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Die Böttcher fordern die Abschaffung der Accordarbeit in der Brauerei und Anerkennung des Arbeitsnachweises der Böttcher. Die Kommission der Böttcher. I. A.: L. Klapschus. Achtung. Metallarbeiter! In der Maschinenfabrik von G. Stein, Blunieiistr. 24, sind 65 Arbeiter wegen Verweigerung von ileberstunden ausgesperrt. Im Betrieb verblieben sind 3 Mann. Zuzug ist daher fernzuhalten. Die Ortsverwaltung Berlin des Deutschen Metallarbeiterverbands. Deutsche? Reich. Au? Posen wird uns geschrieben: Innerhalb deS Gewerk­vereins der Metallarbeiter<Hirsch«Dunlker) vollzieht sich eine tiefe Spaltung. Dem Nationalitätenstreit zwischen Polen und Deutschen kann der Gewerkverein nicht standhalten. Obgleich die Mehrzahl der Mitglieder Polen sind, ist die Versammluugssprache die deutsche, die auch trotz des Protestiere»« der Polen beibehalten wird. Der Streit hierüber ist so stark, dah die Polen aus dem Berein auszuscheiden beabsichtigen. Ein Teil will sich den Gewerkschaften anschließen, den andern Teil sucht der Leiter der katholischen schristlichen) Vereine. Pfarrer Stychel, zu sich heran- zuziehen. Hiermit in Zusammenhang scheint auch eine Erklärung des Pfarrers Stychel zu stehen, die er letzthin in einer Versammlung ge- geben hat. Er beabsichtigt nämlich für die christlich organisierten Arbeiter der Provinz Posen eine Kranken- und Sterbetasse zu gründen, wahrscheinlich, um den aus dem Gewerkverein der Metall- arbeiter ausscheidenden Arbeitern einen Ersatz für die gleiche Ein- richtung bei den Hirsch-Dunckerschen zu bieten. Eine Metallarbeiterkonferenz für Rheinland «»dl West- fale«, die in Düsseldorf tagte, wird für diesen Bezirk die An- stellung eine? besoldeten Vertrauensmanns auf dem nächsten Ler- bandstag beantragen. Neben einer Anzahl Anträge zum Statut. wurde von der Generalkommission der Gewerkschaften gefordert, daß diese mehr als bisher für die Verschmelzung derBranche-Organisationen mit den Jndustrieverbänden thätig sein möge. Der Vorstand wird beauftragt, ein Statut für eine Krankenzuschuß» und Sterbekasse auszuarbeiten und der nächsten Generalversammlung vorzulegen. In der Glasindustrie ist das ganze Unternehmertum mobil gemacht, um den Streik der Nienburger Glasmacher nieder zu drücken. Die große Aktiengesellschaft für Glasindustrie, vormals Kr. Siemens, in D r e s d e n hat ihren Arbeitern bei Strafe sofortiger Entlassung verboten, Beiträge für die Ausständigen in Nienburg zu sammeln. Der Erfolg solcher Gewaltmittel gegen die Arbeiter rst ein sehr zweifelhafter: die Arbeiter werden es gewiß als eine Ehrensache be- trachten, auf andrem Wege ihre Unterstützung den Ausständigen zu übermitteln. Die Lohnbewegung der Echnelder Nürnberg? ist vom Hauptvorstand genehmigt worden. Nach dem bisherigen Verhalten der Unternehmer ist eine friedliche Schlichtung der Angelegenheit kaum zu erwarten und es wird daher gebeten, den Zuzug schon jetzt fernzuhalten. In Würzburg sind die Schneider, nachdem die Unter- nehmer auf die gestellten Forderungen nicht eingingen, in den Aus- stand getreten. Die Schuhmacher in Erlangen haben eine Reihe ganz mini- maler Forderungen aufgestellt, wie 13 M. Mindestlohn, 11-ftündige Arbeitszeit, Bezahlung der Ueberstunden. Stellung der Fournituren. Nur wenige Geschäfte haben bewilligt, in den übrigen wurde die Kündigung eingereicht. Ausland. Hafenarbeiter-Ausstand in Marseille . Am Dienstagabend