dann noch schlechter dran als früher; sie hat gleichzeitig mit ge- stiegene» Güterpreisen und gesunkenen Produktenpreisen zu kämpfen. Nun erhöht nian den Getreidezoll abermals, und dasselbe Spiel wiederholt sich, aber unter viel schwierigeren Umständen. Man kann den Lebensmittelzoll nicht ins Unendliche erhöhen; je höher er ist, desto drückender wird er für die Bevölkerung, desto schwieriger aber auch die Lage für die Landivirtschaft, weil desto größer der Unter- schied zwischen den Produktionskosten im Jnlande und im Nuslande. Die agrarischen Zölle sind daher eine Schraube ohne Ende; ihre Folgen lassen die vorübergehende Erleichterung für die Land- ivirtschaft inimer wieder in eine Erschwerung ihrer Lage und der Lage der Gesamtheit umschlagen; sie treiben immer weiter über sich hinaus, bis sie schließlich eine Höhe erlangen, die sie unerträglich macht und zu ihrer Abschaffung odel doch Emiedrigung zwingt. Wenn wir also gegen die agrarischen Zölle auf- treten, thun wir dieS nicht, weil wir den Not st and der Landwirtschaft leugnen, sondern weil Ivir sie für ein völlig ungeeignetes Mittel halten. ihm entgegen zu wirken. Sie belasten den größten Teil der landwirtschaftlichen Bevölkerung und erschweren gleichzeitig der Landwirtschaft den Konkurrenzkampf mit den ausländischen Produkten, weil sie ihr die Produktionskosten erhöhen. Ein Getreidezoll von S M., ganz abgesehen von den anderen Agrarzöllen, ivürde allein schon eine Steuer auf die Bevölkerung des deutschen Reiches im Betrage von rund 500 Millionen Mark darstellen. Daß diese Summe jahraus, jahrein zur Hebung der Landbevölkerung ausgegeben ivürde, dagegen hätten wir nichts einzuwenden. Aber wir müssen uns dagegen erklären, daß dies durch den Zoll geschieht; einmal weil dieser eine Kopfsteuer darstellt, die alle, ob reich oder arm, gleich belastet, ja die Aermeren eher noch mehr als die Neichen, weil sie mehr Brot, weniger Fleisch essen, dann aber, weil die so aufgebrachte Summe auf die Dauer nicht der bedrängte» Landwirtschaft zu gute kommt, sondern den Hypothekeugläubigern, Giiterspekulanten und Fideikommtst- besitzer», den reichsten und überflüssigsten Teilen der Nation. Wir hätten aber nichts dagegen, daß die 300 Millionen durch eine progressive Einkommensteuer aufgebracht und zum Vor- teil der Masse der landwirtschastlichcu Vcvölkeruug und der Landwirtschaft verwendet werde», etwa zun» Bau von Schulen, zur Verniehrnng der Lehrer, Ausdehnung des landwirtschaftlichen Bildnngswesens, zum Bau von Arbeiterhänsern, die den Land- arbeitern menschenwürdige Wohnungen böten, in denen sie frei blieben von jeder Unternehmerwilllür. zum Ausbau eines aus- reichenden Netzes von Kleinbahnen, Straßen und Wegen, zur Verbesserung der Annenpflcge und des Heilwcsens, zur Betreibung einer rationellen Wasserwirtschaft, welche die Gefahren von Hochfluten beseitigt und billige Wasserkräfte schafft, endlich, wenn die Mittel noch reichen, zur Erwerbung einzelner Güter bankrotter Junker, und zu ihrer Umwandlung in Musterwirtschaften— Musterwirtschaften nicht bloß in technischer, sondern auch in socialer Beziehung. Verbindet man damit noch die Beseitigung deS Militarismus, der der Landwirtschaft im Jahre so viele Arbeits- kräfte entzieht, die Expropriation der Kohlengruben, um dem ge- samten Volk, also auch den Landwirten, billiges FeuerungSmaterial zur Verfügung zu stellen— wozu die Aufhebung des Petroleum- zollS und des Eiseuzolls zu gesellen wäre—. so würde damit die Verminderung der Produktionskosten der deutschen Landwirtschaft und die Erhöhung ihrer Konkurrenzfähigkeit auf dem heimischen Markt, ja auf dem Weltmarlt, und gleichzeitig die geistige und phpsische Hebung der Masse der landwirtschaftlichen Bevölkerung ungemein gefördert werden. Am radikalsten freilich würde dieses Reformprogramm dann helfen, wenn es mit der Nationalisierung des Grund und Bodens verbunden würde. Aber freilich, auch in seiner einfachsten Fornr wäre das hier entwickelte Programm nicht so im Handumdrehen durchzuführen. lvie die niecha nische Erhöhung der Preise laudwirtschaft- lichcr Produkte durch den Zoll. Und da dieser für den Moment zu helfen verspricht, so begeistern sich die Landwirte dafür, un- bekümmert um das, was daraus folgen mag. Nach uns die S ü n d f l u t!