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4 der ersten Lesung dieseZ Antrages berathen wurde, aufgestellt haben. Abg. Bebel(Goz.): Wir haben in dieser Frage von Anfang an eine koniequ ente Haltung angenommen. Das Verwundern d«S Grafen Vehr versteye ich daher nicht. Auch Abg. Bamberger  hat Unrecht, wenn er glaubt, wir würden diesen Antrag nicht von Neuem gestellt habe», wenn er nicht schon durch die ganze Tauer der Session hingeschleppt worden wäre. Wir würden ihn in jedem Falle gestellt haben. Wir halten die Getreidezölle für ein Unglück; von ihnen hat die große Mehrheit des Volkes Nach- theil, und nur eine lleine Minderheit Vortheil, muß ihn aber mit den Jndustriezöllen wieder bezahlen. Die schlechte Ernte der Kartoffeln hat freilich zu ihrem hohen Preise beigetragen, dieser hängt aber noch von anderen Faktoren ab. Die Löhne im Osten sind heute noch vielfach Hungerlöhne, daher die starke Sachsen  - gänaerei und überseeische Auswanderung. Seit geraumer Zeit haben wir in Deutschland   einen Rückgang der Ernährung, wodurch unser Volt mehr und mehr einer allgemeinen Degeneration verfallen wird. Der Dnrchschnittsverbrauch von Brotgetreide pro Kopf ist von 213 auf ISk» Kilo zurückgegangen. Wenigstens hätten das Brennen und die Ausfuhr der Kartoffeln von Staatswegen untersagt werden sollen. Die Verschlechterung der letzten Jahre zeigt sich in den Notizen über den Fleischverbranch der großen Städte, z. B. für Berlin  , Breslau  , Görlitz  . Der Konsum von Pferdefleisch steigt dagegen, weil es billiger ist. Wenn ich nicht irr«, hat die Stadt Berlin   bereits 1 Million Mark ausgegeben, um dem Nothstand in der letzten Zeit etwas zu steuern. Jeder, der mit den Massen in Berührung komnit, weiß, wie sehr gerade in diesem Winter der Nothstand gestiegen ist. Daß die hohen Lebensmittelpreise doppelt und dreifach gefühlt werden, kann Niemandem zweifelhaft sein. Daß die Zollermäßigung eine Er- Mäßigung der Getreidepreise herbeiführt, beweisen die jüngsten Erfahrungen mit den Handelsverträgen schlagend.(Widerspruch des Abg. v. Schalscka.) Di» Getreidepreise sind jetzt sogar noch bedeutend mehr gefallen, als die Zollermäßigung durch die Handelsverträge velrägt, weil naturgemäß die Spekulanten die Getreidezusuhren bis zum 1. Februar zurückhielten und danach größere Quantitäten als unter normale» Vcrhältniffen ins Land strömten und den Preisdruck ausübten. Aber im Frühjahr, namentlich wenn unsere Ernteaussichten so ungünstig bleiben wie jetzt, werden die Preise wieder ganz erheblich in die Höhe gehen. Und wenn unsere Ernte auch noch so günstig ausfällt, so werden wir doch, wenn nicht auch die russische Ernte sehr günstig wird und das wird sie nicht, sie wird im Gcgentheil noch schlechter werden keine Preisverbesserung zu erwarten haben, weil die russischen Zufuhren ausbleiben werden. In dem Maß«, wie die Getreidezölle sinken, müssen selbstverständlich auch die Industrie- zölle fallen. Wir bedauern daS Kartell zwischen der Industrie und den» Agrarierthum, und würden unS freuen, wenn die weitere Entwickelung der Dinge dieses Verhältniß stören würde und die Agrarier einsähen, daß sie sich aus ihre alten Freunde der Industrie nicht mehr verlaffen könnten. Ter Reichskanzler sagte bei der Be- rathung der Handelsverträge: solange die Verhältnisse so bleiben wie jetzt, werde die Regierung sich an die