st. 76. i8. Z-htWs. 2. KeilU des.Fmmts" Kerliner WllisdlÄ ZV. Milti 1961.Das Mörchittger Offiziers-Drama.(Telegraphischer Bericht.)Metz, den 29. Mär, 1901.Unter großem Andrang des Publikums hat heute in einem SaaldeS hiesigen Militärgefängnisses des Prozeh gegen den OberlicutenantR ü g e r vor dem Oberkriegsgericht begonnen. Der Zutritt ist nurgegen ausgegebene Eintnttskarten gestattet. Im Zuhörerraumsind außer' den Berichterstattern viele höhere Offiziere anwesend.Die Anklage vertritt Kriegsgerichtsrat v. Uebelhäuser. AISVerteidiger fungiert Rechtsanwalt Dr. G r e g o i r e. Zu der VerHandlung sind einige 20 Zeugen und 4 medizinische Sachverständige,darunter 2 Psychiater, geladen.Die Verhandlung wird um 9 Uhr durch den Präsidenten, Ober-Kriegsgerichtsrat Winter, eröffnet. Der Angeklagte, ein großer.stattlicher Herr, erscheint in Unisorm ohne Degen. Er ist 1869 inKöln a. Rh. geboren.Verteidiger Rechtsanwalt Dr. G r 6 g o i r e beantragt. außerdem Psychiater Dr. Smith aus Marbach am Bodensee. den PsychiaterProfessor Dr. P I e u r e r aus Zürich als Sachverständigen und noch2 Zeugen zu laden betreffs der Unzurechnungsfähigkeit des AN'geklagten. Der Gerichtshof behält sich den Beschluß vor.Der Angeklagte giebt auf Befragen an. daß er einmalwegen Trunkenheit mit 48 Stunden Stubenarrest bestraft worden seiPräsident Ober-Kriegsgerichtsrat Winter: Der Angeklagtehat gegen das Urteil des 33. Divisionsgerichts Berufung eingelegt,weil nicht berücksichtigt worden sei, daß er den Hauptmann Adamsnur kampfunfähig habe machen wollen. Der Staatsanwalt habeBerufung eingelegt, weil der Angeklagte nicht wegen Mords ver-urteilt worden sei und weil nicht benicksichtigt worden sei. daß sichdas Verbrechen gegen einen Vorgesetzten richtete. Der Angeklagte.dessen Vater Baumeister in Köln ist, hat das Gymnasium in Kölnund dann die Kadettenanstalt in Lichterfelde besucht.Aus dem Erkenntnis der ersten Instanzgeht hervor, daß die Ducllbcftimmungen an jenem Abende noch imKasino festgesetzt worden sind. Sie lauteten auf: 10 SchritteBarriere, Kornvisierstechen, Kugelwechsel bis zur KampfunfähigkeitDie Hauptleute H o f f m a n n und Rade macher wurden beauf-tragt, noch an demselben Abend Hauptmann AdamS die Forderungzu überbringen. Der Angeklagte hat nun von seinen Vorgesetztendas Zeugnis eines tüchtigen OsfizierS erholten, der aber zu Gewaltthätigkeiten neige und von seinem Regimentskommandeur oftmalsseiner Trunksucht wegen verwarnt worden sei. An jenemAbend hatte der Angeklagte ein GlaS Sherry, ein GlasRotwein, 1 Flasche„Zeltinger", 1 Flasche„Cart« blanche", 3 großeund 3 kleine Glas Bier getrunken. Der Revolver, den er benutztesei mit 6 Patronen geladen gewesen.Der Gerichtshof beschließt sodann: Profeffor Dr. Pleurer-Zürich als Sachverständigen zuzulassen.Der Angeklagteerklärt: Ich habe dienstlich mit dem erschaffenen HauptmannAdams nichts zu thun gehabt. Wir haben sonst sehr gut zu ein-ander gestanden. An dem betreffenden Tage hatte ich außer den fraglichen Getränken schon beim Frühschoppen getrunken. Es ist möglich,daß ich an jenem Abend auch noch einige Schnäpse getrunken habe.Ich war zwarnicht sinnloö betrunken,aber die Wirkung des Alkohols machte sich stark geltend. Aufden Vorgang im Kasino erinnere ich mich ganz genau. Der Vorgang in der Wohnung des Dr. AdamS ist nur nur sehr ver-tchlvommen