Einzelbild herunterladen
 

Mr. 141. 18. Jahrgang. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt. Donnerstag, 20. Juni 1901.

Wider den Arzneiwucher!

-

Wir werden um Aufnahme der folgenden Erklärung ersucht: Der Kampf, den seit dem 1. Mai dieses Jahres die Berliner Krankenkassen gegen die Apotheker führen, um wenigstens in geringem Maße die Ausbeutung des arbeitenden Volts durch die hohen Arzneipreise zu mildern, dieser Kampf ist seit dem 20. Juni in ein neues Stadium getreten. Die vereinigten Apothekenbesitzer Berlins haben beschlossen, von diesem Tage ab den Kranken­kaffen den ihnen bis dahin gewährten Kredit zu entziehen, und Arzneien an Kassenkranke nur noch gegen Barzahlung zu verabfolgen.

Ruhigen Mutes und mit unverminderter Siegeszuversicht steht die Centralkommission der Krankenkassen Berlins " und sehen mit ihr die Krankenkassen, die sich dem Vorgehen gegen die Apotheker angeschlossen haben, dieser neuesten Weudung des Stampfes entgegen. Beweist doch gerade dieser Entschluß der Apotheker, daß sie selbst auf einen Erfolg der bisher angewandten Mittel nicht mehr rechnen und deshalb, unter Verlengnung ihres bisherigen Standpunkts, noch diesen letzten verzweifelten Versuch unter­

nehmen wollen.

Als der Kampf begann, da erklärten die Apotheker feierlichst, daß sie nicht gegen die Krankenkassen, sondern nur gegen die Kassen­borstände Krieg führen, daß sie die armen Kranten nicht für die Sünden der Vorstände büßen lassen wollten, und daß fie deswegen den Kredit nicht entziehen würden.

Damals hofften ja die Herren Apotheker noch, daß es ihnen ge­lingen würde, die Kaffenmitglieder gegen die Maßnahmen, welche in ihrem Interesse von den Vorständen beschlossen waren, aufzuhezzen; man dachte, daß die kleinen Unbequemlichkeiten, welche die neue Regelung des Arzneibezugs notwendig mit sich brachte, und die fleinlichen Chitanen, welche die Apotheker noch dazufügten, genügen würden, um den Krankenkassen den Frieden um jeden Preis und wäre es selbst der endgültige Verzicht auf jegliche Milderung des Arzneiwuchers als erstrebenswert erscheinen zu Laffen. An dem gefunden Sinn, an der, wie so oft, so auch in diesem Falle glänzend bewährten Opferwilligkeit der werk­thätigen Bevölkerung Berlins ist diese durchsichtige Spekulation elendiglich gescheitert!

-

-

Die Kaffenmitglieder durchschauten auf den ersten Blick die Apotheker, als sie sich ihnen in der Maste des Arbeiterfreundes" näherten, heuchlerisch Krokodilsthränen darüber bergießend, daß der Arbeiter zum Arzneikonsumenten zweiter Klasse degradiert werde" Hatte doch bis dahin die Arbeiterfreundschaft" der Apotheker sich nur Darin geäußert, und das war ja gerade die Ursache des Kampfes gewesen, daß den Arbeiterkaffen für die Arzneien höhere Preise abgenommen wurden, als sie selbst der Millionär zu zahlen hat.

-

-

Nicht mehr Erfolg hatte die Behauptung der Apotheker, daß die Droguisten, von denen seit dem 1. Mai die Kassen den größeren Teil des Arzneibedarfs bezogen, minderwertige Arzneimittel liefern könnten. Daß die Droguisten das auch wirklich thun, das zu be= haupten, hatten die Apotheker wieder nicht den Mut, denn die Be­hauptung hätten sie ja wahrscheinlich vor dem Strafrichter vertreten müssen. Aber so, wenn man nur die Möglichkeit behauptete, war man ja garnicht zu fassen. Leider verfing aber auch dies Mittel nicht im geringsten. Es wurde vielmehr grade aus Anlaß des Apotheken­boykotts" die Erinnerung wachgerufen an Vorgänge, welche es mehr als zweifelhaft erscheinen lassen, ob denn wirklich die Berliner Apotheker in ihrer Gesamtheit berufen sind, als Hüter und Wächter geschäftlicher Reellität im Arzneimittelhandel aufzutreten.

