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Jahre blühende Kaktus ist rauhborstig, wortkarg, mit einem Herzen überquellend von Liebe, seines Zeichens Wege-Baumeister. Sie ist die bekannte junge Frau, abgestoßen durch die Stachlich- keit des Kaktus, sich für unverstanden haltend und ihr ganzes Ach und Weh etliche Monate nach der Hochzeit durch einen Ehe- bruch mit dem ebenfalls bekannten adeligen Lebemann kurirend. Der junge Wildfang will mit ihr flüchten, sie aber, von brennen- der Reue erfaßt Lendemain des Sündenfalls weist ihn von sich: er bleibt starrköpfig, bis die Schwiegermutter des Hahnrei's damit droht, sich aus dem Fenster zu stürzen. Erblassend ent- weicht der Jüngling. Die ins Tragische übersetzte Madame Bonward, die, vielleicht unter dem Einfluß des Volksschul-Gesetz- entwurses, fortwährend ihr heftiges Bedürfniß ausspricht, in ihr Kämmerlei» zu gehen und zu bete», bleibt uns erhalten, die schöne Büßerin lebt sieben Jahre glücklich mit ihrem Gatten, dem Kaktus: Fainilienidyll, Schäkerszenen; die Stieftochter der Heldin, deS Kaktus' Kind aus erster Ehe, ist auS der englischen Pension zurück­gekehrt. Welch ein holdseliges Geschöpf, diese Berliner   Naive, die naiv scheint und es nicht ist, die ihre Gefühle dem Tagebuch anvertraucn wird, sobald der Ersehnte in ihren Gesichtskreis kommt. ER kommt denn auch, natürlich ist's der Liebhaber der Stiefmama, welcher der schönen Mutter schönere Tochter im Nu erobert. Der Sause- wind hat all sein Geld verjuxt, hat das Slieftöchterchen in England kennen gelernt und ist aus ihre Empfehlung General-Agent einer Lebeusversicherungs-Gesellschaft geworden. Weshalb kommt er in das Haus des von ihm betrogenen Gatten? Er soll ihn ver- sichern, nur aus geschäftliche» Rücksichten. Hätte der Herr General-Agent einen seiner Unter-Agenten geschickt, so iväre die folgende Morithat nicht möglich. Aber eine Police   von 50 000 M. bedeutet 1 pCt. Provision. Die Stieftochter sagt der Mutter, daß und wen sie liebt. Die Stiefinutter nöthiat die Kleine, aus ihn zu verzichten, nachdem sie gebeichtet. Unerträgliche Seelenqual, sie will fortgehen, vorher ihrem Manne Alles gestehen. Aber es geht nicht, der Brave darf sich nicht ausrege»,- der Arzt der Versicherungsgesellschaft hat seine Aufnahme abgelehnt, weil er herzleidend ifl. Was bleibt übrig, als Gift! Sie läßt sich von dem Gatten das Pülverchen einrühren, ahnungslos giebt es der ahnungslose Gute, und mit einer niedlichen Lüge auf den Lippen stirbt sie vor den Rampen. Kurz vorher hat sich auch der Kaktustodtgeblüht." Es giebt, dies sei zur Ausklärnna hinzu- gefügt, rn diesem Schauspiel zwei Kaktus, einen natürlich pflanz- lichcn, den ein unsäglicher Schwätzer von Medizinprofessor aus dem Feuerlande initgebrachl hat, und einen symbolischen, den Wege bauenden Gatten. Der Treubruch einer Frau, so lautet die brutale Moral des TramaS, ist eine nicht wieder gutzumachende Schuld, die nimmer verjährt. Dieser Grundsatz, von welchem natürlich die.Herren der Cchöpsung" eximirt sind, ist echt bürgerlich, er ist ein Er- zeugniß der Männerherrschaft, der Unterdrückung des weiblichen Geschlechts. Die Geschichte der modernen Ehe zeigt, wie das Weib aus dieses Prinzip reagirt. Hätte Blumenthal nicht blos die große Bühnengeschicklichkeit,' die ihm thalsächlich eignet, sondern das, was ihm sehlt, dichterisches starkes Empfinde», dann wäre das Problem ihm nicht so jämmerlich unter den Händen zerronnen, dann hätte er cin Schanspiel und nicht eine Farce geschaffen. Da? waren