_ A>olitifilsze Mebevfiiszt. Berlin , den 23. März. Tie Klage deS Kaisers. Im Abgeordnetenhaus spielte sich am Sonnabend vor Eintritt in die Tagesordnung ein ungewöhnlicher Vorgang ab. Nach- dem der Präsident v. K r ö ch e r dem Hause über den Empfang des Präsidiums beim Kaiser in ausführlicher Weise Bericht er- stattet hatte, erbat sich Abg. Richter(frs. Vp.) das Wort zur Geschäftsordnnng, um darauf hinzuweisen, daß es bisher im parlamentarischen Leben noch nicht vor- gekommen sei, daß Aeußerungcn, die der Kaiser beim Empfang des Präsidiums gethan, ohne daß ein verant- Kornzoll-Gedichte. Die Napoleonischen Kriege und insbesondere die Kontinental- sperre hatten das englische Jnnkertuni ungeheuer bereichert. Die Getreideprodnktiou war höchst lohnend und darum stark vermehrt worden. Nachdem_ der Frieden hergestellt, mußten die durch den Krieg gesteigerten Preise sinken, und um diese dringende Schmälerung der Grundrente zu verhindern, erzwang das Geschrei der englischen Agrarier das Korngesetz von 1815, das die Einfuhr von Korn verbot, so lange sich der Weizen- preis unter 383 M. für die Tonne hielt. Ein furchtbares Elend war die Folge deS ruchlosen Wucher« gesetzes und auS diesem Jammer erstand den Bedrückte» ein Sänger ihrer Greuel und den Ausbeutern ein leidenschaftlicher Ankläger ihrer Schande. 1831 veröffentlichte Ebenezer Elliot, ein Fabrik- arbeiter, die Com Law Rliymes, die Koriigesetz-Reimc. In der„Ratio n" erinnert gerade zur rechten Zeit Thomas V o l k e r t an diesen Dichter wider den Brotwucher und teilt eine Anzahl seiner Gedichte in der Uebersetzung mit. Die beiden folgenden Gedichte seien hier wiedergegeben: Ratten im Käfig. Ihr sperrt uns ab, verzollt das Brot Und staunt ob unsrem Schrei; Doch Ihr seid fett und rund und rot Und sauft Euch voll dabei!— Ja: sperrt man fünfzehn Ratten ein Mit Fraß für dreimal vier, Ist's recht, daß ihrer drei gedeih'» Und zwölf verhungem schier? Macht schnell! Schon glimmt der Fackel Brand, DaS Ende steigt empor, Eilt Euch! Zerstörung hebt die Hand, Kommt ihr doch selbst zuvor! Ihr, die man„Herr" und„gnädig" heißt, Weil Ihr vom Unsren lebt, Weil Ihr Euch kleidet, tränkt und speist Vom Korn, d'ran Herzblut klebt, f wortlicher Minister zugegen war, dem Parlament zur Kenntnis gebracht werden. Richter protestierte mit Recht gegen diesen Vor- gang, da Aeußerungen des Kaiser » nur dann fü die Volksvertretung Bedeutung haben und einer Kritik unterzogen werden dürfen, wenn ein Minister die Verantwortung dafür übernimmt. An die Rede des Abg. Richter knüpfte sich eine längere Gefchäftsordnungs- debatte. Die Herren von der Rechten und vom C e n t r u m stimmten dem Präsidenten, der fein Verhalten zu verteidigen versuchte, eifrig zu. Je mehr siesich selbst durch die Worte des Kaisers betroffen fühlen, um so lärmender müssen sie natürlich seiner Klage über die gesunkene Autorität und die Schuld„aller Klassen der Bc- völkerung" zustimmen. Thatsächlich müssen sich die Worte des Kaisers wesentlich auf die Bevölkerungskreise bezogen haben, die in der Landtagsmehrheit ihre politische Vertretung haben. Nach dem Bericht der„Nat.