Wei�enpreise in Wien und Paris zwar höher standen, als in Berlin und Breslau , also im Gebiet östlich der Elbe, nicht aber höher als im Süden und Westen des deutschen Reichs. Im Gegenteil, der Preis für Mittelqualität in München stellt sich im Durchschnitt dieser drei Jahre um Ä Proz. höher als in Wien und um i/s.Proz. höher als in Paris , und der Mannheimer Durchschnittspreis stand gar um A Prozent höher als der Wiener und um l1!* Prozent höher als der Pariser Preis. Hinzu kommt noch, daß durchweg der in Wien gehandelte Weizen die Mannheimer und Münchener Mittelforte an Güte übertrifft, und ferner, daß die P a- riser Getreidepreise mit zu den höchsten in Frankreich gehören, nur im Süden und speciell im Süd- osten Frankreichs stellen sich die Preise um ein Geringes höher. Es haben also Süd- und Westdeutschland die höchsten Weizenpreise in Europa . Und noch mehr gilt das von den Roggenpreisen. Berlin hatte z. B. im Durchschnitt der Jahre- 1897/99 noch einen etwas höheren Roggenpreis als Wien und einen um 13 Proz. höheren Roggenpreis als Paris ; und Mannheim zahlte sogar einen Durchschnittspreis, der den Wiener um 10 Proz., den Pariser um 24 Proz. übertrifft. Die auffallend große Differenz zwischen den Weizen- und Roggenpreisen erklärt sich daraus, daß nur aus- nahmsweise Roggen zum Brot genommen wird und der Roggenzoll nur 3 Fr.(— 2,40 M.) pro Doppelcentner slOO Kilogramm), der Weizenzoll hingegen 7 Fr.(— 5,60 M.) beträgt. Deutschland erfreut sich demnach schon heute des sicherlich nicht beneidenswerten Vorrangs, dasjenige Land zu sein, dessen Bevölkerung gezwungen ist, die höchsten Preise für Brotgetreide bezahlen zu müssen. Setzen die Agrarier auch nur teilweise ihre neuen Zollforderungen durch, dann wird des Deutschen Vaterland auch den Ruhm erringen, das Land der höchsten Kornwucher-Zölle zu sein. Bisher betrug der Zoll pro Doppelcentner, umgerechnet in Markwerten: Zollsatz „.. Zollsatz bcS allgemeinen des Vertrag? Frankreich : Deuffchland: Weizen Roggen Weizen Roggen Oestrcich-Ungarn: Weizen Schweden : Norwegen : Schweiz : Roggen Weizen Roggen Weizen Roggen Weizen Roggen bezw. Maxi maltarifs M. 5,60 2,40 5,00 5,00 2,55 2.55 4,15 4,15 0,90 0,25 0,25 0,25 bezw. Minimaltarifs M. 3,50 3,50 Im Grenzverkehr mit Serbien Ermäßigungen 0,68 frei Dagegen erheben England, Holland , Belgien , Dänemark und Rußland keinen Zoll vom Brotgetreide. Man sieht, die Konservierung des ostelbischen Junker- tums, die kürzlich Herr v. Siemens im Reichstage als von „ungeheurem staatlichen Wert" bezeichnete, kommt dem deutschen Volk teuer zu stehen._ Volikifche Mebevfichk. Berlin , den 9. Februar. Der Reichstag übergab am Sonnabend das neue Weingesetz derselben Kommission, die die S ch a u m w e i n- S t e u c r zu prüfen hat. Das Haus war recht schlecht besetzt, bewies aber eine große Geduld im Anhören der vielen Redner, die das Wort nahmen. Es giebt, von Grünberg und Bomst ab- gesehen, keinen Weinbau- Distrikt im Deutschen Reiche, dessen Vertreter es nicht seinen Wählern schuldig zu sein geglaubt hätte, seine Ansichten über Kunst- wein, Kellerkontrolle, Zuckerzusatz usw. zum besten zu geben. Die Reden wichen ihrem Inhalt nach nicht sehr von einander ab, nur die Dialekte waren verschieden, je nachdem ein Allemane, ein Schwab oder ein Franke auf der Tribüne stand. Den Standpunkt unsrer Partei vertrat Genosse Ehrhardt- Ludwigshafen in einer frischen Rede, die das langweilige Einerlei kurze Zeit unterbrach. Am Montag wird die zweite Lesung des Justiz et ats fortgesetzt.