Nr. 41.
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9. Jahrg.
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Redaktion: Beuth- Straße 2.
Ter Militarismus auf der Anklagebank.
Donnerstag, den 18. Februar 1892.
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Expedition: Beuth- Straße 3.
Aber die Zahl dieser Verbrechen nimmt ab die Was soll aus ihr werden, wenn ich nicht bin? Bin Offiziere werden dafür sorgen, daß sie auf das möglichst ich nicht ihre Stüße, ihre Grundlage, ihr Hoffnungsanker? niedere Maß zurückgeführt wird!" Ruhen Staat und Gesellschaft nicht auf mir? Was sind Falsch! die Zahl nimmt nicht ab; im Gegentheil, das sie ohne die Flinte, die schießt, und den Säbel, der Ja, auf der Anklagebank. Nicht als Triumphator, System, Dein System, Angeklagter Militarismus, bringt es haut?" wie er es bisher gewohnt, schaut er von der Höhe des mit sich, daß immer größere Anforderungen an die Sol- Um so schlimmer für diesen Staat und diese Gesellschaft. Bundesrath Olymps herab auf das parlamentarische daten gestellt, immer mehr Leistungen aus ihnen heraus- Und der Militarismus ist gerichtet. Er soll seinem „ Blachfeld "- nicht als stolzes Blümlein Rühr mich nicht gepreßt werden müssen. Und die Offiziere selbst Schicksale nicht entgehen. Er hat auf die Anklagebant an, das wie Cäsar's Weib unnahbar, thurmhoch über der wenn fie wollten und Engel Engel wären, was sie wandern müssen. Der Prozeß wird sich noch einige Zeit Kritik thront, nicht als der Schöpfer und Träger der sicherlich nicht sind- könnten die Schinderei nicht ver- hinschleppen. Das Urtheil steht aber schon fest: deutschen Reichsherrlichkeit, welcher Bewunderung und An- hindern, denn sie ist die nothwendige Folge des Systems, schuldig. betung heischt, das Gerede des profanen Volfes souverän Deines Systems, Angeklagter Militarismus! verachtet.
S
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" Ihr irrt! Der christliche Geist wird helfen. ChristenNein, auf der Bank der Angeklagten. Nicht frei- thum im Volt, Christenthum in der Kaserne das ist das willig, sondern hingeschleppt durch die öffentliche Meinung. Ideal. Laßt uns nur Zeit! Bekämpft mit uns den Ein glücklicher Zufall, oder die rettende That eines der Atheismus, und christliche Liebe wird in die Kaserne ein Politische Ueberlicht.
Opfer in offizieller Sprache ein unerhörter Ver- ziehen und das tausendjährige Reich der Gottesfurcht und trauensbruch", hatte, wie der Hinkende Teufel" frommen Sitte mit dem Korporalstock vorbereiten!" Berlin , den 17. Februar. des Lesage, das Tach abgehoben von dem funkelnden Eisen- Genug! Wie kannst Du Angeklagter nur das Wort Hente, am dritten Tage der Debatten über die palaste des Militarismus, und dessen bisher nur Wenigen be- Christenthum aussprechen, von christlichem Geist, christlicher Soldatenmißhandlungen, war das Interesse der Abkannte und von den Palastinhabern hartnäckig gelengnete Liebe reden? Das Christenthum sagt: Du solist nicht geordneten ersichtlich erlahmt. Nur der Umstand, daß das Greuel aller Welt bloß gelegt. Die Geheimnisse der tödten. Und Du, Angeklagter Militarismus, was sagst Ergebniß der Abstimmung über die vorliegenden Resolutionen Kaserne waren enthüllt, die gemüthliche Idylle der Ferien- Du, wozu erziehst Du das Bolt? Das Christenthum sagt: ein sehr zweifelhaftes war, veranlaßte, daß die Abgeordneten folonie war zerstört, der Moltke'schen Bildungsschule der Liebe Leinen Nächsten wie Dich selbst. Und Du bis zum Sizungsschlusse im Hause blieben. Bei Eröffnung Heiligenschein für immer abgestreift. predigst den Haß, und die Tödtung des Nächsten. Das Christenthum sagt: Du sollst Vater und Mutter lieben, auf daß es Dir wohl gehe auf Erden! Und Du, Angeklagter Militarismus, sagit: Du sollst Vater und Mutter tödten, wenn ich es Dir befehle! Keine Blasphemie mehr! Aber Ihr erregt Unzufriedenheit, Ihr wollt nur
Und jetzt sitt er nun auf der Anklagebank, der Militarismus, und fühlt sich als Angeklagter.
Wuchtig und niederschmetternd prasseln die Anklagen auf ihn nieder. Und was hat er geantwortet? Was hat er zu antworten?