kerne Gestalten von Fleisch und Blut, sondern seelenlose Puppen, die der Drahtzieher hinter den Koulissen tanzen läßt. So erlebte die handwerlsmäßige Mache, die an ernste Aufgaben sich gewagt, das wohlverdiente Fiasko, und unter den.i Zischen und Hvhngelächter der Zuschauer wurde das Stück zu Grabe getragen. Die darstellenden Künstler, vor allem Frl. Reisenhoser, Frau Petri und die Herren Molenar und Höcker, wirkten mit Auf- opserung. Aber das glänzendste Spiel kann.Heute und Gestern" nicht retten. Gestern galt Herr Blumenthal als gewandter Lnstspieltechniker, heute hat er uns gezeigt, daß er ein miserabler Dichter ist. LZ. Geviiftks�Beitnng. Prozeß Ahlwardt  . Vierter Verhandlungstag. Landgerichtsdirektor Braus e weiter eröffnet die Sitzung, welcher wieder ein zahlreiches Publikum beiwohnt, um 0'/» Uhr und verliest zunächst das Protokoll über die kommissarische Ver- nehmung des erkrankten Zeugen Musiklehrers Zanders. Derselbe hat eidlich bestritten, daß Zitzki ihm jemals gegenüber geäußert. die Schuldeputation würde ihm dankbar sein, wenn er durch sein Zeugniß den Rektor Ahlwardt   hineinlegte. Er bestreitet auch, dem Letzteren eine dahingehende Mittheilung gemacht zu haben und erinnert sich nur, daß Zitzki ihn einmal vor dem Umgang mit dem Angeklagten gewarnt habe. Der Staatsanwalt»heilt mit, daß ihm«ine Erklärung einiger der vernommenen Lehrer zu ihrem Eide zugegangen sei. Der Präsident erklärt, daß auch ihm eine solche Erklärung zugegangen, ebenso bekundet Justizrath Dr. Horwitz, daß ihm zahlreiche Erklärungen zugestellt morden seien. Der Angeklagte bittet doch auf diese Erklärung der Lehrer näher«inzuaehcn, da dieselbe beweise, wie leichtfertig dieselben mit ihren Bekundungen umgehen. Die Tisziplinar-Untersuchung gegen ihn sei s. Z. eingeleitet worden, weil die Lehrer behauptet hatten, er habe dem Lehrer Berner eine Ohrseige gegeben. Er habe dies iinmer bestritte». Die Lehrer, welche eine unrichtige Zeitungsnotiz gelesen und nun annähmen, daß er sich vor Gericht dieser Ohrfeige gerühmt habe, hätten sich nun beeilt, öffentlich zu erklären, daß es n i ch t wahr sei. daß er dem Lehrer Berner eine Ohrseige gegeben. Das sei doch ein kolossaler Widerspruch mit ihren Behauptungen zur Disziplinar- Sache. Lehrer B ü h r i n g hält dies für einen großen Irr- thum deS Angeklagten. Die Lehrer verwahren sich gegen eine Behauptung deL Angeklagte», daß er die bewußte Ohrfeige in der Januar- Konfere», ertheilt habe. Thatfächlich habe er aber diese Ohrfeige in der Oktober- Konferenz ertheilt und dies haben die Lehrer in dem Disziplinarverfahren nnr behauptet. Stadtschulinspektor Dr. Zwick bestätigt, daß das Disziplinar- verfahren auf Grund jener angebliche» Ohrfeige im Oktober begonnen habe. Der Angeklagte meint, es sei in der ganzen Berhandlung ein Unterschied zwischen einer Januar- und Oktober- Konferenz noch niemals gemacht worden; die Erläuterung, welche der Zeuge Bühring gegeben, klwge doch sehr sophistisch und er über- lasse es Jedermann, zu beurtheilen. ob die Lehrer nicht sehr will kürlich mit seiner Ehre umgesprungen sind. indem sie ihn nun wieder öffentlich als Schwindler»nd Betrüger brandmarken. Der Angeklagte überreicht eine Anzahl Drucksachen, um zu beweisen, daß fortschrittlich« Rektoren unbeanstandet politische Agitation be treiben können, daß es aber einem hochkonservativen Rektor ge nau so ergangen sei, wie ihm. Justizrath Horwitz: Er sei vom Oberbürgermeister ausdrücklich aufgefordert worden, ernstlichst den Magistrat dagegen zu verwahren, als