ES ist Nor, daß dieS ein vollständiges Fiasko des Schutzzollsbedeutet, und nun schreien die Agrarier nach andren Mitteln. Siesagen: Wenn das Getreide sich nicht verkaust, so liegt das daran.daß der Markt in Frankreich überfüllt ist; also müssen wir den Ex-Port von Getreide herbeizuführen suchen. Diese Ermutigung derAusfuhr will man durch Ausfuhrprämien zu erreichen suchen.Der Gesetzentwurf, zu welchem Deputiertenkammer und Senatbereits Stellung genommen haben, beruht auf der Bestimmung, daßfür jeden Doppelcentner Getreide, der ausgeführt wird, eine Prämievon sieben Frank gewährt wird. Der Betreffende er-hält einen Check im Werte von 7 Frank, den erauf dem Zollamt hinterlegen kann und der ihm bei derEinführung von Kakao. Kaffee oder auch Ge-treibe angerechnet wird.Wie es scheint, ist man bei dieser originellen Art der Prämien-regulierung von der Annahme ausgegangen, die kleinen Besitzerwürden nun den Ueberschuß ihres Getreides über die Grenzespedieren und sich vom Ausland andre Bedarfsartikel mitbringen.Diese Annahme ist natürlich falsch. Außer etwa den paar Grenz-bewohnern sind die kleinen Besitzer gar nicht dazu befähigt, sich dasGesetz zu nutze zu machen. Vielmehr werden, wie M. C o u t e a u xim Senat mit Recht hervorhob, dies Geschäft die großenHändler nnd Spekulanten besorgen. Sie werden dasGetreide massenhaft aufkaufen, um es nach dem Ausland zu v e r-kaufen. Dadurch wird der Markt im Jnlande entlastet. sosehr entlastet, daß die Preise riesig steigen. Die TeuerungdeS notwendigsten Lebensmittels wird eine Panik hervorrufen unddaS Drängen nach Aufhebung des Schutzzolls wird beginne». DieSpekulanten, die durch das Agio ihre Taschen gefüllt haben, werdensich dann wohl herbeilassen, den bedrängten Konsumenten beizu-springen und nun das Getreide wieder über die Grenze holen, umabermals ein Geschäft zu machen.Wer wird, so fuhr Couteaux in seiner Rede fort, die Gemüterde« aufgeregten Volks beschwichtigen, das zusehen muß, wie dasGetreide erst über die Grenze geht, um die Taschen der Financierszu füllen, und das dann, verteuert durch die Transportkosten,wieder zurückkommt?JauräS, dessen Ausführungen in der„Petite Republique" wirim allgemeinen gefolgt sind, zieht zum Schluß eine Parallelezwischen der durch solche Manöver eventuell eintretenden Situationund der, wie sie vor dem Ausbruch der großen stanzösischen Revolution geherrscht hat. Auch damals hat ein gewissenloses Spekulanten-tum derartige Manöver gemacht, die dahin führten, daß die aus-gepoverte, verhungernde Bevölkerung zur Verzweiflung getriebenwurde.—Jedenfalls zeigt das Beispiel Frankreichs, wie durch den Zollauf Getreide der beabsichtigte oder angeblich beabsichtigte Zwecknicht erreicht wird, den Kleinbauern zu helfen; es zeigt ferner,daß die Ausfuhrprämien ein Experiment darstellen, das nichtnur dem französischen Inland sondern auch den zollgeschützten aus-ländischen Agrariern sehr gefährlich werden kann. So kann mittelsder Prämien, trotz des hohen Schutzzolls dahin kommen, daß manin Frankfurt französischen Weizen billiger kauft als in Paris. Soenthüllt das Schutzzoll-System