Einzelbild herunterladen
 

werden

Wenn man mich nun fragt, wie die Aussichten im Reichstage| städte, und sogar bis zu dem Ruhrrevier. Um diese waltige Furcht vor der amerikanischen Gefahr aus­für die Zölle sind, so kann ich nur sagen, Zölle von 71/8 M. für Leute nun für Getreide, wie sie der Bund der Landwirte und unsre Bauernvereine in den Versammlungen von den Führern der Bauernbewegung die Zölle zu erwärmen, fie zeichnet. verlangen, werden, darauf müssen Sie gefaßt sein, nicht bewilligt mit der Redensart geängstigt, wenn der Getreidebau nicht unterlassen hat, aus seinen eignen Erfahrungen die ganze Merkwürdig ist nun, daß der besagte Boltsvertreter es bisher werden; das acceptiert die Regierung nicht, da bei hohen Zöllen keine Handelsverträge denkbar sind. Andrerseits ist lohnender würde, würden die Großgrundbesitzer zur Vich- Größe der amerikanischen Gefahr zu schildern, die sich sowohl für die eine große und entscheidende Mehrheit für einen mäßigen Zoll- haltung übergehen und den Kleinbauern die Preise verderben. deutsche Wirtschaftskraft als auch für die deutsche Frömmigkeit in schutz nach der Regierungsvorlage von ungefähr 5 M. oder etwas Durch dieses Schreckgespenst veranlaßt, schreien vielleicht einige dem Fall unfres Abgeordneten äußerst fühlbar gemacht hat. darüber, sicher." von den Kleinbauern in den Versammlungen mit, aber die Herr- nun er wird ja seinen Namen und seine Erfahrungen Mit diesen Ausführungen ist die Rheinische Volks große Masse sind Zollgegner. wohl selber demnächst im Reichstage zum besten geben, dieser stimme", das christliche Bauernorgan, nicht zufrieden; ihr Im übrigen sind die Gegensätze" im Centrum über das fromme Herr also unternimmt des öfteren Studienreisen nach genügt der Sechs- Mark- Zoll, den Frigen zugestehen will, nicht. Maß" des Wuchers nicht sehr tragisch zu nehmen. Im Amerika . Auf einer dieser Fahrten gelangte er auch an einem Sie schreibt furz und bündig: Gegenteil, den Herren ist es ganz angenehm, daß der An- Septembertage in eine große nordamerikanische Stadt. Allhier er­schein erweckt wird, als ob der Fünf bis Sechsmart- Zoll griff den Mann ein ungestümer Anfall von christlicher Nächstenliebe, tein Wucher sei. die dieses mur an Geschäfte denkende ideenlose Amerita natürlich raubgierig ausbeutete.

"

1. E. ist es nicht Sache der Abgeordneten zu fragen: Was bewilligt die Regierung und was nicht", sondern: Was ist billig und gerecht?" Wenn die Regierung sieht, daß eine Mehrheit für den 712 Mart- 3oll vorhanden ist, so wird dieselbe sich u. E. nicht ablehnend verhalten."

"

"

christlichen" Brotzölle eintritt, betragen sie" nur" 6 Mark oder Jeder katholische Arbeiter und Kleinbauer, der für die 7/2 Mart, versündigt sich an seinen eignen Interessen.-

*

*

starh Deutsches Reich.

-

Ein amerikanisches Blatt schildert das feltsame Geschehnis wie folgt:

Gleichzeitig rechnet die Volksstimme" nun auch mit dem Centrums Abgeordneten Richard Müller- Fulda ab. Müller hatte Das Geschick wollte es, daß er am Abend des 21. September, feiner Zeit in einer Versammlung gesagt, er" finde es einem Sonnabend, gerade als er sein Hotel verlassen wollte, von gewissenlos, wenn man den Landwirten einen Zollsaß von einer hübschen weiblichen Person angeredet wurde; der ermunternde 7,50 Mart vorgaukle. Es habe sofort nach der Versamm- Die Wahl in Wittenberg . Die" Post" will es noch immer Blick dieser Dame nahm den Herrn Abgeordneten wie mit einemt lung ein Briefwechsel zwischen dem Vorstand des nicht wahr haben, daß das Ergebnis der Wittenberger Reichstags- Zauberschlage gefangen. Mit der Höflichkeit, die nun einmal den Rheinischen Bauern Vereins und Müller- Fulda statt- wahl für die Parteien des Brotwuchers eine schwere Niederlage Deutschen ziert, und dem umgänglichen Wesen eines Weltmannes gefunden. Diese Schreiben seien aber bis jetzt nicht ver- bedente. reichte er und fte in reichte er der Dame seinen Arm und erbot sich, sie in sicherer Hut öffentlicht worden, weil man in christlichen Bauernkreisen der

