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schristen nicht eingehalten. Wie die Arbeiter von An- fang an vermuteten, genügen die Vorschriften über die Einrichtung und den Betrieb von Roßhaarspinnereien zc. nicht, scheint es doch nun ziemlich sicher erwiesen zu sein, daß die inländischen Borsten, die bekanntlich vom Desinfektionszwang besreit sind, Träger der Milz- brandsporen waren und den Tod eines Arbeiters der- ursachten. Der Durchführung dieser Verordnung haben die Aufsichtsbeamten noch immer viel Aufmerksamkeit zu schenken. Während des ersten Teils des Jahrs war die Lage der Arbeiter in fast allen Industrien im wesentlichen die gleiche wie im Jahre 1899. aber gegen Ende des Jahrs machten sich allerwärts und in allen Berufen die Krisenanzeichen bemerkbar, die Inspektoren berichten mehrfach von Verkürzung der Arbeitszeit infolge schlechten Geschäftsgangs. Eine sehr wertvolle Beigabe erhält der Bericht in einem 78 Seiten starken Anhange:Erhebungen der königlich bayrischen Fabrik- und Gewerbe- Inspektoren über das Maurergewerbe", die sich würdig an ihre Vorgänger, die Erhebungen über die Buchdrucker, Schlosser, Tischler, Schneider und Schmiede anschließen. Wie verschieden die Löhne in diesem allgemein verbreiteten Berufe sind, zeigen die folgenden Zahlen. Der Stundenlohn beträgt: in d. Städten auf d. Lande für Maurer  ..... 2255 Pf. 18 41 Pf. Stein- u. Mörtelträger 1550 1029 , Taglöhner.... 1635 1530 Arbeiterinnen.,. 1225 1023 Die Arbeitszeit ist fast allgemein zehn Stunden pro Tag. Es ist uns nur möglich, auf diese Arbeit hin- zuweisen, ein Eingehen auf die Resultate der Erhebung würde zu viel Raum beanspruchen. Bedauernd haben wir nur hervorzuheben, daß die eifrigen Bemühungen der Arbeiter zur Herbeiführung eines genügenden Bau- arbeiter- Schutzes in dieser Arbeit die verdiente Würdi- gung nicht gesunden haben. An die Besprechung des Gesammtberichts wäre der Wunsch nach einer Verbesserung des Registers zu knüpfen, aber im allgemeinen wird man aus dem Berichte ersehen, daß die bayerische   Fabrikinspektion mit Eifer und Ernst versehen wird; bloß die Sparsamkeit der Regierung hindert die Entwicklung, die erforderlich ist, damit diese Einrichtung allen Anforderungen genüge. Nolikische Mebevfiifzk. Berlin  , den 9. März. Das Abgeordnetenhaus hat am Sonnabend die Beratung des KultuSetats fortgesetzt und zunächst den Antrag der Budgetkommission an- genommen, welcher die Lage der Oberlehrer insofern bessert, alS sie das Höchstgehalt bereits nach 21 Jahren erreichen sollen. Der Antrag G ö b e l(C.) betreffend Anrechnung der über 4 Jahre hinausgehenden Hilfslehrerzeit auf das Dienst- alter der Oberlehrer mit rückwirkender Kraft bis zum Jahre 1892 ging an die Budgetkommissson. In der vorauf- gegangenen Debatte sah sich Abg. Schmitz iE.) veranlaßt. in demselben Tone wie in der letzten Sitzung der Minister v. Miguel, die Agitation der Oberlehrer'aufs schärfste zurückzuweisen. Auch Herr v. Miguel zog nochmals gegen die Lehrer zu Felde; er warnte den Lehrerstand davor, zu viel auf Aeußerlichkeiten zu geben, da das Jagen nach äußer- lichen Auszeichnungen das Ansehen der Lehrer nur gefährden könne. Herr v. Miguel spricht aus Erfahrung, er weiß, wie sehr das Jagen eines gewissen ehenialigen Republikaners. dessen Brust jetzt der schwarze Adlerorden schmückt, dem An- sehen dieses Manns in der Oeffentlichkeit geschadet hat. Bevor der Kultusetat weiter beraten wurde, beschäftigte sich das Haus mit dem Antrag Im Walle  (C.). den Minister aufzufordern, Verträge zwischen Schulsocietäten und politischen Gemeinden wegen