—_ Schönstedt Trinmphator. Herrn Schönstedt hat das verdiente Geschick ereilt. Die über- große Mehrheit des preußischen Abgeordnetenhauses, das rückständigste aller Parlamente hat ihm ein doppeltes Vertrauensvotum erteilt. Pfaffen und Junker, Schlot- und Krautbarone haben fich in holder Harmonie zu den von dem Justizminister für die Ernennung von Rechtsanwälten zu Notaren aufgestellten verfassungswidrigen Grundsätzen bekannt. ES war ein ganz ungewöhnlicher Vorgang, daß die Abgeordneten Dr. I r m e r lk.) und Frhr. v. Zedlitz(ff.) zu dem Titel„Minister- geholt" den Antrag stellten: „Das Haus wolle beschließen, zu dem vom Justizminister dar- gelegten Grundsatze, daß bei der Ernennung von Notaren auf das Bedürfnis der christlichen Bevölkerung in angemessener Weise Rücksicht genommen Iverden soll, seine Zustimmung zu erteilen." p In Konsequenz ihrer bisherigen Haltung bei der Etatsdebatte hätten die Freisinnigen nun eigentlich das HauS in Form eines An- trags auffordern müssen, dem Minister wegen der Verletzung der Ver- fassung ein Mißtrauensvotum zu erteilen. Aber dazu rafften sich die freisinnigen Maunesscelen nicht auf; sie blieben, wie immer, auf halbem Wege stehen, bewilligten den Titel Ministergehalt und be- gnügten sich mit einem lendenlahmen Antrage, in dem die Erwartung ausgesprochen wird, daß bei der Ernennung von Notaren das Gesamt- interesse der Bevölkerung nach Maßgabe der Bestimmungen der Artikel 4 und 12 der Verfassung zur Geltung kommt. Sofort unter- nahmen die Konservativen einen Gegenzug, der ihnen auch dank der eigenartigen Handhabung der Geschäfte durch den Präsidenten v. Kröcher glückte. Sie beantragten nämlich, in dem freisinnigen Antrag hinter„Notaren" die Worte„tvie bisher" einzuschalten, wodurch der Antrag in sein völliges Gegenteil ver- wandelt wurde. Der so amendierte Antrag gelangte dann gegen die Stimmen der eigentlichen Antragsteller zur Annahme und in ihrer Siegestrunkenheit nahmen die„Volksvertreter" auch noch den Antrag Jrmer-Zedlitz an, obgleich derselbe sich seinem In- halte nach mit dem bereits angenommenen Antrage deckt. Jnter- essant ist, daß auch die Nationalliberalen mit der Mehrheit stimmten. So hat Herr S ch ö n st e d t ein doppeltes Vertrauens- Votum in aller Form erhalten I Er hatte es aber auch dringend nötig. Die voraufgegangene stellenweise recht lebhafte Debatte leitete der Abgeordnete Richter(frs. Vp.) mit einer einstüudigen Rede ein, in der er das Treiben der Geschäfts-, Sport- und Radau- Antisemiten kennzeichnete und die zweideutige Haltung des Centrums einer scharfen Kritik unterzog. Eine im Dreschgrafenstil gehaltene Erwiderung des Antisemiten Werner erfreute sich lebhaften Beifalls auf der Rechten. Wiederholt griff auch der Minister in die Debatte ein. Vermutlich, um jeden Zweifel an seinem verfassungs- widrigen Verhalten zu beseitigen, stellte er den Grundsatz auf. daß man die Verfassung nicht schablonenhaft auslegen, sondern die „Imponderabilien" berücksichtigen müsse, die dabei in Frage kommen. Das heißt mit nackten Worten: Ein Minister darf sich, wenn er es für nötig hält, über den Buchstaben der Verfassung hinwegsetzen. Und wie die Juden, so erklärte Herr Schönstedt auch die Polen für minderwertig indem er die Beschwerde des Abg. Czarlinski(Pole) über die Be- nachteiligung der polnische» Rechtsanwälte dahin beantwortete, daß die B e s e tz u n g der B e a m.t en st eilen in Posen eine politische Frage sei. Auf Grund welcher Verfassungs- bestimmung, darüber äußerte sich Herr Schönstedt nicht. Die übrige Debatte war belanglos. Der Ministerpräsident hielt es, wie Abg. Richter mit Recht hervorhob, nicht für nötig, im Hause zu erscheinen und sich im Namen der Staatsregierung zu einer so wichtigen Frage zu äußern. Am Montag tvird die Beratung des Justizetats fortgesetzt.