ob er zugebe, daß er in derartigen von dem Angeklagten kühn behaupteten Fällen der Kompetenz deS Gerichtshofes unterstehe. Der Magistrat habe bereitwillig alle Akten, die über die angezogenen Fälle zur Verfügung gestanden, dem Gerichtshof zugestellt. auf ein Mehr würde er sich nicht einlassen. Die städtischen Be- Hörden seien nur ein« Delegation der allgemeinen Staats- Verwaltung und unterstehen ebenso wie die Organe der letzteren der Kontrolle und der Untersuchung der vorgesetzten Organe Dort werde die städtische Behörde jeder Zeit bereit sein, ver- antwortliche Aussagen zu machen, hier aber nicht. Wenn das sc weiter fortgehe, daß der Angeklagte ganz willkürlich lonstruirle Fälle als Mittel zu unerhörten Angriffen gegen die städtische Verwaltung benutzen dürfe, dann finde eine Verschiebung der Parteien statt und der Angeklagte lebe sich immer mehr in den Wahn hinein, als ob er der A n k l ä g e r und der Magistrat derjenige sei, der sich zu veranworten Hab». Wenn in diese, ( anrw ortlich«, Weise die Beweiserhebung sortgesetzt würde, könnte er sich daran nicht betheilige». Der Fall Becker sei von dem Angeklagten wieder ganz willkürlich konstruirt, denn es müsse demselben be- kannt sein, daß gerade dem Rektor Becker gegenüber die Schul- Verwaltung mit einer sehr lobenswcrthen Unparteilichkeit ver- fahren sei und denselben im Amte belassen habe. Landgerichts- Präsident Brausewetter: Ich glaube doch, daß der Vertreter des Nebenklägers nicht einen richtigen Standpunkt einnimmt. Die Stadt hat den Strafantrag gestellt. Alle die Gegenstände, welche hier zur Sprache gekommen sind, sind auch in der Voruntersuchung erörtert worden. Wir sind verpflichtet, dem Angeklagten das Recht, den Beweis der Wahr- heit anzutreten, nach keiner Richtung hin zu verkümmern und ein etwaiger Protest des Magistrats kann auf den Gerichtshof von keinem Einflüsse sein. Bei dergleichen Prozessen, wie der vorliegende, wird es immer so gehen, daß der Angeklagte neue Beweisanträge stellt und wenn der Gerichtshof dieselben für wesentlich hält, ist er verpflichtet, denselben stattzugeben. Dies geschieht auch in jedem anderen Beleidigungsprozesse, wo es sich um Beleidigung von Staatsbehörden handelt. Der Staatsanwalt beantragt, den Zeugen Schmidt darüber zu befragen, ob die Behauptung des Angeklagten, daß Schmidt als Agent des Magistrats von ungeheuren Schiebungen zn Gunsten der Juden bei Grundstückskäusen wisse, aus Wahrheit berube. Der Zeuge Schmidt erklärt zunächst, daß er garnicht Agent des Magistrats sei. Er habe rne einen direkten Aus­trag erhalten. Wenn er aus den öffentlichen Aus- schreibungen ersehe, daß die Stadt für irgend einen Zweck, zu einem Schmuckplatze, einer Markthalle oder der- gleichen ein Grundstück brauche, so suche er«in solches aus und biete es den Magistrat an. Ter Angeklagte behauptet, daß der Zeuge Schmidt erzählt habe, bei der Markthalle für den Osten und an anderen Stellen seien ihm die Grundstücke von den Juden weggekapert worden. Zeuge Schmidt: Das ist gänzlich unwahr! Als der Angeklagte in meiner Wohnung war und aus mir in Sachen Pincussohn eine ihm günstige Aussage heraushaben wollte, habe ich ihm gleich gesagt, daß ich nichts aussagen kann. Angekl.: Als ich Sie besuchte, handelte es sich um die Grundstücke für die Markthalle im Osten und da haben Sie sich allerdings geweigert, sich hier vor Gericht vernehmen zu lassen, da Sie bei dem Magistrat Ihr Brot hätten. Zeuge: Das ist eine grobe Unwahrheit. Ich habe Sie vielmehr auf- gefordert, schleunigst