»ucht einen verderblichen Ginfluß ausüben", bringen AuS- schreitungen ein« allerdings anderen Art, die aber doch von dem Bedürfnis. Jemand etwas Uebles anzuthun, eingegeben sind, nicht weniger verderbliche Wirkungen auf die Zivil- bevölkerung hervor? Gewiß können Unteroffiziere jener Art, von welcher Prinz Georg spricht, als Beamte sich viel Haß zu- ziehen und viele Ungerechtigkeiten begehen, dem Einzelnen, dem Lande und der Regierung, die gar nicht dasür kann, Ungeheuern Schaden zufügen." Eine Schmach des Jahrhunderts soll der vorige Kaiser als Kronprinz die Stöckerei und Judenhetzerei ge- nannt haben.»Eine Schmach des Jahrhunderts" kann man es jedenfalls nennen, daß das preußische Abgeordnetenhaus gestern sich allen Ernstes mit der Frage der jüdischen Rttualmorde beschäftigte, d. h. mit der Frage, ob jenes mittelalterliche Märchen, daß die Juden zu religiösen (ritualen ) Zwecken Christenkinder zu schlachten(.schachten") die Gewohnheit hätten, ein Märchen gewesen oder Wahrheit. Und man denke, das Preußen, dessen sogenannte Volks- Vertretung diese»Frage" diskutirt« und diskutiren mußte, pflegte sich bis in die Bismarck'sche Aera hinein»Intelligenz- staat" zu nennen. Unter der Blut- und Eisenpolitik kam der Titel allerdings etwas außer Gebrauch.— Sie sehen Reaktion. In einem hiesigen, radikal thuenden Fortschrittsblatt lesen wir: In der Korrespondenz eines hervorragenden Führers der freisinnigen Partei finden wir folgende durchaus zutreffende Charakteristik der Situation: »Wir haben mit der Möglichkeit einer Reaktionsperiode zu rechnen, die schlimmer ist. als irgend eine Reaktionsperiode unter dem Fürsten Bismarck. Die treibende Kraft dabin ist die zunehmende Furcht maßgebender Kreise vor der Sozial- demokratie. Di» Sozialistenfurchl wird von den Kirchlich« Orthodoxen und den Politisch-Reaktionären mit gutem Erfolg für alle einschlagenden Pläne auszunutzen gesucht. Eine Wiederauffrischung des Sozialistengesetzes als solches steht nicht in Frage, aber jede politische Freiheit au? dem gemeinen Recht erscheint heute mehr oder weniger in Frag« gestellt, das be- scheidene Maß unserer Preßfreiheit nicht ausgeschlossen. Daß gerade Graf Caprivi dergleichen milmachen wird, soll nicht behauptet werden. Aber es giebt andere Personen in hoben Stellungen, die bereit sind, Capnvi's Erbschaftjeden Augenblick zu übernehmen. Caprivi selbst fördert solche Richtungen durch „gegen den Strom zu von der Unfehlbarkeit der Regie- hat mit »u. � die Anpreisung der Staatskunst, schwimmen". Diese Theorie rung und der maßgebenden Bedeutung ihreS Willens ohnehin schon in jenen Kreisen mehr Geltung, als sich einem konstitutionellen Staatswesen vereinbaren läßt. Für die Situationen, die uns bevorstehen, reicht auch die Schmicgsamkeit des Herrn Miquel nicht auS. Di« Eventualität, die Herren Miquel und v. Bennigsen zu verabschieden und mit den Nationalliberalen zu brechen, kam gewissen Personen für jetzt noch überraschend; hat man sich erst an den Ge- danken gewöhnt, so werden auch Miquel und Bennigsen die Wiederaufnahme einer frömmelnden, absolutistischen Richtung, wie sie die letzte Regierungszeit König Friedrich Wilhelm's IV. kennzeichnete, für sich allein nicht mehr aufzuhalten vermögen. Aufgehalten werden kann diese Richtung nur durch mächtige Kundgebungen aus dem Volke heraus, welche darthun, daß der Widerstand gegen das Volksschul-Gesetz mehr ist als ein