=

Ansicht gewesen sei, daß Müller mit seinen Anschauungen in der Centrumsfraktion allein dastehen würde. Nachdem aber jekt wieder ein Centrums Abgeordneter, der sein Mandat hauptsächlich christlichen Bauern verdanke, sich ablehnend zu den Forderungen der Bauern geäußert, sei es an der Zeit, die Briefe zu veröffentlichen.

In dem Briefe, den der Vorsitzende des Bauernvereins, Graf v. Spee, am 22. Oktober d. J. an Herrn Müller ge­schrieben hat, fragt der Graf an, ob jene Aeußerung auf Wahrheit beruhe:

" Ich möchte annehmen, daß eine solche Aeußerung und in dieser Form nicht gefallen ist, denn dadurch würde den christlichen Bauernvereinen und ihren Führern eine gewissenlose Vorspiegelung falscher That sachen vorgeworfen. Die Führer der christlichen Bauernvereine haben den Mitgliedern derselben diesen Zollsatz für Weizen und Roggen vorgeschlagen und zur Aufstellung empfohlen. Sie werden sich nicht verhehlen können, daß die verantwortliche Stellung als Führer der christlichen und für mich speciell des Rheinischen Bauernvereins uns nicht gestattet, zuzugeben, daß von irgend einer Seite derartige Vorwürfe gegen uus erhoben werden.

Nun, wir erwarten, daß die Stichwahl auch die" Post" über- vor dem Gesindel zu geleiten, das namentlich in der Nacht zum

zeugen werde. Wir sind durchaus der Meinung, daß es angesichts Parteigenossen im Kreise Mann für Mann dem Abg. Barth ihre der gegenwärtigen Situation geboten sei, daß unsre Stimme geben werden.-