fand in Marseille eine von etwa 600 Kaufleuten und Industriellen besuchte Versammlung statt, in welcher mehrere Industrielle erklärten, daß sie. falls der Ausstand der Hafenarbeiter fortdauern sollte, in- folge mangels an Rohmaterialien sich genötigt sehen würden, ihre Fabriken zu schließen. Zwei Zuckerraffinerien haben be- reitS die Arbeit eingestellt, da sie ihre Erzeugnisse nicht verladen können._ dev Frtturnbemegung« Den Rrbeiterinnenschutz. so schreibt man uns ans den Kreisen der organisierten Frauen, beleuchtet in den.Socialistischen Monats- heften" Dr. Zadel in einem eben so klar durchdachten, als an neuen Gesichtspunkten reichen Aufsatz. Für die Frauen insbesondre enthalten seine Ausführungen des Interessanten so viel, daß man den Wunsch nicht unterdrücken kann, er möchte das Thema, zu dem sie im vollen Sinne des Worts die Nächsten sind, vor den Arbeiterinnen selbst in größerer Ausführlichkeit besprechen. An den von der Fraktion eingebrachten Gesetzentwurf über Arbeiterinncnschutz an- knüpfend, prüft der Autor zunächst die Frage, was gesundheits- schädliche Betriebe seien und welche verboten werden müssen. Die Antwort, auf eingehendem Studium statistischer Arbeiten. Berichten von Inspektoren, Enqueten usw. beruhend, stellt fest, daß jede Arbeit für die Frau schädlich ist, wenn sie zu lange oder unter ungünstigen Verhältnissen betrieben wird. Da auch alle Arbeiten mit einbegriffen sind, die als speciell weiblich gelten, wie nähen. plätten, waschen ec., so besitzen wir hier zugleich den unwiderleglichen Beweis für die Notwendigkeit einer Verkürzung der Arbeitszeit, welche den zehnstündigen Arbeitstag weit hinler sich läßt und den von den Arbeiterinnen in ihrer Resolution geforderten achtstündige» Arbeitstag als Regel festsetzt. Manche Arbeit, deren direkt schädigende Wirkung durch die hohen Prozentsätze an Totgeburten und Aborten erwiesen ist, wie in der Tabakindustrie, würden eine noch kürzere Arbeitszeit bedingen, um die Durchtränkung des Körpers mit dem gewerblichen Gift hier das Nikotin zu vermeiden. Wie viel durch geeignete Sicherheitsmaßrefleln erreicht werden kann, beweist die Spiegelindustrie in Fürth . wo die furchtbare chronische Quecksilbervergiftung, früher die Geißel der darin Beschäftigten, jetzt nicht mehr vorkommt. Daß auch die weibliche Kleidung durch ihre unpraktische Beschaffenheit die schädlichen Einwirkungen fördert und verschlimmert, darf in einem Bericht für Frauen nicht unerwähnt bleiben. Aus der überreichen Fülle deS Interessanten in der weiteren Besprechung der Schutzforderungen heben wir nur noch hervor, wie Dr. Zadel über die Maßregeln für Schwangere und Wöchnerinnen denkt. Für ihn ist der Schutz der Mutter nur ein Teil des Säuglingsschntzes. Cr bleibt nicht bei der Grenze stehen, welche man für die Wiederaufnahme der Arbeit gesetzt, weil die Wöchnerin genesen und genügend gekräftigt ist. Er fragt.- Was wird aus dem Kinde? Nach 6 Wochen der Mutter beraubt, in fremde Hände gegeben. die nur zu häufig ganz unfähig sind, da? zarte junge Leben zu behüten. Dann blickt er nach rückwärts und fragt: Wie kann eine Frau, welche bis bestenfalls vier Wochen vor der Entbindung am Webstuhl oder am Plättbrett steht, die Nähmaschine tritt oder Cigarren wickelt wie kann sie einem gesunden und kräftigen Kinde das Leben schenken? Und er kommt zu dem Schluß, daß die Frau mindestens das letzte Drittel der Schwangerschaft in Verhältnis- mäßiger