfordere ungeheuere Zeit und Mühe,dabei sei diese bei den Fanatikern des Parademarsches so hoch inGunst stehende Art des Marschierens der damit verbundenen Anstrengling ivegexi vollständig zwecklos:„Man kann ein mufter-gültiger Feldsoldat sein auch ohne durchgedrückte Knie beimMarschieren und ohne auswärts gebogene Fußspitzen. Wir solltenauf diese Aeußerlichkeiten weniger Zeit und Mühe ver-wende n."Trotzdem aber bilde der Parademarsch einen wichtigenFaktor für die Beurteilung des Hauptmanns— sodaß der famose Parademarsch nicht nur die Kriegstüchtigkeit derMannschaften, sondern auch die Qualität des Offizierscorps beeinträchtigt.Gerade unglaublich mutet aber folgende Reglements- Vor-schrift an:„Muß nach Ausführung eines Bayonett-An-griffs zurückgegangen werden, so gehen die ge-schlossenen Abteilungen und die Schützen— ersterein festem Tritt und st renger Ordnung— gleichzeitigzurück."Man danf es dem Generalmajor a. D. auch ohne besondereBeteuerung glauben, daß bei der Beobachtung dieser vorsintflutlichenVorschrift im E r n st f a l l e von der zurückweichenden Kolonne nichtein Mann lebendig oder unverwundet davon-kommen würde. Im Manöver mache sich nach erfolgterEntscheidung des Schiedsrichters ein solches Zurückgehen freilich sehrch n e i d i g. Fast ebenso schneidig wie die neuerdings zumManöverbild gehörenden malerischen Massenattacken derKavallerie, die im Ernstfalle ebenfalls neun Zehntel derMannschaften dem sicheren Verderben preisgeben würden.Nicht«linder vernichtend lautet schließlich das Urteil v. Putt-kamers über die Fahnen.„Ist das leblose StückFahnentuch", fragt er,„all' das warme lebendigeBlut wert, das darum geflossen?!"Der militärische Kritiker fährt dann fort:In welchen, Maße die Fahne taktisch ein Nachteil wird, dasmöge man die Offiziere fragen, welche im Felde bei einer Truppemit Fahne ini Jnfanterie-Nahfeuer gelegen haben. Die ehrlicheAntwort wird das Geständnis sein, daß die Fahne häufigeine Verlogenheit, bisweilen ein irnpedimenturn(ein Hindernis)war für die Compagnie, welcher sie zugeteilt ivar. Man scheutesich, diese Compagnie(also je eine von vieren!) so zu verwenden,wie es durch die Gefechtslage geboten war. Wenn das ganzeBataillon in einer Schützenlinie im Feuer lag, wo blieb da dieFahne?Von zwölf Compaguien ist eher eine in der Schützenlinie zuentbehren, die mit der Fahne die geschlossene Reserve bildet.Sicher wäre Acceptierung dieses Vorschlags ein bedeutenderFortschritt gegenüber dem heutigen Zustand, der für den viertenTeil unsrer Infanterie(!) keine«nringeschränkte Vertvendunggestattet!"Man wird also künftig bei Militärdcbatten den salzlosenWitzeleien der Herren Kricgsminister über die Miliz das vernichtendeUrteil eines preußischen Generals über die unbegreiflicheil Thor-heilen des Galnascheudrills der gepriesensten Armee Europas ent-gegenhalten könuen.Vor allen Dingen wird man aber auch mit diesem Urteil dieForderung einer ganz bedeutenden weiteren Herabsetzungder Dienstzeit unwiderleglich begründen können. Fällt dasKnöpfeputzen und das Ueben des Parademarschesfort, so fällt damit zugleich der größere Teil der Hantierungen weg,init denen man die Soldaten während der zwei Jahre des HecreS-diensteS so nützlich und anregend zu beschäftigen pflegte.—»»«Deutsches Zteich.Dem Grafen Bülow ist zu den zahlreichen Ehrungen, die seinesiaatsiilännischeil Verdienste belohnen, nulimehr auch die Bescheinigungseiner Verdienste um die Rechts Wissenschaft zu teil geivorden.Die juristische Fakultät der Universität Königsberg hat den Reichs-kanzler aus Anlaß der 18. Januar-Feier ehrenhalber zumDoktor beider Rechte pronioviert. Er hat dem Dekan derKönigsberger juristischen Fakultät mit den Worten gedankt:„Mit nicht geringer Freude erfüllt über die hervorragendeEhrung, deren mich die illustre Königsberger juristische Fakultätfür würdig erachtet, ersuche ich Sie, jenen gelehrten und aus-gezeichneten Männern«leine dankbaren Gefühle zu bezeugen undzu vermitteln.Graf Bernhard von Bülow,Reichskanzler,Königsberger Doktor beider Rechte."Offenbar hat die juristische Fakultät der Universität Königsbergden Grund ihrer Bülow-Ehruug in der von ihm feierlich ver-kündigten AuStilgung aller moralischen Grundsätze aus den Bc-ziehuiigen der Völker erblickt.—Die Kündigung der Kohlenderträge mit dem Staat durchKoninierzienrat Arnhold(Cäsar Wollheim) ist offenbar nichts alse st eilte Arbeit. Herr Brefeld ist den Herren vom Groß-Handel und der Großindustrie ein allzeit bequemer Mann gewesen.Die Enthüllung des zweiten Bueck- Briefs ist ihm lästig— HerrArnhold, der mit Herrn Brefeld auf gutem Fuße steht, bietetäch als Retter an. Selbstverständlich hätte Herr Arnhold dieVerträge auf jeden Fall gekündigt, denn die Kohleupreise geheneinem starken Rückgang' entgegen. Die Aeußening desHaudelslninisters über das„notwendige Uebel" giebt einen prächtigenAnlaß, die Kündigung«lit einer allerliebsten Komödie desSchmollens zu verbinden und Herrn Brefeld die Gloriole einesAutibörsianers zu verschaffen. Wenn der Frühling kommt, wird sich'chon alles finden.