gegenwärtigen Getreidezölle für gebunden erachten, aber eine bestimmtc Erklärung für die Zukunft könne er nicht abgeben. Das ist richtig, denn wenn die Nothlage noch schlimmer wird, alS jetzt, wird d»e Regierung doch ein« weitere Zollern, Sßigung herbeiführen müssen. Allerdings kommen bei einem Einnahme- Ausfall an Getreidezöllen für den Reichssäckel noch andere Jntereffen in Frage, namentlich die Frag«, woher die Regierung die Mittel zur Anfrechterhaltung der Wehrkraft hernehmen soll. Aber darüber zerbrechen wir uns nicht den Kopf. Gefetzt, wir kämen an die Regierung, so würden wir eben die ganzen Verhältnisse, die diese großen Ausgaben nothwendig machen, ändern. Jetzt handelt es sich nnr um Ab- hilse für den Nothstand und Beseitigung der Einrichtungen, welche diesen Nothstand bestärken, also der ungerechten Steuern, die am härtesten die Klaffen treffen, die am wenigsten leisten können. Ein Staat, der Gerechtigkeit will, kann solche Steuern nicht be- stehen lasten.(Beifall bei den Sozialdeniokraten.) Abg. Graf Holstein(dk.): Ich muß wieder zurückkommen, aus das, was ich schon so oft ausgesührt Hab». Von den Getreide- zöllen haben nicht blas die Großgrundbesitzer, sondern auch die kleineren Landwtrthe und das Handwerk, ja die ländlichen Ar» deiter selbst Vortheil: fragen Sie nur die Drescher bei uns, ob sie sich nicht lieber hohe als niedrige Getreidepreis« wünschen. Eine Folge der höheren Preist war auch die bessere Fürsorg« für die Arbeiter, die Unterbnngnng derselben in besseren Woh- nungen u. s. w., Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Bock auf die Aus- sührungen des Herrn von Mantcuffel und des Grafen Holstein wird der von den Sozialdeniokraten vorgeschlagene Gesetz- «ntwurs gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Frei- sinnigen abgelehnt. Es folgt die erste Berathung deS von dem Abg. Auer und Genosten eingebrachten Gesetzentwurfes betrestend die Auf- Hebung von Wirkungen deS Sozialistengesetzes, § 1. Znwiderhandlungen gegen Bestimmungen deS Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestre- düngen der Sozialdemokratie, sowie Zuwider- Handlungen gegen die auf Grund deffelben Gesetzes er- lastenen Anordnungen von Behörden stnd nicht mehr straf- bar. Die wegen derartiger Zuwiderhandlungen schwebenden Strafverfahren sind«inzusteuen. s 2. Die auf Grund des ß 7 oder deS§ 14 deS Ge­setzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozial- demokratie beschlagnahmten Gegenstände(VereinStossen, für Zwecke deS Vereins bestimmte Gegenstände, Druckschriften, Platten und Formen) sind, soweit dies« Gegenstände nicht vernichtet stnd, den Personen, auS deren Besitz oder Ge- wahrsam diese Gegenstände entnommen sind, oder deren Rechtsnachfolgern auf deren Verlangen zurückzugeben. g 3. Die auf Grund der§§ 23 und 24 deS Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozial- demokratie ausgesprochenen Beschränkungen der Gewerbe- sreiheit werden aufgcstoden. Abg. Stadthage»(Soz.): Unser Antrag kann nicht alles Elend wieder gut machen, welches durch das Sozialistengesetz herbeigeführt ist; die Summe von Haß und Erbitterung, die da- durch herausbeschworen ist, können wir unmöglich beseitigen. Wir wollen nur die großen Ungerechtigkeiten abschwächen, welch« durch das Gesetz veranlaßt stnd. Für unseren Gesetzentwurs muffen meines ErachienS alle Diejenigen