-Ztg." tritt diese Meinung des Kaisers noch deutlicher hervor als in dem gestern mitgeteilten Text. Nach der„Nat.-Ztg." hat der Kaiser gesagt: „Die That in Bremen beweise, welche Verwirrung in unreifen jugendlichen Köpfen herrsche. Es liege dies wesentlich daran, daß die Achtung vor Krone und Regierung mehr und mehr im Schwinden sei. In dieser Hinsicht seien die Verhältnisse i n d e n letzten Dezennien schlechter geworden. Der Respekt vor der Autorität fehle. Die Schuld daran läge an allen Klaffen der Bevölkerung. Statt den allgemeinen Interessen des Volks zu dienen, würden Sonderintereffen verfolgt. Die Kritik an Maßnahmen der Regierung und der Krone erfolge in der schroffsten und verletzendsten Form. Hieraus erwachse die Unklarheit und Demoralisation in der Jugend. Die Volks- Vertretung solle und könne hier bessernde Hand anlegen. Von der Schule beginnend, müsse Wandel geschaffen werden." Auf wen könnten sich die Bemerkungen, daß die Achtung vor Krone und Regierung mehr und mehr im Schwinden sei. anders beziehen als auf diejenigen, die durch allerlei Künste die Kanal- vorläge zu verschleppen bemüht sind, obwohl der Kaiser sein Wort für das Zustandekommen des Kanals verpfändet hat? Wer anders als die Agrarier aller Parteien untergräbt den Respett vor der Autorität? Auf wen anders als auf sie kann das Wort gemünzt sein, daß statt den allgemeinen Interessen des Volks zu dienen, S o n d eri nte re ss en verfolgt würden? Und haben nicht dieselben Agrarier, Konservativen und antisemitischen Allteutschen in wütenden Ausfällen gegen die kaiserliche Englandsfreundschaft die Achtung vor Krone und Regierung systematisch und erfolgreich untergraben? Es ist gewiß schmerzlich, die eifrigsten Bekenner' des Monarchismus dies Zerstörungswerk betreiben zu sehen. Es wäre nicht da? erste Mal, daß der Kaiser Gelegenheit nimmt', seine Ansicht, unbekümmert ob sie gefällt oder nicht, zu äußern. Ebenso gut, wie er seiner Zeit den Berliner Oberbürger- mcister Forckenbeck bei Uebergabe des Bcgas-Brunnens nicht gerade zart angefaßt hat, könnte er auch diesmal dem Präsidium des Abgeordnetenhauses gegenüber seinen Unwillen über die Politik der auf Autoritätsstärkung verpflichtet geltenden Parteien Ausdruck gegeben habe». Daß die Herren durch ihr Beifallsgeschrei die Worte des Kaisers in ihr Gegenteil umzukehren suchten, beweist nur ihr schlechtes Gewissen. Vielleicht sind sie aus diesem Grunde ganz froh darüber, daß die Aeußerung deS Kaisers von keinem Minister beglaubigt ist und deshalb keiner Kritik des Parlaments untersteht. « AuS der Antwort des Kaisers auf die Ansprache des Reichs- tagS-Präsidenten, worüber nichts näheres bekannt war, Iveiß jetzt ein Berliner Blatt einiges mitzuteilen; es berichtet: „Insbesondere beklagte der Kaiser den Rückgang der monarchischen Gesinnung. Von dem Anschlag Weilands sprach er als von der That eines offenbar blöden Menschen, jedoch sei bisher noch nicht erwiesen, ob derselbe nicht gcmiß- braucht worden sei. Die Leute, in deren Umgebung der- selbe zuletzt gesehen, seien verschwunden und bisher nicht auf- findbar gewesen." Diese Mutmaßung deS Kaisers ist nach allen bisherigen Nach- richten über das Vorkommniß in Bremen , auch denjenigen der Re- gicrungsorgane, sehr ausfällig und schwer verständlich.