Nr. 87.
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Vorwärts
Berliner Volksblatt.
18. Jahrg.
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Redaktion: SW. 19, Benth- Straße 2.
Fernsprecher: Nut I, Nr. 1508.
Sonntag, den 14. April 1901.
Staat und Gemeinde als Arbeitgeber. für die meisten größeren und zahlreiche Kleine Gemeinden der Grund
Das Proletariat der Welt rüstet sich zu seinem Feiertag, den feine Kraft gefchaffen, zugleich ein Stampffest der Gegenwart und eine Frühlingsfeier, die eine hellere Zukunft fündet.
Wie in der gesamten Thätigkeit der in der Socialdemokratie organisierten Arbeiterschaft sich unlöslich die praktische Arbeit des Tags, die keinen Vorteil verschmäht, aber auch durch keine Errungenschaft gefättigt oder beirrt wird, mit jener weltgeschichtlichen Mission vereinigt, die nach wissenschaftlicher Erkenntnis im drängenden Klassenkampf eine neue Erde zu schaffen strebt, so birgt auch die Maifeier neben ihrem engeren Zweck der Demonstration für den Achtstundentag, jenen gewaltigsten Zukunftsgedanken, den die Menschheit bisher erzeugt hat: sie ist ein Protest gegen die im Stapitalismus zerrüttete und zerklüftete Gesellschaft, eine Kundgebung für die socialistische Erneuung der friedlichen geeinten Völker, für den endlosen Sieg der befreiten Arbeit. Gerade die Maifeier giebt aber auch Jahr für Jahr Anlaß zum Nachdenken, wie wenig die bürgerliche Gesellschaft selbst die Socialreformen durchzuführen geneigt und fähig ist, die auch in der kapitalistischen Ordnung an fich möglich find. Namentlich in Deutsch land, das die am schnellsten empor gekommene und darum wohl auch robeste Bourgeoisie besitzt, stockt die Socialreform fast vollständig. Es fehlt nicht nur jeder rüstige Fortschritt, sondern selbst die spärlichen Erfolge sind durch gewaltsame Versuche von Rückwärts revidierungen fortwährend bedroht.
Wie weit andre Länder das Deutsche Reich in der ſocialpolitischen Entwicklung überholt haben, dafür bietet eine soeben im Verlag der Vorwärts- Buchhandlung zum 1. Mai erschienene Broschüre von Adolf Braun *) reiches Material. Jeder Abschnitt der Schrift beweist diese Thatsache. Im Deutschen Reich des Militarismus und Marinismus, der weltpolitischen Abenteurerei, des Humnentums und des Brotwuchers ist für die Stulturaufgaben eben offenbar weder Zeit, noch Geld, noch Willen vorhanden. Vergleichen wir an der Hand der Braunschen Broschüre beispielsweise das Verhalten von Staat und Gemeinde als Arbeitgeber im deutschen Lande der glorreichen christlichen Socialreform mit aus ländischen Verhältnissen. Braun führt darüber aus:
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gemacht worden sei, hat Graf Bülow ja nicht gesagt. Aber warum wird diese alte Streitfrage von russischer Seite jetzt wieder ausgegraben? Das läßt sich kaum anders erklären, als durch die Absicht, in Berlin eine unangenehme Stimmung hervorzurufen."