seine innere Sinnlosigkeit und führtsich selbst aä absurdum, ist es doch nur eine verwilderteForm des Manchestertums, aus den, statt der Rivalität der Kon-kurrenz nur die Solidarität des Socialismus herausführen kann.Oestreich- Ungarn.Wien, 7. März. Das im Abgeordnetenhause eingebrachte GesetzZur Förderung der Industrie bestimmt, daß Unternehmungenbisher in Oestreich nicht bestehender Produktionszweige sowie Unter-nehmuugen, welche alten Betrieben neue im Jnlande nochnicht vorhandene Betriebszweige anfügen, eine zwölfjährigeSteuerfreiheit genießen sollen und unter Umständen ihnenauch ein staatlicher Zuschuß gewährt werden solle. Fernerbestimmt das Gesetz, daß Banken und andre Aktien-gcsellschaften von den Erträgnissen noch unbegebener Aktien der vonihnen errichteten Jnvustrieunteriiehmungen wesentlich verminderteSteuen, zahlen sollen. Endlich wird der Grundsatz aufgestellt, daßder Bedarf der Staats-, Landes- und Gemeindebehörden durchheimische Erzeugnisse gedeckt werden soll.Ein im Abgeordnetenhause eingebrachter Gesetzentwurf überArbeitSstatisttk entspricht im wesentlichen den früheren Beschlüssendes HauseS. Es statuiert die Ansknnftspflicht des Publikumszu Gunsten arbeitsstatistischer Erhebungen, sowie das Rechtamtlicher Organe zum Eintreten in Arbeitsräume und zur Einsicht-nähme in gewisse auf Arbeitsverhältnisse bezugnehniende Dokumente.Das Strafverfahren für Zuwiderhandlungen wird den politischenBehörden zugewiesen, die eine Geldstrafe bis zu 1000 Kronen verhängen dürfen. Der Gesetzentwurf enthält schließlich Bestimmungenüber die Pflicht zur Verschwiegenheit für die von den Behördenzu arbeitsstatistischen Erhebungen verlvendeten Beamten, sowie überdie Gebührenfreiheit von Eingaben in Angelegenheit der Arbeits-statistik.England.Die Ire« im Unterhaus. In der Nacht vom Donnerstagzum Freitag tvurde im Unterhaus über die kürzliche Skandalsceneverhandelt. Ein Antrag D i l l o n S, daß das Haus dieSuspeiidieruiig der Iren für den Rest der Session beschließen soll,wurde mit 413 gegen 79 Stimmen abgelehnt. Mit der Minder-heit stimmten'auch einige Radikale. Der Zusatzantrag HughCccils über Verhängung einer Gefängnisstrafe wird von Balfourdellimpft und Cecil erklärt sich bereit, diesen Antrag zurückzuziehen.Die Jrländer bestehen jedoch auf der Abstimmung, worauf der Au-trog mit 426 Stimmen abgelehnt wird, für denselben stimmt niemand.was mit großer Heiterkeit aufgenommen wird.Nachdem die Beratung über den Antrag Balfour die ganze Nachtgewährt hatte, wurde derselbe heute früh gegen« Uhr mit 264 gegenöl Stimmen angenommen.—Der Boeren- Krieg.Frieden in Sicht?Dem Reuterschen Bureau wird aus Pretoria vom 5. d. MtS.telegraphiert: Kitchener hatte am 27. Februar mit Botha undandern Boerenführern in Middelburg eine Zusammenkunft, um überdie Frage zu verhandeln, ob es möglich sei, die Feindseligkeiten ein-zustellen.Vom 6. d. MtS. wird dem genannten Bureau auS Pretoriagemeldet, man empfinde dort und in Johannesburg große Be-friedigung über die Zufammenrnnft KitchenerS und BothaS, weildieselbe zu hoffnungsvollen Schlüssen berechtige.Lord Balfour