Im Jahre 1887 sah sich der Central- Verband Homöopathischer Vereine in Deutschland " veranlaßt, einmal die Berliner Apotheken darauf zu prüfen, ob von ihnen homöopathische Rezepte auch ordnungsmäßig ausgeführt werden, oder ob, wie das Gerücht ging, statt dessen einfach reiner Spiritus oder Milchzucker verab reicht werde. Es wurden zu diesem Zwede sämtlichen Apotheken -damals 89- Rezepte zugestellt, die in ihrer Form ganz homöo­pathischen Verordnungen entsprachen; mur waren nicht Arzneimittel verschrieben, sondern statt dessen waren Namen eingesetzt, die zwar so flangen, wie Arzneimittelnamen, thatsächlich aber Krankheits­bezeichnungen und dergleichen waren.

Die gewählten Namen waren: Urticaria rubra rote Resselfriesel,

-

-

-

mitte!

-

LIEFERANT

Krankenkassen

Berlin's der Vororte

fann soweit also die gegen Barzahlung ent­es im Interesse der Interesse der Mitglieder, trag des Rezepts, wenn Das verauslagte Geld Abgabe des von Re stempelten Kassenbureau oder von

seitigen, der etwa noch gegen die Beschaffenheit der aus Droguen- Dagegen werden in allernächster Zeit in der Gegend des Wedding geschäften bezogenen Waren geäußert werden konnte. Die Arznei- zwei neue Apotheken zugelassen werden; eine entsprechende Bekannt: die sogenannten Specialitäten"-, welche zu verweigern machung bleibt vorbehalten. Eine Inanspruchnahme andrer als der zur Lieferung zu die Apotheker beschlossen hatten, wurden von einem Teile derselben anstandslos geliefert! Vor allem aber: es gelang absolut nicht, gelaffenen Apotheken ist nur in dringenden Fällen gestattet. Soweit der Arznei- Bedarf der Kassenmitglieder nicht aus einen Gegensatz zwischen Kassenvorständen und Kaffen: Droguengeschäften oder den beiden an erster Stelle genannten mitgliedern hervorzurufen. Im Gegenteil: kaum eine Klage Apotheken gedeckt werden der Mitglieder wurde laut, alle vielmehr waren mit ganzem Kaffenmitglieder Arzneien Herzen und voller Begeisterung bei dem Kampfe, standen wie nehmen müssen, liegt Kasse und damit im eignen ein Mann hinter den Vorständen! Daß die Apotheker unter diesen Umständen die Selbsttäuschung daß die Kranken den Be aufgaben, als ob der Kampf nur von den Vorständen, nicht von den angängig, verauslagen. wird jederzeit gegen Mitgliedern ausgehe, ist verständlich. Daß sie wie der Ertrinkende der Apothefe ge= entweder im zum Strohhalm greift als leztes Mittel die Kreditverweigerung epts Dadurch aber, daß sie diesen Versuch den in diesem Verzeichnis aufgeführten, an obenstehendem Schilde versuchen, ist begreiflich. unternehmen, während Einigungs- Verhandlungen im Gange fenntlichen Droguengeschäften erstattet. Mitglieder, die den Betrag find, verleken die Apotheker ein ungeschriebenes Gesetz, das des Rezepts nicht verauslagen tönnen, erhalten in denselben sonst selbst im Kampfe der Völker noch beobachtet zu werden Droguengeschäften gegen Quittung den notwendigen Vorschuß, sie Abholung des Meditaments aus pflegt: das Gesetz, dak, solange Friedensverhandlungen müssen jedoch dann nach Restbetrag schweben, neue Feindseligkeiten nicht unternommen werden der Apotheke das gestempelte Rezept und den des Vorschusses gegen Rückerstattung der Quiltung dem dürfen! Ein solches Vorgehen ist aber auch ein Schlag ins Gesicht betreffenden Droguisten aushändigen. Zur Bermeidung von Unt der Aerzteschaft, insbesondere derjenigen Herren, von denen der Ver- annehmlichkeiten hat die Rüdlieferung möglichst noch an demselben fuch zur Beilegung des Kampfs ausging. Glauben die Apotheker Tage zu geschehen. bielleicht, dadurch die Sympathien der Aerzte zurückzugewinnen? Die Centralfommission der Krankenkassen Berlins " ist ihrer seits in der loyalsten Weise verfahren. Sie hat das Flugblatt, das in diesen Tagen erscheinen sollte, mit Rücksicht auf die Einigungs­berhandlungen vertagt, sie hat die Volksversammlungen, die statt­finden sollten, verschoben. Auf den Bruch des Waffenſtillstandes, welchen die Kreditentziehung darstellt, kann die Centralkommission nun nur durch den Abbruch der Einigungsverhandlungen ant worten.