Ruhe, von mühevoller und langdauernder Arbeit befreit, zubringen muß. Nach der Entbindung soll sie mindestens'/s Jahr im stände sein, das Kind zu nähren und zu pflegen, entweder im eignen Heim oder in eigens dazu errichteten Pflegeftättcn, welche Mutter und Kind beherbergen. Es ist selbstverständlich, daß zwischen Ehefrau und unverheirateter Mutter kein Unterschied besteht, was Rechte und Pflichten des Mutter- und KinderschuyeS betrifft. Die Unerfüllbarkeit dieser Forderungen in der Gegenwart ist kein Grund, sie nicht eingehend zu prüfen, zu billigen und dann auch zu verfechten, wenngleich anfangs solche Bestrebungen leicht als Zukunftsmusik verlacht zu werden pflegen. Es ist dieier Mann eine gute Vorbedeutung, den» die spottend Zukunftsmusik genannten Werke Wagners stud noch bei Lebzeiten des MeistcrS die lebendigste und gefeiertste Gegenwartsmusik geworden. Auf socialem Gebiet finden sich immer häufiger Riickständigkeil und rascher Fortschritt in seltsamer Weise dicht benachbart: es kommt oft nur darauf an. mutig voranzugehen mit Wort und Bei- spiel. Gar manche gut durchführbare Verbesserungen scheitern an dem Kleinmut und der Kurzsichtigkeit. welche sich so gern als weise Vor ficht darstellen. Was sich als erstrebenswerte Reform empfiehlt, das pflanze man jenen, die es am nächsten angeht, als Wunsch, als Sehnsucht ins Herz: es wird wachsen und gedeihen. Und wenn die Zeit gekommen ist. die Forderung zu stellen, dann wird die Gelegen- heit nicht versäumt werden. Zadel sieht in der Zukunft den Arbeiterinnenschutz als solchen verschwinden, sobald die allgemeinen Arbeilergesetze genügende Vor sorge für beide Geschlechter enthalten. Dann erst wird aber das wahre Schutzbedürfnis der Frau befriedigt werden, in der eingehendsten Fürsorge der Gesellschaft für Mutter und Kind. Lebhafte Debatten mit einem Pastor gab es in einer Ver- sammlung, die unsre Parteigenossinnen des selbsten Wahlkreises am Dienstag nach dem Borussiasaal in der Ackcrstraße einberufen hatten. Der Besuch war so stark, daß der mehr als 1000 Personen fassende Saal wegen Ueberfüllung polizeilich abgesperrt wurde. Der Vortragende, Genosse Ledebour , knüpfte an daS Bibelwort »Weib, was habe ich mitDir zu schaffen" an. Er erklärte diesen Ausspruch, den nach biblischer Erzählung Jesus zu feiner Mutter gethan hat, und der nach unsrer Auffassung des Verhältnisses vom Sohne zur Multer ungeeignet sein würde, aus dem Geiste jener Zeit, aus der unter- geordneten Stellung, die das Weib sowohl bei den Juden wie bei andren Völkern des Altertums hatte. Nach dieser Einleitung führte Genosse Ledebour aus, daß der Ausspruch:Weib, was habe ich mit Dir zu schaffen," auch für die christliche Welt gewisserniaßen symbolisch geworden sei, denn sowohl im Mittelalter wie auch in der Gegen wart sei die rechtliche Stellung des weiblichen Geschlechts dieselbe ge blieben: Im öffentlichen Leben sind die Frauen völlig rechtlos, obivohl sie infolge der industriellen Entwicklung jetzt zu wirtschaftlicher Selbständigkeit gelaugt sind. In seinen weiteren, mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Ausführungen schilderte der Redner die Aus beutung der Frauen durch die Industrie, besonders die das Familien leben zerstörende und die Gesundheit untergrabende Heimarbeit. Staat, Kirche und Kapitalisten so schloß der Redner wollen die Rechtlosigkeit der Frau, sie sagen noch beute:Weib, was habe ich mit dir zu schaffen I" Die