hat im Unterhause bestätigt, daß VerHand-luiigen zwischen Kitchener und Botha im Gange seien, wie weitdieselben gediehen, darüber könne er nähere Mitteilungen nichtmachen.Mittlerweile haben aber auf dem Kriegsschauplatze weiterePlänkeleienstattgesunden. Eine Depesche des Generals Kitchener aus Pretoriavom 7. März meldet: Die Boeren machten einen energischen An-griff auf Lichtenburg. der aber mißlang. Auf Seite der Boerenwurden 2 Offiziers und 14 Mann getötet. 20 verwundet. Der Boeren-general Celliers ist gefallen.— Ueber die jetzige Stellung De Weisliegen verschiedene Berichte vor, da seine Truppen im Oranjesreistaatzerstreut sind. Die nach dem Norden vorrückenden Briten werdenheute in Petrusberg ankommen. French meldet, daß er einen Vier-zehnpfiinder und ein Hotchkiß-Geschütz erbeutete, so daß er jetzt imganzen den Boeren 7 Geschütze abgenommen hat. so weit manbis jetzt weiß, sind seit dem Beginn der Operationen im Osten 979Boeren kampfunfähig geworden. French hat weiter 169 Gewehre,24 970 Patronen. 1S3 Pferde, 1240 Zugochsen: viele Wagen undeine Menge Rindvieh und Schafe erbeutet. Verluste habe' er nichtzu beklagen._VsrlsmenkÄvifchrs.Kolonial- Etat.Die Budgetkommission setzte Freitag die Beratung desKolonial-Etats fort. Für Südwest- Afrika ist eine Ver-Mehrung der Artillerie und Schaffung einer Reserve an Artillerie-und Jnfanteriemunition in Aussicht genommen, deren Höhe aufmehrere Jahre verteilt werden soll. Für 1901 werden 321000 M.gefordert. Der Referent Prinz Arenberg sC.) erachtete 250 000 M. fürbinreichend und beantragte 71 000 M. abzusetzen. Zur Begründung derForderung weist er auf event. Boeren treks nach unsren südwestafrika-ilischcu Gebieten hin. Abg. Müller-Fulda(C.) beantragt, den Reichs-kanzler zu ersuchen, darauf hinzuwirken, daß i» den deutschenSchutzgebietendie Sklaverei in keinerlei Form geduldet werde. Ueber die etwaigeEinwanderung der Boeren und die Sklaverei in den deutschen Schutz-gebieten entspann sich nun eine lebhafte Debatte. Abg. PrinzArenbcrg sC.) hat nichts dagegen, wenn die Boeren innicht zu großer Zahl in das Schutzgebiet kommen, dieAutorität der Regierung aber müsse gewahrt werden. DieResolution Müller- Fulda sei im allgemeinen nicht durch-führbar, da die Haussklaverei unentbehrlich sei. Bei den Zwangs-arbeiten der Kriegsgefangenen handle es sich doch nicht um eigent-liche Sklaverei.Abg. Bebel(Soc.): Die Gesamtsumme der für die Artillerieaufzuwendenden Mittel ist uns noch nicht bekannt, umsomehr haben wirAnlaß, das Drängen der Kolonialgesellschaft auf Vermehrung derSchutztruppe entschieden zurückzuweisen. Die Aeußerung des Referenten,als ob die Artillerie eventuell gegen die Boeren verwendet werdenmüßte, war recht unglücklich.Abg. v. Ticdemann(Rp.): Die Aufnahme von Boeren ingrößerer Zahl in unser Gebiet würde zu vielen Unzuträglich-ketten führen. Nach dem Urteil von Sachverständigen unterwerfensich die Boeren keiner Autorität und behandeln die Eingeborenengrausain.Abg.Hafsei(natl.): Gegenüber den grenzüberschreitenden bewaffnetenHaufen, die ja auch aus Engländcni bestehen können, ist die Bc-schaffung