mein Zimmer zu verlassen! Angekl.: Dann verzichte ich auf die weiteren Erhebungen nach dieser Richtung 'nn. Der Angeklagte beantragt nunmehr, den Fabrikanten Fr. Langer, Friedrichstraße 49, zu laden. Derselbe werde bekunden, daß der Besitzer des Hauses Friedrichstraße 13 dieses fünf Mal dem Magistrat für 90000 Thaler vergeblich angeboten habe, daß das Haus dann ein Jude erstanden und zwei Tage später für 110000 Thaler an die Stadt verkauft habe. Auch eine Frau Runge, Brllcken-Allee 33, habe ähnliche Erfahrungen beidemjVer- kaufe von Land gemacht. Ferner beantragt der Angeklagte nach 5 Richtungen hin beglaubigte Verzeichnisse vom Magistrat«in- zufordern und zwar: I. welche Personen seit dem Jahre 1873 aus der städtischen Sparkasse Hypothekengelder auf Grundstücke erhalten habe»; 2. welche Personen um solche Hypothekengelder vergeblich nachgesucht haben; 3. welche Namen und Firmen in den letzte» 12 Jahren von der Sparkasse   Geld auf Wechsel erhalten haben; 4. an welchen Personen die Sparkasse und andere städtische Kassen Verluste erlitten haben und in welcher Höhe; 5. von welchen Personen in den letzten 12 Jahren Grundstücke angekauft worden sind. Er behaupte, es werde sich aus diesen Listen ergeben, daß vorwiegend Inden und Forlschrittler Vortheile aus den städtischen Geldern ziehen. Der Gerichtshof lehnt diese Anträge als un- erheblich ab. Die Beweisaufnahme schließt mit der nochmaligen Vernehmung des Schulinspektors Dr. Zwick über die Stellung der Schul- inspektoren, welche gleichzeitig königliche Kreis- Squlinspektoren im Nebenamte sind, dem Magistrate gegenüber. Es ergreift alsdann daS Wort der Staatsanwalt v. Rhein  - ba den: Er wolle nicht untersuchen, ob der Angeklagte sich be- rechtigt glauben konnte, Angriffe gegen die städtischen Behörden und einzelne Privatpersonen zu richten; so viel stehe aber fest, daß er sich zu gröblichen Ausschreitungen habe hinreißen lassen. Diese verwerflichen Ausschreitungen enthalten grobe Beleidigungen, gleichzeitig aber auch eine Gefährdung des Ansehens obrigkeit- .icher Organe und eine Bedrohung des öffentlichen Friedens verschiedener Bevölkerungsklaffen zu einander. Der Angeklagte habe seiner Broschürd das Motto vorgestellt:Greis' nicht leicht in_ ein Wespennest, doch wenn Du greifst, dann areife fest!" Der Angeklagte habe allerdings einen groben Griff gethan. aber keinen festen, denn zur Festigkeit gehöre vor allen Dingen die Wahrheit und daran habe es der Angeklagte fehlen lassen. Die Verhandlungen haben die Straf- thaten, wie sie die Anklage ausführt, in vollem Umfange erwiesen, zunächst, daß her Angeklagte über seine Lehrer gröbliche Be- leidigungen in der Absicht verbreitet habe, um dieselben verächt- lich zu machen. Möge man es nun als unschön betrachten, daß die Lehrer heimlich eine Liste im Konferenzzimmer durchsehen, so viel müsse man doch zugeben, daß»ach dem eidlichen Zeugnisse des Lehrers Berner und nach dem Berhalten des Angeklagte» zu den Beschuldigungen desselben, der Angeklagte in Bezug ans die Wechnachtssammlung ein ganz gutes und reines Gewissen nicht gehabt zu habe» scheine. Nehme man hinzu, daß es schon an und für sich nicht schön ist, wenn ein arg ver- schuldeter Rektor solche Sammlungen veranstaltet und daß der Angeklagte dem Lehrer Klopstech zweifellos einmal thatfächlich Gehalt unterschlagen hat, so stehe der Angeklagte durchaus nicht ohne Weiteres außerhalb eines gewissen Verdachts, zumal die Lehrer thatfächlich eine Liste mit einer höheren Sammelsumme gesehen zu haben