Strohfeuer." Wir haben das Nahen dieser Reaktion schon in dem Augenblicke prophezeit, wo Herr von Goßler dem hachkirch- lichen Grafen Zedlitz den Platz räumen mußte, sind aber da- mals die Prediger in der Wüste geblieben. Die Caprivische Zollpolitik und die Abneigung gegen Bismarck hielten weite Kreise deS Liberalismus in einer unheilvollen Vertrauens- seligkeit. einem anderen Brief, in welchem Punkt und auf welchem Gebiet die B i S m a r ck' fche.Reaktion" überflügelt werden kann.»Das Sozialistengesetz steht nicht in Frage", aber Unterdrückung aller politischen Freiheit! Als ob unter dem Sozialistengesetz nicht alle politische Freiheit unterdrückt gewesen wäre, in einem höheren Maße, als jemals zuvor in Deutschland ! Was jetzt geschieht und geplant wird, ist Kinderei verglichen mit den Polizeiorgien des Sozialistengesetzes, welches unsere Herren Bourgeois allerdings sehr kalt ließ. Doch so sind diese»Revolutionäre in Schlafrock und Pantoffeln": wenn dem Nachbar das schwerste Unrecht geschieht, ziehen sie die Zipfelmütze über die Ohren. Wenn ihnen selbst mit einem Härchen, wie diesem Schulgesetz, die Nase gekitzelt wird, dann schreien sie Zetermordio.— Die Universität Halle hat c.ne Petition beschlossen, in welcher sie für die konfessionelle Volks- schule eintritt. Diese Petition, für welche 102 Dozenten stimmten, wird von den Liberalen als liberale That gefeiert. Und. da wundern sich die Liberalen, daß ihr Kampf mit der Negierung um die Schule uns ziemlich kalt läßt und wir für denselben nur Spott und Hohn haben.— Wer Baare angreift, der beschwört über die Be- aölkerung unserer großen Eisenbezirke Arbeitsinangel und Elend hinab, sagt die»Kölnische Zeilung". und kennzeichnet so vollständig den Bourgeoisstandpunkt, der da? Kapital und zumal das Großkapital und deren Träger für heilig und unantastbar erklärt, selbst wenn sie Schienen flicken, Stempel fälschen und Meineide schwören.— Die Reformbewegung in Belgien kommt in ein lmmer rascheres Tempo. Der Widerstand der Regierung zwingt zu größeren Kraftanstrengungen. Und das Gesetz hat auch im»freien" Belgien eme Wachsnase. Die Verfassung sichert das unbeschränkte Versammlungsrecht wohlan, der Bürgermeister von Brüssel verbietet alle Ver- sammlungen im Freien. Man spricht schon davon, die Kammern, statt in Brüssel , in dein durch und durch ultra- montanen Bi e ch e l n tagen zu lassen. Jedenfalls giebt die Regierung nicht gutwillig das allgemeine Wahlrecht.— Das englische Parlament ist gestern zu seiner letzten «ession zusammengetreten. Gewählt wurde da» jetzige Unterhaus im Jahr 1886— die Konservativen gewannen 110 Jewen allgemeinen Wahlen ein« Majorität von "6 Stimmen. Dies» Majorität ist aber, wie die liberalen Blatter behaglich ausrechnen, inzwischen durch Nachwahlen ?"s �.zusammengeschrumpft— die TorieS zählen nur noch �.Mitglieder statt 316, und die verbündeten»Umomsten (Whigs) 64 statt 75. Dafür muß aber aus der anderen «"t. m Betracht kommen, daß die Liberalen durch d,e Spaltung oder richtiger Auflösung der i r i s ch« n Homerule- parte, weit mehr verloren, als dnrch die Nachwahlen ge- mannen haben. In der Session, welche soeben begonnen hat, werden beide Parteien sich auf den Wahlkampf vor- bereiten. Die Konservativen hoffen namentlich auf die Jrländer, denen einige Zugeständnisse gemacht werden sollen. Auch eine Bill zur Beschaffung kleiner Güter für Land- arbeiter haben sie in pstro— ähnlich wie unsere Junker. Die Thronrede, mit welcher das Parlament eröffnet wurde, war völlig nichtssagend.