Uebernahme der Volksschule seitens der Gemeinde nicht um dessentwillen zu beanstanden, weil sie eine Vereinbarung wegen Erhaltung des konfessionellen Charakters der Schule enthalten. Der Antrag, der aus Anlaß eines be- stimmten Einzelfalls gestellt war, hatte lediglich den Zweck. den Kultusminister Studt zu der Erklärung zu bewegen, daß er die Konsessionalität der Volksschule auf- recht erhalten will. Nachdem dieser Zweck erfüllt war, zog ihn der Antragsteller zurück; ein Beweis dafür, daß das Centrum mit Herrn Studt zufrieden ist und von ihm eine neue Aera der Volksverdummung erwartet. In vorgerückter Stunde kam endlich das wichtigste Kapitel des Kultnsetats, das KapitelElementarunterrichts- Wesen" an die Reihe. Mit beredten Worten unterzog Abg. K o p s ch(frs. Vp.) unser heutiges Volksschulwesen einer herben Kritik; er tadelte insbesondere die geistliche Schulaufsicht und forderte eine Revision des Lehrerbesoldungs-Gesetzes. damit das preußische Volksschulwesen endlich vorbildlich für andre Länder werde. Den gegenteiligen Standpunkt vertrat Abg. Dr. D i e t t r i ch(C.), der eine auf christlicher Grundlage auf- gebaute Schule als sein Ideal bezeichnete. Nach einer kurzen Erwiderung des Kultusministers, der die Fürsorge des Staats für die Volksschule pries, wurde die Sitzung ab- gebrochen. Die weitere Beratung des Volksschulwesens er- folgte in einer Abendsitzung unter äußerst schwacher Besetzung des Hauses. Die preußischen Landtags- Abgeordneten werden sich doch um einer so wichtigen Sache willen, wie es das Volksschulwesen ist, ihre Abendmuße nicht nehmen lassen. Die russische Antwort. Die ReichStagSrede des Grafen Bülow ivird von der russischen  Presse lebhaft kommentiert...Nowoje Wremja" sowohl alsNowosti" heben den Passus der Rede hervor, in dem es heißt, daß Deutschland  sich hüten müsse, zu einem andren Staat in ein vasallisches Verhält- ins zu geraten. Die Rede verrate, so meinen die genannten halb- offiziösen Blätter, eine egoistische Anschauungsweise des Reichskanzlers in Bezug auf die internationale Politik  . Durch eine derartige egoistische Politik müsse Deutschland  . schließlich völlig isoliert da- stehen. DieNowoje Wremja" meint, die Rede klinge stolz, sei aber in diplomatischer Beziehung unklug. DieNowosti" behandeln noch besonders ausführlich den Passus über die Getreidezölle. Gros Biilow Iverde sich entschieden irren, wenn er bei seinen agrar- politischen Anschauungen mit Rußland   eine Möglichkeit der V e r st ä ii d i g u n g a n u i m m t. Die andren großen Tagesblätter äußern sich in ähnlichem Sinne.- Demonstrationen gegen den Kornwncher. Weitere Protestversammlungen werden hegte gemeldet aus Königsberg  , Lauen bürg a. d. Elbe  , Eberswalde  , Potsdam  . In Kiel   und Umgegend fanden am Mittwochabend sechs Protest- Versammlungen statt. Die Versammlung im»Englischen Garten  ", wo Legi e n- Hamburg referierte, war von reichlich 2500 Per- sonen, worunter viele Frauen, besucht. ImElhsium" hatten sich 1200 Personen eingefunden; hier sprach Adler- Kiel. G e r i s ch- Berlin referierte in Gaarden, wo sich S00 Personen versammelt hatten. In Ellerbek sprach Schauenburg  - Hamburg   vor 350 Per- sonen, in Dietrichsdorf   Brecour- Kiel vor 400 Personen und in Winterbek R o s b i tz k h- Wandsbek. Alle Versammlungen bekundeten den schärfsten Protest gegen den Brotwucher. AuS Oldenburg   wird uns geschrieben: Der Gemeinderat zu Ohmstede, eine Nachbargemeinde der Stadt Oldenburg  , protestiert einstimmig gegen die Erhöhung der Zölle auf Getreide. Dieser Be- schluß ist um so beachtenswerter, als