behaupten. Auf keinen Fall sei erwiesen oder auch nur anzunehmen, daß die Lehrer wider besseres Wiste» denunzirt haben und wenn der Angeklagt« dies behaupte, dann be- leidige er dieselben schwer. Gröbliche Beleidigungen richte derselbe serner gegen den Lehrer Berner und den Rektor Fietz, sodann namentlich gegen seinen Vorgesetzten Dr. Zivick. welchen er eines schmählichen Komplotts gegen ihn in so unerhörter Weise be- schuldige, daß man zu Gunsten des Angeklagten doch beinahe frage» möchte, ob sich derselbe nicht in einer hochgeradigen Auf- regung befunden habe, welche eine Verminderung seiner Zu- rcchnungssähigkeit im Gefolge gehabt habe. Auch die Lehrer Klopstech und Bühring seien schwer beleidigt und der Fall mit dem Dr. Freudenberg zeige recht deutlich, in wie leichtsinniger und gewissenloser Weise der Angeklagte ganz unbeglaubigte und vom Hörensage» erfahrene Gerüchie als positive Thatsachen auf- stellt, welche für die Ehre des Einzelnen von unberechenbarer Tragweite sein können. Der Angeklagte könne sich nicht mit der frivolen Behauptung herausreden, als ob er die unwahre That- lache für wahr habe halten müssen, weil Dr. Frendenberg keinen s-trafantrag gegen ihn gestellt habe; Viele Leute werden wohl gerade mit Rucksicht auf die ganze Persönlichkeit des Angeklagten von einem Strasantrage Abstand nehmen und wenn er Jemand durch solche dreisten Behauptungen, die er aus die Autorität eines Barbiers h,n in alle Well hinausposaune, zur Stellung eines �trafantrages zwingen wolle, so würde dies doch eine kMechtung des freien Willens der Mitmenschen sei» w!lj, me£- A diejenige, über die sich der Angeklagte w V,-. schwersten Beleidigungen seien diejenigen, die fTLiv 8 Ia9le bu Stadt schleudere. Man könne diese Be- ��dlgiingen zum großen Theil nur mit einem Lächeln begleiten «rtJuTL«f d'e bodenlos« Unkenntniß des Angeklagten mit den �wnchtungen wundern. Thatfächlich beweise der An- eine 11» n pf itoJi' e-V,en« �tgen Mangel an Ueberlegung und füt den Kampf, den er sich vor- c au �hren. Dem Angeklagten sei in weis« ka? c" reichlich Gelegenheit gegeben. Be- eise snr sei», ungeheuren Behauptungen tz zu erbingen; aus den Beweisen, die er nun zusammengetragen, ersehe man recht deutlich, wohin er eigentlich mit seinen Behauptungen strebe: er wollte klar machen, daß mit Hilfe eines Bruches des Ämtsgeheimnisses die Juden bei unserer fortschrittlichen Stadt- Verwaltung oft in die Lage kommen, städtische Gelder bei Seite fließen zu lassen. Keine Spur sei von den Beschuldigungen, die er aufgestellt, erwiesen worden, auch nicht durch Herrn Dopp, der ja doch immerhin eine gewisse Animosität gegen die städtische Verwaltung bekundet habe, noch weniger durch den Agenten Schmidt, dessen Aussage vielmehr dem Angekagten einigermaßen kompromittirte. denn es habe fast den Anschein, als ob der Angeklagte versucht habe mit nicht ganz lauteren Mitteln auf das Zeugniß dieses Zeugen einzuwirken. Wenn der Angeklagte dagegen au- kämpfen will, daß die jüdischen Mitbürger, in deren Händen sich vielfach großes Kapital befindet, durch ihre größere Klugheit und gewitzigtere Auenutzung ihrer Vortheile die städtischen Gelder sich mehr dienstbar machen, als andere Leute, so stehe das auf einem ganz anderen Brett. Bei einem solchen Kampfe hätte der Angeklagte aber sich vor allen Dingen aller gröblichen Be- leidigungen und Verleumdungen enthalten müssen. Dem An- geklagten sei es nicht gelungen, durch irgend welche schwer wiegenden Beweise seinen guten Glauben darzulegen, im Gegen- theil, er