ferungen. In England gilt für fast alle staatlichen Arbeiten und saz, daß die von den Gewerkschaften anerkannten Arbeitsbedingungen einzuhalten seien, in den eigentlichen Staatsbetrieben wird oft über das von den Gewerkschaften Erkämpfte hinausgegangen, Londoner Grafschaftsrat behält sich bei den Submissionen Abzüge weder mit der Darstellung der russischen Erklärung, noch mit zum Teil ist die Forderung des Achtstundentags verwirklicht. Der Diese Erklärung ist ja ganz hübsch, nur läßt sie sich von 5 M. für jeden Arbeiter und für jede Arbeitsstunde vor, wenn den Worten Bülows in Einklang bringen. Bülow sagte zwar, die im Vertrage festgesezte Arbeitszeit überschritten wird. Noch weiter als das Mutterland gehen die meisten australi- daß von verschiedenen Seiten der Wunsch geäußert fchen Kolonien, so ist bei den öffentlichen Bauten in Neu- worden sei, das Oberkommando einem deutschen Offizier anSüd- Wales und in Victoria bei den Arbeiten der Eisenbahn- zuvertrauen, aber er erklärte ausdrücklich, daß mit ,, besonderem alle Städte und fleinere Gemeinden auf 48 Stunden pro Woche Bar, vor allen andren Staatsoberhäuptern" Verwaltung die Arbeitszeit bei Arbeiten für den Staat wie für fast Dank" anerkannt werden müsse, daß der„ edle und erleuchtete" festgesetzt, hiervon sind nur jene Arbeiten ausgenommen, welche den Oberbefehl in deutsche Hände gelegt habe. Und in naturgemäß mehr Arbeitsstunden erfordern, wie z. B. das Heizen schroffstem Gegensatz zu dieser Darstellung behauptet die von Dampfteffeln. Die gleiche Arbeitszeit ist in Victoria auch russische Regierung, daß sich Kaiser Wilhelm direkt für die Wasserleitungsarbeiten festgesetzt, in Neuseeland beträgt an den Zaren und sodann an sämtliche ausländische gleichfalls die zulässige Marimalarbeitszeit 8 Stunden im Tag; es ist dort keinem Arbeiter gestattet, ohne besondere schriftliche Be Regierungen gewendet habe. Wenn der Zar aber nur den willigung des Staatsbautechnikers mehr als 48 Stunden wöchentlich direkt und persönlich geäußerten Wunsch Wilhelms II. nicht abgeschlagen hätte, so verBülows. diente das doch wahrhaftig nicht den überschwänglichen Dank
zu arbeiten.
trachteten Arbeitszeiten bei den Arbeiten für den Staat zu berüc In Belgien find die von den Gewerkschaften als üblich besichtigen; von den Provinzen schreiben das westliche Flandern und iittich in den Submissionsverträgen den Magimalarbeitstag vor, Westf. 3tg.", daß England der eigentliche Erfinder der Aehnlich wie die Köln . Volksztg." mutmaßt die ,, Rhein .. 17 belgische Gemeinden fordern von den Unternehmern öffentlicher Weltfeldmarschallschafts- dee gewesen sei: Arbeiten die Einhaltung des Neunstundentages, Brüssel die des Behnstundentages.
Ministerium für Waterstaat, Handel und Gewerbe die elfstündige In den Niederlanden hat seit dem 31. März 1891 das Arbeitszeit bei jeder Vergebung öffentlicher Arbeiten zur Bedingung gestellt, die andren staatlichen Behörden sind diesem guten Beispiele gefolgt, ebenso die Gemeindeverwaltung von Amsterdam , sie hat vom 1. Juli 1900 ab die Arbeitszeit um eine weitere Stunde verkürzt. Eine Reihe andrer Gemeinden haben gleichfalls in ihre Submissionsbedingungen zwingende Vorschriften über die Dauer der Arbeitszeit aufgenommen.
fegung der neunstündigen Arbeitszeit voran, in den BedindungsIn Frankreich ging Paris ( 31. Juli 1886) mit der Festbeften der Städte Toulon , Dun- jur- Auron, Dijon , Béziers und Berpignan find Klauseln, die Magimal- Arbeitszeit betreffend, ent halten, ebenso hat der Generalrat des Departements PyrénéesDen Ernst der Socialpolitik einer Gemeinde- oder Staats- Orientales einen ähnlichen Beschluß gefaßt. Im Parlamente hat verwaltung kann man wohl am besten an der Arbeitszeit messen, unser Genosse Edouard Vaillant einen besonderen Gesetzentwurf welche sie von den direkt oder indirekt in ihren Diensten stehenden schon im Jahre 1894 und später einen weiteren