— Deutsches Iieich. Eduard Bernstein . AuS der Verbannung von zwei Jahrzehnten ist Eduard Bernstein nach Deutschland , nach Berlin heimgekehrt. Er sieht die Heimat wieder, in der er in den 70er Jahren als Jüngling Socialdemokrat wurde und die ersten Dienste der Partei leistete, aus der er hinauszog, um zunächst in die Schlveiz, sodann, von dort ver- trieben, in London als Redacteur des„Socialdemokrat " einer der Führer der Partei durch ihre schwersten Zeiten zu sei». Da Bernstein zu uns zurückkehrt, ist er des herzlichsten Will- kommens sicher. Die deutschen Arbeiter begrüßen auf's freudigste den treuen Waffengefährten, von dem sie wissen, daß, wie während de? Exils, so auch in dem nunmehr ermöglichten engeren und persönlichen Zusammenwirken mit der deutschen Partei, sein Wollen und sein Wissen nur ihnen gehört.— Das Stenogramm deS Dr. Pichler. Zu der vom Reichstags-Abgeordneten Dr. Pichler behaupteten angeblichen Aeußerung Bebels bei Beratung des Antrags Könitz über den Niedergang der Landwirtschaft erklärt die„Neue Bayrische Zeitung", zu deren Hintermännern der Passaucr Domherr gehört: „Wir glauben dem Herrn Dr. Pichler, der als gewandter Stenograph diese Aeußerung sofort festlegte. Es mag sein, daß Herr Bebel, der in der Debatte sich oft fortreißen läßt, sich dieser seiner Aeußerung nicht mehr erinnert." Unser Münchener Partei-Organ erwidert hierauf: Und wir, verehrte Neubayerische, glauben unserm Genoffen Bebel. Dazu bestimmt uns nicht nur der Umstand, daß Dr. Pichler das fragliche Stenogramm nicht mehr vorlegen kann. sondern vor allem die sehr gravierende Thatsache, daß die Un- Zuverlässigkeit der Pichlcrschcu stenographischen Aufzeich- uungcu schon einmal gerichtlich festgestellt worden ist. Es dürfte vielleicht auch der«Neuen Bayerischen Zeitung" der Fall: Stadtmagist rat München contra Dr. Kleitner noch in Erinnerung sein. In jenem Prozeß, der durch eine Denunziation der Pichlerschen„Donau-Zeitung" veranlaßt wurde, mußte Dr. Pichler bei seiner eidlichen Ver- nehmung selbst einräume», daß er keineswegs Anspruch auf absolute Zuverlässigkeit seiner stenographischen Aufzeichnungen erheben könne. Auf dieses interessante Geständnis des„Kronzeugen" Dr. Pichler hin erfolgte damals die Freisprechung deS Angeklagten Dr. Kleitner.—_ Der OffizierSmord in Mörchingen . Wie unS ein Privattelcgramm aus Straßburg meldet, ver- urteilte das Kriegsgericht der 33. Division(Metz ) den Ober- lieutrnant. der Infanterie. Rüger. wegen Erschießung des Hauptmanns Adams zu zwölfjähriger Zuchthaus- strafe und Entfernung aus dem Heere. Die Anklage- behörde hatte die That als Mord qualifiziert und Todesstrafe beantragt, das Kriegsgericht hat jedoch angenommen, daß die That im Zustand der Trunkenheit begangen worden und als Totschlag anzusehen sei. Ueber die That selbst giebt die„Straßburger Post" nach einer Meldung der„Frankfurter Zeitung " folgende, von den bisherigen Lesarten verschiedentlich abweichende Darstellung: Nach dem Offiziers- Kaisersgeburtstags- Essen saßen einige ältere Offiziere, unter denen sich auch der Oberstabsarzt Dr. Rüger und dessen Bruder, der Oberlieutenant Rllger, befanden, an einem Tisch zusammen und unterhielten sich ganz ruhig. Hauptmann Adams hatte mehr geistige Getränke zu sich ge- nomnien, als er vertragen konnte. Das übte all- mählich seine Wirkung auf ihn aus. Er begann die auf dem Tische stehenden Gläser umzuwerfen. Der Oberstabsarzt, der neben ihm saß, hielt ihm die Hand fest. uni ihn daran zu verhindern. Hauptmann AfcamS streckte nunmehr die andre Hand aus. um ein GlaS umzckstoßen. Darauf ergriff der Oberlieutenant Rüger diese Hand und hielt sie fest. Das Ganze dauerte nur wenige Augenblicke. Dann ließen die Bruder Rüger die Hände des Hauptmanns wieder los. In diesem Augen- blick