habe sich nicht blos auf die ihm gerüchtweise zu- getragenen Thatsachen beschränkt, dieselben vielmehr noch fein aufgeputzt und sie so ausgestattet, daß sie dem Leser des Buches möglichst mundgerecht seien. Ganz ungeheuerlich seien auch die Beleidigungen gegen die städtische S ch u l d e p u t a t i o n. Die Dienstakten des Angeklagten zeigen, daß derselbe in seinen viele» persönlichen und finanziellen Schwierigleiten die aller- langinüthigste Behandlung erfahren habe; statt dieser ihm sehr freundlichen Behörde Dank zu zollen, habe er dieselbe mit An- griffen überhäuft. Die Dieustakten ergebe», daß dem Angekagten keinerlei Unrecht geschehen, geschweige denn, daß ein System zu seiner Vernichtung bestanden habe. In keinem Falle sei erwies«», daß auch nur ein Schatten ans die Schuldeputation siele, als ob sie sich von politischen Gesichtspunkten und nicht von pflichtgemäßem Handeln leiten lasse. Der Angeklagte sei voll- ständig den Beweis schuldig geblieben, daß die Schuldeputation nicht nach Recht und Gerechtigkeit gehandelt habe; es zeige sich vielmehr überall bei dem Angeklagteil eine solche gereizte Stim- mung, daß sich in seinem Gehirn ein wunderbares Gewirr von Thalsachen und Urtheilen festgesetzt habe. Nichts sei auch davon erwiesen, daß politischer Terrorismus in der Stadt- Verwaltung herrsche. Dieschauerlichen Enthüllungen", welche Herr Dopp über die angebliche Korruption machen sollte, haben sich als in der Weinlaune gemachte Mit- thcilungen eines Stadtverordneten ergeben und auch die Angelegenheit des Dr. Hermes könne dem Angeklagten nicht als Beweismittel dienen. Herr Dr. Hermes habe es als taktlos bezeichnel, wenn er es unternommen haben ivürhe, mit Lehrern und Rektoren Gespräche über die Abstammung des Heilands»u führen. Bei näheren Nachdenken würde er vielleicht zu der Ueoerzeugung kommen, daß diese Bezeichnung vielleicht auch darauf passen würde, wenn ein Mitglied der Schul- deputation, noch dazu ein Dissident, solche Gespräche mit Be- werbern aus dein höheren Schulwesen führt. So bedauerlich also dieser einzelne Fall sei. so werde dadurch in keiner Weise das allgeniein beleidigende Urtheil des Angeklagten erwiesen. In rechtlicher Beziehung beantragt der Staats- amvalt, dem Angeklagten für den Inhalt seines Mach« wcrkes dem Schutz des§ 193 zu versagen, überall den An­geklagten der Beleidigung auf Grund nicht erweislich wahrer Thatsachen für schuldig zu erklären, im Uebrigen aber nnr eine einheitliche Handlung anzunehmen. Ter Angeklagte scheine sich der Schwere der Beleidigungen gegen seine direkt vorgesetzte Be- Hörde nicht bewußt gewesen zu fem, andernfalls wäre keine Sttase hoch genug für ihn. Man müsse aber darauf Rücksicht nehmen, daß der Aiigeklagte bei der Abfassung dieses Buches noch Be- amter des Magistrats gewesen sei und»ine ungeheuere Dreistig- keit dazu gehöre auf Grund unverbürgter Gerüchte solche Beschuldigungen gegen seine Behörde zu schleudern und leicht- fertig u»v frivol beinahe wissentlich falsche Behauptungen aufzustellen, daß serner der Angeklagte nicht im augenblicklichen Affekt, sondern in Wort für Wort überlegter Weife gehandelt habe. Der Angeklagte habe die Brochüre so geschrieben, daß sie für die Leser einen Kitzel darbieten und ihm auch finanzielle Bor- theile bringen würden und deshalb falle sein Machwerk unter das Kapitel der gewerbsmäßigen Ehrabschneiderei. Der Angeklagte als Jugendbildner und Erzieher hätte ganz besonders danach streben müssen, den Kindern ein Vorbild zu sein, statt dessen habe