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Kamen!), Burt mar eS(Zuruf Singers: Ist nicht unser Partei. genösse!). Sie schüren nur immer die Unzufriedenheit, ohne etwas für die Arbeiter zu erreichen. Gegen Herr Baare hier ganz unqualifizierbare Vorwürfe gefallen. Die gehasugen Angriffe gegen Herrn Baare gehen von einem Redarieur ,n Bockum aus. der in mehr als 30 Fällen wegen Beleidigung und Verleumdung bestraft ist. Die Papiere, weiche dem Gericht präsenlirt sind, sind geprüft worden, soweit, die Veriahrung noch nicht eingetreten war. Die Prüfung hat nichts ergeben. Bezüglich der verjährten Sache konnte das Gericht nicht einschreiten. Sollte die gerichtliche Untersuchung etwas ergeben, so werde ich der Erste sein, der solche Tinge ver- urtheilt. Abg. Hirsch(dfr.): Herr von Stumm soll, wie mir berichtet ttnrb, nur den Vorwurf gemacht haben, daß meine Reden denen der Sozialdemokraten so ähnlich seien, wie ein Ei dem andern. Ich bin einer der ältesten Gegner des Sozialismus. Ich habe die Alters- und Invalidenversicherung bekämpft, während Herr von Stumm sich immer als den eigentlichen intellektuellen Ur- Heber dieser Versicherungen hinstellt, also nähere Beziehungen hat als ich zur Sozialdemokratie, die auch dieses Gesetz vertheidigt. Wie kann man von Wohlwollen für die Arbeiter reden angesichts gewisser Arbeitsordnungen, welche die Arheiter de- drücken und sie zum Haß gegen das Kapital verleiten. Die Entlassung von Arbeitern wegen ihrer politischen Gesinnung kann ich nicht billigen. Die Sozialdemokraten sind ja eigentlich die wärmsten Anhänger der Staatsbahnen. Durch die Entlassung aus politischen Gründen wird man die sozialdemokratischen Ideen nicht verdrängen, ein solches schwächliches Surrogat für das Sozialistengesetz würde nur die Unzufriedenheit wachrufen. Abg. Hitze(Z.): Diese Gelegenheil war wohl nicht de- sonders geeignet für solche prinzipiellen Debatten, die sich sonst bei jeder Gelegenheit wiederholen könnten, ohne daß wir sie zum Anstrag zu bringen vermögen. Nicht die sozialdemokratischen Arbeiter, sondern die christlichen Arbeiter, die voll Pflichtgefühl sind, sind die besten Arbeiter. Wenn Fürst Bismarck auch er- klärt hat, daß es ohne die Sozialdemokraten keine Sozialpolitik geben würde, so braucht dies doch noch nicht wahr zu sein. (Heiterkeit.) Wir sind für die sozialpolitischen Maßnahmen immer eingetreten, ohne Rücksicht auf die Sozialdemokratie. Wir folgten damit nur echt christlichen konservativen Bestrebungen. Mit kleinlichen Maßregeln sollte man die Sozialdemokraten verschonen, weil dadurch die Sache nur verschlimmert wird. Wenn ein Arbeiter von seinen Genossen mit einem Vertrauensposten betraut wird, dann soll man 'hn deshalb nicht gleich als Agitator betrachten, Aber wenn ein Agitator gegen den Arbeitgeber hetzt, wie z. B. hier in Berlin die Jungen gegen die Alten, dann hat der Arbeit. geber das Recht, ihn aus seinem Betrieb zu entfernen, wie die Zungen aus der Partei ausgeschlossen sind. Abg. v. Helldorff(k.): Tie Sozialdemokraten verfolgen auch ideale Ziele, aber daneben auch materielle Zwecke mit recht materiellen Mitteln. die zum Theil sehr bedenklich sind. Die Aufhebung des Sozialistengesetzes war nur eine Probe, ich fürchte, daß diese Probe bald als gescheitert angesehen sein wird, daß wir uns nach anderen Mitteln umsehen