Socialdemokratie dagegen will die volle Gleichberechtigung der Frauen, sie sagt:Weib, mit dir habe ich alles zu schaffen, mit dir gemeinsam will ich die Welt erobern, um das Glück der Menschheit zu begründen." Nach dem Vortrag nahm Pfarrer Köhler das Wort. Er erging sich in langen theologischen Ausführungen über die Bedeutung des vom Genossen Ledebour nur so nebenbei als Einleitung gebrauchten mehrfach er« wähnten Bibelworts. Den hauptsächlichsten Inhalt des Vortrags, nämlich die Stellung der Frauen in der heutigen Gesellschaft und die von den klassenbewußten Arbeitern erhobene Forderung der Gleichberechtigung beider Geschlechter, suchte der Herr Pastor vorsichtig zu umgehen, jedoch war aus seiner Rede deutlich zu erkennen, daß er. wie man es von einem wohlbestallten Diener derKirchc kaum anders erwarten kann, in der Rechtlosigkeit der Frauen«inen idealen Zu- stand sieht, den nian nicht beseitigen dürfe. Der Minnedienst, den die Ritter im Mittelalter den Frauen geleistet haben, war nach An- ficht des geistlichen Redners ein reicher Ersatz daftir, daß das weib­liche Geschlecht im öffentlichen Leben nichts zu sagen hatte. Und mit Bezug auf die heutigen Verhältnisse rief der Pastor salbungsvoll aus: Ich habe nichts dagegen, wenn die Frauen sich auch um politische Dinge kümmern, aber lassen Sie doch uns Männer für die bedrängte Unichuld eintreten und lassen Sie den Frauen den stillen häuslichen Frieden, lassen Sie ihnen das hohe Glück, welches nur die Frau empfinden kann, wenn sie in da? Auge ihres Kinds schaut. Das Gelächter, welche? sich bei diesem pathetischen Erguß erhob, deutete der Herr Pastor als eine von den männlichen Zuhörern auS- gehende Verhöhnung desstillen häuslichen Friedens", den die Männer nicht zu schätzen wüßten. Genosse Ledebour konnte demgegenüber unter allseitiger Zustimmung und stürmischem Beifall feststellen, daß da? Lachen gerade von den anwesenden Frauen ausging, und daß eS nur der Unkenntnis des Herrn Pastors gelte, der nicht zu wissen scheine, daß die kapitalistische Ausbeutung den proletarischen Frauen ja gar nicht die Zeit lasse, um in stiller Stunde in das Auge des Kinds zu blicken, und daß man die Aeußerung des Herrn Pfarrers für Hohn halten könnte, wenn man nicht zu seinen Gunsten annehme, daß es Unwissenheit sei, die ihm diese Worte eingab. Die Kirche, welche die leidenden Menschen auf das Jenseits vertröstet, könne die Frau nicht aus den drückende» Verhältnissen. unter denen sie in der heutigen Gesellschaft leidet. befreien, diese Aufgabe könne nur die Socialdemokratie erfüllen. Recht treffend er­widerte auch Fräulein Koschnitzki auf die Ausführungen des Geistlichen. Auch ich sagte sie habe einst geglaubt, der Frau falle das schöne Los zu. in der Häuslichkeit zu wirken. Aber die Verhältnisse haben mich eines andren belehrt. Der Herr Pastor möge uns doch die proletarischen Frauen zeigen, denen es möglich ist, im stillen Frieden in das Auge ihres Kinds zu schauen. Weil wir aber auf dieses stille Glück verzichten niüsicn, weil wir arbeiten und immer nur arbeiten müssen, weil es kein Familienleben für uns giebt, darum wollen wir auch unsre Rechte haben. Wir wollen mit- reden und mitentscheiden, namentlich da. wo uusre eigensten Jnter- essen auf dem Spiele stehen. Auf die Ehre, von Minnesängern be- jungen zu werden, verzichten wir gern. lLebhafter Beifall.) Noch niehrere Redner wandten sich unter dem Beifall der Versammlung gegen den