in der Erinnerung. Es ist mir so, als ob icheinen schweren Traumgehabt hätte. Mein Bruder, Oberstabsarzt Rüg er. hielt«ine Rebeüber die Bedeutung des ReinlandS als Bindeglied zwischenNord und Süd. Die Rede war sehr humoristisch. Es befand sichalles in gemütlicher Stimmung. Alsdann wurde„ein Bierjunge"kommandiert. Adams hat das aber abgelehnt. HauptmannAdams hatte mehrere Gläser umgestoßen und fuhr nun mit derHand über den Tisch, um zu verhüten, daß noch mehr Gläserzerbrochen würden. Mein Bruder hielt die Hand AdamS fest.AdamS gab hierauf meinem Bruder einen leichten Schlagins Gesicht. Mein Bruder faßte das als Scherz auf. HauptmannAdams gab aber alsdann meinem Bruder sofort einen zweitenschallenden Schlag ins Gesicht. Alle« stürzte nun auf. HauptmannAdams entfernte sich. Ich habe ihm noch„Bauer!"nachgerufen. Ob AdamS das gehört hat, daS bezweifle ich. MeinBruder sagte mir:„Ich kann meine Frau und meine Kinder nichtmehr sehen, bis meine Ehre wieder hergestellt ist." Gleich nach demVorgang kani der Diener meines Brnders und brachte einen Zettel,worauf die Frau meines Bruders geschrieben hatte:„Heinrich scheintzu fiebern." Da ich meinen Vater frühzeitig verloren habe, hatmein Bruder bei mir Vaterstelle vertreten. Ich wollte deshalbAdamskampfunfähig mache«,um daS Duell zu verhindern, da ich befürchtete, der HauptmannAdams könnte meinen Bruder totschießen. Ich habe deshalbnoch schnell ein GlaS Bier getrunken und bin in meine Wohnunggegangen. Dort habe ich den Revolver aus dem verschlossenenSchubfach genommen und mit sechs Patronen geladen, da ich be-fürchtete, einige können versagen.Präsident Ober-Kriegsgerichtsrat Winter: Haben Sie denn indieser Zeit nicht überlegt, daß mit dem Revolver die Folgen nichtabzusehen seien?Angeklagter: Ich habe mir gar keine Gedanken gemacht.Präsident: Kamen Sie nicht auf den Gedanken, daß Sie mitdem Säbel besser kampfunfähig machen könnten?Angeklagter: Nein. Ich bj» alsdann nach der Wohnung deSHauptmanns Adams gegangen und habe den Burschen heraus-geklingelt. Da Adams bereits schlief, forderte ich denBurschen auf, ihn sofort zu wecken. Nach kaum zwei Minutenkamen die Hauptleute Hoffmann und Rademacher hereinund sagten, sie seien von meinem Bruder beaustragt worden, dieAngelegenheit zu regeln. Meine Anwesenheit sei daher unnötig undungehörig. Ich antwortete ihnen, daß ich mit Adams einenEhrenhandel regeln wolle, der vorgehe. Gleich darauf kam Haupt-mann Adams aus feinem Schlafzimmer. Ohne ein Wort zu sagen,gab ich einen Schuß auf seine rechte Schulter ab. AdamS fiel so-fort nieder. Wenn ich beabsichtigt hätte. AdamS zu töten, dannhätte ich noch drei Schüsse abgeben können. Ich wollte ihn aber nurkampfunfähig machen. Ob ich den Revolver hingelegt und gesagthabe:„Das ist das corpus ckelictil" weiß ich nicht mehr.Hauplmaun Rade macher befahl dann dem herbeigeeiltenBurschen, schnell Wasser zu bringen. Ich fügte hinzu:„BringenSie mich Verbandszeug." da ich Adams nur für verwundet ge«halten habe. Wenn ich ihn absichtlich getötet hätte, dann hätte ichmich sofort selbst erschossen. Hauptmann R a d e m a ch e r hat michhierauf aufgefordert, den Säbel abzuschnallen und mich für verhafteterklärt. Ich gebe zu. daß ich im Militärarrest gesagt habe:„Jetztist alles aus". Ich habe Hauptmann Adams nicht totenwollen und habe nur die Folgen nicht überlegt. Ich