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der Sigung ergab die Abstimmung über die Resolution von Bar, Auslieferung von Ausländern betreffend, welche per Hammelsprung vorgenommen werden mußte, zunächst zwar die übliche Beschlußunfähigkeit, doch half sich der Präsident dadurch, daß er sofort eine neue Sigung auf eine halbe Stunde später ansette. Bei der Wiedereröffnung sagten Herr von Caprivi ist ein kluger Mann und er Mißvergnügen erzeugen!" dann die Abgeordneten von Kardorff, Marquardsen, der weiß zu sprechen. Allein eine schlechte Sache ist Bleib bei der Sache, Angeklagter. Nicht was wir Pole Koscielsky, Hahn und Schädler ihr Sprüchlein auf. schlecht vertheidigen, und Herr von Caprivi hat wollen und thun, ist in Frage, souderr was Du gethan Was die Redner sagten, ist gleichgiltig und wurde entdie schlechte Sache nicht gut vertheidigt. Er ist haft, und thust. Und Deiner Thaten bist Du aus Deinem sprechend behandelt. Herr von Kardorff versuchte zwar gedrückt, und gleich ihm sind die übrigen Vertreter des eigenen Munde überführt. ein paar Wize zu machen, es gelangen ihm Militarismus gedrückt, niedergedrückt- fizzen sie doch auf Die Gerichtsverhandlung ist noch nicht abgeschlossen. aber nur Rüpeleien, wie sie eben nur ein schnapsbrennender der Anklagebank und das fühlen sie man sieht's Doch neue Momente werden nicht mehr zu Tage treten. Der Junker vorbringen kann. Herr Schädler versuchte den ihnen an. Militarismus hat zu seiner Vertheidigung vorgebracht, was Antrag der bayerischen Zentrumsabgeordneten, für Bayern Bu leugnen ist da nicht mehr der Angeklagte ist vorzubringen war. Er hat die Anklage in feinem Punkte eine Extrawurst zu braten, zu rechtfertigen, es gelang aber auf brennender That ertappt worden, der greifbare Beweis erschüttert, er hat sie nur noch gestärkt. Er hat seine dem Herrn nicht, das Dhr des Hauses zu fesseln. Beachtung liegt vor. Leuguen ist nicht, nur beschönigen, Ausflüchte Kulturfeindlichkeit rückhaltlos zugestanden. fand nur die Erklärung Schädler's, daß er und seine bayerischen Fraktionsgenossen für den Fall der Ablehnung ihres Antrages gegen die Resolution der Budgetkommission und für die Resolution Buhl- Richter stimmen würden. Nach diesem Redner wurde die Diskussion geschlossen und so unserem Genossen Bebel die Gelegenheit genommen, auf die unges zählten Angriffe während der Diskussion zu antworten. Nun, geschenkt wird den Herren doch nichts, denn aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Die Abstimmung ergab ein recht bewegtes Bild. Bon freisinniger und nationalliberaler Seite lagen zwei Anträge auf namentliche Abstimmung vor und zwar über Ziffer 2 der Resolution Buhl Richter und über den Antrag der Bayern . Die Abstimmung ergab folgendes Resultat: Zunächst wurde der Antrag von Gagern( Bayern ) mit 140 gegen 103
machen.
Besser, daß der Rekrut gar nicht lesen kann, als daß er sozialdemokratische Zeitungen lieft!"
Die Unthaten, die allgemeine Empörung hervorgerufen haben, sind nur Ausnahmen, die nicht ins Gewicht fallen, Das Wort wollen wir uns merken. Lieber die vollsie sind Folgen der Verrohung des Volks!" ständigste Barbarei, lieber Preisgebung aller Kultur, lieber Falsch! Es sind nicht Ausnahmen, erwidert der An- Burückwerfen in die Nacht finsterster Unwissenheit, als daß tläger, es sind Früchte des Systems, Deines Systems, An- das Volk das Bischen Bildung erlange, dessen es bedarf, geklagter! Und Du wagst von Verrohung des Volkes zu um die Lehre der neuen Zeit: die frohe Botschaft der reden? Wo die Verrohung ist, das zeigt Dir dieses Menschen- Befreiung in sich aufnehmen zu können. Schriftstück - Dein eigenes Geständniß, das um so werth- Das Wort soll dem Militarismus auf die Stirn gevoller ist, als es nicht für die Deffentlichkeit bestimmt war. brannt werden. Wo die Verrohung ist, das sagt uns der Erlaß des Herzogs Der Prozeß dauert fort. Der Angeklagte hat sein zu Sachsen . Wir wollen nicht, daß unser Volk beschimpft, Material erschöpft. Er kann sich nur noch krampfbaft ans und wir wollen nicht, daß es weiter verroht werde. Wir flammern an die herrschende Staats- und Gesellschaftswollen die Schule der Rohheit schließen.
Feuilleton.
Nachdrud verboten.)
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ordnung.