Pastor, der noch einmal das Wort nahm und eine gerechte Be« urteilung der Kirche forderte, worauf Genosse Ledebour er- widerte, daß wir an dem guten Herzen Einzelner aus jenen Kreisen nicht zweifeln, daß die Kirche sich als Organisation aber stets auf die Seite der Herrschenden gestellc habe und daß eS auch unter den evangelischen Pastoren, die sich einst für sociale Reformen erwärmten, still geworden sei, nachdem das Wort fiel: Ehristlich-social ist Unsinn". Also nicht von jener Seite, sondern nur von dem für seine Befreiung kämpfenden Proletariat haben die Frauen die Anerkennung ihrer Gleichberechtigung zu erwarten. Sncinles. Setzmaschinen in Deutschland . Da« Tarifamt der deutschen Buchdrucker hat eine Umfrage über den Betrieb und die Beschästi- gung an Setzmaschinen veranstaltet, deren Resultat imKorrespondent" veröffentlicht wird. Danach sind zur Zeit bei 185 Finne» in III Orten 339 Setzmaschinen im Betrieb, wovon 211 System Linolyp, 169 System Typograph und 9 System Thorue. Es werden davon 278 nur zum Zeitungssatz, 78 nur zum Werksatz und die übrigen zu beiden Arbeite» verwendet. Maschinensetzer wurden 543 gezählt. darunter 18 Lernende. Handsetzer wurden bisher nur 367 entlassen. Die Durchschnittsleistungen eines Maschinensetzers schwanken zwischen 3500 und 9000 Buchstaben au der Linotyv und zwischen 3000 und 7000 Buchstaben am Typograph. /Der Setzmaschincntaris ist erst von 38 Finnen anerkannt. Uebcr den Umfang der Arbeitslosigkeit in Württemberg, der schon im Dezember zu verzeichnen war fleitdem hat die Geschäsis- flaue zugenommen), geben die Monatsberichte der Arbeitsämter einige Anhaltspunkte. Bei den 16 Arbeitsämtern des Lands lagen in> Dezeniber 1560 Stellenangebote vo» Arbeitgebern für männliche Personen vor, denen 5152 Stellengesuche von Arbeitnehmern gegen- überstanden: für weibliche Personen betragen die Ziffern 1031 und 643. Vernnttelt wurden 933 beziebmigsweise 973 für männ­liche Personen, das sind 61,7 Proz. der Angebote und 18,9 Proz. der Gesuche, und 388 für weidliche Personen, gleich 37,6 Proz. der Angebote und 60,3 Proz. der Gesuche. Es blieben also 4179 mann- liche Arbeiter, die Arbeit suchten, beschäftigungslos. Betriebseinschränknngen in der Textilindustrie. Der Verein süddeutscher Baumivollenindustrieller beschloß in einer von 35 Firmen mit 29 000 Webstühlen besuchten Versamlung eine weitere Betriebs- einschränkung. Zur Zeit betrögt bei diesen Firmen die Betriebs- eiuschränkung etwa 13 Proz. 3800 Webstühle. Nunmehr soll die Einschränkung bis aus 25 Proz. ausgedehnt und die übrigen Webereien Süddeutschlands sowie die Webervereinigungen von ganz Deutschland zum Anschluß aufgefordert werden._ Gerichts-Jeikung. Eine verhängnisvolle Lüge. Der Fabrikant Richard Kr. hatte eine Vorladung als Zeuge in einer Privat-Beleidigungssache erhalten. Im Drange der Geschäfte vergaß er den Termin. Nach Beendigung desselben kam ein Freund des Kr., der ebenfalls Zeuge gewesen war. zu ihm und teilte ihm nüt, daß er wegen uii- entschuldigten Ausbleibens in eine Geldstrafe von 30 Mark genommen sei. Dem Herrn Kr. war dies unangenehm, er ivarf sich in eine Droschke und fuhr schleunigst nach Moabit heraus. Er traf den Amtsrichter, der ihn in Strafe genommen hatte, noch im Sitzungssaale anwesend, bat ihn, von einer Maßregelung Abstand nehmen und den bereits gefaßte» Beschluß wieder aufheben zu wollen. Der Richter fragte ihm welchen triftigen Grund er für sein