eingebracht, in dem Arbeitern fordern. In den kaiserlichen Erlassen vom 4. Februar 1890 für öffentliche Arbeiten der Achtstundentag gefordert wurde. Von ist deshalb auch davon die Nede, daß die staatlichen Betriebe da ab kam diese Frage weder im Parlamente, noch im obersten zu Musterbetrieben gestaltet werden sollen. Daß Berlepsch diese Arbeitsrate zur Ruhe. Eine der ersten Thaten des Ministeriums Verheißung nicht erfüllt hat, Brefeld von ihr nichts weiß, daß Waldeck- Rousseau- Millerand war, diese Vorarbeiten zu einem Abeiligst das Gerücht dementiert wurde, daß auf den Werften der schlusse zu bringen. Am 10. August 1899 wurden drei Defrete verAriegsmarine mit dem Achtstundentag Versuche gemacht werden öffentlicht über die Arbeitsbedingungen bei Submissionen des sollen, ist männiglich bekannt. Die Forderungen des im Jahre 1899 Staates, der Departements, der Gemeinden und der öffentlichen in Berlin abgehaltenen Bauarbeiterschutz Kongresses, daß bei Wohlthätigkeitsanstalten; ihre Bestimmungen waren bindend für Arbeiten für Reichs-, Staats- und Gemeindebauten die ortsüblichen die Staatsverwaltung, für die andren Verwaltungskörper aber bloß Lohn- und Arbeitsbedingungen als Minimum zur Geltung kommen fakultativ. Die Bestimmung über die Arbeitszeit lautete: 4. darf sollten, blieben unbeachtet. Die manchesterliche Freiheit der Arbeit die tägliche Arbeitszeit nicht länger sein als jener Normalarbeitstag, gilt bei den Submissionen im Deutschen Reich trotz des so oft der in der Gemeinde oder dem Bezirk des Ausführungsorts für jede mißbrauchten Worts vom Schuß der nationalen Arbeit im vollsten Arbeiterkategorie gebräuchlich ist". Bei der Feststellung der üblichen Sinne, soweit es sich um die Arbeitsbedingungen zu Gunsten Arbeitszeit haben sich die Behörden, soweit möglich, auf die Vereinder Arbeiter handelt. Desto sympathischer stehen die öffentlichen barungen zu stützen, die zwischen den Unternehmer- und ArbeiterKörperschaften der Forderung der Baugewerksmeister nach Berück- syndikaten der Gemeinde oder des Bezirks bestehen. Bei Fehlen solcher fichtigung ihrer Streifflaujel gegenüber, wenn auch eine formale Vereinbarungen ist u. a. das Gutachten besonderer Kommissionen einBewilligung derselben um Einfügung in die Submissionsverträge zuholen, die aus Unternehmern und Arbeitern in gleicher Zahl zu nicht wohl angängig war. Ebenso fehlt auch nur ein Ansatz eines sammenzusezen sind. Die Bestimmungen müssen in den Arbeitsstätten besonderen Arbeiterschutzes bei städtischen Arbeiten in der über- angeschlagen werden. Nicht bloß für die Bauarbeiten im weitesten wiegenden Mehrzahl der deutschen Gemeinden. An Anregungen hierzu Sinne, sondern auch für andre staatliche Lieferungen, so z. B. für die hat es freilich nicht gefehlt, so beantragten z. B. im Jahre 1893 die von Kleidern, wird nach diesen Grundsägen verfahren. Für die socialdemokratischen Mitglieder des Braunschweiger Stadtverordneten direkten Staatsarbeiter ist vielfach, so z. B. für die Handarbeiter, Kollegiums im Hinblick auf bevorstehende umfangreiche Bau- für die Post- und Telegraphenverwaltung, seit Erlaß dieses Dekrets arbeiten u. a., daß die Dauer der Arbeitszeit nur 9 Stunden der Achtstundentag eingeführt worden. täglich betragen dürfe. Der Antrag wurde abgelehnt. In Karls- Die Vereinigten Staaten von Amerita haben seit ruhe wurden am 23. Juli 1897 Grundsäge für die Ver- dem Jahre 1878 für alle von der Unionsregierung oder für dieselbe gebung städtischer Arbeiten und Lieferungen festgestellt. In diesen beschäftigten Personen die tägliche Arbeitszeit mit acht Stunden beheißt es u. a., daß Firmen, welche im Berdacht stehen, in Bezug messen. Uebertretungen dieser Bestimmung werden mit einer Geldauf die Arbeitszeit, den Arbeitslohn und die Behandlung ihrer strafe bis zu 4200 M. oder mit Haftstrafe bis zu sechs Monaten Arbeiter diese unbillig zu halten, sofern dieser Verdacht sich