-

.the

Sonntag den Weg durch die Woodward Avenue gefährlich macht. Sie nahm gern den ihr zärtlich angebotenen Arm an und das Paar Die Dame schien gleichfalls von dem Fremden entzückt zu sein. ging von dannen. Was nun weiter geschah das hüllt sich in Die Kunstrede des Kaisers im Spiegel des Auslands. tiefes Geheimnis. Nur eines steht fest, nämlich, daß der Herr Die Londoner Daily News" schreiben über die Kaiserrede: Abgeordnete eine Weile nachher in einer Straße wieder zum Vorschein " Der Kaiser meint, daß die Kunst nur das Schöne von der kam und spornstreichs zu einem Polizeibureau eilte, um dort zu Natur nehmen sollte. Jedoch es ist eben nicht alles schön an der erzählen, daß er beraubt worden sei. Die Kriminalpolizisten Kane und Natur. Ein Kunstwerk, das die Misere des täglichen Lebens zeigt, Cotter erfuhren von ihm, daß ein Weibsbild ihm um 247 Dollars fann vom fünstlerischen Standpunkt größer und erhabener sein, als beraubt habe; als Zeichen dieser Unthat zeigte er eine leere Brief­Elend feine Karikatur machen; aber das wäre wieder unnatürlich. Staubes verweigerte der Herr Abgeordnete seltsamerweise jede die vollkommenste Wiedergabe des Schönen. Natürlich darf man vom tasche vor. Auf die Frage nach den näheren Umständen dieses und würde nichts zu thun haben mit der modernen naturalistischen Auskunft. Schule... 2erest chagins Bilder geben die Greuel und das Elend des Krieges mit einer geradezu abstoßenden Naturtreuheit Wir hoffen, daß der durch Amerika in so schiverer Weise geschädigte wieder, und doch verschlagen wir ihren erzieherischen Wert viel Mann im Reichstag mun aller Welt mitteilen wird, wie gefährlich Amerika ist!- höher, als die stereotypen Bilder, herrlichen und welche den Krieg ber= die berühmten Monarchen int den ummög­lichsten Situationen darstellen. Wir wissen nicht, auf welchem Graf Arnim ist in der bürgerlichen Presse wieder zum Ehren­Wege die Künstler der Klassischen Zeit sich bekannt gemacht mann ernannt worden. Der Herr Graf hat den Arbeiter in Köln , haben, aber das eine ist sicher, daß heute ein Künstler, der nicht mit den er durch seinen Zwischenruf gegen Bebels Ausführungen schwer einem filbernen Löffel im Munde geboren wird, unter Umständen beleidigt hatte, sein Bedauern übermittelt und sich verpflichtet, die Herr Müller- Fulda antwortet am 24. Oktober u. a.: verhungern kann, so vielversprechend auch sein Werk sein mag. Ein fräufliche Frau des Arbeiters zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit " Die fragliche Aeußerung, wenn folche auch nicht wörtlich berühmter Name kann in den meisten Fällen nur durch Protektion in einer Lungenheilanstalt verpflegen zu lassen. wiedergegeben ist, stelle ich nicht in Abrede. Dieselbe hat jedoch oder durch die Presse erlangt werden. Der Kaiser selbst Graf Arnim scheint Sorge getragen zu haben, daß die Mit­auf die Beschlüsse des Rheinischen Bauernvereins nicht den mindesten hat manchen Stünstler zu einem berühmten Mann gemacht, der teilung der Arnimschen Sühne schleunigst in die Zeitungen gelangt Bezug, zumal mir letztere damals überhaupt noch nicht bekannt andernfalls dies Attribut nicht verdient hätte. Wenn alle die iſt, und er hat den Erfolg, daß die Blätter seine Schuld als gefühnt waren. Ich bestreite dem Verein, seinen Führern, überhaupt zahlreichen Portraits des Kaisers in aller Stille an den Wänden des erklären und ihn des Titels eines Gentlemans wieder für allen Produzenten, keineswegs das Recht, ihre Wünsche königlichen Schlosses aufgehangen würden, ohne daß sie wieder- befinden. ir würdig i'n bollem Umfange geltend zu machen, holentlich ausgestellt und photographiert würden, mancher Künstler Wir haben von Anfang an den Zwischenruf des Grafen Arnim halte dies fogar angesichts der gegnerischen Agitation, würde nicht bis auf die oberste Stufe der Leiter emporgelangt sein. nicht deshalb verurteilt, weil er für den einzelnen Arbeiter beleidigend welche die Aufhebung aller Schutzölle anstrebt, für ganz zwed- Stann es eine beffere öffentliche Bekanntmachung geben, als den sein könnte, sondern weil es charakteristisch für die Ge­mäßig. Meine Bemerkung bezog sich lediglich auf diejenigen, Kaiser zu malen oder ihn auf seinen Reisen zu begleiten?" sinnung eines reichen Grafen war, bei der Aufrollung welche, obwohl ihnen die Verhältnisse und das Maß des Erreich Zum Schluß wendet sich Daily News" gegen die Aeußerung, socialer Rotbilder gerade den vom Grafen Arnim eingeworfenen Ein­baren ziemlich genau bekannt, doch den Glauben zu erwecken daß nur das deutsche Volk die großen Ideale der Kunst festgehalten wand zu erheben, daß die Not der Kinder durch die Trunksucht der suchen, als brauchten die Abgeordneten nur den guten Willen zu habe. Es sei nicht ganz verständlich, was der Kaiser hiermit gemeint Väter verursacht sein dürfte. Das Wohlthätigkeits- Schauspiel, das zeigen, dann würde ein derartiger Zollfaz auch Gesetz werden...." habe." Kunst kennt keine Grenzen und wehe dem deutschen Künstler, jezt Graf Aruim notgedrungen aufführt, ändert nichts an seinen Ge­Herr Müller versichert dann noch, daß sich seine Be- wenn er die großen Kunstwerke andrer Nationen unbeachtet lassen oder fimmungen und an unsrer Beurteilung dieser Gesinnungen. merfung nicht gegen den Bauernverein richte, ja, daß er hochmütig auf sie herabblicken wollte. Wir würden dann bald einen sogar mit dessen Beschlüssen, insbesondere soweit sich solche besondren deutschen Stil bekommen, der in der Kunst dieselbe Rolle auf Futtermittel erstrecken, zum Teil ganz einverstanden sei". spielen dürfte, wie die Pan- Germanen in der Politik spielen. Und Die Verlegenheitserwiderung des Herrn Müller ist mehr das will etwas sagen." als schwach. Er hält zwar die Forderung eines 7½½ Mark- teineswegs überwältigt. Bolls für eine gewissenlose Gaukelei, wenn sie aber vom chriftlichen Bauernverein erhoben wird, ist sie ganz zweck mäßig". Das Bauernorgan erklärt die Entschuldigung Müllers, diesen zwei langen weißen Marmorreihen stehen, vollständig Bestimmungen über Behandlung untergebener er habe die christlichen Bauernvereine nicht gemeint, für un- unbekannte Persönlichkeiten sind. Der Berliner weiß nichts der genauern Beachtung wegen sehr häufig verständlich, und sagt weiter, daß die Ausdrücke gewiffenlos" von ihrer Stellung in der Geschichte, vermutlich aus dem einfachen den Vorgesekten bekannt gegeben werden, treten die und Gaufler" nur auf die betreffenden Vereine gemünzt seien. Gründe, weil so wenige von ihnen überhaupt eine Stellung in der Schönheiten" des Kasernenlebens besonders in den Vordergrund; erst Bei diesen Auseinandersetzungen kommen die Abgeordneten, Geschichte eingenommen haben... Gs mag fraglich sein, ob das fürzlich berichteten wir darüber, wie in derselben Halberstädter Bei diesen Auseinanderschungen kommen die Abgeordneten, Marmarameer , wie der Berliner die Sieges- Allee jetzt neunt, Küraffterfaserne sogar zwei Civilpersonen, ein Kaufmann wenigstens soweit sie niederrheinische Kreise vertreten, in eine nicht sehr angenehme Situation, denn die Kleinbauern dort, wirklich eine wertvolle Zugabe zu dem künstlerischen Schmuck und cand. med. Bulger von einem Vicewachtmeister mit dem Degen und selbstverständlich auch die Arbeiter, mögen von einer Er­höhung des Bolles überhaupt nichts wissen. Die Kleinbauern Die amerikanische Gefahr. Im deutschen Reichstage figt ein leben am Niederrhein hauptsächlich von Viehzucht und Mann, der sich durch eine ans Heilige streifende Frömmigkeit, durch liefern ihre Produkte in die umliegenden Industrie- eine zuckerig schleimige Beredsamkeit und endlich durch eine ge­