be-streite, daß ick gewaltthätig bin. Ich habe niemals Soldatenpemißhandelt. Aber wenn ich betrunken war, dann war ich nichtHerr meines Willen».Staatsanwalt: Haben Sie einen Rat betreffs der Zweikampfs-bestnnmungen gegeben?Angeklagter: Nein. Ich habe nur niedergeschrieben, was meinBruder mir diktierte.Hierauf wird der Oberstabsarzt I. Klaffe im 144. Regiment,Dr. NUger,eine hünenhafte Gestalt, als Zeuge aufgerufen. Er erklärt: Er seibereits wegen Ungehorsams gegen einen Vorgesetzten, wodurch derTod eines Menschen verursacht worden, vom Kriegsgerichtmit 6 Monaten Festung bestraft worden. Er habe mit HauptmannAdams durchaus freundlich verkehrt, habe aber die Erfahrung ge-macht, daß dieser gefährlich gewesen sei, wenn er betrunken war.Der Zeuge bekundet über denVorgang im Kasino:Ich hatte den ersten Schlag als Scherz aufgefaßt. Ich hättemich auch nach dem zweiten Schlag mit sofortiger Abbitte begnügt.Ich habe allerdings die Hauptleute Hoffmann und Rade-macher beauftragt. Adams aufzufordern, zu revoeieren. Das habeich aber nur mechanisch aus altem studentischen Brauch gethan. Ichbin mir bewußt gewesen, daß ein Zweikampf unvermeidlich sei. Icherteilte den Kartellträgern den Auftrag, die Angelegenheit so schnellals möglich, noch vor Sonnenanfgang zu erledigen. Ich habe anmeinem Bruder Vaterstelle vertreten. Bei Erregungen machen sichbei meinem Bruder auffallende Erscheinungen wahrnehmbar. Er hatdann eine eigentümliche Kälte im Gesicht. Seine äußere Ruhe istumso größer, je größer seine Erregung ist. Er machtdann den Eindruck des Halbbewußten, so daß ihm die Folgen seinerHandlungsweisen nicht klar und seine Gedanken nicht aus eine be-stimmte Idee gerichtet sind.Präsident: Ist denn etwas hervorgetreten, was aufgeistige Abnormitätschließen läßt?Zeuge: Wir sind sehr lange getrennt gewesen, ich habe abereinen solchen Vorgang beobachtet. Wenn mein Bnider zu Hausebleiben sollte, geriet er in große Erregung und bekam dann diesogenannte„Budenangst".Ob er bisweilen an Verfolgungswahn litt, das ist möglich;ein bestimniter Fall ist mir nicht ausgefallen. Mein Vater ist imAlter von 43 Jahren an Gehirnschlag gestorben. Er war in derletzten Zeit vor seinem Tode ein starker Nenraslheniker. MeinBruder ist neun Monate nach dem Tod nieiues Vatersgeboren worden. Ein Bruder ist an Geisteskrankheit gestorben.Ich habe bei meinem Bruder wohl manchmal Trunkenheitsbewegungenwahrgenomnren, an jenem Abend aber nicht. Als ich meinenBruder im Arrest besuchte, war seine erste Frage:„Was machtHeinrich?"Der Gerichtshof beschließt, den Zeugen wegen seines nahenverwandtschaftlichen Verhältnisses zum Angeklagten nicht zu ver-eidigen.Zeuge Hauptmann Bauer:Alle Anwesenden hatten viel getrunken. Nüchtern konnte derAngeklagte nicht sein. Die Trunkenheit haben wir ihm aber nichtangemerkt. Beim Hauptmann Adams trafen wir den Angeklagten.Auf die Aufforderung des Hauptmanns Hoffmann, sich zu entfernen, daseine Anwesenheit unnötig und ungehörig sei, legte der Angeklagtedie Finger an den Helm und meldete dienstlich, daß er eine ältereAngelegenheit mit Adams zu regeln habe. Etwa vier Minutendarauf, währenddessen Schweigen herrschte, trat Adams insnumer. In demselben Augenblick schoß der Angeklagte auf denauptmann Adams mit dem Armeerevolver. AdamS fiel zuBoden. Der Angeklagte bemerkte:„Ich melde mich arretiert."Präsident: In welcher Entfernung stand der Angeklagte vondem Erschossenen?Zeuge: 2 bis 4 Schritt.Präsident: Versuchte der Angeklagte nochmals zu schießen?Zeuge: Das habe ich nicht bemerkt.