Ausbleiben anzugeben habe. Kr. erwiderte, daß in seinein Fabriksbctriebe ein Wasserrohr geplatzt sei. Der Richter erklärte darauf, daß Kr. eine eidesstattliche Versicherung des be- treffenden Inhalts unterschreiben niüsse. In dieser Zwangsloge sah Kr. sich veranlaßt zu erklären, daß er die Unwahrheit gesagt habe, ein Wasserrohr sei nicht geplatzt, er habe den Termin vergessen. Der § 138 des Strafgesetzbuchs lautet:Wer als Zeuge geladen, für sein Ausbleiben unwahre Thatsachen vorbringt, lvird mit einer Ge­fängnisstraße bis zu zwei Monaten belegt." Gegen Kr. wurde dieserhalb Anklage erhoben. Im'gestrigen' Termin vor dem Schöffengericht gestand der Angeschuldigte den Thatbestand unumwunden ein. Der Staatsanwalt bcaniragte die zulässig niedrigste Strafe einen Tag Gefängnis. Der Verteidiger, Rechts- aiiwalt Paul Meyer, wies darauf hin,' daß der in Frage kommende Paragraph der härteste im ganzen Straf-Gesetzbuch sei.(?) Während bei Betrug, Unterschlagung und vielen andren Vergehen eine Geldstrafe zulässig sei. könne hier nur auf' Gefängnis erkannt werden. Im vorliegenden Falle habe die im- wahre Angabe des Angeklagien nicht dazu dienen sollen. ihn wegen des Ausbleibens zu entschuldigen, sondern die bereits erkannte Strafe rückgängig zu machen, es sei daher fraglich, ob der angezogene Paragraph zur Anwendung kommen müsse. Der Gerichtshof konnte sich dieser Auslegung nicht anschließen, sondenr erkannte nach dem Antrag des Staatsauwalts. Dem An- geklagten bleibt nur die Hoffnung, das Urteil im Wege der Gnade abgeändert zu sehen. Da? Gclla- und Hlidrasystcm. Durch Urteil deS Reichs­gerichts ist jetzt die Strafbarkeit des gewerbsmäßigen Vertriebs von Gutscheinen nach dem sogenannten Hydra-(Gella-, Schneeball-, Lawinen-) System aus Z 286 Absaß 2 des Strafgesetzbuches und s§ 22 ff. des Reichsstempelgesetzes festgestellt worden. Auch ein Sicherhcitsbeamtcr. Bor der Strafkammer des Landgerichts zu Dortmund hatte sich der Flurhüter Karl Christian Lehnhoff aus Eving wegen schwerer Mißhandlung und Bedrohung des Bergmanns Ringe zu verantworten. Der Bergmann Ringe. ein schwächlicher junger Mensch, kam am Abend deS 26. August v. I. von der ZecheMinister Stein". Um in der Finsternis nicht angefallen zu werden, nahm er seinen Weg durch ein Kleefeld. Lehnhoff eilte nun hinter ihm her, schrie ihn' an. ob er stehlen wolle und riß ihn hinterrücks zu Boden. Gleichzeitig schlug er mit seinem Hirschfänger auf Ringe ein. Der Mißhandelte bat, ihn zu schonen, da er ja nichts verbrochen habe. Lehnhoff aber schlug weiter mit der Waffe auf ihn ein und verletzte ihn derart am Kopf, daß er blutüberströmt das Bewußtsein verlor. Der Beamte versuchte noch, ihn emporzureißen und in Arrest abzuführen; eS gelang ihm aber nicht. Ringe kam bald wieder zur Besinnung und bat, ihn zum Arzt zu führen. Da zog Lehnhoff seinen Revolver. setzte die Waffe dcm Ringe an die Stirn und schrie:Mensch, wen» Sie jetzt nicht mitgehen, schieße ich Sie über den Haufen I' Zufällig hörte der in der Nähe wohnende Hermann Schmitz das Jammergeschrei des Mißhandelten, eilte hinzu und fand Ringe blutüberströmt am Boden. Jetzt wurde dieser von Lehnhoff aufgefordert, bei der Feste- lung des Ringe behilflich zu sein. Schmitz lehnt« dies ab, worauf Lehnhoff allein den Ringe fesselte und in da« Arrestlokal abführte. Hier hat der Schwerverletzte in dumpfem Räume zwei Nächte und einen Tag ohne ärztliche Hilfe zubringen müssen. Erst nach