müssen. Jedenfalls mu«. dem Arbeitgeber ebenso gut das Recht gegeben werden, seine Anschauungen zu verbreiten, wie dies seitens der Sozialdemo- kraten geschieht. Tie Unzufriedenheit wird durch die Agitation der Sozialdemokraten geschürt, sie erwächst nicht aus der Natur der Arbeiter heraus. Abg. Bebel: Die Bestimmungen der zitirten Werkstatt- Ordnung verbieten nicht etwa blos agitatorische Bestrebungen der Sozialdemokraten, sondern Bestrebungen, welche gegen Kaiser und Reich gerichtet sind. Dasselbe thut Herr v. Stumm in seinem eigenen Betriebe, indem er verbietet, daß ein Arbeiter tn seiner Gesinnung sich zur Sozialdemokratie bekennt. Ich erkenne vollständig an, daß kein Arbeitgeber es sich gefallen zu lassen braucht, daß in seinem Betriebe irgend welche politische Agitation, sei es sozialdemokratische, katholische oder sonstige, betrieben wird. Es ist aber falsch und das ist bei dem einen von dem Kommissar erwähnten Ar- beiter geschehen, wenn dieser Arbeiter nur deshalb entlassen wurde, weil er von seinem Rechte als Mitglied des Arbeiter- Ausschuffes Gebrauch gemacht hat. Ich halte es für ungesetzlich, einen Arbeiter zu entlassen, weil er an Vereinen und Versamm- lungen außerhalb des Betriebes theilgenommen hat. Es wäre etwas Anderes, wenn in den betreffenden Versammlungen direkt gegen die Eisenbahn-Werkstütte gehetzt worden wäre. Dies ist aber nicht der Fall gewesen. Wenn Herr von Stumm uns für keine politische Parte: hält, so stellt das seiner geistigen Kapazität ein sehr böses Zeugniß aus, die Regierung hält uns aber für eine politische Partei, sie ist also nicht entschuldigt. Die Maß- regeln des Herrn von Stumm richten sich übrigens gar nicht gegen die sozialdemokratischen Arbeiter allein, sondern auch gegen freisinnige Arbeiter.(Widerspruch des Abg. v. S t u m m.) Sie haben doch seiner Zeit denjenigen Arbeitern mit Kündigung gedroht, welche das damals fortschrittlicheNeun- kirchener Tageblatt" hielten! Bei unsfliegt nicht hinaus", wer unsere Meinung nicht theilt, sondern wer systematisch unsere Partei verleumdet. Darum handelte es sich auch auf dem Erfurter Kongreß. Wir habenffnicht die Schriften des Dr. Wille boykottirt, sondern ihm nur das Privileg entzogen, daß seine Schriften im Kommissionsverlage der Buchhandlung desVorwärts" verblieben. Wenn Herr Hitze heute den Versuch machen will, in der Buch- Handlung desVorwärts" die Schriften des Herrn Dr. Wille zu bestellen, so bekommt er sie ebenso wie dieIrrlehren" des Herrn Eugen Richter . Ich habe dem Abg. v. Stumm nicht nachgesagt, daß er Unsittlichkeiten rechtfertigt, sondern nur: in dieser Klaffe ist Unsittlichkeit in Hülle und Fülle, welche der Staats- anwalt sogar mit dem Mantel der christlichen Liebe bedeckt, wie im Fall Baare. Wenn er meint, wir hätten kein Programm und wüßten nicht, wie wir unseren Zukunftsstaat einrichten wollen, so sage ich: an dem Tage, wo der Bauplatz für den Zukunfts- staat frei ist, haben wir auch die Pläne fertig. Haben wir die Macht, unsere Ideen zu verwirklichen, dann haben wir auch die Möglichkeit; hoffentlich erleben Sie es noch.