wir es hier mit einem Gemeinde- Parlament zu thun haben, das in seiner Mehrheit auS Bauern, darunter mehrere Großbauern, zum andren Teil auS Handwerken: und Arbeitern besteht. Stuttgart  , 8. März. Die Protestbewegung gegen die agrarische Zoll- und Brotverteucrungs-Politik nimmt in Württemberg   einen großen Umfang an. Auf' die beiden am vorigen Donnerstag in Stuttgart   abgehaltenen Protestversammlungen folgten solche in Cannstatt  , Göppingen  . Ober-Eßlingen. Tuttlingen  . Feuerbach  . Trossingen   und Deißlingen  . Weiter sind solche anberaumt in Heil- bronn, Möhringen   und Zussenhausen; viele Anforderungen mußten wegen Maugel an geeigneten rednerischen Kräften verschoben werden. ' Die Interpellation des Genossen Dietrich im Stuttgarter  Gemeinderat wird in nächster Sitzung zur Verhandlung konimen. Die Centrumsmehrheit des Gmünd er Gemeinderats lehnte es ab, die Getreidezoll-Jnterpellation unsreS Genossen KlauS zu beraten, trotzdem eine Riesenversammlung in Gmünd, die von der Handelskammer einberufen war, sich entschieden gegen jede Zoll- erhöhung ausgesprochen, hatte. Der Wurf deS Epileptiker», der d e n K a i s e r traf, wird auch weiterhin fast in der gesamten Presse in nüchterner Ruhe er- örtcrt. Nur wenige Blätter können nicht verbergen, daß die Harm- losigkeit der Angelegenheit ihnen überaus mißfällt. DieH a m- burger Nach richte n". das Blatt der Bismarck-Traditionen, be- zweifeln die Glaubwürdigkeit der offiziellen Mitteilungen, die von Bremen   aus über den Thäter verbreitet werden, und lassen ihre» Unmut erkennen, daß es sich nur um einen Geistesgestörten, nicht aber um einen wirklichen Verbrecher, oder, was noch erfreulicher wäre, um ein regelreckites Komplott gegen das Leben deS Kaisers handelt. Auch dieS ch l e s i s ch e Zeitung" versucht den Vorfall gegen diePartei des socialen Umsturzes" auszunützen, sie sagt unter anderm: Denn die Untergrabung der Unterthanentreue, die Zerrüttung aller Liebe zum Monarchen, die Verleitung des Volks zur Auf- lehnung gegen Siecht und Ordnung, die Verhetzung der blinden Massen gegen den Kaiser   das ist das Tagewerk, das die social- demokraiischen Führer jahraus jahrein betreiben. Das ist das Geisteselement, aus welchem Wahnwitzige und Verzweifelte den Entschluß zu hochverräterischen Thaten schöpfen.". In Wahrheit haben die socialdemotrotischen Führer grund- sätzlich dagegen gewirkt, daß irgend eine einzelne Persönlichkeit für die socialen und politischen Notstände verantwortlich zu machen sei. Die socialdemokratischcn Führer haben niemals in solcher Art die Person des Kaisers bekämpft wie eS die konservative»S ch I e s. Ztg." beispielsweise im Kampf gegen eine LiebltngSvorlage des Kaisers als eine Führerin der Kanalrebellen that. DieDeutsche Tageszeitung' fälscht daS Vorkommnis weiter in einAttentat". Sie ist schwer entrüstet, daß nicht nur der Vorwärts", sondern höchst staatserhaltende Organe wie derHam- burger Korrespondent" die Meinung aussprechen, sie selbst und die konscrvativ-agrarisch-aiitiscmitischen Hetzer gegen die England- Neigungen des Kaisers seien die zunächst Betroffenen. wenn eine politische Richtung verantwortlich gemacht werden solle. Gewiß nicht niit Unrecht sagt derHamb  . Korrefp.": Wir würden einen Gedanken unterdrücken, der sich unwill- kürlich jeden: aufdrängt, wcun wir eS unterließen, offen und mit aller Entschiedcizjheit auszusprechen, daß die leidenschaftliche persön- liche Polemik gegen den Kaiser, wie sie in den letzten Monaten von unfrei: Boerenmännern und Englandhetzcrn beliebt worden ist, gelegentlich einmal eins ihrer