Den Herren Aerzten, welche im Interesse der Krankenkassen die undankbare Rolle eines Vermittlers auf sich genommen haben, danken wir für ihre opferwilligen Bemühungen. Wir bedauern, daß diese Bemühungen nicht von Erfolg gefrönt waren. Wir wissen uns aber eins mit den Rassenmitgliedern in dem Gefühle, daß eine Fort fegung der Verhandlungen unter diesen Umständen mit unsrer Ehre nicht verträglich gewesen wäre.

Die Herren Apotheker wollen den Kampf, fie mögen ihm haben: den Kampf ,, bis auf's Messer". Sache der Kaffen mitglieder wird es sein, und in diesem Kampfe mit demselben Opfermut wie bisher zu unterstützen.

Die Centralkommission der Krankenkassen Berlins und der Vororte.

*

%

*

Die Mitglieder derjenigen Krankenkassen, welche sich dem Vor­gehen der" Centralkommission der Krankenkassen Berlins " an­geschlossen haben, erhalten die aus Droguengeschäften zu beziehenden Medikamente, wie bisher, von den zur Lieferung zugelassenen Dro­guisten ohne weiteres gegen Abgabe des vom Arzte unterschriebenen gelben Rezeptformulars ausgehändigt.

Die den Apotheken vorbehaltenen Medikamente( weiße Rezept­formulare) werden von der Kaiser Wilhelm- Apotheke( Apotheker Beutel), NO., Landsbergerstr. 3;

der Sedan- Apotheke( Apotheker Dr. Wedel), Schöneberg , Sedanstr. 3,

auch ferner auf Kredit geliefert. In ihrem eignen Intereffe werden daher die Kaffenmitglieder gebeten, soweit angängig, diese Apotheken zu bevorzugen.

Die übrigen zur Lieferung zugelassenen Apotheken gewähren fernerhin keinen Kredit, sondern geben Medikamente an Kaffen­mitglieder nur gegen Barzahlung ab. Es sind dies:

Centrum: Apotheke zum schwarzen Adler, Königstr. 51. Fortuna- Apotheke, Dragonerstr. 6a. Löwen- Apotheke, Jerufalemer straße 30. Kommandanten- Apotheke, Seydelstr. 16.

Westen: Humboldt- Apotheke, Potsdamerstr. 29. Barbarossa­Apotheke, Kurfürstendamm 1. Kurfürsten- Apotheke, Genthinerstr. 20. Ballas- Apotheke, Golzstr. 23. Wittes Apotheke, Potsdamerstr. 84a. Engel- Apotheke, Stanonierstr. 44.

=

Süd Westen: Johanniter- Apotheke, Plan- Ufer 11. Kreuz­ berg - Apotheke, Belle Allianceftr. 75. Augufte Victoria- Apotheke, Königgrägerstr. 52. Apotheke zum goldenen Einhorn, Gneisenau straße 92. Anhalter- Apotheke, Yorkstr. 18.

Süden: Apotheke zur Somme, Prinzenstr. 102. Apotheke zum Schwan ,, Oranienstr. 148. Urban- Apotheke, Urbanstr. 118. Hohen staufen- Apotheke, Boedhstr. 30.

W

Süd- Osten: Neander- Apotheke, Neanderstr. 29. Görliger Apotheke, Görligerstr. 48. Adalbert Apotheke, Adalbertstraße 16. Emmaus Apotheke, Reichenbergerstraße 150. Springers Apotheke, Manteuffelstraße 105. Apotheke am Schlesischen Thor, Stalizer­

Osten: Gradts Apotheke, Stralauer Plaz 20. Krugs Apotheke. Borndorferstr. 53. Reichsadler- Apotheke, Große Frankfurterstr. 134, Blumen- Apotheke, Blumenstr. 73. Stern- Apotheke, Bofenerstr. 7. straße 50. Apotheke zu den Frankfurter Linden, Gr. Frankfurter­Nord- Osten: Apotheke zum schwarzen Adler, Neue König­Straße 108. Siegfried Apotheke, Greifswalderstraße 10. Deutsche Apotheke, Büschingstr. 15.