(HeUerkeit.) Ohne unsere Partei hätten wir kein Gesetz über die Sonntagsruhe che- kommen. Die Anschuldigung, als ob sozialdemokratische Arbeiter mit dem Feinde gemeinsame Sache zu machen bereit seien, eine Anschuldigung, die auf Landesverrath hinauskommt, muß ich auf das Allerentschiedenst« zurückweisen. Wir haben in öffent- lichen Kundgebungen ausdrücklich betont, daß wir nicht im Interesse der herrschenden Klaffen und der Regierung, wohl aber im Interesse der nationalen Existenz, also auch unserer eigenen Existenz, gegen den äußere» Feind zu Felde ziehen würden. Es ist nicht bewiesen worden, daß sozialdemokratische Arbeiter oder Beamte ihre Pflicht im Eisenbahnbetriebe vernachlässigt hoben. Weit gefährlicher für die Sicherheit des Betriebes scheint mir die Schienenflickerei.(Zu­stimmung links.) Zahlreiche Schienen sind so geflickt, daß sie im Falle einer stärkeren Benutzung im Kriege eine ernste Gefahr her­beiführen können. Die sozialdemokratischen Arbeiter könnten viel- leicht eines Tages Sie und Ihre Eefeöfchaft retten. Wenn Herr Möller bezweifelt, daß unsere Partei die stärkste ser, so bitte ich ihn, einmal den Versuch zu machen, die fünfjährige Legislatur- Periode aufzuheben. Wir fürchten die nächste Wahl nicht, wohl aber seine Partei. Herr v. Bennigsen hat sich für die Gewährung von Diäten nur erklärt als Kompensation des Wahlgesetzes.(Wider- spruch bei den Nationalliberalen.) Sie wollen eben kein allge- meines Stimmrecht. Das Zentrum hat durch die Zustimmung zu den Schutzzöllen, insbesondere zu Branntwein- und Zucker- Prämien, den reichen Leuten geholfen; es ist nach dem Friedens- schluß mit der Regierung gewillt, aus dieser Bahn fortzuschreiten; wir können das ruhig abwarten, denn mir sind sicher, daß wir davon den Erfolg haben werden.(Beifall bei den Sozial- demokraten.) Abg. Haußmau»(Dem.): Ich habe die Sozialdemokraten vertheidigt, weil sie ungerecht angegriffen waren, aber ich bin kein Begünstiger der Sozialdemokratie. Begünstiger derselben sind die Vertreter der Schutzzölle und jeder anderer Interessen- Politik.(Zustimmung links.) Geheimer Rath Wackerzapp erklärt, daß die beiden Ar- beiter entlassen seien, weil sie sich an einem sozialdemokratischen Parteitage betheiligt hätten, was als agitatorisches Auftreten zu bezeichnen ist. Zwei andere Arbeiter seien nickt wegen agitatorischer Umtriebe, sondern wegen dringenden Verdachtes der Untreue entlassen worden. Abg. Schräder(dfr.): Nach den Erklärungen des Eisen- bahn- Ministers glaubte ich, die Werkstättenordnung sei auf­gehoben; denn er hat ausgeführt, daß er der Generaldirektion gegenüber betont habe, der Ausschuß solle nur bei agitatorischer Belhätigung eriolgen. Die Werkstättenordnung lautet aber viel allgemeiner. Ich halte es für falsch, eine Anordnung zu treffen, welche bestimmte politische oder wirthschaftliche Ueberzeugungen besonders trifft. Man schließe alle Arbeiter aus, welche Hetzen, aber nicht eine bestimmte Richtung. Eine bloße Theilnahme an einem Parteitage ist noch keine eigentliche Agitation. Täuschen wir uns darüber nicht; es giebt keine größeren Werkstätten ohne Sozialdemokraten; auch Freiherr von Stumm hat Sozial- demokraten in Arbeit; er weiß es nur nicht, und wenn er es erfahren wird, wird er sehr enttäuscht sei». Es hat mich er­schreckt, daß man rechts das lebhafte Bedürfniß fühlt, in irgend welcher Weise auf das Sozialistengesetz zurückzukommen. Sind Sie noch nicht klug genug geworden(Zuruf Kardorff's: Werden wir nie werden!), um einzusehen, daß durch eine solche Gesetz­gebung die Sozialdemokratie gefördert wird?(Zustimmung links.) Durch eine gerechte Politik wollen wir die Sozialdemokraten be- kämpfen, dadurch, daß wir den Arbeitern geben, was ihnen gebührt und namentlich ihre volle Gleichberechtigung anerkennen. Wenn die Sozialdemokratie als eine nicht politische, als eine nicht sittliche Partei dargestellt wird, so werden dadurch die Arbeiter verletzt, die sich jemals mit der Sozialdemokratie ver- Hunden haben. Wenn wieder die Sozialdemokratie stärker geworden sein wird, schreiben Sie es sich selber zu.(Zustimmung links.) Abg. von Stumm: DasNeunkirchener Tageblatt" ist da» mals von mir verboten worden, weil es schlimmere Agitation trieb als die sozialdemokratischen Blätter. Bezüglich der neuen Arbeitsordnung kann ich Ihnen schon heute erklären, daß ich allerdings die Bestimmungen, welche jetzt in der Arbeitsordnung beanstandet werden würden, das Verbot des frühen Heirathens, das Treiben eines anderen Geschäftes außerhalb der Fabrik:c., in einer besonderen Verfügung den Arbeitern bekannt mache und jeden, der dagegen handelt, mit der Kündigung bedrohe.(Aha! links.) Man nennt das ein Umgehen des Gesetzes; ich bin anderer Ansicht. Ich könnte ohne eine solche Maß- rege! die Verantwortung für den Betrieb nicht übernehmen. Herr Haußmann meinte, Herr Bebel sei mir in der Dialektik überlegen. Jedenfalls höre ich Herrn Bebels Ausführungen lieber als Herrn Haußmanns Redensarten.(Präsident v. Levetzow: Der Ausdruck Redensarien ist unzulässig.) Abg. Singer(Soz.): Die Enthüllungen des Abg. v. Stumm haben mich nicht überrascht, denn es war ja wohl zu erwarten, daß ein Ukas des Königs Stumm in Neunkirchen mehr Bedeutung hat, als(Präsident v. Leveyow bittet die WendungKönig Stumm" nicht zu gebrauchen) als die unter Mitwirkung des Abg. v. Stumm erlassene Gcwerbe-Ordnung. Das Verfahren des Herrn v. Stumm, einzelnen Ardeitern neben der allgemeinen Fabrik­ordnung noch zum 1. April bestimmte Vorschriften zu machen, ist eine direkte Umgehung der Gewerbeordnung; das werden vielleicht auch die Gerichte entscheiden, wenn sich die Arbeiter die besondere Verfügung nicht gefallen laffen, deswegen die Kündigung erhalten und dagegen klagbar werden. Ich weiß in der Thal mit der Ge- sinnung der Arbeiter des Herrn v. Stumm besser Bescheid, als er selbst, denn er mag es mir wirklich glauben, daß in dem Be- triebe des Herrn von Stumm Sozialdemokraten vorhanden sind. Die entlassenen Arbeiter der Werkstätten haben keinen sozial- demokratischen Parteilag besucht, sondern einen Kongreß der Eisenarbeiter, der nur Fachfragen behandelte. Da ich natürlich nicht annehmen kann, daß der Herr Regierungsvertreter bewußt die Unwahrheit sagte, muß ich annehmen, daß seine Beamten ihn sehr schlecht unterrichten. Nach der neuen zum I. April in Kraft tretenden Gewerbe-Ordnung kann die Arbeitsordnung sich gar nicht mehr um das Verhalten der erwachsenen Arbeiter außerhalb des Betriebes kümmern. Das würde ungesetzlich sein und gegen§ 134 d verstoßen. Vielleicht will aber die Eisenbahn- Verwaltung das Gesetz eben so umgehen, wie Herr von Stumm. Ein entlassener Arbeiter wurde als solcher bezeichnet, der im Verdacht der Untreue gestanden habe; der detreffende Arbeiter hat die besten Zeugnisse von feiner vorgesetzte» Behörde und von der Polizeibehörde erhalten, wie man sie einem der Unredlichkeit Verdächtigen nicht zu geben pflegt. Er hatte nicht ermitteln können, aus welchem Grunde er entlassen wurde. Das Verhalten des Regierungsvertreters diesem Manne gegenüber ist parlamentarisch unqualifizirbar(Pfui! links). (Präs. von Levetzow verbittet sich solche unparlamentarischeu Bemerkungen.) Für die Ehre dieses Mannes muß ich gegenüber den Ausführungen des Regieruvgsvertrelers eintreten.