—Die„VorwärtS"-Nnmnier zum 18. Januar. Die reaktionäre» Abgeordneten des Reichstags haben sich einige Tage langeifrig«lit der„Jubiläunis-Nummer" des„Vorwärts" beschäftigt.die er am 18. Januar herausgab. Herr Stöcker meinte, daß er nieetlvaS Hundsgemeineres und Ekelhafteres" gesehen habe als dieseNummer, und Herr Oertel assistierte dem würdigen Scheiterhaufen-mann.Die Kritik, die diese Herren unsre» geschichtlichen Erinnerungengewidmet haben, entspringt ja lediglich denunziatorlscher�Absicht. Umaber die Wahrheit, die Herr Stöcker ja hlindsgemein und ekel-Haft finden niuß, sonst würde er sie nicht so ängstlich scheuen, u«,den T h a t b e st a n d vor den Verdrehungen und Fälschungen dieserMusterparlamentarier zu schützen, stellen wir folgendes fest:Erstens: Es ist von keiner Seite auch nur der Versuch genrachtworden, irgend eine von den im„Vorwärts" mitgeteilten historischenErinnerungen zu bestreiten.Zweitens: Es ist eine blanke Erfindung und eine bewußteLüge, wenn behauptet wird, der„Vorwärts" habe nur neben-sächliche Einzelheiten tendenziös zusamniengestellt, er habe nur dieSchattenseiten erwähnt usw. Demgegenüber erinnem wir daran, daßwir abgesehen von dem großzügigen Totalbild an leitender Stelle, die iabschließenden Gesamturteile eines bürgerlichenHistorikers, Schlossers, über die Hohenzollern zusammengestellt haben,daß wir auch sein überschwengliches Lob Friedrichs des Großennicht verschwiegen haben, daß wir endlich aktennmßig die Welt-anschaumig Friedrichs II. dargestellt haben, die ja den Pfaffen a laStöcker sehr unangenehm sein«rag, die er aber doch hoffentlich nicht'ür hundsgeniein ünd ekelhaft erklären wird.Es charakterisiert die ganze sittliche Verwahrlosung unsrerReaktionäre, daß sie nicht nur über die geschichtliche Vergangenheitgeflissentlich Legenden verbreiten, sondern daß sie sich nicht einmalcheuen, in, Parlament die Abgeordneten deS deutschen Volks überden wirklichen Inhalt eines ZeitungSblattS zu täuschen, das erst vorwenigen Tagen erschienen ist.Im übrigen wird es den Stöcker und Oertel nicht gelingen, dieWahrheit auszurotten, so eifrig sie für ihre Person auch in dieserRichtung thätig sein mögen.—Der vergeßliche Frege. In unsrer letzten SonntagSnummerhatten wir einige Aeußerungen vom Kaiser, dem König von Sachsen,den Reichskanzlern Caprivi und Hohenlohe wiedergegeben, die sämt-lich gegen den Brotwuchcr gerichtet ivaren. Wir hatten endlich auchdaran erinnert, daß gerade der Agrarhäuptling Kanitz sich seiner Zeitgegen Getreidezölle erklärt hat. Natürlich haben diese fatalen Citatenicht die Freude der„Deutschen Tageszeitung" und der gc-mnungsverwandten Organe erregt. Da eS nicht möglichwar, die Aeußerungen des Kaisers oder der Kanzler oderdes Grafen Kanitz irgendwo anzuzweifeln, stürzte manich auf eins der Citate, das minder bekannt geblieben istund versuchte nun den Eindruck, den nnsre Erinnerungen machenmußten, dadurch abzuschwächen, daß man die Aeußenmg des König«von Sachsen als eme„plumpe Erfindung" der Socialdemokratieausgab. Oertels„Deutsche Tageszeitung" teilt diese Entdeckung inder folgenden Form mit:,',Daß die im gestrigen Abendblatt erwähnte angeblicheAeußerung des Königs von Sachsen, die er nach dem„Vorwärts" dem Vicepräsidenten des Reichstags gegenüber gethanhaben soll, nicht gefallen sein kann, haben wir von vornhereinangenomnien und durch die Spitzmarke„Ein angeblicherAusspruch" angedeutet. Jetzt erfahren wir. daß dem Vice-Präsidenten v. Frege von dieser Aeußerung nichtsbekannt ist, die damit in das Reich der Erfindungen zu ver-weisen ist und zwar der recht plumpen Erfindungen.durch welche die socialdemokratische Presse sich ja im allgemeinenauszuzeichnen pflegt."Daß Herr v. Frege von jener Aeußerung nichts mehr weiß, ist»übt verwunderlich. Es würde schlecht zu dem Bilde paffen, das dieOcffentlichkeit von den intellekwellen Fähigkeiten des ersten Vice-Präsidenten des Reichstags gewonnen hat, wenn dieser geistigeFührer der Konservativen über eme GedächtsniSkraft verfügenwürde, die Geschehniffe. die sechs, sieben Jahre zurückliegen, in derErinnerung zu bewahren vermag. Da aber die„Deutsche Tages-zcitung" die Gedächtnisschwäche des Hern, v. Frege benutzt, ummit wahrhaft Stöckerscher Uuverschänrtheit von einer Erfindungder Socialdemokratie zu reden, so sei darauf hingewiesen,daß die Aeußerung des sächsischen Königs 1894 vonder bürgerlichen Presse mitgeteilt worden ist, daß