sprang Hauptmann Adams auf und versetzte dem Ober- l stabsarzt einen Schlag. Der Oberstabsarzt verließ sofort das Zimmer. Nach ihm ging auch Hauptmann Adams fort. begab sich in seine Wohnung und legte sich zu Bett. Daß einer von den Herren zum Säbel gegriffen habe, ist durchaus unwahr. Unterdessen wurde aus dem Hause des Oberstabsarztes eine Botschaft überbracht des Inhalts, der Herr Doktor möge nach Hause kommen: das Befinde» eines seiner Kinder, das erkrankt war, habe sich verschlimmert. Diese Botschaft gelangte an den Bruder des Oberstabsarztes, den Oberlieutenant, der sich hierauf in seine Wohnung begab und seinen Revolver holte. Alsdann ging er in die Wohnung des Hauptmanns Adams. Dort traf er zwei Offiziere, die im Auftrage des Oberstabsarztes ge- kommen waren, um den Hauptmann wegen der dem Oberstabsarzt zugefügten thätlichen Beleidigung zu fordern. Die Herren mußten eine Zeitlang warten, bis der aus dem Schlafe geweckte Haupt- mann erschien. Als er dann ins Zimmer trat, schoß ihn der Oberlieutenant sofort nieder, ehe die im Austrage seines Bruders erschienenen Kameraden ihre Sendung noch erfülle» konnten. Daß der Hauptmann am Tische gesessen, mit gezogenem Säbel auf den Oberlieutenant losgefahren, und daß zwischen dem Oberstabsarzt Dr. Rüger und Adäins ein gespanntes Verhältnis bestanden, sowie daß Hauptmann Adams durch sarkastische Bemerkungen des Oberstabsarztes Dr. Nüger gereizt worden wäre, sei alles Erfindung. Die„Straßb. Post" stellt fest, daß Oberstabsarzt Dr. Rüger, so sehr er sich unmittelbar nach seiner Beleidigung mit Takt benommen, bei der weiteren Behandlung der Angelegenheit gegen die am 1. Januar 1897 ergangenen„Bestimmungen zur Ergänzung der Einführungsorder zu der Verordnung über die Ehrengerichte der Offiziere im preußischen Heere vom 2. Mai 1874" vergangen habe, die ihn verpflichtet hätten, unter Unterlassung aller weiteren Schritte dem Ehrenrat des Corps Anzeige zu machen. Daß die Mordthat des Oberlieutenants Rüger sich als die Wirkung des u n- seligen Duellzwangs darstelle, das wird auch von der regierungsoffiziösen„Straßb. Post" zugegeben, indem sie den Thäter in dem Augenblick, wo ihm die Meldung von der Erkrankung des KindeS seines Bruders überbracht wird, die folgende Betrachtung anstellen läßt:„Wenn nun dein Bruder, der grundlos Beleidigte, der Gatte und Familienvater, von seinen: Gegner, dem unverheirateten Gegner, im Duell totgeschossen wird? Was dann? Diese Gedankenfolge brachte die Erregung zur Sinnverwirrung, und in dieser geschah die schreckliche That— ein Verbrechen gegen das Leben, gewiß, aber sicherlich kein Ver« brechen aus niedrigen Motiven, sondern eine im Affekt begangene Aufopferung für den Bruder und dessen Familie." Das Blatt giebt damit zu, daß nach den herrschenden militäri- schcn Ehrbegriffen die Möglichkeit, von dem ohye Anlaß beleidigten Gatten und Vater das drohende Unheil abzuwenden, ausgeschlossen war. Denn hätte der Oberlieutenant dem bereits in die Wege ge- leiteten Austrag der Sache nicht vorgegriffen, so wäre es zwischen dem Hauptmann und seinem Bruder zu einem Duell unter schweren Bedingungen gekommen, in dem voraussichtlich einer der beiden ge- blieben wäre. Blut mußte also nach dem militärischen Ehrenkodex wegen der in der Trunkenheit verübten Beleidigung unter allen Uni- ständen fließen._ Die RobertS-Ehrung durch das kaiserliche Civilkabinett wird in der süddeutschen Presse besonders scharf erörtert. Die„Mihichener Neuesten Nachrichten" erklären, Roberts bleibe auch als Ritter deS Schwarzen Adlerordens nur der ruhmlose Führer einer bankrotten Armee im schmählichsten Raubkrieg, den England je geführt habe.