Pemphigus foliaceus bösartiger Blasenausschlag. Tuber cinereum grauer Hirnhöcker( Teil des Körpers), Madaroma fraudulentum betrügerischer Glazkopf! Von den 89 Apotheken fertigten 77 diese Rezepte mit den nicht exiftierenden Arzneimitteln an, und nur 12 verstraße 72. 77 Apotheker weigerten die Anfertigung. nahezu sieben Achtel der damals vorhandenen verübten also direkt einen Betrug; 29 Apotheker berechneten dabei die gelieferte Arznei" noch teurer, als dies nach der Tage zulässig war. Die Geschäftsnachfolger und die Erben jener Betrüger bom Jahre 1887- ja vielleicht zum Teil noch diese selbst­gehören aber heute mit zu denen, welche den Krankenkassen­Mitgliedern den Arzneibezug aus den Droguengeschäften ver­leiden wollten, weil die Droguisten minderwertige Waren liefern könnten. Schwerer hat vielleicht niemals jemand sich gegen den alten Spruch vergangen: Wer im Glashause fitt, soll nicht mit Steinen werfen".

-

A

P

=

Norden: Prinzen- Apotheke, Prinzen- Allee 69. Nord- Apotheke, Schulstr. 1. Prinzessin Victoria Louise - Apotheke, Voltastraße 44. Apotheke zum gekrönten schwarzen Adler, Auguststr. 60. Zions­Gustav Adolf Apotheke, Koloniestr. 1. Apotheke, Anklamerstr. 39. Nordhafen- Apotheke, Fennstr. 31. Borussia Apotheke, Schönhauser Allee 56. Marien- Apotheke, Wörtherstr. 40. Grüne Apotheke, Chaussee­straße 19. Auch die Unbequemlichkeiten des Kampfs wirkten auf die Nordwesten: Roland Apotheke, Turmstr. 16. Diana­Kassenmitglieder nicht in der Weise, wie es die Apotheker erhofft Apotheke, Turmstr. 28. Moabiter Apotheke, Alt- Moabit 18. Fellers hatten. Billig nahmen die Kranken und ihre Angehörigen die Kleine Apotheke, Lübederstr. 32. Schiller Apotheke, Alt- Moabit 35. Mühe in den Kauf, die der weitere Weg zur Apotheke usw. be- Kronprinzen- Apotheke, Hindersinstr. 1. Stephan- Apotheke, Stendaler­Phönig Apotheke, deutet. Sagte sich doch ein jeder:" Der Kampf ist unser Kampf, straße 11. Polnische Apotheke, Mittelstr. 56. der Sieg wird uns eine bessere Versorgung in franken Tagen Birkenstr. 6. Beussel- Apotheke, Beuffelstr. 55. Charlottenburg : Friedrich Wilhelm Apotheke, bringen". Lächelnd ertrug man die kleinliche Chikane, daß ein Teil der zugelassenen Apotheker die Kranten abfichtlich lange auf die Straße 89. Pestalozzi Apotheke, Kaiser Friedrichstr. 61 B. Apotheke. Kantstr. 151. Hof- Apotheke, Berlinerstr. 71. Arznei warten ließen, nur um ihnen zu zeigen, welche Ueberlastung Apotheke, Potsdamerstr. 31. der zugelassenen Apotheken durch die Aussperrung der übrigen ent­standen sei. Und wenn Kranke darüber empört waren, daß sie die bom Arzt verordnete Medizin nicht erhalten fonnten, so galt die Empörung nicht den Kaffenvorständen, die das verschuldet haben sollten, sondern den Apothekern, die aus Chikane und wider Recht und Gesetz die Abgabe verweigerten und so allerdings die Gemeinschädlichkeit ihres Monopols aller Welt aufe deutlichste vor Augen führten.