(Zu­stimmung links.) Im Uebrigen bekenne ich mich dazu, die De- batte angeregt zu haben. Sie war für unfere Zwecke sehr frucht- bringend, namentlich durchf die unfreiwillige Wirksamkeit der Zerren von Stumm und Möller für unsere Partei. Wenn die erren recht fleißig so fortfahren, werde ich Veranlassung nehmen, für sie die Ehrenmitgliedschast bei der sozial­demokratischen Partei an geeigneter Stelle zu beantragen.(Heiterkeit). Geheimer Rath Wackerzapp: Die beiden Arbeiter haben sich nicht an einer Versammlung der Eisenbehnarbeiter betheiligt, fondern an einem sozialdemokratischer Parteitage in Offenburg . Der Arbeiter, der wegen des Verdachtes der Untreue entlassen ist. ist ein anderer, als der, von dem Herr Singer sprach. Das wird sich herausstellen, wenn der Name genannt wird. Abg. v. Kardorff(Rp.): Wenn die Sache so weiter geht wie jetzt, wo Herr Singer sagt: Der Kriegsminister möge doch einmal den Versuch machen, die sozialdemokratischen Unteroffiziere auszu- merzen, dann können wirnichtmehr auskommen.dannmüffen wir eine Verschärfung des Preßgesetzes und des Vereinsgesetzes herbeiführen. Die Eisenbahn-Verwaltung geht nicht scharf genug vor gegen die Sozialdemokraten. Sie sollten sich nicht blos auf die Entlassung der sozialdemokratischen Agitatoren beschränken, denn jeder, der sich zur Sozialdemokratie bekennt, darf nicht einen Augen- blick länger in einer königlichen Werkstatt bleiben.(Zustimmung rechts.) 4 Abg. Barth: Was Herr v. Kardorff ankündigt, geht ja noch weit hinaus über das Sozialistengesetz. Herr Hänel hat damals zur Abwehr des Sozialistengesetzes eineVerichärjung des gemeinen Rechts versucht, aber den Versuch bald aufgegeben. Aus der Handhabung des Sozialistengesetzes hat er aber die Ueberzeugung gewonnen, daß nichts verderblicher ist als das Sozialistengesetz. Es ist ein Glück, daß das Gesetz endlich ausgehoben wurde, denn sonst hätte die Sozialdemokratie noch mehr Zuwachs erhalten. Ein solcher Erlaß, wie er hier diskutirt wird, ist so gut wie ein Wechsel auf 1000 weitere sozialistische Stimmen. Wenn die Herren von der Rechten glauben, durch solche Beschränkungen der Presse und der Versammlungen etwas zu verbessern, so ver- gessen sie, daß sie dadurch einen Kamps herausbeschwören, der nahezu an den Bürgerkrieg streift. Abg. v. Kardorff: Wir wollen erst mal warten bis zu den nächsten Wahlen. Aber ich sehe nicht ein, weshalb Herr Barth sich bei den Sozialdemokraten noch mehr insinuiren will; er hat ja bei der Wahl des Fürsten Bismarcks genug geleistet, indem er seinen Freunden den Rath gab, für den Sozialdemokraten zu stimmen. Abg. Barth: Herr v. Kardorff hat meinen Worten die Be- deutung beigelegt, daß ich mich bei den Sozialdemokraten insinuiren will. Ich habe die Sozialdemokraten mehr bekämpst als Herr v. Kardorff, der durch die Unterstützung der Interessen« Politik die Sozialdemokratie gefördert hat. Abg. v. Kardorff: Herr Barth meint, ich hätte seinen Worten die und die Bedeutung beigelegt. Ich lege seinen Worten überhaupt keine Bedeutung bei.