von Abwehrmitteln notwendig. Die Boeren selber sindein wichttges Kulturclement und ihre Einwanderung wäre nur mitFreuden zu begrüßen.Abg. Speck<C.) tritt für die Resolution Müller-Fulda ein. Essei bereits jetzt festgestellt, daß Zwangsarbeit beim Bahnban statt-gefunden habe. Nicht nur Boeren, auch Deutsche seien schon gegendie Eingebornen grausam gewesen.Abg. Müller-Fulda(C.): Entweder sind die HauSsklavcnFamilienmitglieder mit freiem Verfügung-recht über ihre Person,dann sind sie keine Sklaven, oder sie sind Sklaven, nnd dannmüssen wir auch diese Form der Sklaverei bekämpfen.Abg. Bebel(Soc.): Wenn man ganze im Kriege unterlegeneStämme zwangsweise arbeiten läßt, so es thätsächlich' Sklaverei.Abg. Stolbcrg(k.) weist darauf hin, daß in Oslafrika in jedemDorfe Sklaven vorhanden seien, und daran könne man nichtsändern.Abg. Paasche(iiatl.): Der Neger ist faul, und ohne Zwangs-arbeit ist die Entwicklung unfrer Kolonien ausgeschlossen. In Eng-land ist man nicht so zimperlich, da mietet man Kulis gleich aufzehn Jahre.Abg. Eickhoff(srs. Vp.) tritt für die Resolution Müller-Fulda ein.Abg. Frhr. v. Hcrtliug(C.): Befestigt darf die Sklaverei nichtwerden, aber sofort beseitigen läßt sie sich' auch nicht, deshalb solltedie Resolution zurückgezogen werden.Abg. v. Ticdemann(k.): Der Boer arbeitet nicht,er kennt nnr Viehzucht und Jagd, von seinem Gewehrwird er sich nicht trennen. Die Aufhebung der Sklaverei wäre fürdie Haussklaven selbst am schlimmsten. Die Neger müssen zur Arbeitgenöttgt werden.Abg. Speck(C.) beantragt folgende Resolution: Den Reichs-kanzler z» ersuchen, dahin zü wirken, daß in den deutschen Schutz-gebieten keine Beraubung persönlicher Freiheit oder Anwendungkörperlichen Zwangs zum Zwecke der Ausführung öffentlicher Arbeitengeduldet werde.Kolonialdirektor Dr. Stuebel ist mit dem Sinn dieser Resolutiondurchaus einverstanden und will auch dahin wirken, daß die Sklavereiin jeder Form, wo sie nicht abgeschafft werden kann, gemildertwerde.Hierauf werden die beiden Resolutionen Müller-Fulda und Speckabgelehnt und die Kosten als erste Rate auf 230 000 M. bemessen.Der Rest des Etats für Südwestafrika tvurde unverändert genehmigt.Bei den, Etat für Neu-Wuinea fragt Abg. Eickhoff(frs. Vp.). obes richtig sei. daß die Neu-Guinea-Gesellschaft noch kurz vor Ueber-gäbe des Gebiets an das Reich große Landankäusc ohne wirklicheRechtsbasis bewerkstelligt habe.Kolonialdirektor Dr. Stübel: Diese Landankäufe haben vordem Uebergang an das Reich stattgefunden. Sie sind geprüft undin verschiedenen Fällen nicht bestätigt worden.Alsdann wird die Debatte über die Herstellung einer Eisenbahnvon Dar-es-Salaam nach Mrogoro fortgesetzt.Abg. Müller-Fulda(C.) wünscht an sich den Bau, da ohneBahnen aus der Kolonie nichts wird, aber nicht das Reich, sonderneine Privatgesellschaft müsse den Bau ausführen, bei der daStreibende Element des Gewinns auf die Erschließung der Koloniehinwirkt. Redner erklärt sich deshalb gegen die beantragte Ratevon 2 Millionen, dagegen für eine cutsprechende Zinsgarantie aneine Gesellschaft.Abg. Richter(frs. Vp.): Wenn wir schon einen