— LeHmloS in Ostpreußen . Die Landlehrer haben in den meist überfüllten Schulen in Ostpreußen keinen leichten Stand. Die Bezahlung steht in einem recht wenig entsprechendem BnHältmS zu den von ihnen geforderten Leistungen. Man sollte nun wenigstens erwarten können. daß die Lehrer für außerordent« liche Leistungen eine genügende Vergütung erhalten. Aber auch davon ist keine Rede. Unter Auf- Hebung aller entgegenstehenden Bestimmungen hat die Regierung zu Königsberg für die Regelung der Vertretung erkrankter oder sonst behinderter Lehrer sowie für die vorübergehende Versorgung erledigter Lehrerstellen verordnet, daß die zu Vertretungen bis zu 32 wöchentlichen Stunden heranzuziehenden Lehr- kräfte auf eine Bezahlung für ihre Mehrleistung keinen An-sp ru ch haben. Nur in dem Falle, daß ein Nachbarlehrer zur Vertretung herangezogen wird, muß ihm eine Entschädigung für den Unterrichts- gang gewährt werden. Wie großmütig die Regierung in Königsberg ist. indem sie dem Lehrer, der bei Wind und Wetter auf meist schauderhaften Wegen zur Vertretung nach einem andren Orte läuft, wenigstens eine E n t- schädigung für die abgenutzten Stiefelsohlenge- währt. Freilich find die ostpreußischen Landlehrer zum großen Teil an der Behandlung selbst schuld, die man ihnen zu teil werden läßt. Lassen sie sich doch vielfach noch als Werkzeuge benutzen, um für die konservative Partei Stimmung zu machen. Kein Wunder, wenn sie in Bezug auf ihre.Gutgesinntheit" und Geduld auf imnier härtere Proben gestellt iverden. Man darf wirklich darauf gespannt sein, wann sie sich endlich zur energischen Gegenwehr und zu politischem Verständnis, d. h. zum Anschluß an die Socialdemokratie aufraffen werden. Ztlv Mann CHinatrnppen, die letzten Mannschaften des Kreuzergeschwaders, sind in Wilhelmshaben eingetroffen. Darüber. ob auch sie nach Berlin kommandirt werden, wie ihre im Dezember zurückgekehrten Kameraden, ist noch nichts bekannt geworden.— ■ Agrarischer TerroriSmu». Wie der„N a t i o n a l- Z e i t u n g" aus Sachsen geschrieben ivird, hat unlängst der konservative Landtags-Ab- geordnete Hu sie, Kaufmann und Stadtrat in Bischofswerda , in einem Berichte über die Landtagsthäti gleit in öffentlicher Ber- sammlung die für weitere Kreise auffällige Bemerkung einfließen lassen. daß sich als Folge seiner Landtagsthätigkeit ein Rückgang seines Geschäfts bemerkbar gemacht habe, so daß er die erheblichsten Bedenken habe, erneut ein Mandat an- zunehmen. Die Rückwirkung der parlamentarischen Thätigkeit auf die bürgerliche Existenz habe ihre besondere Veranlassung. Gelegentlich der Etatsberatung in der Zweiten sächsischen Kammer am 20. November 1899 sei Herr Huste dem Vorsitzenden deS Bunds der Landwirte in Sachsen , Abg. A n d r ä, als dieser eine allzu einseitige agrarische Forderung erhob, entgegen- getreten. Infolge dieser Rede wurde über das Ge- schäft des Abgeordneten Huste durch die Mitglieder des Bunds der Landlvirte um Bischofswerda herum still- schweigend der Boykott verhängt und zwar, wie die öffentliche Auslassung des Herrn Huste beweist, mit Erfolg. Das Mittel ist nicht neu: eS ist gelegentlich der letzten Rcichstagswahlen auch in Freiberg gegen Gegner der Kandidatur Oertel durch Bundcsmitglieder in Anwendung gebracht worden. Der Korrespondent der„National-Zeitung" entrüstet sich mit Fug und Recht über dieses Vorgehen der Bündler und spricht von einer„allgemeinen Gefahr für die Entwicklung unsrer öffentlichen Zustände". Er vergißt nur. daß seitens der sächsischen Ordnungs- Parteien, die Nationalliberalen eingeschlossen, seit jeher ein noch weit bösartigerer Terrorismus gegen den politischen Gegner, besonders gegen die Socialdemokratie, verübt worden ist.—
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