— Präsident: Ist Ihnenerinnerlich, daß der Angeklagte gesagt hat:„Nun kann HauptmannAdams meinen Bruder wenigstens nicht mehr erschießen?Zeuge: Das ist nur nicht erinnerlich. Die Erregung beimAngeklagien war erst gekommen, als der Diener dem Oberstabsarztmeldete, fein ältester Sohn sei krank.Zeuge Hauptmann Hoffmann: Der Angeklagte habe eine ge-radezuunheimstche Ruhegehabt. Man habe ihm die Trunkenheit nicht angemerkt.Zeuge Gefreiter Potenzen, der im Kasino bedient, sagt aus:Der Angeklagte istfehr erregtgewesen. Er hatte viel getrunken.— Der Bursche deS Erschoffenen,Musketier KarthauS bekundet: Am Kaisers Geburtstag kam Haupt-mann Adams des Abends 9V< Uhr angetrunken nach Hause. Nachdemder Hauptmann zu Bett gegangen war, habe ich mich auch schlafen gelegt.Nach einer Weile klopfte es. Vor der Thür standen 8 Offiziere, diemich aufforderten, Hauptmann Adams zu wecken. Herr Haupt-mann Adams befahl mir, die Herren ins Vorzimmer zu führenund Licht anzuzünden. Ich that das und legte mich dann wiederschlafen. Plötzlich hörte ich einen dumpfen Fall, aber leinen Schuß.Ich lief schnell hinunter.Zeuge Assistenzarzt Dr. Coffmann: Der Angeklagte machte aufmich einen nüchternen Eindruck.Präsident: Einen nüchternen ober ernüchterten Eindruck?—zeuge: Rücklernen.Zeuge Lieutenant Beeger: In der Nacht vom 27. zum28. Januar hatte ich die nächtliche Runde. Im Arrest traf ich denAngeklagten in furchtbar niedergeschlagenem Zu-t a u d e. Auf meine Frage sagte der Angeklagte:„Nun ist allesaus. Ich habe den Houptniann A d a in s erschossen. Es thut mirurchtbar leid. Ich habe ihn nicht erschießen wollen. Es kommt mirnoch alles ganz verschwommen vor.Zeuge Hauptmann Streust: Ich hatte in der Nacht vom 27.zum 28. Januar den Befehl erhalten, dei� Angeklagten nach Metzzu bringen. Unterwegs stöhnte der Angeklagte. Er sagte:„Es thutmir furchtbar leid, ich habe Adams nicht töten, sondern nurin die Schulter schießen wollen, um ihn kampsunfähig zu machen.Präsident: Machte der Angeklagte den Eindruck eines Trunkenen?Zeuge: Keineswegs. Er machte den Eindruck eines sehr über-legenden Menschen.Präsident: Herr Oberlieutenant, Sie haben damals gesagt:Sie hätten mit Hauptmann Adams einen Ehrenhandel zu regeln.der zeitlich vor der augenblicklichen Angelegenheit liege. War daSunwahr?Angenagter: Ich erinnere mich nur, gesagt zu haben:»Ichmuß Hauptmann AdamS sprechen."— Präsident: Sie hattenalsdann mit Houptniann Adams keinen weiteren Ehrenhandel?—Angeklagter: Nein.Zeuge Lieutenant v. Carlowltz: Ich war mit dem Angeklagtenzusammen auf der Kriegsschule. Der Angeklagte hat einmal einemLehrer wegen eines von diesem erhaltenen Befehls gedroht, ihnniederzuschießen.Staatsanwalt: Hielten Sie diese Drohung für ernst ZZeuge: Jawohl.Angenagter: Das ist richtig. Ich war damals betrunken.~-Zeuge General a. D. Wolff: Ich war Direktor der hiesigenKrlegslchule. Als der Angeklagte Zögling derselben war, wurde mireines Tages gemeldet: Fähnrich Rüger wolle sich das Lebennehmen, weil Hauptmann S ch u ch ihn beleidigt habe. Ich fand denFähnrich R ü g e r in solch' großer Erregung, daß ich die ärztlicheBeaufsichtigung für nötig hielt.Zeuge Hauptmann DorrieS: Der Angeklagte war 1891 einmal sobetrunken, daß ich Befehl erhielt, ihn nach Hause zu führen. Wenn der IAngeklagte betrunken war. dann war er gewaltthätig.