Bau genehmigensollten.' wäre es immer noch besser, den Bau durch das Reich vor-nehmen zu lassen. Bei den gegenwärtigen Geldverhältnissen würdedie Auflegung der 24 Millionen auf dem Markt auf die Reichsanleihendrücken. Die Gesellschaft und die Aktionäre laufen kein Risiko, sie könnennur gewinne», da ihnen die Landschenkungen, die Mineralien- Kon-Zessionen und das Vorzugsrecht für fernere Bahnbartten zufallen.Wozu braucht man ein Bankenkonsortium? Die Seehandlung könntedas billiger machen. Eine Prämie von solcher Höhe bei der Rückzahlungist noch nicht dagewesen. Die Anteile sind so klein, daß sie in breiteSchichten dringen würden. Die Berechnung der Rentabilität schwebt ganzin der Lust: Es wird ein Transport von 24 000 Tonnen Güterangenommen, und der Karawanenverkehr auf der Strecke weist nur650 Tonnen auf. Im Bezirk Kilossa wohnen nur 12 Europäer,darunter ein Kaufmann.Schatzsekretär Frhr. v. Thielmann teilt die Befürchtung nicht.daß die 24 Millionen aus den Markt für Reichsanleihen drückenkönnten. Seit dem letzten Herbst hat der Markt für 100 Millionenöffentliche Anleihen aufgenommen, die bis vor kurzem im Kurse ge-stiegen sind.Abg. Arendt(Rp.) erklärt sich in erster Linie für den Baudurch das Reich. Die Bahn aber müsse auf alle Fälle gebautwerden.Abg. v. Wollmar(Soc.): Die principielle Stellung meinerFraktion zur Kolonialpolitik hindert nicht, die vorliegende Sachevollkommen sachlich zu beurteilen. Unsre Kritik deckt sich in vielemmit der des Abgeordneten Richter. Um die Bedingungen zu be-urteilen, die von der Gesellschaft gestellt werde», richte ich folgendeFrage an die Äolonialverwaltung:' Bei den schon vorhandenen Bahnenwurden von der Regierung 45— 75 000 M. für das Kilometer berechnet,und der letztere Betrag damit begründet, daß es sich dabei»m ganz außerordentlich schwierige Bauverhältnisse gehandelt� habe.Bei dem vorliegenden Projekt aber kommt das Kilometer auf rund100 000 M. zu stehen. Hat die Gesellschaft hier bereits eine Gewinn-rate daraufgeschlagen?Kolonialdirektor Dr. Stübel: Die Bahn ist notwendig und mußgebaut werden, das Wie kommt erst in zweiter Reihe. DieZweimillionen-Forderung betrachten wir nicht als zurückgezogen.auch wir wolle» in erster Reihe immer noch den Bau durch dasReich. In den 24 Millionen sind sehr verschiedene Kosten einbegriffen. Die eigentliche Bausumme beträgt nur 16>/z Millionen.also 71 400 M. auf das Kilometer.Abg. Schräder, der bei dem Vorschlag des Banken-Konsortiumsbeteiligt ist, behauptet, daß die Gesellschaft ohne Gewinn arbeite.Abg. Bebel: Schon das Mitsprechen eines Beteiligten ist einungewöhnlicher Vorgang. Die Kolonialfreunde sind sick über dasProjekt selber noch nicht einig, die Mehrheit ist gegen die Bahn. Hättesie wirklich wirtschaftliche Aussichten, so würden auch wir nichts dagegenhaben. Hervorragende Sachkenner aber bestreiten, daß die Koloniebannt ertragsfähig gemacht werden könne. Die Verhandlungenmit dem Konsortium' scheinen eine Art Vorspann für den Bau durchdas Reich zu sein. Wenn die Stichbahn sich nicht bewährt, dannwird man erst recht weiter bauen wollen. So werden die