— Die spanische Regierung hat die Stärke aller s ch w a ch e n Regierungen bewiesen. Sie hat heute 4 Theil- nebmer an den Unruhen in Zeres standrechtlich erschießen lassen. Im Senat richtete der Herzog von Roca.die Anfrage an die Regierung, ob ddr König(derselbe ist kaum 5 Jahre alt) dem Beispiel des Königs von Portugal folgend, auf einen Theil der Zivilliste zu verzichten gedenke. Der Finanzminister Cos-Gayon antwortete, diese Frage sei unpassend und inopportun. Wegen der despektir- lichen Frage wurde der Herzog von Roca von den eigenen Parteigenossen verleugnet. Dabei herrscht im Lande die größte Noty. Es ist freilich viel leichter, Leute, welche die Noth zu Ausständen treibt, niederschießen zn lassen, als sich selbst auch nur das Geringste von seinem Ueberflusse zu entziehen.— Blaine, der talentvollste aber auch korrupteste und verrufenste Führer der amerikanischen „Republi- k a n e r" ist aus der Reihe der Bewerber um die Präsident- schaft zurückgetreten. Freiwillig hat der hartgesottene Sünder das sicherlich nicht gethan— seine Partei, die mit ihm als Kandidat einer Niederlage sicher war, hat jedenfalls einen kräftigen Druck ausgeübt. Die Chancen des jetzigen Präsidenten, Harrison, der auch als Kandidat austritt, sind IM- oder»Republikaner *— es ist gehüpft entsprechend gestiegen. Im Uebrigen ist es höchst gleich- giltig, ob„Demokrat" wie gesprungen.— und Der Erlast des Herzogs Georg zu Sachsen das Urtheil der sozialdemokratischen Presse. Bielefelder „Volksmacht": Leser und Leserinnen. sorgt dafür, daß recht viele Mütter es aus diesem herzoglichen Scdreiben erfahren, wie deutsche Soldaten behandelt worden sind. Seid überzeugt, jedesmal verübt ihr einen kräftigen Stoß ins terz des Militarismus, wenn ihr durch die Mittheilung der in achsen vorgefallenen Solbatenmißhandlungen ein weiteres Mutlerherz nvt Abscheu und Entsetzen erfüllt! Chemnitzer „Beobachter": Auch die Oeffentlichkeit des Militärgerichtsverfabrens wird die militärischen Greuel nicht zn verhüten im Stande sein. Dieselben sind ebenso nothwendige Folgen des ganzen militärischen Sij'iemß und werden erst mit der Beseitigung desselben verschwinden. „Elsaß-Lothringische BolkSzeitung": Wenn bisher auf der Tribüne des Reichstages oder in Zeitungen und Broschüren haarsträubende Schilderungen von Soldatenschindereien geboten wurden, da haben die Vertreter unseres Militärstaates samt ihren Handlangern regelmäßig Ableugnungen oder Beschönigungen alZ Antwort gehabt. Und immer gab es natürlich viele Leute, deren verwundeier Patriotismils sie nur zu empfäng- lich machte für die offiziösen Ableugnimgen, namentlich wenn es erade ein Sozialdemokrat war, welcher als Anmalt der Miß- ndelten anjzutreten den Math haue.... Nach der Lektüre der grauenhailen Dinge wird es Niemanden mehr wundern, wenn selbst ein sonst ruhiges und sittsames Ordnungsorgan, die Berliner Zeitung ", den gewonnenen Eindruck in folgenden Worten zusammenfaßt:„Das Bild, das dieses Dokument von den Gefabren entwirft, denen die Söhne unseres Volkes durch den eintritt in das Heer ausgesetzt sind, wird einen einzigen Sckrei der Empörung durch olle deutschen Gaue erivecken. Im Lichte dieses Er! asfes erscheint die Kaserne tuajl als Ferienkolonie, sondern als Folterkammer." � Ueber die Veröffentlichung de« Erlasse« vom