er das vierte und achte Gebot planmäßig überschritten und in seinem Buche Afterreden und bösen Leumund besonders lüstern ausgestreut. Mit Rücksicht aus die schwere Gefährdung der Autorität seiner vorgesetzten Behörde und der Bedrohung des öffentlichen Friedens, deren sich der Angeklagte schuldig gemacht, beantrage er ein Jahr Gefängniß, Publikationsdefugniß und Unbrauchbarmachung der Platten und Formen. Jnstizrath Dr. Horwitz: Der Magistrat habe sich lange gefragt, ob es nöthig sei, gegen diese Angriffe des Angeklagten strafrechtlich vorzugehen; schließlich haben sich die Dinge aber doch so gehäuft, daß der Magisttat Stellung dazu nehmen muhte. Bei der etwas einseitigen Stellung unserer gelehrte» Richter und deren Ueberlastnng mit Arbeiten muß es ihnen schwer fallen, sich in den Kreis der städtischen Verwaltung hineinzudenken und das richtige Verftändniß für die ganze technische und ethische Seite derselben, zu erhalten. Er bitte doch zu würdigen, welche Be- deutung es für das ganze öffentliche Leben habe, wenn die oberste Spitze eines täglich sich vergrößernden Gemeinwesens planmäßig in einer Weise diskreditirt werden, die ganz geeignet sei, die Verwaltung vollständig lahm zu legen. Er bitte zu beachte», daß es sich hier um ein Gemeinwesen handele, welches den vierten Theil der gesammten Einkommensteuer des Staat» aufbringe und daß eine Anfeindung der Integrität dieser Ver- waltung und ihrer Organe geeignet sei, die Autorität der Obrig- keit herabzusetzen und gefährliche Komplikationen herbeizuführen. Der Schutz des Ansehens der städtischen Verwaltung sei nifto etwa eine unberechtigte Vergünstigung, sondern es handele st») hier um ein Analogon zu de» Beleidigungen von Verwaltungsbehörden und Gerichtshöfen. Ter Angeklagte hätte ei» viel besseres Motto, als das gewählte finden können, nämlich:Columniars andacter, Semper aliquid haeret'' und der Magistrat könne darunter setzen:Was aber ist die Meinung der Menschen über uns werth? Grade so viel als dw Menschen selbst werth sind!" Er, Redner, habe mit Recht sich dagegen wehren müssen, daß hier die Parteiungen vertausch? würden und der Angeklagte sich durch Ausstellung von tausenderlei dreisten Behauptungen zu einem Ankläger für den Magistrat aus- wirft und er wehre sich nochmals dagegen, daß der Mann, der in seinem Buche hundertfach unwahre Beschuldigungen, Verlenm- düngen und Bezichtigungen ausstreue, etwa als gleichwerthig erachtet werde mit den Personen, welche hier unter ihrem aus ihrer Amtsstellung heraus ihre von ihm abweichenden Aussagen gemacht haben. Der Angeklagte sei auch offenbar nicht zu über- zeugen, wolle sich auch gar nicht überzeugen lassen, denn er habe in höchst überraschender Weise schließlich Alles, auch die ihm»n- günstigsten Zeugnlffe, als Beweise für seine Behauptungen Hera  »-- zumodeln versuchte. Charaktenstisch für ihn sei es, daß er i" seinem Buche sogar die verblümte Andeutung wage, daß er bei seinem Plaue, den, Kaiser Wilhelm   einen Kranz zu widmen, bei den Lehrern auf keine Gegenliebe gestoßen sei. und zwar, weil dieselben befürchtet hätten, damit bei ihrer vorgesetzten Behörde anzustoßen. Das wage ein Mann zu sagen, Angesichts der Thatsache, daß die Stadt Berlin   an- erkaniitermaßen in allen ihren Theilen und in allen ihre» politischen Bekenntnissen den Tag des Begräbuiffes des greisen Kaisers ,u einem erhebenden Trauertag zu gestalten sich bemüht hat! Auf dem gleichen Niveau der Wahrheitsliebe stehe der g-sammte Inhalt des Buches, namentlich auch die kolossalen