rastlos ausgestreuten imheilvollen Saatkörner in ein Gemüt werfen konnte, wie das des elenden Bremer   Burschen, dessen Namen niederzuschreiben unsre Feder sich sträubt." Der Epileptiker Weiland wird nach Abschluß der gerichtlichen Untcrsilchnng ans mehrere Wochen in einer Irrenanstalt interniert werden, lim seinen geistigen Zustand ärztlicherseits zu beobachten und definitiv festzustellen, Weitere Steigerung der Kohlenpreise. Aus Zwickau  wird derVolks-Zeilmig" berichtet: Wie derVogtl. Anzeiger" meldet, werden die sächsischen Kohlen- preise am 1. April abermals erhöht werden. Die Preis- erhöhung beträgt acht Mark pro Doppelwaggon. Eine Lohnerhöhung findet auch diesmal nicht statt. Landrätliche Socialpolttik. Bor der Verabreichung von Gaben an umherstreifende Bettler erläßt der Landrat des Kreises Jerichow II in Genthin   folgende Warnung: Zur Verhütung des nutzlosen Vagabondiereus unbeschäftigter Personen ist es durchaus notwendig, daß die Bevöllervng des Kreises Selbstzucht übt und niemandcm eine Gabe verabfolgt. Durch die beiden V e r- p f l c g u n g s st a t i o n c n, die in Genthin   und Schönhausen   auf Kosten des Kreises unterhalten werden, ist ausreichend für die durch- reisenden arbeitsiicheiiden Personen gesorgt. Jede weitere Gabe an dieselben fördert das Landstreichertiim, belästigt und besteuert unnötig die Einwohner. Denn jeder Ort, in welchen: trotzdem Gaben verabreicht werden, wird sofort eine um so größere Anziehungskraft auf die Landstreicher ausüben. Auch ist es allgemeii: bekannt, daß die milden Gaben leider sofort in Schnaps umgesetzt werden, die falsch geübte Mildlbätigkeit fördert also nur die Liederlichkeit und den Hang zum Herumtreiben. Der Herr Landrat   spricht' in seiner Bekanntmachung nur von Landstreichern und Vagabonden, welche diemilden Gaben sofort in Sckrnaps" umsetzen. Der Herr vergißt, daß die absteigende Kon- junktur große Maffcn durchaus solider Arbeiter brotlos macht und auf die Landstraße treibt. Und diese Elemente pflegen auS guten Gründen die polizeilich verwalteten Verpfleg» II gs st atione II gern zu meiden. AuS Ostpreußen  . Die ostprenßische Landwirtschafts- kammer hat sich zu einer That aufgeschwungen, die von einigen Rednern als ein Mittel zur Hebung der Arbeiter- Verhältnisse in der Provinz bezeichnet wurde. Die Kammer be- willigte 3200 M. für Diplome, Medaillen, Broschen und K r e'u z e, mit denen Arbeiter und Dienstboten prämiiert werden sollen, die lange an einer Stelle in Arbeit gestanden haben. Bei einer 20jShrigett Dienstzeit will man ein Diplom, bei 25 jähriger Dienstzeit eine bronzene Medaille an männliche und? eine Brosche an weibliche Arbeiter überreichen und bei 30jähriger Arbeitsdauer soll für Männer die Verleihung des Allgenieinen Ehrenzeichens, bei Frauen die Uebcrreichung eines silbernen Kreuzes beantragt werden. Ein oder zwei Kainmenuitglieder gaben der ganz aufrichtigen Ansicht Ausdruck, daß auf solche Art die Arbeiterfrage nicht gelöst werden könne. Die Mehrheit überzeugten sie natürlich nicht. Die Herren werden freilich bald durch die Thatsachen belehrt werden, daß auf so billige Art der Abwanderung der Landarbeiter nicht Einhalt gethan werden kamt. Die Aussicht auf ein Diplom oder ein Stückchen Metall hält die jüngeren Landardeiter nicht davon ab, nach besieren Lebens- und Arbeitsbedingungen zu streben. Zur ReichStagSwahl in Posen. Aus Posen wird uns ge­schrieben: Am Montag, den 11. dieses Monat« findet die Ersatzwahl für den verstorbenen Reichstags-Abgeordneten M o t t y statt. ES ist von vornherein sicher anzunehmen, daß der polnische