103 Stimmien
nicht nach dem Geldsack- Zensus beschränkt zu werden braucht. meist durch seine Lage zu schärferem Nachdenken veranlaßt Die Einzigen, welchen vernünftiger Weise ein größerer Einfluß wird und durch den täglichen Ideenaustausch mit vielen auf die Wahlen zugestanden werden könnte, würden die neben ihm arbeitenden Kameraden seinen Anschauungskreis höher Gebildeten fein; da aber diese durch ihre Ueberzeugungs- erweitert, seine Urtheile berichtigen läßt. Von unseren ge kraft und Belehrung ihren Einfluß auf weniger gehässige Weise wöhnlichen Bürger- und Handwerker- als Mittelstande läßt ausüben können, als durch die brutale Uebereinstimmung, sich noch mit vollem Rechte sagen, was Goethe von ihm in so werden sie gewiß gern auf jedes andere Vorrecht still seinem Faust sagt: schweigend verzichten.
oder
Mit wenig Wiz und viel Behagen Dreht jeder sich im engen Zirkeltanz wie Schiller noch fürzer sagt im„ Wallenstein ": Wie junge Katzen mit dem Schwanz Es dreht sich der Bürgersmann träg und dumm Wie des Färbers Gaul nur im Kreis' herum.
Ich hoffe, daß mir das Keiner von den verständigeren Herren Bürgern übelnimmt, da ich doch selber zu diesem
Was nun die politische Reife anbetrifft, so ist anBei uns gab es freilich vor hundert Jahren noch zuerkennen, daß ein großer Theil der Arbeiter noch in der feine Boltsvertretung. Als aber hier die Bourgeoisie Bildung zurück ist. Aber, wer anders trägt die Schuld, zur Herrschaft gelangt war, wurde eine solche ins als Diejenigen, welche dem Arbeiter sogar auch die geistigen Leben gesezt und, wie nicht anders zu erwarten, der Schäße entzogen, oder sagen wir: vorenthalten haben; und Umfang des Besiges zum Maßstabe der politischen Reife wenn Etwas die Regierungen und die Besigenden drängen und Rechtsbefugniß gemacht. So entstand das Klassenwahl kann, mehr für die Bildung der weniger Bemittelten zu thun, so Gesez, nach welchein angenommen werden muß, daß Einer, ist es ganz gewiß das allgemeine, gleiche und direkte Wahl- Stande gehöre." der bestimmt ist, Hunderttausende zu erben, von der Vor- recht. Möglich, daß wir im Anfang etwas ungeschickt damit Diese letzte Entschuldigung bewirkte, daß nunmehr die, fehung mit hundert mal mehr Berstand begabt wird, als umgehen werden, aber wir müssen es erst haben, ehe wir ganze Versammlung fast ansnahmslos in den schon bei den Giner, dem es beschieden ist, als Sohn eines armen Ge- damit umgehen lernen, denn der hämmert schlecht, der zum beiden Bitaten erhobenen Beifall einstimmte. lehrten geboren zu werden. Nun, wer politisch so weit ver- ersten Male den Hammer in die Hand bekommt. Und im" Um Ihnen jedoch," fuhr Barth fort, einen Beweis ständig geworden, um zu begreifen, daß der Arbeiter auf Uebrigen ist es wahrlich nicht so schlimm mit der Bildung zu geben dafür, daß in gleich wichtigen Angelegenheiten die Erden und also auch im Staate der nothwendigste Wiensch ist, der der Arbeiter bestellt, wie manche Leute glauben machen befizenden Klassen den Arbeiter für reif halten, sobald sie wird gewiß auch vom Standpunkte der Billigkeit anerkennen, wollen. Das Bischen bessere Schulbildung ausgenommen, es in ihrem Intereffe finden, erinnere ich Sie daran, daß im daß der Arbeiter seine Interessen durch eigene Vertreter welches gewöhnlich während der Lehrzeit wieder vergessen Strafprozesse nur selten ein Erschwerungsgrund in der vertreten zu lassen das Recht hat. Wer dieses Recht nicht wird, tritt der Bürger nicht viel gebildeter, als der Ar- höheren Bildung gefunden wird, während in Beurtheilung anerkannt, der hat mit uns nicht mehr zu sprechen, der beiter, ins gesellschaftliche Leben. Und wie ist der der Zurechnungsfähigkeit zwischen dem wahlberechtigten tann nur noch mit uns fämpfen!" Bildungsgang Beider dann ferner? Beim Schafskopfspielen Bürger und dem nicht wahlberechtigten Arbeiter kein UnterBravo! richtig!" tönte es jetzt auch dem Buchdrucker oder Zeitungslesen und Alles glauben, was die Beitung schied gemacht wird. Man muthet dem Arbeiter trotz seiner entgegen, lügt, beim Regelschieben und Billardspielen, Biertrinken angeblich mangelhaften Bildung zu, alle Gesetze zu kennen, " Ich brauche," fuhr dieser indessen fort, wohl auch und Bigarrenrauchen wird wohl die höhere Bildung nicht mit allen vertraut zu sein; bei einer strafbaren Handlung
dieses allgemeine Recht auch ein gleiches sein muß, wenigstens Verstandesschärfung beim Arbeiter wohl dadurch, daß er kenntniß zu einem schwereren Vergehen griff, wo er mit