— Die Spreepräfektur 'tand am Sonnabend im Abgeordnetenhaus zur ersten Be- ratung. Der Gesetzentwurf bestimmt bekanntlich, daß die Stadtkreise Berlin , Charlottenburg , Schönebera und Nixdorf einen besonderen Verwaltungsbezirk Berlin bilden sollen, an dessen Spitze der Oberpräsident von Berlin steht, daß aber Charlottenburg , Schöneberg und Rixdorf trotzdem im Kom- munalverband der Provinz Brandenburg verbleiben sollen, d. h. diese Orte sollen nach wie vor ihre Provinzialabgaben entrichten dürfen, aber ihrer Ansprüche verlustig gehen. Die Beratung wurde mit einem längeren Vortrag des inisters Frhrn. v. Rheinbaben eingeleitet, der den Gesetz- entwurf als reine Vcrwaltungsmaßregel zur Entlastung des Oberpräsidiums der Provinz Brandenburg hinzustellen sich be- mühte, und die Absicht einer Beeinträchtigung der Selbstverwal- Verbietet, Schurke», was uns nährt, Legt nur den Handel lahm! Das Gut, was Gott uns gab, verkehrt In Qual und Haß und Scham, Bis nichts uns bleibt als Bettelstab Und Mord und Schlächterei. Auf daß ein einzig großes Grab Vom Meer zum Meere seil— »* • O Herr, wie lang?! WaS schmähst Du Türk und Russen Knecht, Da man Dein Brot verzollt? Im eignen Land ein stolz Geschlecht Hat Deine Not gewollt. Es findet's nötig, daß Du darbst, Damit es kann besteh'», Daß Du ihm zahlst, was Du erwarbst; Frei England läßt's gefchehn. Auf, Witwe, setz' das Rad in Schwung Und dreh' den Faden gut! Der Kornzoll droht uns Teuerung, Du weißt, wie Hunger thut. Auf. nähr' den Troß, dem Rente bringt, Was heiß das Herz im» schwillt. Der thränenlos die Thräne trinkt, Die unsrem Aug' entquillt. Was schläfst du, Kind? Du darfst nicht ruh'n, Das Brot schlägt auf— erwach'' Dein Händchen auch muß schaffen nun, Sag' nicht, du seist zu schwach! Geh, müh' dich langer Stunden Zahl Für Pfenn'ge— zwei bis drei— Daß Engel weinen deiner Qual!— Und doch ist England frei. I tung Berlins entschieden bestritt. Abg. Dr. C r ü g e r(frs. Dp.). der in seiner Eigenschaft als Charlottenburger Stadt- verordneter besonderes Interesse an der Vorlage hat, vertrat entschieden die Forderung der Errichtung einer besonderen Provinz Berlin ; er erkannte an, daß der Entwurf einige Ver- besserungen enthalte, verlangte aber ganze Arbeit. In dem- selben Sinne wandte sich auch Abg. Richter(frs. Vp.) gegen das Flickwerk, das nur weitere Flickgesetze nach sich ziehen würde. Im Gegensatz zu den freisinnigen Rednern warnte Abg. Dr. I r m e r(k.) vor dem Gedanken einer besonderen Provinz Berlin und schlug statt dessen einen besonderen Re- gierungsbezirk Berlin vor. Herr Inner befürchtet, daß eine Provinz Berlin den Aufsaugungsprozeß der kleinen Orte beschleunigen würde. Als ob nicht diese Aufsaugung mit oder ohne Provinz Berlin mit zwingender Natur- Notwendigkeit sich aus dem Charakter unsrer kapitalistischen Wirtschaftsweise von selbst ergiebt! Freundlicher stellten sich die Abgg. Graf Bernstorff (frk.) und v. S a v i g n y(C.) zu der Borlage, während Abg. Dr. Langerhnns(frs. Vp.) sich den Gründen der übrigen freisinnigen Redner anschloß. Tie Vorlage wurde einer Kom- Mission von 14 Mitgliedern überwiesen. Am Dienstag stehen kleinere Vorlagen und Petitionen auf der Tagesordnung.— Biilow und die Agrarier. Den Agrariern ist Graf Bülow neuerdings wieder„verdächtig", eS mit den Notleidenden„nicht ehrlich" zu meinen. Das ist sicher unverdient. Aber vielleicht hat irgend ein fleißiger Leser des „Adelsblatts" einmal geschichtliche Quellenstudien getrieben und bei dieser Gelegenheit entdeckt, daß der Name Bülow historisch auf der schwarzen Liste der Junkerfeüide steht. Zu einer Zeit, da die Junker ebenfalls mit ihren« Notstandsgeschrei der Regierung in den Ohren lagen, hat sich einmal ein Bülow ihnen gegenüber höchst„landwirt- schaftlich" benommen. Das war unter dem dritten Friedrich Wilhelm , da in Preußen Freiherr von Hardenberg Staatskanzler war und eben da» .Regulierungsgesetz" erlassen worden war, welches der Ausplünde- rung und Ruinierung der preußischen Bauern durch die Junker wenigstens einen kleinen Einhalt thun sollte. Damals bestürniten die Junker die Regierung mit Eingaben zu dem Zweck, größere Freiheiten in der Banernplünderung zu erhalten. Die