Absolutismus und geistige Kultur.

-

Bor fast einem halben Jahrhundert erschien in London zum erstenmal Thomas Buckles, Geschichte der Civilisation in England" eine Kulturgeschichte großen und tiefen Stils, ein Wert, das bleibenden Wert behalten hat als ein Dokument aus der kraftvollen Jugendzeit des enthusiastischen und wahrhaftigen bürgerlichen Liberalismus. Gerade aus diesem Geschichtswerk kann man abmessen, was der Liberalismus hätte erreichen sollen und, was er, wenigstens auf dem Kontinent, nicht erreicht hat.

Die feudale und klerikale Weltmacht, die Buckle geistig zer­trümmerte, ist heute stärker denn je, und der Absolutismus schuf sich im Militärstaat einen schuß- und hiebsicheren Panzer. Bereits find auch die Philosophen des Absolutismus wieder thätig, um zu be­weisen, wie alles Heil im persönlichen Regiment liege, und eine servile Presse hat in millionenfacher Verbreiterung und Verflachung das Amt übernommen, das einst die Hoflitteraten des französischen Sonnenkönigs ausübten. Gelehrte, Schriftsteller, Künstler gehen wieder um, die wie wesenlose Gespenster aus der Zeit Lud­wigs XIV. fcheinen und doch einen verhängnisvollen, stetig wachsenden Einfluß ausüben.

Es war Thomas Buckle , der die Legende von dem goldenen Zeitalter Ludwigs XIV., von der schöpferischen, alle Gebiete der tünstlerischen und wissenschaftlichen Kultur befruchtenden Zauber­wirkung des persönlichen Regiments unbarmherzig zerstörte. Jm elften Kapitel des ersten Bandes seines Hauptwverkes hat er in grandioser Wucht den Geist der Bevormundung" geschildert, den Ludwig XIV. in Kunst und Wissenschaft einführte. Im Folgenden fei ein Auszug des Kapitels wiedergegeben:

*

#

Jeder Gelehrte wurde ein Vafall der französischen Krone, jedes Buch wurde mit Rücksicht auf die königliche Gunst geschrieben, und die Protektion des Königs wurde als der entschiedenste Beweis geistiger Vortrefflichkeit betrachtet.