bestätigt, geahndet. Aehnliche Vorschriften über die Arbeitszeit haben in von der Lieferung auszuschließen find. In Charlottenburg werden den Submissionsverträgen die Staaten Californien , Colorado , Vorschriften über Lohn und Arbeitszeit dann gemacht, wenn durch Idaho , Indiana , Kansas , New York , Pennsylvania , Utah , Weitervergebung oder bei Arbeiten mit tünstlichem Licht Washington, West- Virginia und Wyoming ; die Gesetze der meisten schlechte Arbeit oder Gefahr für Menschen oder Material be- dieser Staaten bestimmen, daß der Achtstundentag nicht bloß für die fürchtet werden muß. Die Landes- Versicherungsanstalt Berlin hat Staats-, sondern auch für die Distrikts- und Gemeindearbeiten bei seit Juli 1898 in ihren Submissionsbedingungen die Einhaltung der allen Submissionen vorzuschreiben sei. In Massachusetts ist für die neunstündigen Arbeitszeit als wünschenswert" bezeichnet. Es ist staatlichen Arbeiten der Neunstundentag vorgeschrieben, Städten und blutwenig, เม ตริ wir über Arbeiterschutzbestimmungen in den Gemeinden ist aber freigestellt, den Achtstundentag einzuführen; in Lieferungsverträgen für öffentliche Körperschaften im Deutschen Maryland hat die Großstadt Baltimore den Achtstundentag bei Reiche zusammenstellen fonnten. Daß die direkten Staatsarbeiter kommunalen Arbeiten eingeführt. bei Eisenbahnen 2c. über lange Arbeitszeit zu klagen haben, lehren die Debatten in den parlamentarischen Körperschaften.
Wie wenig stolz wir auf diese mehr als schwächlichen Anfänge zu sein brauchen, zeigt die Behandlung dieser wichtigen Frage im Ausland.
Ein Ueberblick über diese Bestimmungen beweist, wie vorteilhaft das Ausland mit seinen Submissionsbestimmungen bezüglich der Arbeitszeit von dem an der Spize der Socialreform marschierenden Deutschen Reiche absticht.
Die Forderung, daß ein jeder Submissionsvertrag die Annahme jener Lohntarife enthalten müsse, welche von den Unternehmer- und Arbeiterorganisationen für das betreffende Gewerbe im Verhandlungswege festgesetzt wurden, ist verwirklicht im schweize rischen Kanton Genf. Bei den großen öffentlichen Arbeiten, die in der Stadt Wien in der letzten Zeit ausgeführt wurden( Stadtbahn, Wienflußregulierug, Kanalbauten, Hafenanlage 2c,) wurde der reizt die bürgerlichen Blätter, die nicht das bergebersetzende elfstündige Normalarbeitstag festgeseit, auch für die Banten Zutrauen des Krupp- Organs zu Waldersees Unfehlbarkeit beim Bereiche des östreichischen Eisenbahnministeriums bestehen Vor- fizzen, zu den verwegenſten Lösungsversuchen. Die Köln . schriften über die Dauer der Arbeitszeit, Pausen u. dergl. Volfsztg." meint:
Die westeuropäischen und die Vereinigten Staaten von Amerika und Australien haben die weitestgehenden Bestimmungen über den Schutz der Arbeiter bei Vergebung öffentlicher Arbeiten und Lie
*) 3um Achtstundentag! Historisches und Agitatorisches über Arbeiterschutz und Achtstundentag von Adolf Braun . Preis 20 Pfennig.
,, Sollte die von außen her auf amtlichem Wege an uns geTangte Anregung" nicht in London zu suchen und eine von den vielen englischen Liebenswürdigkeiten sein, die man in amtlichen deutschen Kreisen für bare Münze nimmt, die aber im Grunde nichts sind als ebenso biele egoistische Intriguen mit dem gwede. Deutsch land und Rußland miteinander zu verfeinden?"
Abgesehen davon, daß Bülows Darstellung dadurch an unrichtigkeit und Eigentümlichkeit nichts verlöre, wäre England allerdings noch am ersten der Anstiftung der WalderseeDeutschland mit so naivem Enthusiasmus aufgenommen Komödie verdächtig. Daß dieser argliftige Vorschlag dann in wurde, ist bei der damals herrschenden Stimmung nicht weiter. verwunderlich.
Gleichbiel jedoch, ob England oder Deutschland das Prioritätsrecht der Walderfee- Idee gebührt: jedenfalls hat Rußland die ihm von Bülow in so entgegenkommender Weise zugestandenen Ansprüche darauf ebenso entschieden wie unhöflich abgelehnt.