(Heiterkeit rechts.) Abg. Barth:. Ich merke, daß den Worten des Herrn v. Kardorff die Bedeutung eines Witzes beigelegt wird. Nachdem ich mich davon überzeugt, sehe ich ein, daß wir unZ nicht mehr verständigen können. Damit schließt die Debatte. Persönlich bemerkt Abg. v. Bennigsen: Aus einer Bemerkung des Herrn Bebel könnte hervorgehen, daß ich für die Beseitigung des geheimen Wahlrechts eingetreten sei. Ich habe bei dem Diätenantrage darauf hingewiesen, daß die Anregung der Diätenfrage die Neigung auf anderer Seite stärken könne, das Wahlrecht über- Haupt zu ändern. Abg. Bebel: Der stenographische Bericht wird beweisen, daß bei dieser Stelle von links her ein lebhaftes hört! hört! erklang, weil man diese Stelle so auffaßte, wie ich sie heute aufgefaßt habe. Ich muß auch nach der heutigen Erklärung des Herrn v. Bennigsen annehmen, daß in der nationalliberalen Partei ein gewisser Widerwille gegen die geheime Wahl vorhanden ist. Tie Ausgaben für die Eisenbahnwerkstätten werden darauf genehmigt und um SV« Uhr die weitere Berathung bis Sonnabend 1 Uhr vertagt. ZtarlsmenkKeifötes. Die Wahlpriisungs-Kommissio» erledigte gestern die in Bezug auf die Wahlen der Abgeordneten Hastedt(Harburg), Hermes(Brandenburg ), von Janka Polczynski(4. Danzig ), von Normann(7. Stettin ) seiner Zeit vom Reichstag beschlossenen und mittlerweile eingegangenen Erhebungen. Die letzteren er- gaben die theilweise Richtigkeit der behaupteten Beschwerden. doch sind dieselben nicht derart, daß daraus ein störender Einfluß auf die Giltigkeit der Wahl hergeleitet werden könnte. Nur in Bezug auf die Wahl in Brandenburg wurde wegen der dort, in- folge landräthlichen Erlasses, erfolgter Beschränkung der Oeffent- lichkeit der Wahl, die Ungiltigkeit beantragt. Der Antrag wurde aber mit 6 gegen 2 Stimmen abgelehnt. VelrkeittElstvirhken. Der Erlaß des Herzogs Georg zu Sachsen und das Urtheil der sozialdemokratischen Presse. Stettiner Volksbote": Die Mißhandlungen der Soldaten sind ollen Heeren gemeinsam zu eigen. Wurde doch vor ganz kurzer Zeit gemeldet, daß sogar in der freien Schweiz derartige Dinge passirt sind. Und soeben durchläuft eine Nach- richt aus Warschau die Presse, nach welcher ein Oberst einen Feldwebel und einen Unteroffizier, weil diese den Morgengruß nicht erwiderten, mit dem Revolver niederschoß wie tolle Hunde! Und der Mörder spaziert frei herum und ist nach wie vor ein achtbarer Mann", denn die bunte Uniform hat ein Vorrecht. Wer die Soldatenmißhandlungen beseitigen will, muß den ganzen Militarismus beseitigen. Einen anderen Ausweg giebt es nicht. Elberfelder. FreiePresse": Wir möchten gewisse ?>erren, die bei solchen Mißhandlungen vielfach mitzuthun de- ommen, deren Wort von schwerer Bedeutung ist, da es von denselben in gar vielen Fällen abhängt, ob man Gerechtigkeit walten läßt oder schreiende Ungerechtigkeit begeht, welche Herren aber im dunklen.Hintergrunde stehen und darum gar leicht überseht werden, diesen Herren möchten wir eine größere und einer größeren Aufmerksamkeit empfehlen. Wir meinen nämlich, die- zenigen Herren Aerzte, welche über vor- gekommene Soldatenmißhandlungen ihr Gut- achten abzugeben haben, welches für die richterliche Behandlung des vorliegenden Falles, für Verurtheilung oder Freisprechung des Beschuldigten maßgebend ist.... Wir erinnern hier