Kandidat Rechtsanlvalt v. C h r z a r n o>v s k i mit großer Majorität gewählt wird, zumal beide polnische Parteien, die Hof- und die Volkspartei, diesmal einen gemeinsamen Kandidaten aufgestellt haben, wohlweislich einen VollSparteiler, da die Hofportei, die Partei des AdelS und der Geistlichkeit, immer mehr an Einfluß verliert. Kam doch Motty, ein Hofparteiler, in der letzten Wahl nur mit geringer Majorität gegen den Kandidaten der Volkspartei durch. Natürlich spielen die Gedreidezölle eine große Rolle bei der Wahl, obgleich sowohl von dem polnischen Kandidaten wie auch von dem der deutschen   Parteien, Oberbürgermeister Witting, alles gethan wird, um die Wähler über die Bedeutung dieser Frage hinweg zu täuschen. Die Erörterung der Kornzollfrage in Beziehung zu der ReichstagSwahl wird sowohl in der polnischen wie auch m der deutschen   Preffe vermieden, und die Socialdemokratie allein ist es, die die Wahl zu einer Protestwahl gegen den be- absichtigten Brotwucher machen will. Daß diese Auf- klärung den energischten Widerstand der Behörden veranlaßt, wird den nicht wundem, der die fortwährenden Chikaniemngen der Posener Genossen durch die Behörden kennen gelernt hat. Die Wegnahme von Flugblättern spielt die größte Rolle. So wurden in dem Städtchen Stenschewo   von einem Gendarmen die Flugblätter weggenommen. Der Bürgermeister, von dem die Herausgabe verlangt wurde, wußte nicht das geringste von den: Verbleib der Blätter. Ein an einen Genossen von Posen aus durch die Post gesandtes Paket mit Flugblättem, das mittags ankam, wurde bereits am Nachmittag aus Veranlassung des Bürgermeisters konfisziert. Man gab vor. eine Haussuchimg nach anarchistischen" Schriften anstellen zu müssen. In Schwcrsenz wurden den Genossen die Flugschriften, die sie verbreiteten, auf Ver- anlaffung des Bürgermeisters weggenommen. Diese wenigen Bei- spiele beweisen, unter welch schwierigen Verhältnissen hier zu arbeiten ist. Trotzdem hoffen wir auf einen Fortschritt auch hier im dunkelsten Orte, wo Pfaffentum und Junkerlliquen in ihrer Verdummungs- arbeit äußerst eifrig sind. Koburg, 8. März. sEig. Ber.) Der Koburger Special- Landtag ist zum 18. März einbcnifen worden. Die Beratungen werden diesmal mit erhöhtem Interesse erwartet, da nunmehr auch dem Koburger Landtag ein Socialdemokrat angehört. Bevor der Landtag seine Arbeiten erledigen kann, tritt voraussichtlich der ge- meiiisch'aftlichc Landtag für die Herzogtümer Koburg   und Gotha  , welcher in diesem Jahre in Koburg tagt, zusammen. Au» dem hessischen Landtage. Die s o c i a l d e m o k r a t i« sch e Fraltion der Kammer beantragte, in allen hessiscben Gewerbe- Fiispcktions-Bezirkcn je einen Hilfsarbeiter und eine Hilfsarbeiterin aus dem Arbeiterstaude beizugeben. Die Centrumsfraktion der Kammer stellte einen ähnlichen, aber wenig präcisen Antrag, der will, die Regierung möge die Anstellung von nicht akademisch-technisch gebildeten, ivomöglich dem Arbeiterstande entnommenen Hilfslrästen der Gewerbe- inspeklioii ins Auge fassen. Zwölf ländliche Abgeordnete der zweiten Kammer haben den dringlichen Antrag eingebracht, die Regierung zu ersuchen, im Bundesrat für Aufhebung der gemischten Transttläger und der Zollkredite einzutreten. Arbeitslosigkeit. EI wird un» geschrieben: Der Magistrat von Hannover   unternimmt schon Rotstand»«betten - die Hannoversche Jndustrievorstadt Linden gehört zu denjenigen Städten, welch- in den letzten fünf Jahren den größten«evölkerung«- zuwachS gehabt haben; der Rückschlag ist also hier naturgemäß am sühlbaisten; in Leipzig   ist eine ArbeitSlofen> Versammlung