stimmen, die wünschen und wollen, daß das Sozialistengesetz, nachdem es begraben ist, nun auch todt bleiben soll. Durch daS Sozialistengesetz hat sich eine eigenthümliche JnierpretaticknSlust der Justizbehörden heraus- gebildet, das Reichsgericht hat selbst ausgesprochen, daß die Ver- breitung von Flugblättern im Sinne des Sozialistengesetzes anders aukufujfen sei als sonst. Wir wollen darüber nicht rechten, aber wir verlangen wenigstens, daß nach dem Tod« des Sozialistengesetzes nicht Personen in Bersolgung gesetzt werden, welche nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht verfolgt werden dürften.§ l unseres Gesetzentwurses verlang«, daß Zuwiderhandlungen gegen die Be- stimnmngen des Sozialistengesetzes nicht mehr strafbar sein sollen. Das erscheint aus den ersten Blick als etwas Selbstverständliches, aber gegenüber der Interpretation, welche jetzt bei den Gerichten üblich ist. muß dieser Paragraph geschaffen werden. Wir sprechen hierbei durchaus nicht pro ckwno. sondern auch zu Gunsten der anderen Parteien, sowohl der freisinnigen wie der konservativen. und zu Gunsten mancher Beamten, welche vielleicht noch heule bestrast werden müßten. weil sie die Bestimmungen des Sozialistengesetzes nicht richtig ausführten. In den Ge- bieten des Neinen Belagerungszustandes wurden. entgegen den Bestimmungen deS Sozialistengesetzes, Flugblätter ver- theilt von allen Parteien, aber nur der Sozialdemokrat wurde angeklagt. WaS von Sozialdemokraten zu saflen war, haben die Behörden dank ihrer Verfolgungssucht zur Verant- wortung gezogen. Viele von diesen Sozialdemokraten stnd noch nicht abgeurtheilt.(Präsident v. Levetzow: Die Behörden haben niemats Verfolgungssucht. Lachen bei den Sozialdemokraten, Beifall rechts.) Es schlägt dem Rcchtsbewußtsein ins Gesicht, eine Handlung zu bestrafea in demselben Augenblick, wo man dieselbe Handlung straflos begehen kann. Auch der§ 2 unseres Gesetzentwurfes kommt nicht allein der Sozialdemokratie zu Gute; er geht dahin, die Heiligkeit des Eigenthums, die Sie immer proklainiren, als etwas Wirkliches hinzustellen, und ver- langt, daß beschlagnahmte Gegenstände den Personen, aus deren Besitz oder Gewahrsam diese Gegenstände entnommen sind, oder deren Rechtsnachfolgern auf ibr Verlangen zurückgegeben werden. Es sind Druckschriften, Kassen von Vereinen u. f. w. beschlagnahmt worden, ohne daß ein Vergehen vorlag. Eine große Anzahl von Behörden, namentlich in Sachsen  , hat erklärt, daß sie diese Gegenstände nicht herausgeben. Man kann doch nicht einen beschlagnahmten Gegenstand plötzlich aus dem Eigen- thtim des Einzelnen in das Eigenthum des Staates übertragen. Wer auf dcm Standpunkt steht, daß das Eigenthum unverletzlich ist, daß Niemand sein Eigenthum verlieren kann als aus Grund des Gesetzes, der muß hier den Eigenthümern wieder zu ihrem Eigenthum verhelfen. Auf Grund des Gesetzes hat man auch Beschränkungen der Gewerbefreiheit eintreten lassen, man hat Bibliotheksinhatern u. f. w. die Genehmigung für ihren Betrieb entzogen. Die Ausrechterhaltung dieser Maßregeln nach Ablauf des Sozialistengesetzes, dieses Schandgesetzes, ist ein Unrecht. Es widerspricht dem Rechtsbewußtsein des Volkes, Jemanden zu be- strafen, der keinerlei Unrecht begangen hat. Präsident von Levetzow: Der Vorredner hat ein vom Kaiser, Bundesrath und Reichstag genehmigtes Gesetz ein