nur an den einen vor ein paar Jahren in der Stadt Kempten vorgkommenen Fall. Ein Unteroffizier hatte einen Soldaten, um dessen Knieedurchzudrücken", so lange aus zwei Stühle legen und in so barbarischer Weise dessen Beine zwischen den Stühlen beschweren laffen, daß der Arme für sein ganzes Leben ein Krüppel ist. Der Unteroffizier wurde aber freigesprochen, weil die zu Rathe gezogenen Aerzte einen Zusammenhang des krankhaften Zustandes des Soldaten mit der vorhergegangenen Mißhandlung nicht finden konnten. Ein Schrei der Entrüstung ging durch die Bevölkerung, als man diese Freisprechung erfuhr. Aber was war zu machen? Nichts, einfach nichts, es war Alles geschehen im Interesse derDisziplin", auch die Beurtheilung der Aerzte, und da zog Michel die Zipfelkappe wieder herunter und schlief weiter. Und wie es in diesem Falle g«« schehen, geschah und geschieht es noch oft, viel öfter als man erfährt und glaubt. Was soll man von solchen Vertretern der medizinischen Wissenschaft sagen? Man neigt vielfach der An- ficht zu, der Mililärrichter sei in seinem Urtheile befangen. Aber wie sollte, könnte auch der gerechteste und unbefangenste Richter urtheilen, wenn ihm ein ärztliches Gutachten vorgelegt wird, in welchem eine schwere Mißhandlung als unbedeutend bezeichnet wird. Danach hat der Richter zu urtheilen. Wie man sieht, kann durch ein solches Gutachten der schreiendsten Ungerechtigkeit Thür und Thor geöffnet werde». Thüringer Volksfreund"(Sonneberg ): Die Kameraden" in den Kriegervereinen könnenstolz" sein, daß cs angesichts solcher Erlebnisse, die nicht nur allein:m sächsische» Armeekorps vorkommen, imnier noch ausgediente Soldaten giebt. die an dem Tratsch der Kriegervereine ihre einzige Freude haben. Dummheit und Heuchelei fordern halt auch ihr« Opfer I »» Polizeiliches, Gerichtliches»e. Die Staatsanwaltschaft zu Nordhansen hat gegen das Urtheil des dortigen Landgerichts Revision an- gemeldet, welches den Redakteur I l l g e vom Halleschen Bolksblatt" von der Anklage freisprach, durch den Artikel dem Arbeiter eine tüchtige Last und die Peitsche!" aufgereizt und Slaaiseinrichtungen verächtlich gemacht zu habe». Es handelt sich um dieselbe Sache, in welcher das Hallesche Landgericht den Genossen Jllge zu einem Jahre Gesängniß verurtheilte. Dos Reichsgericht hob seinerzeit dieses Erkenntniß aus und verwies die Angelegenheit zur anderweitigen Verhandlung nach Nordhausen . Genosse Berg in Zeitz sollte nach Ansicht des Staatsanwalts durch die Boykottirung einiger dortiger Lokale sich der Nöthignng und des groben Unfugs schuldig gemacht haben. Sowohl das Zeitzer Schöffengericht wie das Landgericht zu Naumburg erkannte» zedoch aus Freisprechung. Der Redakteur Hülle von der �Thüringer Tribüne" wurde vom Landgericht Erfurt zu 3 Monaten Gesängniß ve tut theilt. weil er durch Abdruck des LiedesHalt« Wort" die Soldaten des deutschen Heeres zum Bruch des Fahnen- eides und die Reichs- und preußischen Staatsbeamten zum Bruch ihres Diensteides aufgefordert haben sollte. Im letzten Vers« dieses Liedes fordert der Dickter aus, einen erzwungenen Schwur, deinFürsten - oder Pfaffenthum" für's ganze Leben zu dienen, nicht zu halte». Hülle erklärte in der Verhandlung, di« be- hanpteten Vergehen könnten in dem Gedicht um so weniger ent­halten sein, als weder der Fahneneid der Soldaten, noch der