auf- gelöst; die schlimmsten, furchtbarsten Arbeiterentlaffungen werden erst noch kommen, wenn der große Znsammenbruch in der Eisen- industrie kommt, den dieKölnische Zeitung  " dieser Tage als un- vermeidlich bezeickmete; haben doch einige Werke Kredite in Anspruch genommen, die an Höhe ihr Aktienkapital über- steigen. Der Tiefstand der Krise ist bei weitem noch nicht erreicht. Es ist wahr, daß dieschlechte Zeit" durch die Syndikate ivenigstenS reguliert, wenigstens gemildert werden könnte, wenn diese Syndikate anstatt den Profit des Augenblicks ihre eigenen und der Gesamtheit dauernde Jntereffen ins Auge faßten und vor allem dahin wirkten, jene gewaltsamen, über daS tl ii v e r m e i d l i ch e weit hinausgehenden Stockungen zu ver« meiden, die zugleich aus dem allgemeinen Mißtrauen hervor- gehen und die? Mißtrauen hervorrufen. Aber gerade auf dies allgemeine Lauvs qui peut, auf den verheerenden Zusammenbruch aller Unternehmungslust arbeiten jetzt die Syndikate los, weil sie nach dem Grundsatz handeln: Mitnehmen was zu kriegen ist und in Sicherheit bringen was zu retten ist. Umsonst reden so große Firmen wie die der bekannten Schruwen- Willm in Hagen   sFunke) zur Vernunft. ES fehlt jede andre Direktive als die des kurzsichtigsten Eigennutzes. Der Kapitalismus erweist sich eben wieder einmal als unfähig zur Ordnung der Kräfte, die er gerufen hat; der sich einen Hexenmeister dünkte ist nur ein Stümper und Lehrling. Große moralische und materielle Anforderungen stellt diese Lage an die Gewerkschaften. Auch in ihnen muß fich jetzt das gemeinsame B e ru f s i n t e resse der Arbeiter mit dem Interesse der Einzelucn auseinandersetzen. Wir führen nur die Bildhauer- Gewerkschaft als Beispiel an. Seit einem Halbjahr macht sich in der Berliner   Organisation der Gewerkschaft eine steigende Arbeits- losigkeit bemerkbar; die osfiziellen Zahlen sind schon erheblich genug, aber sie geben noch nicht ein vollständiges Bild, weil die kranken Vkitglieder, deren Zahl auch höher ist als sonst, auch zum größten Teil arbeitslos sind und nach der Karenzzeit die Gewerkschaft in Anspruch nehmen werden. Die offiziellen Arbeitslosen- Zahlen der Gewerkschaft ergeben aber, daß allein in Berlin   gemeldet waren: November 1899... 240 Arbeitslose, Dezember 1899... 265 Januar 1900.... 298, November 1900... 380, Dezember 1900... 432» Januar 1901.... 524» Die Gewerkschaftsgruppe hatte Ende des dritten Quartals 1900 1246 Mitglieder. Die Berliner   Verwaltungsstelle, die 1893 mir 556 M., 1899 schon 1713,20 M. an Extra-Unterstützungen ausgegeben hat. mußte diese Ausgabe in 1900 auf 5346,15 M. steigern. Natürlich reichen für diese Steigerung die ordentlichen Einnahmen nicht aus, und es ist deshalb ein Extrabeitrag beschloffen worden. Wie man leicht einsteht, kommen da die Interessen der Arbeitslosen mit denen der Organisation in«inen Konflikt, der hohe Anforderungen an den Gemeinsinn auf beiden Seiten stellt, um die Leistimgsfähigkeit der Organisation mit den Ansprüchen in Ein- klang zu halten. Wir sehen da im kleinen ein Bild der organisatorischen Be- wegung. die mit kleinen aber vereinten Kräften und Mitteln den Folgen überhitzter kapitalistischer UnternchmungSlust zu steuern sich müht, während die kapitalistischen   Organisationen fortfahren, den Sonderproflt allen Warnungen und drohenden Folgen zum Trotz bis zum letzten Augenblick allein zu verfolgen. Kann jemand im Zweifel darüber sein, auf welcher Seite die Keinie des Fortschritt» über die unvollkommeneOrdnung" von heute hinaus vorhanden find und gepflegt und erzogen werden?