Schand- gesetz genannt. Ich rufe ihn deswegen zur Ordnung. Abg. Klemm(dk.): Es ist ein Unterschied zu machen zwischen der Dauer eines Gesetzes und der Dauer der auf Grund dieses Gesetzes verhängten Strafen. Diese Strafen fallen nicht fort mit dem Aufhören des Gesetzes, sondern bleiben bestehen. Das Gesetz ist niemals aufgehoben, fondern nach gewisser Dauer abgelaufen. Die Strafen können nur durch einen besonderen Akt der Gesetzgebung ausgehoben werden und dazu fehlt uns jede Veranlassung, denn wir würden damit anerkennen, daß wir das Sozialistengesetz für ein schlechtes halten oder gehalten haben. Das ist aber nicht der Fall, wir sind un Gegentheck der Meinung, daß das Sozialistengesetz ein gutes war. Die Konsequenz fordert also von uns die Ablehnung des Antrages. Abg. Spahn: Die Konsequenz fordert das nicht, vielmehr liegt die Sache so, daß Dinge, die unter dem Sozialistengesetz strafbar waren, es jetzt nicht mehr sind, daß also auch dafür die Strafe aufgehoben werden muß. Redner erklärt sich aber nur dafür, daß die ausgesprochenen Beschränkungen der Gewerbe- Sreiheit wieder aufgehoben werden. Die anderen Bestimmungen ind nicht annehmbar. Abg. v. Bar(dfr.): DaS Sozialistengesetz ist nicht aufgehoben, sondern erloschen, weil das Rechtkbewußtsein ein anderes wurde. Deshalb ist es auch nothwendig. der Anwendung dieses Gesetzes ein Ende zu machen. Wenn das Reichsgericht trotzdem noch Folgen des Gesetzes anerkennt, so muß ein Gesetz erlassen wer- den. um das Sozialistengesetz endlich der Vergessenheit anHeim zu geben. Nach einem kurzen Schlußwort des Antragstellers Stadt- Hagen   wird die Debatte geschloffen. Die zweite Lesung wird ohne kommissarische Berathung im Plenum erfolgen. Ein Autrag der Sozialdemokraten betreffend die Uebernahme der Verwaltung und des Eigenthums des Apothekenwesens durch das Reich wird auf Antrag der Antragsteller von der Tages- ordnung abgesetzt. Es folgt die Berathung einiger Petitionen. Die Petition des Zentralausschusses der vereinigten JnnungZ- verbände Deutschlands   betreffend die Verleihung der Rechte der juristischen Personen an die Jnnungsausschüsse soll nach dem Antrag der Kommission durch Uebergang zur Tagesordnung er- ledigt werden. Die Abgg. Hultzsch und Genoffen beantragen die Uebcr- Weisung der Petttton an den Reichskanzler zur Erwägung. Die Abgg. Hart manu(dk.) und Hitze(Zentr.) empfehlen diesen Antrag. Der Antrag ward gegen die Stimmen der Deutschkonser- vativen, der Reichspartei und des Zentrums(deren Bänke schwach besetzt sind) abgelehnt. Ter Antrag der Kommission wird an- genommen. Die Petitionen des Maurermeisters I. Lorenz und des Aus- schusses des Verbandes der deutschen   Berufsgenossenschaften be- treffend Abänderung des Unfallversichernngs-Gesetzes werden eben- falls durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt. Schluß 4'/« Uhr. Nächste Sitzung Donuttstag 1 Uhr(Tele- graphengesetz, Wahlprüfungrn). Uotmles. Tie Korruption in der Knust treibt immer herrlichere Blüthen, seit der Großmeister der Verderbniß von Moral und Anstand in der Literatur, Herr Paul Lindau  , den Kritikersternen zweiter Größe mit so herrlichen, Beispiel vorangegangen ist. Der Mann bat Schule gemacht, wie man aus Folgendem ersehen wird. Und der Zufall will es gerade, daß, der ihn über- trumpfte, auf dem NachbarredaklionS-Seffel des Paul Lindau  - Sessels thront. tatte