Wir sehen in der Regierung Ludwigs XIV. das merkwürdigste Beispiel von Despotismus, das jemals vorgekommen ist, einen Despotismus von der ausgedehntesten und umfassendsten Art, einen 50 jährigen Despotismus über das civilisierteste Volt in Europa , welches das Joch nicht nur ohne Murren trug, sondern fich ihm mit Heiterfeit, ja mit Dankbarkeit gegen den unterwarf, der es ihm auferlegt hatte.

Militärinstiz.

dns dou

Halle a. G., 23. Dezember. 25 Stockprügel, eine Ohrfeige und 22 Tage Auch der Berliner Korrespondent des Daily Chronicle" ist it rengen Arrest, das war das Fazit eines Morgenerlebnisses für den 24jährigen Küraffter Friedrich Ernst Menge von der

der zweiunddreißig Ottos, Johanns, Friedrichs und Karls, die in jenem Ehren- Regiment Bismards, Man ſagt nicht zu viel, wenn man behauptet, boß sie majorität 2. Eskadron des" Straffic- Regiments. Se afler höchsten

der deutschen Hauptstadt ist."

der gemeinste friechendste Aberglaube folgte, charakterisierten fein Brivatleben, während er in seiner öffentlichen Laufbahn eine An­maßung und eine systematische Trenlosigkeit entwickelte, welche gulegt den Zorn ganz Europas aufregten und Frankreich eine scharfe und merkliche Büchtigung zuzogen. In seiner inneren Politik verband er sich aufs genaueste mit der Kirche und ob= gleich er dem Ansehen des Papstes Widerstand leistete, ließ er doch seine Unterthanen willig von der Tyrannei des Klerus unter­drücken.

Und doch giebt es noch Leute, die im Angesicht dessen das Zeitalter Ludwigs XIV. bewundert haben wollen. Obgleich es bekannt ist, daß unter seiner Regierung jede Spur von Freiheit verschwand, daß das Volk unter einer unerträglichen Auflagenlaft erlag, daß ihm seine Kinder bei zehntausenden entrissen wurden, um die königlichen Armeen zu füllen, daß die Reichtümer des Landes in einem Maße wie noch nie vorher verschwendet wurden, daß ein Despotismus von der ärgsten Art fest gegründet wurde; obgleich alles dies allgemein zugegeben wird, giebt es dennoch selbst in unfren Tagen Schriftsteller, die von dem Ruhm der Litteratur so verblendet sind, daß sie ihn gegen die ungeheuersten Verbrechen in die Wagschale werfen, und daß sie jedes Unrecht zu verzeihen bereit sind, welches von einem Fürsten verübt wurde, bei defien Lebzeiten die Briefe von Pascal, die Reden von Bossuet, die Komödien von Molière und die Tragödien von Racine ge= schrieben wurden.

Diese Methode, die Verdienste eines Regenten zu schätzen, hängt mit einem noch weiter verbreiteten Irrtum über den Ein­fing töniglicher Gönnerschaft gegen die Nationallitteratur zusammen. Diese Täuschung haben die Schriftsteller selbst zuerst verbreitet. Aus der Sprache, welcher sich mir zu viele von ihnen zu bedienen pflegen, tönnten wir zu dem Glauben verleitet werden, als sei eine magische Kraft in dem Lächeln eines Königs, welche den Geist des Glücklichen aufstachelt, dessen Herz es erfreuen darf. Und man muß dies nicht als eins von den harmlosen Vorurteilen, die noch die Person des Königs umschweben, verachten. Dieser Irrtum beruht nicht nur auf einem Mißverständnis der Natur der Dinge, sondern ist auch in seinen praktischen Folgen sehr schädlich. Er ist in dem unabhängigen Geist, den die Litteratur immer be fizzen sollte, schädlich, und er ist dem Fürsten selbst schädlich, denn er stärkt jene Eitelkeit, von der sie gewöhnlich eine mir allzu große Dosis besigent."