Gutsbesitzer Ostpreußens , die Stände der Kreise Lanenburg, Belgrad , Neustettin, Dirschau , Rasteuburg bestürmten die Regierung mit Bitten, diese oder jene Bestimmung der Gesetzgebung umzuwandeln. Die Gutsbesitzer deS stolpischen Kreises wandten sich unter dem 2. November 1811 mit einer Eingabe an den König, in welcher sie über die Regulierungen jammerten:„Alsdann werden wir in unserti Gütern bei jedem Schritt auf fremdes Eigen- tum treffen, woraus nicht eher eine Erlösung zu hoffen, als bis wir das, was früher unser Eigentum war, aufs neue erwerben und init dem Gut vereinigen. Wenn der Bauer Eigentümer wird, wo soll bei uns der Gutsherr die Arbeiter hernehmen, um sein Vorwerk zu bestellen? Unsere Güter werde» für unS eine Hölle werden, wen» unabhängige bäuerliche Eigentümer«ufere Nachbar« sind!" So nachzulesen bei Knapp. Damals befand sich im Staatskanzleramt«in V Ü I o W. Er war erst einfacher Rat und eS hat schon noch eine Weil« gedauert, bis die Bülows auf der Stufenleiter der preußischen Bureaukratie zu ihren heutigen Remtern und Ehrenstellen in Armee und Ver- waltung eniporgcklettert sind. Jener Bülow hatte offenbar noch nicht«beim Souper " sein„Herz für die Landwirtschaft" und ähn- liche Sachen entdeckt, wie der heutige Reichskanzler. Er be- zeichnete die Eingabe amtlich als das was sie war: Frechheit, „die nicht unbestraft bleiben kann". Er fand aber eine richterliche Untersuchung nicht passend,„weil die Bestrafung zu leicht ausfallen oder Freisprechung eintreten kann". Er schlug des- halb vor, durch den Landeshofmcistcr summarisch unter- suchen zu lassen, wer den ersten Vorschlag zur Einreichung einer solchen frechen Jmmediatvorstellung gemacht und wer dieselbe abgefaßt habe. Dann sollten„beide ausgemittelten Subjekte, sowie der Herr Graf Eule n bürg und Herr Kist auf wenigstens acht Wochen der Festung Pillau oder Friedrichsburg zur wohlverdienten Strafe anvertraut und daß dieses geschehen sei, durch die Zeitungen bekannt gemacht werden".— Nachzulesen bei Knapp. Schrecken und Grausen muß dem heutigen Bülow mit dem„Herz für die Landwirtschaft" erfassen, wenn er liest, wie einer aus seiner Familie damals mit den geliebten Agrariern umspringen wollte. Zum Glück ist die angedrohte Strafe an dem Grafen Eulen- bürg nicht vollstreckt worden— wenigstens geht et aus den Akten nicht hervor. Wohl aber befindet sich bei den Akten der Entwurf einer sehr maßvollen Antwort, in welcher die Gutsbesitzer„über daS Irrige ihrer Auffassung belehrt" werden. Die Macht der Junker war eben damals schon größer wie die eines Rats im Staatskanzler« amt, genau so wie sie heute größer ist als die eines Reichs- kanzlerS. Auf. müder Greis, und laß dich zerr'n Zu hoffnungsloser Fron! DaS Brot besteuern nnsre Herr'», Der Notstand drückt den Lohn. Doch Gottes Herrschaft muß besteh'» Von heut in Ewigkeit: Hör' Du, Allvater, unser Fleh'n, Und England wird befreit! Mich dünkt, daß Dein hochwogend Meer AnS Ohr uns Aufruhr dröhnt, Daß Deiner Stürme sausend Heer Ein sklavisch Voll verhöhnt; Mich dünkt, daß Deiner Donner Groll Dumpf aus den Wolken spricht: „Herr, bist Du gar so langmutvoll? Was zögert Dein Gericht?"— Doch, Rache?!— Nein! vergieb, vergieb, Was irrer Schmerz geschrie'n.— Verzeih'»!— Dem Mörder und dem Dieb— Christ hat am Kreuz verzieh'».— Nur was unS zukommt, heischen wir, Nur daß der Handel frei— Ein Knöchlein nur dem Arbeitstier, Daß Arbeit Freiheit seil Wer Schwert und Feuer wählt als Hort, Ihn lockt ein blut'ger Schein; Der Wahrheit Zorn, das scharfe Wort Soll unsre Waffe sein!— Da» tiefe Mal von solchem Streich Wird fernste Zeit gewahr, Und schreckt damit, medusengleich, Zukünft'ge Frevler schar!
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