Herr Lcndau den Boykott gegen eine Schauspielerin !chriftstellerin erklärt, weil diese Dame sich nicht zu der Höhe der Lindau  'schen Auffassung über Ehre aufschwingen wollte, so erklärt Herr Heinrich Ehrlich   sogar den Boykott gegen einen Künstler, weil er seinen(d. h. Ehrlich's) Freund, den Musik- gewaltigen Hanslick in Wien  , nicht gegrüßt Hab«. Moritz Rosenthal  , der Keffliche Pianist, der nach dem Urtheil der amerikanischen   und gesammten deutschen   Fachpresse einer der ersten Künstler seines Faches sein soll und im letzten Winter beispiellose Erfolge erzielte, sollt« das Opfer des Zornes des Musikdonnerers Heinrich Ehrlich   vomBerliner Tageblatt" sein. Wer weiß, ob der Bubenstreich nicht gelungen wäre, wenn, wie das jetzt so üblich ist, der Boykollbrief des Ehrlich nicht durchVerrath"(oderBertruuensmißbrauch" T) an das Licht der Oeffentlichkeit gezogen wäre. Da dies aber durch«inen ehrlichen Kritiker der bürgerlichen reff« geschehen ist, so ersahren wir zusällig, daß der grimmige «nslick in Wien  , der Musikpascha der blauen Tonaustadt, über .losenthal den Boykott verhängte, weil dieser ihn nicht gegrüßt Hab«,»ind daß er die Boykottordre an H. Ehrlich weitergab. Herr Rud. Masse aber soll Unrath gewittert haben und ent- zog Herrn Ehrlich rechtzeitig das Referat für die Rosenthal- Konzerte, so daß Ehrlich für Berlin   wenigstens seinen Unfug nicht treiben konnte. Wie«ine Rachesurie aber heftet dieser Mensch sich an die Sohle des Künstlers mit dem festsitzenden Hute, und bis nach Leipzig   verfolgt er ihn mit seinem Zorn. In seinem Bannbries an das dortigeMusikalische Wochen- blatl" hat Ehrlich, der bei jeder Gelegenheit mit seiner Un- abhängigleit und Unbestechlichkett prahlt, den traurigen Muth, zu schreiben: Geben Sie den Ihnen nahestehenden Redaktionen Kenntniß, daß ich die lobenden Berichte über R. imVerl  . Tageblatt" nicht geschrieben Hab«,da ich mir von Mass« absolut nichts vor- schreiben lasse", und geben Sie ihnen ferner Kenntniß davon. daß dem unmusikalischen Hexenmeister künstlerischer Anstand und weltmännisch« Klugheit ganz fehlen, denn er hat meinen Freund Eduard Hanslick   nicht gegrüßt. Im Uebrigen hat R. kein« Kenntniß von Bach." U. f. w. Nur dem Umstand«, daß der Leipziger Kritikus mcht Ordre p.irirt« und den Banubries veröffentlicht«, verdanken wir, wie demerkt, die Kenntniß dieses literarischen Bubenstreichs. Was aber sagt Herr Eugen Richter   dazu, der seinen öden Witz daran ausläßt, daß»m sozialistischen Zukunftsstaat die Kunst nicht die Garantien des Gedeihens haben werde? Nein, Herr Richter, solche Grundsätze, das können Sie uns aufs Wort glauben, werden in die ästhetische Kritik nicht eingeführt werden, wie sie die Lindau  , Hanslick  , Ehrlich u. f. w. belieben, und wie wir sie gelegentlich der Kunstkritiken während der letzten Kunst- ausstellung festnagelten, in denen das Unmöglichste an Gehässig- keit gegen diefreien Geister" geleistet wurde. Auch ein Lindau-Ring wird in unserem Kunst- Staate nicht möglich sein, ein Ring, in dem die Lindau   und Konsorten die aufgeblasene Unfähigkeil zur Herrscherin in der Kunst stempeln und das talentirte Koryphantenthum zu Tode Hetzen, wenn es nicht den Speichel der Splitterrichter zu lecken versteht. Herr Ehrlich(wo mag er nur seinen Namen herhaben?) scheint ja auch zum Lindau- Ring zu gehören. da die Presse dieses Korruptionsbundes den Fall Rosenthal systematisch ver- schweigt. Wahrlich, die Muse kann sich in Sack und Asche hüllen, denn das Zuhälterthum feiert seine Orgien schon iui Tempel der Künste. Lächerlich« Anrempeleien. DerEvang.