— PräsidentOberkriegSgerichtSrat Winter: Es soll nun beschlossen werden:ob bei der Vernehmung des Herrn Oberst von Weise und derLieutenants Rüge und Schiffmanndie Oeffentlichkeit ausznschliestensei. Nach einigen Minuten wird die Oeffentlichkeit wieber hergestelltund der Präsident erklärt: Der Gerichtshof hat beschlossen, währendder Vernehmung der 3 genannten Zeugen die Oeffentlichkeit aus»zuschließen, da durch die Oeffentlichkeit das militärische Dienstinteresiegefährdet erscheint. Der Gerichtshof hat außerdem beschloffen: denanwesenden Prozeßbeteiligten über die Vernehmung der genanntenZeugenSchtveigebefehlaufzuerlegen.DaS Publikum und die Journalisten Verlaffen hierauf den Saal.NachWiederherstellung der Oeffentlichkeitbekundet Zeuge Oberlieutenant Henning: Ich war mit dem An«geklagten auf der Lichterfelder Kadettenanstalt. Der Angeklagte warsehr jähzornig und erregt.Zeuge Lieutenant Schmoller: Der Angeklagte war gutmütig,bescheiden und zurückhaltend.Zeuge Feldwebel Zeller: Der Angeklagte Herr Oberlieutenantwar im Dienste sehr ruhig und sehr gutmütig zu den Soldaten.Ein Bruder des Angeklagten hat, so bekundet ein andrerZeuge, als Sekundaner eine Schlägerei gebabt. Da er deshalb ausdem Gymnasium entfernt werden sollte, hat er sich auf dem Abortmit dein Revolver erschossen.Zeuge Oberstabsarzt Rüger bekundet noch: HauptmannDorrieS hat meiner Mutter'mal eine derartige Mitteilungüber meinen Bruder gemacht, daß diese für seinen Geisteszustandfürchtete.Zeuge Hauptmann DorrieS bestätigt die Angaben des Vor-zeugen. Er habe der Mutter des Angeklagten verschiedene alkoholischeExeesse desselben mitgeteilt.Die Verhandlung wird auf Sonnabend vertagt.Uokales.Um dreizehntausend Exemplareist die Auflage des„Vorwärts" ans Anlaß der Betrachttingenüber die letzte Kaiserrede gestern in die Höhe geschnellt. Mehrals eingehende Erörterungen lehrt diese Thatsache, wer unter derGewitterschwüle der gegenwärtigen politischen Situation die reichsteEnste hält._Ten LokalkommiffionS- Mitgliedern Berlins, insbesondereaber denen der Vororte zur Nachricht, daß am Sonntag, den 7. April,die nächste L o k a l I i st e erscheint. Die Einsendungen für Neu-aufnahmen sowie Streichung von Lokalen sind bis spätestens den2. April einzusenden, und zivar für Berlin an Karl Scholz, Wrangel-straße 110; Niederbarnim an Paul Kette, FriedrichSfelde, Lichten-bergerPrinzen-Allee 20a: für Teltow-Beeskow an Herm. Quitt, Rixdorf,Hobrechtstt. 82, IV.; für PotSdam-Ost-Havelland an Ernst Rieger,Spandan, Moltkestr. 3; unter diverse Orte Gustav Stein, Wriezen a,/O.,Franksurterstr. 32._Die nächsten Wahlen für die Stadtderordneten-Versammlungfinden zwar erst im November statt, aber in einzelnen der frei»sinnigen Bezirksvereine beschäftigt man sich bereits jetztmit der Frage, wie die Wahlen ausfallen werden. Die, e n t»schieden Freifinnigen" erwarten, daß sie nicht schlecht da-bei abschneiden werden. Ihre Hoffnung stützt sich darauf, daß dasneue Kommunal-Wahlgesetz. unter dessen Herrschaft in diesem Jahrezum ersten Mal gewählt wird, eine Verschiebung der Ab«teilungen gebracht hat. In einer Versammlung de»„Fort-schrittlichen Vereins der Potsdamer Vorstadt" wurde vormehreren Wochen darauf hingewiesen, daß diese Verschiebungden Bezirksvereinen einen größeren Einflußauf die Wahlen der zweiten Abteilung verschafft,und im„Fortschrittlichen Verein vor dem Halleschen Thor" wurdendieser Tage ähnliche Ausführungen gemacht. Allem Anschein nach wirdder alte Streit zwischen den feindlichen Brüdern, den„Entschiedenen"und den andren Freisinnigen, im Herbste eine neue und vermehrteAuflage erleben. An erheiternden Momenten wird e» also demWahlkampf auch diesmal nicht fehlen.