Augenzeugen des Hunnentums.
Der Kriegs- Berichterstatter der Walderfee- begeisterten, Bülowoffiziösen Köln . 3tg." entwirft von dem Sengen und Plündern der europäischen Truppen in China folgendes anheimelnde Bild:
" Je weiter wir nach Süden kamen, desto besser gefiel uns das Land. Es schien, als ob in der Nähe Pekings, wo seit acht Wochen die Truppen von acht Nationen strafend und four agierend umhergezogen waren, der wirkliche Charakter des Landes recht ungünstig verändert worden sei. Die Dörfer waren zum größten Teil verlassen, die Scheunen geleert, und es war schwer zu sagen, ob das, was man in den Ortschaften noch an Besigtum der Einwohner vorfand, ein trauriger Beweis für die Armut des Landes oder als test bestand einer einst größeren habe das Zeichen war, wie der Krieg auch noch im 20. Jahrhundert granenhafter verwüstet als irgend eine Naturgewalt. In einem Umkreise von 30 Kilometer war wohl kein Ort mehr zu finden, der nicht von den Besuchen der Fremden gelitten hätte, dem nicht im gelegentlichen Gefecht, wenn Boyer hinter seinen Lehnumanern Schutz gesucht hatten, die Häuser niedergebrannt worden wären, dent nicht streifende Soldaten die letzten Pferde und Maultiere genommen oder die Wintervorräte der noch glücklich heimgebrachten Ernte fortgeschleppt hätten. Manche fleinere Dörfer waren vollständig berlassen, in andren fristeten nur ein paar hilfIose Greise ein tümmerliches Dasein, denen es nicht mehr gelungen war, den Anschluß an die fliehende Bevölkerung zu erreichen. In den Städten sah es wohl nicht besser aus. Das volfreiche Tungtschou, der wichtige Flußhafen Bekings am Beiho, war nichts mehr als eine öde Trümmerstätte von ausgebrannten Häusern und menschenleeren Straßen, und Lianghsianghfien, die erste größere Stadt füdlich von Peking , war ja schon Anfang September von unsrer. eignen Marine Infanterie nach der Erstürmung in Brand gesteckt und zerstört worden.
Man hat die Kriegsführung in China mit der des 30 jährigen Krieges verglichen. Mit Unrecht. Denn wenn die Horden Tillys, Wallensteins und Wrangels ihre Zerstörungsarbeit in Deutschland so gründlich verrichtet hätten, wie die europäischen Kulturträger in China , hätte der Krieg nicht dreißig Jahre lang geführt werden tönnen.
Frederic Coleman, ein amerikanischer Kriegskorrespondent, hat in den„ Daily News" über seine Erlebnisse in Tientsin und Peking vom Juli bis September 1900 Bericht erstattet. Die Schilderung diefes Augenzeugen ist eine neue Bestätigung der demoralisierenden Wirkungen der China - Expedition. Coleman fchreibt: Während meiner Anwesenheit in Tientsin vom Juli 1900 bis
zur Ankunft der Ersatztruppen am 4. Auguſt und vom 14. Auguſt, dem Tage, da die Verbündeten in Pefing eintrafen, bis zur ersten Hälfte des September, verging taum ein Tag, an dem ich nicht den demoralisierenden Einfluß des Feldzugs auf fast jeden Bielleicht ist der Widerspruch zwischen den beiderseitigen einzelnen der Truppen fonstatieren fonnte. Eine teilweise Erklärung Angaben nur ein scheinbarer, vielleicht hat eine dritte dieser Mord- und Zerstörungssucht ist vielleicht in folgenden Ursachen Macht, etwa England angeregt, das Oberkommando einem zu finden.
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deutschen Offizier zu übertragen; darauf ist dann in St. Peters- Der größte Teil der russischen Truppen in Tientsin und Tong- tut burg Graf Waldersee vorgeschlagen worden und der im Juli 1900 tam aus den sibirischen Steppen; sie sind den Zar ist der erste gewesen, der sich einverstanden erklärte. Chinesen nicht nur äußerlich, in der Gesichtsbildung, sehr ähnDaß von deutscher Seite dieser Vorschlag nicht lich, sondern in der Behandlung ihrer Feinde ebenjo