-Kirchl. Anzeiger" leistet sich in seiner Nr. 3 folgende Tendenzlügen: DerVorwärts" kann nicht unterlassen. auch gegen die Wärmehallen mißgünstige Artikel zu bringen, und zwar gegen die am Alexanderplatze. Das Blatt gesteht zwar, daß die Halle stärker frequentirt sei, als man geahnt hatte, und daß den be- dauernswerlhen Menschen die bitterste Roth an den Ge- sichtern abzulesen sei. Diese Roth aber wird von dem sozial- demokratischen Zentralorgan zu Parteizwecken und zur Aufreizung f legen alle Nichts ozialdemokraten ausaebeutet. Ein Korre- pondent desVorwärts" geht am 7. Februar mit mehreren Genossen in die Wärmehalle und vertheilt Geld, damit sich eine Anzahlder auf den Bänken dicht aneinander- sitzenden Männer jeder Altersstufe" Marken für eine Schüssel Linsensuppe hole. Anstatt daß nun der Korrespondent desBor- wärts" sein Geld ohne Störung der Hausordnung vertheilte, ver- anlaßte er ein Gedränge, machte sich dabei als Wohlthäter der Menschheit wichtig und widersetzte sich den Angestellten, welche baten, die Gänge frei zu halten. Einer der.Genoffen' beschimpft« die Angestelltcn als Bourgeoisprotzen, die sich von den Groschen der Armen mästen. Der Zweck der Sozialdemokraten, die?ln- gestellten zu reizen, war erreicht. Es folgte eine heftige Aus- einanbersetzung, die mit der Exmission derGenossen" durch die Schutzmannschaft ihr Ende fand. Und der Urheber einer solchen Skandalszene sucht seine Frledensstörung noch imVorwärts" zu verherrlichen l In derselben Weise treiben es die Sozialdemokraten auch in den Christlichen   Herbergen zur Heimath. Unter den verschiedensten Vorwänden und Masken reizen und chikaniren sie die Angestellten fast täglich in einer Weise, daß es Niemandem Wunder nehmen kann, wenn dadurch häufiger gef waltsanie Ausweisungen herbeigeführt werden, wie sie früher bei den Christlichen   Herbergen zur Seltenheit gehörten. Die Sozial- demokratte bekämpft nicht blos die religiöse Wohlthätiakeit, son- der» auch jede rein humane. Sie gebraucht kür ihre Zwecke un- zufriedene Leute, und daher wirft sie auch»n die Wärmehallen und Herbergen zur Heimalh unaufhörlich die Brandfackel der Aufleynung und der Zwietracht." Die fronimen Herren des kirchlichen Blattes erweisen sich als ebenso geistig arm. wie alle Gegner der Eozialdemolratie, denn sie arbeiten nach bekannter Manier mit halttosen Verleum- düngen und Verdrehung von Thatsachen, und suchen die Berant- worllichkeit für ihre eigenen Sünden von sich abzuwälzen und der Sozialdemokratie auszuhalsen, diese lediglich alsStören- sried" hinzustellen. Freilich, die herrschende» Klaffen könnten ganz ungenirt und ungestört nach ihrem Gefallen wirthschasten, wenn die Sozialdemokratie nicht die Schäden und Mängel und den Widersinn der heutigen Gesellschaftsordnung ausdcckte und klarstellte! Dt« Lösung der sozialen Frage ist«in gut Stück gefördert worden, und zwar ist es das liebliche Spandau  , auS welchem uns Erleuchtung kommt, es ist wirklich und wahrhaftig so und wir selbst hätten es nicht geglaubt, wenn wir es nicht schwarz auf weiß in demAnzeiger für das Havelland" gelesen hätten. Diese- Weltblatt