— Den Wahlen der drittenAbteilung sehen die Freisinnigen, wenn man ihren Versicherungenglauben darf, ebenfalls mit Zuversicht entgegen. Wenn bei denWahlen, so sagte der Stadtverordnete Kreitling in der Bersammlnngdes Vereins vor dem Halleschen Thor, die liberalen Bürger ihre Schuldig-keit thun. dann sei der Einfluß der Socialdemokratienicht zu fürchten. Wirklich, Herr Kreitling? Sollte die Volks-feidliche Thätigkeit, die die Erwählten der„liberalen Bürger" in derStadtverordneten-Bersammlung entfaltet haben, nicht auch diesmalwieder bei den Wahlen ihre Früchte tragen? Auch die„entschiedenFreisinnigen" haben sich in den letzten Jahren wieder an manchemschlimmen Streich beteiligt, der der Vergeltung harrt. HerrKreitling weiß das selber am besten. Ob ihm nicht— in derErinnerung daran— bei seinen eignen, so zuversichtling klingendenWorten doch etwas bange ums Herz gewesen sein mag? Zuverfichterfüllt Herrn Kreitling wohl mir mit Bezug auf diejenigen feiner„entschieden freisinnigen" Freunde, die die„starken Wurzeln ihrerKraft" in der e r st e n Abteilung suchen und sich damit auf die vonHerm Kreitling in der erwähnten Versammlung so abfällig be-urteilte„Plutokra�ie" stützen. Er selber gehört ja ebenfalls zujenen Glücklichen, die von einem halben Hundert„liberaler Bürger"der ersten Abteilung in die Stadtverordneten-Versanimlung geschicktworden sind und für ihr Mandat nichts von der Socialdemokratiezu befürchten haben._Die für Sonnabend anberaumte außerordentlicheS i tz u n q der Stadtverordneten- Versammlung findet nicht statt.und die Sitzung am nächsten Donnerstag fällt aus, dafür findet amMittwoch, den 3. April, eine ordentliche Sitzung statt.In der gestrigen geheimen Sitzung der beiden städtischenKörperschaften wurde dem scheidenden Stadtschulrat Dr. Fürstenau«ine persönliche jährliche Zulage von 2000 M. bewilligt.Der Oberbürgermeister Kürschner hat an Stelle des Stadt»fhndikuS Meubrink den Vorsitz in der Verkehrs de putati onübernommen, dem Stadtrat Böhm ist der Vorsitz in der Straßen-reinigungs- Deputation übertragen, außerdem hat er die Obliegen»heiten des beurlaubten Syndikus Menbrmk in der VerkchrSdepntationund Baudeputation I übernonimen.— In der heutigen Magistrats-sitz nn g erschien ganz unverhofft Syndikus Meubrink, um sichvon dem Kollegium zu verabschieden.Ein gefährlicher Fabrikbrand kam gestern.vormittag 10 Uhrin der chemischen Fabrik von S ch a a f u. B ü ch e l'e n in der Schlefi-scheu Straße 31 zum Ausbruch. Im vierten Stock des linken Seiten»fliigels fabrizierte die Fabrik Naphthalinpräparate und hat daher nawr»gemäß größere Posten Rohnaphthalin und Oele vorrätig. Nun war in demeigentlichen FabrikationSraum ein Kessel mit kochendem Nnphtha um-gefallen, die brennende Flüssigkeit hatte im Nu den ganzen Raumerfaßt, so daß den anwesenden Arbeitern kaum Zeit blieb, nach dem