seiner Vernehmung auf dem Amt Kirchderne wurde Ringe frei- gelassen. Lehnhoff, der in so bestialisch roher Weise seine« Amts gewaltet hatte, wurde zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt. China . Die Verbündeten sind arg verschnupft über die russische Politik. die den größten Borteil aus dem ganzen China -Abenteuer ziehen dürste. Die englische Presse verlangt kategorisch, daß China keine Sonderabmachungen mit irgend einem Lande treffen dürfe. Japan hat sich den Mächten nun auch angeschlossen. Aus London wird darüber gemeldet: Wie dasReutersche Bureau" erfährt, hat sich Japan den andren Mächten, außer Ruß- land und Frankreich , angeschlossen, welche China vor der Unzweckmäßigkeit besonderer Abmachungen mit einzelnen Staaten warnten; hierüber hinaus hat jedoch Japan keinen Schritt gethan. Es ist aber von Japan darauf hingewiesen worden, daß. falls China nach dieser Warnung auf einer derartigen Politik be- stehen würde, es sich darauf gefaßt machen müßte. daß die übrigen Mächte Vorteile gleichwertiger Natur für sich verlangen werde». Keine Boxerjagden mehr? Dem Grafen Walder see wurde ein Antrag Li» Hung-TschangS zur Kenntnis gebracht, wonach von w e i t e r n Expeditionen der Verbündeten Abstand genommen und die Unterdrückung deS Räubernnwesens den chinesischen Truppen übertragen werden soll Graf Waldersee antwortete entgegenkommend unter ausdrücklicher Wahrung seiner vollen Handlungsfreiheit. Die Einstellung der Expeditionen wurde in Aussicht gestellt unter dem Vorbehalt, daß nicht Akte chinesischer Truppen selbst oder von Boxern oder Räubern neue Ab wehr maßregeln erforderlich machten. Reguläre chinesische Truppen bleiben, außerhalb deS von den Verbündeten gehaltenen Gebiets, unbehelligt. Ihre Stärke und Stellungen find aber dem Generalfeldmarschall richtig mitzuteilen. Die Demarkationslinie gegen die Stellungen der Verbündete» darf von den chinesischen Truppen unter keinen Umständen, auch nicht mit Patrouillen, überschritten werden. Uetzke Msriiviäikett«nd Depeschen. Da? neue spanische Ministerium. Im neuen Ministerium Lbeniimmt Herzog von Almodovar daS Aenßere, Morel das Innere, General Weyler Krieg, Herzog von Veragua Marine, Sagnsta den Vorsitz. Urzaiz die Finanzen, Villanueva die öffentlichen Arbeiten, Romanoues den Unterricht und Marquis Teverga das Justizportefeuille. Bremen , 6. März.(W. T. B.) Während der Fahrt vom Raths» keller zum Bahnhof wurde auf den kaiserlichen Wagen von einem sofort verhafteten angeblichen Arbeiter ein Eisenstück geschleudert, von welchem der Kaiser an der Wange leicht verwundet sein soll. Der Kaiser setzte die Fahrt ohne Unterbrechung fort und fuhr dann mit dem Sonderzng nach Berlin weiter. Der Verhaftete ist ein am 22. April 1831 in Bremen geborener Arbeiter, welcher, wie Bösmanns Tel. Bureau meldet, schon über ein Jahr in einer epileptischen Anstalt gewesen ist. Mie?(Böhmen ), 6. März.(28. T. B.) In der letzten Nacht stahlen junge Burschen bei eiuein hiesigen Kaufmann Sprengstoffe und verbargen sie in einem verlassenen Bergstollen. Als die benach- richtigte Gendarmerie den Stollen betrat, erfolgte aus bisher unbe- kannter Ursache eine Explosion, durch welche ein Wachtmeister und zwei von den Dieben gelötet wurden. Veramwortl. Redaueur: Heinrich Ströbel in Berlin . Für den Inseratenteil verantwartlich: Tb. Glocke in Berlin . Druck und Verlag von Max Bading in Berlin . Hierzu 1 Beilage u. llnterhaltuugsblatt.