verkündet nämlich seinen Lesern Folgendes: In der vergangenen Nacht wurden von einem Sicher- heitsbeamten in einer Strohmiete drei Individuen angetroffen, die sich daselbst zur Ruhe niedergelassen hatten. Dieselben wurden nach dem Polizeigewahrsam transportirt. aus welchem heute ihre Entlaffung erfolgte, nachdem ihnen die Beschaffung eines ordnung s- mäßigen Unterkommens aufgegeben war. Möge also die übrige Welt dem Beispiele Spandaus folgen. Hier sind die guten Rathschläge billiger wie Brom- beeren. Wer obdachlos ist, dem wird dieBeschaffung eines ordnungsmäßigen Unterkommens aufgegeben", wer nichts»u essen hat, dem giebt man dieBeschaffung eines ordnungsmäßige" Mittagessens aus" und wer nicht m christlicher Demuth Alles erträgt, was ihm ganz wider seinen Willen zustößt, dem wird die Anschaffung einer ordnungsmäßigen Portion Demuth von der Behörde verordnet. Wem das noch nicht Hilst, der verdient wahrhastig nicht, auf dieser schönen Erde auch nur zu �r- hungern. Wer hätte denken sollen, daß sich in Spandau  «ine solch« Menge Klugheit vorfindet, wie weit stnd wir Berliner   in der Kulturentwickelung zurück gegen diesesmarten" Sozialpolitittt der Weltstadt Spandau  ? Ihr Geheimniß verrathen unS natürlich die braven Juliusthürmler nicht. Sie geben einfach den Leuten aus, sich das und das zu beschaffen und da»iit Hollah! Eine bescheiden« Anfrage nur: wovon soll sich denn der Obdachslose ttn ordnungsmäßiges Unterkommen, wovon sich der absolut Mittet- lose ein ebenso ordnungsmäßiges Mittagsessen beschaffen? Kann er denn aus Schwarz Weiß, aus einem leeren Beutel«in gew  - strotzendes Portemonnaie inachen? und ivenn man in Spandau  den Obdachslosen zehn Mal aufgiebt, schleunigst in die Luft z» fahren, ohne einen Geruch von Pech und Schwefel zu hinter- lassen, so wird das erst dann etwas helfen, wenn nian ihn«" erklärt, w i e sie das anzufangen haben. Die Spandauer sind zwar hervorragend bedeutende Menschen, so bedeutend aber si"d N« doch noch nicht, daß sie einfach dekretiren können und daß Dekret sofort in Bollzug tritt. Besser wäre es. wenn man>" Spandau   mit seiner Weisheit nicht mehr länger hinter dem Berg« hielte, sondern erklärte, wie eigentlich die obdachslosen3nD'' viduen" dem ihnenaufgegebenen" Befehl nachkommen sollen. Ueber de».. Gerichtsrubrik bereits daß der Angeklagt« zu» ijayr �esangmp uno auw. strafe verurtheilt worden ist. Wir kommen an dieser Stelle»> den Prozeß nochmals zurück, um unseren Lesern zu»"S«"', welch' ungeheuren Summen sich die Spekulationen an der-Övii bewegen. Schwieger hatte sich mit einem Buchhalter Deutschen Bank" in Verbindung gesetzt und durch die Schw deleien der beiden Gauner ist ous Bankinstitut um 3 Million 200 668 M. geschädigt worden. Hiervon mußten die Akaona 1 100 000 M. tragen. In welcher Weis« die beiden Speluianie es fertig gebracht haben, die Direktion der �Deutschen  «an hinter's Licht zu führen, war in unserem BerhandlungSbertchi«" falls detaillirt angegeben, der VerurtheUte Schwieger hatte Schi"? scheine gefälscht und sein.Kompagnon" die Buchung der g fälschten Scheine in den Büchern derDeutschen Bank" bewii- Während Schwieger festgenommen wurde, macht« sich sein>nu, Theilnehmer aus dem Staube und ist bis heut« noch nicht« wischt worden. Welche Summen die beiden Gauner aus ihremGeich«! aezoaen haben. geht daraus hervor, daß Schwieger bis z