Herzog Georq zu Sachsen schreibt ein n, ch t soziad enwkratischee bayerisches Blatt, die„L a n d s h n t e r Z e i t u u g", wie wir in der„Münchener Pott" lesen: Ter„Vorwärts" und fein Gewöhrsmann, der die Veröffent- lichung des Erlasses des kommandirenden Generals, Herzogs Georg von Sachsen, möglich gemacht hat, haben sich ein wahr- bait großes Verdienst um die deutsa e Jugend und das deutsche Volk erworben. Denn sie haben der Oeffentlichkeit Einblick in die Verhältnisse hinler den Kasernenthoren gestaltet, welche auch dem verzopftesten Gamascbenknopf den Ausrus abpressen:„So kann eS nicht weitergehen!" Was wäre einem Blatte passirt, vorausgesetzt, daß die im Erlasse zusammengestellten Schindereien nicht durch ein amtliches Echri tnück, sondern aus privaien Wegen zu seiner Kenntniß gekommen wären, wenn es die Schindereien mitgetheill hätte? Wir wagen gar niei t. an die Zahl der da- durch»verdienten" G�ängiüßiahre zu beulen. Der preustische Bolksschul-Geseyentwurf in der Venrtheiluua der sozialdemorratischen Presse. Burg i ä 0 t e r„ P 0 l k s st 1 in in e": Nimmt die Lehrerschaft den Kampf auf, soll sie thatkräftige Unterstützung finden unsererseits. Der Entwurf ist ein geeignetes Mittel, unsere Forderung aufs Neue zu bekräftigen: Retigion ist Privatsache. Soll die Religion dem Volke aoer zwangsiveise erhallen bleiben, nun so haben auch wir nichts dagegen, wenn sich das Volk dieses Zwanges entledigt und mit den staatlichen Zivangeeinrichlungen bricht und den Austritt aus der Landeskirche erklärt. Die sächsischen Nationalüberalen, schreibt man lins aus Sachsen , haben eiiici, einpftndlichen Schlag eilitten durch folgen- den Absagebrief, den die Konservativen in ihrem offiziellen Partei- Organ, dem„Vaterland", veröffentlichten: „Von dem Vornand des Konservativen Landesvereins sind nach"� letzte» Landtags-Wahl Schritte eingeleitet worden, welche bezwecken, eine Vernä»dig»ng mit der iiationalliveralen Partei im Königreich Sachsen behufs Schlichtung etwaiger Differenzen bei künstigen Wahlen in den Reichstag und Landing durch Ein- fetziing eines Scbiecsgcrick'ts herbeizuführen. Diese Schritte haben den erstrebten Zweck nicht erreicht. Ter Vorstand sieht sich deshalb genöthigt, darauf aufmerksam zu machen, daß das bei der Reichstags-Wahl im Jahre 1387 abgeschlossene Kartell zwischen der konservativen und »ationalliberalen Partei im Königreich Sachsen zur Zeit nicht mehr besteht» auch ein» andere Abmachung zwischen beiden Parteien au dessen Stelle nickt getreten ist. Bei Wahlen muß es den Wählern selbst, beziehentlich Denen. welche die Leitung der Wahl in die Hand genommen habe», über- lassen bleiben, eine Verständigung mit den Angehörigen der ualionalliberalen Partei in dem betreffenden Wahlkreis behufs gemeinsamen Vorgehens dann herbeizulühren. wenn ihnen dies nothwendig erscheint. Es erscheint aber hierbei als selbst- versländlich, daß derartig» in einem Wahlkreis aetroffene Ab. mackungen lediglich für den Wahlkreis, bez. die spezielle Wahl Gilligteit haben, für welch» sie abgeschlossen worden sind, sich auS ihnen aber keine Folgerungen für das Verhalten der Ge- sinnungsgenossen außerhalb des Wahlkreises ziehen lassen. Dresden , den S. Februar 1SS2. Der Vorstand des Konservativen Landesvereins im Königreich Sachsen." Es war längst klar, daß die Nationalliberalen von den Konservativen nur als nothwendiges Uebel betrachtet und als Werkzeug