-

=

Wir haben das Vertrauen zit der oft bewährten Opferwilligkeit der Berliner Arbeiterschaft, daß die Kassenmitglieder diese geringe Unannehmlichkeit im Interesse unsrer guten Sache gern ertragen werden. Wir rechnen ferner auf die Unterstützung der Berliner Bevölkerung auch in der Beziehung, daß die Angehörigen der Kassenmitglieder und die andern nicht versicherungs­pflichtigen Personen künftig ihren Arzneibedarf in erster Linie aus Droguengeschäften decken und, soweit dies nicht angängig, ben zur Kaffenlieferung zugelassenen Apotheken( siehe oben) den Vorzug schenken werden.

Tokales.

Zum Apotheken= Boykott.

Der Verein der Apothekenbefizer hat in seiner gestrigen Ber sammlung beschlossen, den Krankenkassen den bisher genossenen Kredit zu entziehen. Die Mitglieder derjenigen Krankenkassen, welche der Centralfommission angeschlossen find, wollen in dem Falle, daß sie von den Apotheken Medikamente beziehen müssen, soweit es in ihren Kräften steht, die Medikamente gegen Quittung fofort beim Empfang in der Apotheke bezahlen und das verauslagte Geld von der Kasse zurückfordern. Es sind jedoch nach wie vor nur die= jenigen Apotheken zu benutzen, welche auf der Rückseite der Rezept­formulare verzeichnet stehen, da andrerseits keine Rückerstattung der Gelder erfolgen kann. Wer nicht im stande ist, das Geld für Medikamente auszulegen, wird ersucht, sich zu dem nächsten der im Verzeichnis angegebenen Droguengeschäft zu begeben und dort gegen Vorzeigung des vom Arzt ausgestellten Rezepts das benötigte Geld in Empfang zu nehmen.

Und abermals das Rabenaas.

Die bekannte Rabenaasstrophe, mit der wir uns zulegt in Nr. 122 unsres Blattes befaßten, kann immer noch nicht zur Ruhe kommen. Diesmal ist es wieder der Generalsekretär der freien firchlich- socialen Konferenz, Herr Lic. Mumm, Berlin N., Bergstr. 39, der zu mäch tigem Schlage ausholt. Da die zahlreichen Zuschriften, die uns in der Angelegenheit zugegangen find, beweisen, daß unter unsrer Leser­schaft einiges Interesse für den widerlichen Gesangbuchstreit vors handen ist, so fühlen wir uns verpflichtet, das gestern in ein­geschriebenem Brief an uns gerichtete Schreiben des Herrn Mumm trotz seiner manchmal etwas heftigen Ausfälle hier vollständig wieder­zugeben. Es lautet:

Die Rabenaas Strophe will ein Herr, der Ihnen aus Rumänien schreibt, 1870 in der Stadtkirche zu Biberach gefunden haben. Vor mir liegt das Gesangbuch der evangelischen Ges meinde zu Biberach", das 1870 in der dortigen Stadtkirche in Gebrauch war. Ich stelle fest, daß das Gesangbuch die von dem Einsender angeführte Stelle nicht enthält. Der zweite Einsender aus Stuttgart will den richtigen und ganzen Tert" übersenden. Daß ein Kirchenlied drei vierzeilige Strophen hat, um mit einer dreizeiligen zu enden, ist schon recht unwahrscheinlich. Die Sache wird noch dadurch verschlimmert, daß hier zwei Rabenaas- Lieder zusammengeworfen sind, die im bisher ältesten Fundort beider Lieder, in der neuesten Liederkrone", Leipzig 1845, Druck von C. H. Haßfeld, getrennt sind. Dies pseudonym herausgegebene Werk ist durch seinen Ton als Satire zu erkennen nnd enthält außer diesen beiden Fälschungen eine dritte bodenlose Gemeinheit. Das Cuvrysche Gesangbuch ist weder mir, noch Herrn Archivrat Dr. Jacobs, der in Wernigerode die größte Gesangbuch- Bibliothet verwaltet, be­tannt.