Von dem Augenblick, wo die theologische Dichtung vom gött­lichen Recht der Stönige schließlich verlassen wurde, folgte es not wendig, daß die Achtung, die man für sie fühlte, eine entsprechende Verminderung erlitt. Die abergläubische Ehrfurcht, womit man Was dies noch befremdender macht, ist, daß die Regierung fie früher betrachtete, ist erloschen, und jetzt flößt uns die Ludwigs XIV. vollständig verurteilt werden muß, wenn man sie Göttlichkeit, von der ihre Personen einst um= auch nur mit dem niedrigsten Maßstabe von Sittlichkeit, Ehre geben sein sollten, nicht länger eine heilige oder Interesse mißt. Eine rohe, ungezügelte Liederlichkeit, welchercheu ein. Das Maß also, mit dem wir sie zu messen haben,

"

wo die

mißhandelt wurden. Auch der jezige Fall lag dem Kriegsgericht der 8. Division zur Aburteilung vor. Angeklagt waren der Kürassier enge wegen Gehorsamsverweigerung und Achtungsverlegung und der 22jährige Unteroffizier derselben Eskadron Ostar Bülde wegen Mißhandlung eines Untergebenen.

liegt auf der Hand. Wir müssen ihr Betragen loben, in dem Verhältnis, als sie zum Glück des Volkes beitragen, über das fie Gewalt haben; aber wir müssen uns erinnern, daß wegen der Art ihrer Erziehung, und wegen der kindischen Huldigung, die ihnen immer gezollt wird, ihr Unterricht sehr mangelhaft und ihre Vorurteile sehr zahlreich sein müssen. Deswegen find wir weit entfernt zu erwarten, daß sie verständige Beförderer der Litteratur fein oder auf irgend eine Weise ihr Zeitalter auführen könnten; wir müssen zufrieden sein, wenn sie sich nicht hartnäckig dem Geiste ihrer Zeit widersetzen, und wenn sie es nicht unternehmen, den Fortschritt der Gesellschaft zu hemmen. Denn wenn der König nicht trotz der intellektuellen Mißstände seiner Lage ein Mann von sehr großem Geiste ist, so muß es sich natürlich ereignen, daß er nicht die Bedeutendsten, sondern die Gefügigsten belohnt, daß er seine Gönnerschaft einem tiefen und unabhängigen Denker ver weigert, sie aber einem Schriftsteller schenkt, der alte Vorurteile hegt und alte Mißbräuche verteidigt. Auf diese Weise ist die Gewohnheit, Männer der Wissenschaft mit Ehrentiteln und Geld zu belohnen, ohne Zweifel angenehm für diejenigen, welche sie empfangen, aber hat offenbar die Tendenz, die Kühnheit und Kraft ihrer Gesinnung zu schwächen und so den Wert ihrer Werke zu vermindern.

Nach einem forgfältigen Studium der Litteraturgeschichte halte ich mich für berechtigt zu sagen, daß für ein Beispiel, wo ein Fürst einen Manu belohnt hat, der seiner Beit vorauf war, wenigstens zwanzig Beispiele an 3 uführen sind, wo er solche belohnte, die hinter ihrer Zeit zurüd waren. Die Folge ist, daß in jedem Lande, wo die königliche Gönnerschaft lange und allgemein gewährt worden ist, der Geist der Litteratur statt progressistisch zu sein, reaktionär geworden ist. Es ist ein Bündnis gemacht worden zwischen denen, die geben, und denen, die empfangen. Durch ein System von Gnadenbezeigungen ist künstlich eine gierige und bedürftige Klasse von Menschen erzeugt worden, die in ihrem Eifer für Pensionen, Aemter und Titel die Verfolgung der Wahr­heit dem Wunsch nach Gewvim untergeordnet und in ihre Schriften die Vorurteile des Hofes, dem sie sich anschließen, übertragen haben. Daher kommt es, daß die Gunstbezeigungen ein Wahr­zeichen der Knechtschaft geworden sind. Daher kommt es, daß die Eriverbung von Kenntnissen, bei weitem die edelste von allen Be­schäftigungen, eine Beschäftigung, welche vor allem die Würde des Menschen erhöht, zu dem Maß eines gemeinen Handwerks erniedrigt worden ist, wo die Möglichkeit des Erfolges nach der Zahl der Belohnungen abgemessen, und die höchste Ehre ein Geschenk dessen wird, der gerade der Minister oder der König des Tages ist.

Schöne Gemälde, edle Paläste, rührende Dramen mögen eine. Zeitlang reichlich hervorgebracht werden, aber auf Kosten des