gelegentlich benutzt wurden. Die Nationalliberalen kannten ihre Zwangslage, mußten indeß froh fein, von den Konserva« tiven wenigstens noch einigermaßen über Wasser gehalten zu werden. Ohne das Kartell, d. h. ohne die Unterstützung der Konservativen, hätten die Nationalliberalen Sachsens kaum einen Sitz, weder in der zweiten Kammer noch im Reichstage. Die Nationalliberalen geberden sich jetzt, als wären sie über die Ab« sage der Konservativen aus den Wolken gefallen; sie mußten aber wissen, daß seit ihrem Kokettiren mit den Konservativen und Antisemiten ihr letztes Stündlein bevorstand. Der Vorstand der Nationalliberalen will in den nächsten Tagen„Stellung" zu der Erklärung der Konservativen nehmen. Es kann sich dabei jedoch nur darum handeln, dem Kartell ein anständiges Be- gräbniß zu verschaffen. Das Kartell, dieser politische Wechsel- balg, hat auf Kosten des Volkes lange genug sein Unwesen ge- trieben. Unsummen wurden durch die Kartellmehrheit dem Volke aus der Tasche gezogen. Freuen wir uns daher, daß das Kartell nun endlich auch in Sachsen auf der Strecke liegt. Schwedt a. O. Der Arbeiter-BildungSverein hielt am 6. Februar eine gutbesuchte Versammlung ab, in welcher Genosse Wiedemann unter lebhaftem Beifall über die Ent- Wickelung des Sozialismus und die heutige Gesellschaft sprach. Redner schilderte in eingehendster Weise, wie durch die Un- gerechtigkeiten, welche die herrschende Gesellschaft an der Arbeiter- klaffe verübt, die Arbeiter immer mehr zum Denken angeregt werden und wie dem»ufolge die sozialistischen Jdecm immer größere Verbreitung finden. Die Versammlung erklärte sich in einer Resolution mit den Ausführungen des Referenten voll und ganz einverstanden und verpflichtete sich, mit aller Energie für die sozialdemokratischen Grundsätze einzutreten, um zur Befreiung des darbenden Volkes aus den Fesseln der ökonomischen Ab« hängigkeit mit beizutragen. In Oranienburg fand am 7. Februar eine öffentliche Ver- sammlung der Bauhandwerker statt, welche von ca. 100 Personen besucht war und nach einem mit greßem Beifall aufgenommenen Vortrage des Herrn Silberschmidt aus Berlin einstimmig eine Resolution annahm, in welcher sie mit den Ausführungen des Referenten über Zweck v nd Werth er Zentralorganisation voll und ganz einverstanden erklärte und für die Zentralisation der deutschen Maurer und verwandter Be- rufsgenossen einzutreten, sowie eine Organisation sür Oranienburg ins Leben zu rusen versprach. *« Grober Unfug in der Schule. AuS Kaiserslautern wird der Mannheimer „Volksstimme" nachstehendes Zeuavtiß über- mittelt, das ihr im Original vorliegt:„Zeugniß. Hm Korn, Schlosser, 19 Jahre alt, aus Sachsen gebürtig, hat Zä/e Jahre bei mir gearbeitet. Er war in erster Zeit brav, steißig und zu- verlässig, doch in letzter Zeit hat er sich einer Gesellschaft an- geschlossen, von welcher er angehalten wurde, durchaus Montags nicht zu arbeiten. Auch hat er sich in den sozialdemokratischen Arbeiter-Bildungsverein aufnehmen lassen. Da ich keine solche Mitglieder beschäftige, muß ich ihn entlassen." Dieses Zeugniß nun wurde nicht etwa von einem Meister dem abgehenden Gesellen ausgestellt, sondern der Lehrer Volland in Kaisers- lautern hat das Schreiben seinen Schülern zur Aufgabe gegeben.— Dieser Lehrer kennt also nicht einmal die Gewerbe, Ordnung. Gegnerischer Optimismus. Ein' Thüringer Blatt meinr, die braven Wandersleber, welche am 20. Februar 1890 für den Sozialdemokraten Reiß haus aus Erfurt votirtm, wären keineswegs von der Wahrheit der sozialistischen Lehren erfaßt, sondern sie hätten nur ihrer Unzufriedenheit Ausdruck geben wollen, weil sie— in dem Apfelstedtbache keine Fische mebr fangen dürfen. Wie leicht sind doch�die»Ordnungs"-Parteien zu trösten! Zum Boykott der H a l l e's ch e n Arbeiter gegen diejenigen Brauereien, welche denselben ihre Lokalitäten zu Versammlungen verweigerten, ist mitzutheilen, daß der Brauereibesitzer Günther ans dem Ringe der Brauereibesttzer ausgeschieden ist und seine Lokale den Arbeitern zur Verfügung gestellt hat. Der Boykott über das Bier d l e j e s Brauers ist demgemäß aufgehoben. Der „Ring" wird durch Konventionalstrafen zusammengehalten, von denen die des Herrn Günther 750 M. betrug. Er war klug genug, diese Summe nicht zu bezahlen. Der Stuttgarter Sozialdemokratische Verein wollte sein,. mehr als 500 Bände umfassende Bibliothek, worunter ein« ziemliche Anzahl sehr seltener Bücher sich befinden, bei der Aacheit-Leipziger Versicherungs-Akliengesellschasi gegen Feuers- g e f a h r versichern. Die Gesellschaft lehnte das Geschäft ab, Iheils weil die Objekte in zwei verschiedenen Lokalen unter- gebracht wären und theils wegen des„imaginären Werthes der zur Versickerung beantragten Bibliothek".— Das ist begreiflich. Gute Bücher sind für die Mehrheit der Bourgeoisie immer von imaginärem Werth. ««» Bei der BllriwrauSschusi-Wahl i» Bothnang(Württem- berg) brachte die Sozialdemokratie einen ihrer Kandidaten durch. Derselbe errang die höchste Slimmenzahl(140). Sammelstellen für gelesene sozialistische Zeitungen. Broschüren je. sind laut Beschluß des Dortmunder Parteitags vom westfälischen Agitationsbureau in Dortmund errichtet worden bei: Heinrich Fleer, Düppelstr. 30; August Bölgew Rheinischestr. 47; Wests. Freie Presse, Lindenstr. LS. Dodtenlifte der Partei. In Schierstein wurde am 2. Februar der Schuhmacher Wilhelm Ehrengast beerdigt.— In H a l b e r st a d t ist der Genosse Bestrzynsky gestorben. — Iii Wien verschied der Schloffer Mathias Ulieoy. welcher im k. k. Arsenal beschäftigt war. »» Polizeiliches, Gerichtliches»e. -7- Karl Schulze, früherer Redakteur der»Thüringer Tribüne", wurde am 2. Februar aus dem Gefängniß entlassen. — N. Linx 10 eilet, verantwortlicher Rebakteur der Elberfelder „Freien Presse", wurde von der dorttgen Strafkammer wegen Vergehens gegen tz 166 des Str.-G.-B.(„Gotteslästerung und Beschimpfung kirchlicher Einrichtungen"), welches in einem Feuilletonartikel, betitelt„Als Zeichen der Zeit", Uebersetzung ans der„Pall Mall Gazette " gefunden war, zu 2 M 0 n a t e n Gefängniß verurtbeilt. Von der Änllage aus§ 131(Ver- ächtlichmachung von Staatseinrichiunge»), welcher durch einen Artikel:„Das Hnngerjahr 1816 und 1317", worin die Aufhebung der Kornzvlle besprochen ist, verletzt sein sollte, wurde der An- geklagte freigesprochen. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der Oeffeultichkeit statt. — Redakteur Törgel von der„Sächs. Arbeiter» Zeitung" wurde wegen Gotteslästerting und Beschimpfung von Einrichtungen und Gebräuchen der christlichen Kirche zu 1 Mouat Gefängniß vernrlheilt. Ter Anklage lag ein Artikel über das nette konservative christliche Programm des Freiherrn ».Friesen zu Grunde, das Törgel einer scharsen Kritik unter- zogen hatte.
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