Kon-sequenzen unabsehbar.Die weitere Debatte wird hierauf auf Sonnabend vertagt.Bon der Partciprcsse. Aus der Redaktion des Volksfreundsin Braunschweig scheidet der Genosse H e y in a n n am 20. d. M.aus, um in die Redaktion des„Wahren Jakob" einzutreten.Gemcindcwahlen. In Elmschenhagen bei Kiel wurdeder erste Socialdemokrat in den Gemeinderat gewählt.Ein populär verfaßtes polnisches Flugblatt gegen dieKoruzölle, das die polnischen Arbeiter in Deutschland über dieVerteuerung des Brots, seiner Hauptnahrung, aufklären soll, ist er-schienen. Die Redaktion der„Gazeta Robotnicza", Berlin O.,Stralauer Platz 21, ersucht alle Agitatioiiskommissioncn und Ver-trauensleute, umgehend Bestellungen hierauf zu machen.Die Parteibttitter werden um Abdruck dieser Notiz ersucht.Polizeiliches. Gerichtliches usw.— Zu SO M. Geldstrafe wurde wegen Beleidigung eineSFabrikanten Genosse Heinzel in Striegau von der Strafkammer inSchweidnitz verurteilt. Heinzel hatte in einer Versammlung dieBetriebs-Krankeukassen kritisiert, daher die angebliche Beleidigung.— Zehn Mark soll Genosse Schecr in Schweidnitz zahlen,weil er an Sonntagen Flugblätter verbreitet hat. In der Berhand-lung vor dem Schöffengericht in Zobtcu wurde zwar festgestellt, daßSchecr weder während der Rirchzeit noch in öffentlich bemerkbarerWeise die Flugblätter verbreitet hat, aber ein Lehrer hat von seinen,Fenster aus den Eindruck gehabt, daß Colporteure im Dorfegeschäftig hin und her eilen und dies wurde vom Gericht als aus-reichend zur Störung der Sonntagsruhe erachtet, tveshalb auf obigeStrafe erkannt wurde._Gelvevftslhclftlirhes.Berlin und Umgegend.Die Lohnbewegung der Marmorarbeiterwurde am Freitag in einer zweiten Sitzung des Einigungsamts ver-bandelt. Der am Donnerstag in einer Kommission vorberateneAccordtarif wurde Punkt für Punkt durchgenommen und seinemWortlaut nach festgestellt. Auf die Forderung der Arbeiter, denStundenlohn für Steinmetzen von 60 Pf. auf 65 Pf. und den fürSchleifer von 40 auf 45 Pf. zu erhöhen, erklärten die Arbeitgebernicht eingehen zu können, ebenso weigerten sie sich, die von denArbeitern' geforderte 8�/2 stündige Arbeitszeit anzuerkennen. Nachmehrstündigen Verhandlungen legte Gewerbegerichts- Direktorv. Schulz folgende Vorschläge des EinigungSamts vor:1. Der hier beratene Tarif wird von beiden Parteien an-genommen.2. Die Arbeitgeber werden bei Einstellung von Arbeitern inerster Linie die Mitglieder der Organisation der Steinarbeiter be-rücksichtigen und nur tariftreue Arbeiter beschäftigen.3. Die Arbeitnehmer werden die Mitglieder ihrer Organisationverpflichten, nur bei tariftreuen Arbeitgebern zu arbeiten. Die Arbeit-nehmer werden die notwendigen Maßnahmen zur allseitigen Durch-führung des Tarifs ergreifen.4.' Es wird eine Kommission von je drei Vertretern beiderParteien unter Vorsitz eines Gewerberichters gebildet. Dieselbe hatüber alle Differenzen, besonders solche aus diesem Vertrage, zuentscheide». Wenn eine der Parteien oder beide sich bei dem Bc-schluß der Kommission nicht beruhigen, so ist innerhalb drei Tagendas Einigungsamt anzurufen.5. Maßregelungen wegen dieser Lohnbewegung finden nicht statt.6. Dieser Vergleich gilt vom 11. März 1901 bis 1. September1902. Er gilt auf ein weiteres Jahr, wenn er nicht drei Monatevor Ablauf gekündigt wird.7. Nach erfolgter Kündigung des Tarifs tritt die Kommissionsofort zusammen, um die neuen Arbeitsbedingungen zu beraten.Sollte es bis zum 1. August 1902 über die Vorschläge der Koni-Mission nicht zu einer Einigung kommen, so verpflichten sich beideTeile, zur Vermeidung von Streiks und Aussperrungen dasEinignngsamt anzurufen.—« Dieser Vergleich wurde von den Vertretern der Arbeiter sowievon den antvesenden zwölf Arbeitgebern angenommen. Die letzterenwollen dahin lvirken, daß auch die andern Arbeitgeber der Branchedem Tarif beitreten._Zur Lohnbewegung der Arbeiter der mechanischen Schuh-waren-Fabrike». Der stand der Bewegung ist noch derselbe. ImAusstand befinden sich 9 Fabriken mit 202 Arbeitern. Davon sindorganisiert 156. Die Arbeiter haben geschlossen die Betriebe ver-lasten und ist auch noch niemand zurückgekehrt. Die Polizei übtgegenüber den Streikposten die alten Praktiken aus; bereits habenmehrere Sistierungen stattgefunden. Gerüchtweise verlautet, daß dieFabrikanten eine Aussperrung der gesamten Arbeiter planen. A u sei�ne Anfrage des Gewerbe gerichts haben sichdie Arbeiter erklärt, das Einigungsamt anzu-rufen: ob die Fabrikanten daS Gleiche thnn, bleibt abzuwarten.Im Laufe des Freitags haben bereits Verhandinngen zwischen denFabrikanten R'o s e n b e r g und seinen Arbeitern stattgefunden. AmSonntagnachmittag findet im Gewerkschaftshaus wieder eine öffent«liche Versammlung statt.Die Arbeiter der Bereinigten Berliner Mörtelwerke(Aktien-Gcsellschaft) haben an die Direktion Forderungen um Lohn-erhöhnng gestellt. Eine Kommission der Arbeiter hat mit demDirettor der Werke am Freitag in Gegentvart deS Gewerbegerichts-Direktors v. Schulz verhandelt, ohne daß ein beide Teile bc-friedigendes Resultat zu stände gekommen wäre. Am Dienstagwird sich das Einigungsamt mit dieser Angelegenheit beschäftigen.Nicht„Phönix", sondern„PhöbuS" heißt die Firma, die amMittwoch vor dem Einigungsamt ein Abkommen mit ihren Elektro-Monteuren getroffen hat. Wir berichtigen diesen Irrtum undkonstatieren hiermit, daß sich der Bericht über die genannte Eimgnngs-amtS-Sitzung nicht auf die in der Chaust'sestr. 31 ansässige elcktto-technische Fabrik„Phönix", sondern auf die Firma„Phöbus", TempelhoferllferlO, bezieht.Achtung, Konditoren und verwandte Berufe! Bei derFinna Hugo Lehmann, Tilsiterstr. 22, sind die Gehilfen mit demArbeitgeber in Differenzen geraten. � Die Arbeitsverhältnisse dieserFirma sind als äußerst mißliche schon längst bekannt und Zuzugdeshalb fernzuhalten.Lokalverwaltung des Centralverbands der Konditoren.Deutsches Reich.Die streikenden Kürschner in Leipzig lehnten die Vorschlägeder Unternehmer znr Beendigung des Streiks ab und beschlossen, imGeneralstreik ivciter zu beharren.Ter Streik der Schiffszimmerer in Flensburg führte nachlängerer Verhandlung der Ausständigen mit der Flensburger Schiffs-baugesellschafi zu einem Ausgleich. Die Streikenden sollen nach