"

Im Anschluß hieran ein interessantes Wort von Professor Karl Gödele: Professor M. Heyne, der jetzt in der Fortsetzung des Grimmschen Wörterbuchs den Buchstaben R bearbeitet, ist in den letzten Wochen scherzweise viel nach dem berüchtigten Rabens aas gefragt worden. Jeder der Bekannten wußte ein Gesangbuch zu nennen, in welchem der Vers oder das Lied enthalten sein follte. Ich habe jedes der Gesangbücher, die genannt waren, daraufhin durchgesehen, aber natürlich nirgends etwas der Art gefunden." Auch Professor Gödeke hält das Wort für einen Spottvers. Genug hiernach sehe ich in Gemeinschaft mit meinem Freunde Pastor Böhme einen Preis von 100 Mark für denjenigen aus, der uns das Gesangbuch einer evangelischen Gemeinde mit einer Rabenaasstrophe"( etwa in einer der Formen, die der Vorwärts" in Nr. 113 und 122 bringt) vorlegt. Ent­stehen Meinungsverschiedenheiten zwischen uns und dem Einsender, so entscheide die Redaktion des Vorwärts". So lange dieser Preis nicht gewonnen wird, halte ich es für unbillig, die Naben­aasstrophe weiter zur Verhöhnung des evangelischen Gemeinde­liedes zu gebrauchen.

-

Wenn nun so etwas wie ein neuer Sängerkrieg anhebt, eine Art archäologisches Preissingen, so müssen wir uns das aus Billig­Leibniz- teitsgründen wohl oder übel gefallen lassen. Nur fühlen wir einige Uhland- Bedenken, die uns angetragene Ehre des Schiedsrichteramts an Fallen- zunehmen. Denn gehen wir so recht mit uns zu Rate und prüfen uns auf unsre Würdigkeit und Befähigung in diesem Falle, so müssen wir gerknirscht gestehen, daß wir infolge langer Entwöhnung nicht sonderlich im stande sind, in einer religiösen Frage von solcher Stabilität in aller Form Rechtens zu judicieren.

Schöneberg : Pallas- Apotheke, Golzstr. 23. Rigdorf: Reichsadler- Apotheke, Bergstr. 13. Berg- Apotheke, Hermannstr. 146. Lichtenberg : Lichtenberger Apotheke, Dorfstr. 41c. Groß Lichterfelde : Adler- Apotheke, Drakestr. 56. Steglig: Apotheke von Nah, Albrechtstr. 19. Weißensee : Flora- Apotheke, König- Chaussee 9. Neu Weißenfee: Sonnen- Apotheke, Langhansstr. 82. Ju Ortschaften, welche nur eine einzige Apotheke besigen, fann Diese nach wie vor benutzt werden.

In der gestrigen Sitzung der Baudeputation, Abteilung V wurde wegen der Bahnbauten am Bahnhof Gesundbrunnen und wegen der notwendigen Anbringungen für das geplante Ueber­führungsbauwerk über den Bahnhof Gesundbrunnen im Zuge der Bellermann- und Swinemünderstraße beschlossen, den Bebauungsa plan der Abteilung XI zwischen Behm-, Bellermanns, Grünthalera straße und der Weichbildgrenze sowie der Gleimstraße und Ramlera straße abzuändern und eine neue Baufluchtlinie für die Straßen festzusetzen. Das noch unbebaute Gelände, besonders zwischen Leffing Apotheke( Piper), Bankstr. 45c; Adler Apotheke der Christiania - und Behmstraße und dem Bahnhof Gesunda ( Dr. Riefenfeld), Reinidendorferstr 1; Boruffia- Apotheke( Döhl), brunnen soll nunmehr der Bebauung erfchloffen werden. Zur Bea feftigung des Engpasses am Inselspeicher an der Fischerbrüde be

Wir bemerken, daß aus der Liste der zugelassenen Apotheken gestrichen sind, also nicht mehr in Anspruch genommen werden

So waren also alle Hoffnungen der Apotheker vergeblich. Immer besser vollzog sich die Arznei- Lieferung durch die Droguen­geschäfte; die von der Centralkommission" und der Droguisten­Innung eingerichtete besondere Kontrolle der Droguengeschäfte geleitet durch zwei ehemalige Apothekenbefizer, von denen der eine zur Zeit Assistent einer öffentlichen Untersuchungsanstalt ist fungierte aufs trefflichste und war geeignet, auch den letzten Verdacht zu be- Schöneberg, Hauptstr. 141.

-

dürfen: