2. Beilage zum ,, Vorwärts" Berliner Volksblatt.
Nr. 56.
Einer interessanten Episode
aus den letzten Wahlkämpfen begegnen wir in dem Berichte der Wahlprüfungs Kommission über die Wahl des Abgeordneten v. Colmar im 1. Wahlkreise des Regierungsbezirks Bromberg . Dort standen sich bei der Wahl der konservative Kandidat, welcher schließlich das Feld behauptete und der deutschfreisinnige Rechts: anwalt Flatau aus Berlin gegenüber. Die Wahl des Herrn v. Colmar wurde zunächst vom Reichstag wegen grober amilicher und anderer Beeinflussungen beanstandet und Erhebungen be fchloffen. Diese haben mittlerweile stattgefunden und in der Kommission hat aber trotzdem den Antrag auf Ungiltigkeit Hauptsache auch die Richtigkeit der Proteftangaben bestätigt; die erklärung der Wahl mit 8 gegen 4 Stimmen abgelehnt, dagegen aber noch weitere Erhebungen beschlossen. Bis diese ein. gehen, vergeht ein weiteres Jahr und so wird Herr v. Colmar wohl Gelegenheit haben, ein Mandat bis zum Ende der
-
Sonntag, den 6. März 1892.
9. Jahrg.
Wegen dieses Vorfalls ist in den Atten ca. den Schulzen Gefängniß gewesen wären; diese Strafe würde wie ein ewiger Sauer in Behle bei der Staatsanwaltschaft zu Schneidemüht Matel an uns hasten. Unfere innigfte Bitte geht daher dahin: Anzeige erstattet und schwebt das Ermittelungsverfahren." beraubung des Arbeiters Dessau in Schmielau durch den Schulzen umzuwandeln. Betreffend die behauptete Mißhandlung und Freiheits- die gegen uns erkannte Gefängnißstrafe in eine Geldstrafe Busse und Genossen ist am 10. Oktober 1890 ein gerichtliches Urtheil ergangen und rechtskräftig geworden, wonach 1. der Schulze Helmuth Buffe der Körperverlegung im Amte
in zwei Fällen,
Indem wir Leumundsatteste unseres Kreis Landraths bei
fügen, erſterben wir als Gw. Majestät treu ergebenſte
Hellmuth Busse, Freischulze.
2. der Müller Julius Albert Vogel der gefährlichen KörperJulius Vogel, verlegung Müller." schuldig und deshalb Buffe zu vierzehn Tagen, Bogel zu einer Auffallend in diesem Gesuche ist die Angabe, daß die Betenten an den Arbeiter Dessau und in die Kosten des Verfahrens verrichtsaften nur von der freifinnigen" Agitation die Rede ist und Woche Gefängniß, sowie zu einer Buße von einhundert Mart einen sozialdemokratischen Agitator geschla. sen zu haben" vorgeben, während in den gesammten Geurtheilt sind. auch nur sein konnte, da in der ganzen Wahlbewegung gerade die Sozialdemokratie fehlt." Soweit der Bericht der Wahlprüfungskommission. Derselbe
Ueber die Bemeffung der Strafe ist den Erkenntnißgründen Folgendes zu entnehmen:
Das
Was die Strajabmessung anbelangt, so find fowohl dem ungiltig hätte erklärt werden müssen. Bei der Art, wie im Reichs. Angeklagten Busse in beiden Fällen, wie dem Angeklagten Bogel mit falschen Angaben operirt haben, denn weder war ein sozialmildernde Umstände bewilligt worden. Denn es ist den tag die Wahlen geprüft werden, wäre dieser Fall nicht der erste, Angeklagten geglaubt, daß ihre Stellung als Grundbesitzer durch demokratischer Wahlkandidat in dem Kreise aufgestellt, noch war der und er ist gewiß auch nicht der letzte. die Agitation für die freisinnige Partei auf dem Lande ArbeiterDeffau einSozialdemokrat. Derselbe hat nur deutschfreisinnige Zur Charakterisirung der Vorgänge in diesem Wahlkreise eine sehr mißliche geworden ist, indem dadurch sowohl die Flugblätter und Stimmzettel für den Kandidaten diefer Partei und um ein kleines Streiflicht darauf zu werfen, wie bei uns Ansprüche ihrer Arbeiter über Gebühr geur Bertheilung gebracht und dafür ist er, wie das gerichtliche fonfervative Wahlen gemacht werden und welche Kräfte vor und steigert als auch die Unbotmäßigkeit und Arbeits- Getenntniß fagt, maßlos mißhandelt worden und zwar von dem nach denselben in Attion treten, möge der nachfolgende wortgetreue un lust derselben sehr befördert sind. Es ist Ortsschulzen, also einer Antsperson, und einem zweiten, ebenfalls Auszug aus dem Bericht der Kommission dienen. Dort heißt es: daher natürlich, daß die Angeklagten Buffe und Bogel Gnadengefuche hatte Erfolg, denn wie wir im Kommissionsbericht mit feiner Rönigstreue" prahlenden Konservativen. Ueber vorgekommene Mißhandlungen und Verhaftungen, über die von Deffau beabsichtigte Agitation, von welcher sie weiter lesen: find nach den Gerichtsakten Busse und Vogel zu welche zu Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Veranlassung ge- eine erhebliche Verschlechterung ihrer wirth einer Geldstrafe von 20 und 10 m. beguadigt worden. geben hatten Punkt 11 der Erhebungen hat der Reichstag fchaftlichen Lage zu erwarten hatten, sich sehr die Aften der Staatsanwaltschaft und des Gerichts erbeten. erregt haben. So allein ist die Maltraitirung des Dessau er Die vom Reichstage eingeforderten Atten der StaatsanwaltDie Beschwerdepunkte lauten: flärlich. Mit Rücksicht auf die Maßlosigkeit der Mißschaft find nicht eingereicht worden, was insofern sehr zu be handlungen des Deffau schien es jedoch geboten, an erster bauern ist, als sich aus denselben ergeben würde, aus welchen Stelle eine Freiheitsstrafe, und nicht eine Geldstrafe, bie die An- Gründen die tönigl. Staatsanwaltschaft dem Begnadigungsgesuch geklagten nicht empfindlich, wie es erforderlich war, treffen würde, ihre so erfolgreiche Fürsprache angedeihen ließ. Im Uebrigen bemerfen wir nur, daß der Bericht, dem wir gegen die Angeklagten zu verhängen. Es ist deshalb gegen den Angeklagten Buffe für jede strafbare Handlung eine aus§ 840 Straf die vorliegenden Mittheilungen entnehmen, vom 1. März 1892 datirt ist. Gesetzbuchs bemessene Gefängnißstrafe von zehn Tagen, welche beide Strafen gemäߧ 74 Straf Gefeßbuchs auf eine Gesammtstrafe von vierzehn Tagen Gefängniß festgestellt sind, und gegen den Angeklagten Bogel eine Gefängnißstrafe von einer Woche als angemeffen erkannt worden."
"
Die Verurtheilten haben alsdann folgendes Gnadengefu ch eingereicht: Schmilau , Kreis Rolmar i. P. ,, den 81. Oftober 1890. Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster Raiser! Allergnädigster Kaiser, König und Herr!
Boziale Ueberlicht:
Achtung, Nigdorf! Den Vorständen von gewerkschaftlichen wie politischen Vereinen zur Nachricht, daß Donnerstag, den 10. b. m., eine öffentliche Voltsversammlung stattfindet, in welcher Stellung zur Feier des 1. Mai genommen werden soll.
Der Arbeiter Julius Dessau aus Schneidemühl , der sich behufs Bertheilung von Flugblättern nach dem Drte Schmielau bei Schneidemühl begab, wurde von dem Ortsschulzen Busse in Schmielau, der ihn bei der Vertheilung von Flugblättern betraf, feines Vorrathes an Flugblättern beraubt, demnächst unter Buhilfenahme von zwei anderen Personen niedergeworfen, mit dem Schulzenstock durchgeprügelt, alsdann mit Striden gebunden und, nachdem sich der Schulze Busse auf ein Pferd gefeßt, vor dem Pferde unter den gröblichsten Schimpfreden nach dem Ortsgefängnisse abgeführt. Während des Trans ports fließ der Orteschulze Buffe laute Rufe des Inhalts aus: daß sein Pferd den verfluchten Demokraten todt treten möge." Nach einem einstündigen Aufenthalt im Gefängniß wurde Deffau, die Arme auf dem Rücken gebunden, im offenen Wagen nach Schneidemühl geführt, woselbst in später Nachtstunde von dem Distriktskommissar seine Freilassung verfügt In tiefster Ehrfurcht wagen wir es, die Gnade Ew. Majestät wurde. Dessau war infolge der gröblichen Mißhandlungen anzuflehen! Parteigenoffen! Hauptsächlich kommt es darauf an, daß die mehrere Tage arbeitsunfähig, Es ist wegen diefes Vorkomm Durch Erkenntniß des Königlichen Landgerichts zu Schneide- Demonstration eine dem Tage entsprechende ist und unter zahlnisses das Strafverfahren gegen den Ortsschulzen Busse in mühl vom 10. Oktober 1890 find wir wegen Körperverlegung zu reicher, einheitlicher Betheiligung stattfindet. Deshalb sollen, wie Echmielau und feine Helfershelfer beim Landgericht zu Schneide- 14 Tagen beziehentlich einer Woche Gefängniß rechtskräftig ver- Ihnen durch die Parteipresse schon bekannt sein wird, die Arranmühl eingeleitet. Es wird nun um Avozirung der Aften c/ a. urtheilt worden, weil wir einen sozialdemokratischen gements der Feier von der politischen Partei ausgehen, in der Busse und Genossen von der Staatsanwaltschaft des Land- Agitator, als wir ihn von unserem Dorfe mit Gewalt fern beiter sich derfelben anschließen, wodurch wir einer Zersplitterung Boraussetzung, daß sämmtliche organisirte und zielbewußte Argerichts Schneidemühl gebeten und im Uebrigen auf eidliches halten wollten, geschlagen haben. Bis zu der letzten der Feier vorbeugen und auch der sozialpolitische Charakter derZeugniß des Arbeiters Julius Dessau in Schneidemühl Bezug ge- Reichstagswahl haben wir Eigenthümer in Schmilau mit felben mehr zum Ausdruce fommt. Deshalb ersuche ich fämmtnommmen. Begreiflich ist, daß durch ein derartiges Borkommniß, ins unfern Arbeitern friedlich zufammengelebt, wie wir es von besondere durch die ungefeßliche Mißhandlung und Verhaftung eines unfern Eltern und Großeltern her gewöhnt waren. Wir haben liche Parteigenossen, in dieser Bersammlung zu erscheinen und Stimmzettel Bertheilers durch die Ortsbehörde die zur Ver- unfere politische Ehre darein gesezt, und war uns selbst. Abstand zu nehmen, damit auch wir beweisen, baß wir das von ber Abhaltung anderer Versammlungen an diesem Tage fügung des freifinnigen Wahllomitees stehenden sonstigen Ber - verständlich, daß ein deutscher, tönigstreuer Abgeord fonen mit Schrecken erfüllt worden sind. Die deutschfreisinnige neter aus unserm Wahlkreise in den Reichstag gesandt wurde. Da Wort: Einigkeit macht start!" voll und ganz begriffen haben. Agitation in den Dorfgemeinden ist dadurch in der erheblichsten erschienen plößlich und ungerufen bei uns Herren aus Näheres in der Mittwoch Nummer des Vorwärts" und des Volksblattes". Weise gehemmt worden, weil nur wenige Personen den Muth Berlin , die, obgleich fie offenbar von unsern Verhältnissen" Der Vertrauensmann. hatten, sich der Wiederkehr solcher Borkominisse, die von den nichts verstanden, Alles schlecht machten, was bisher die Regie höheren Behörden offenbar gern gesehen wurden, auszusetzen.rung gethan, und ihr Werkzeug, der sogenannte Arbeiter Deffau Die Arbeitseinstellung der Handschuhmacher ist mit dem Hervorgehoben wird, daß auch in dem Dorfe Behle der aus Schneidemühl , erzählte unfern Arbeitern, daß sie dasselbe heutigen Tage für die Orte Burg, Friedrichshagen , Hameln und Schulze Sauer fich eines ähnlichen gefezwidrigen Verhaltens beanspruchen könnten, wie wir, und nicht mehr bei uns zu Osterwieck beendet. gegen den freifinnigen Stimmzettel Bertheiler, Bigarrenmacher arbeiten brauchten. Die Folge hiervon war, daß unsere Arbeiter Trotz der Ausdauer der Betheiligten und trotz der kräftigen Seidel aus Schönlante, schuldig gemacht hat. Seidel wurde die Arbeit niederlegten und sogenannte Freiheitslieder Unterstüßung seitens der Arbeiterschaft ist der Sieg nicht auf der von dem Schulzen Sauer am 20. Februar 1890, als Ersterer fangen, in denen Alles verhöhnt wurde, was uns als un- Seite der Arbeiter gewesen. Die lang andauernde Krisis sowohl, an Holz Fuhrleute freifinnige Stimmzettel vertheilte, gefragt, antastbar gegolten hatte. Durch diese uns verhaßte wie die zahlreichen Streitbrecher haben uns gezwungen, den Kampf ob er noch mehr von den Betteln habe. Sauer lud auf be- Agitation haben wir uns leider zu einer Uebereilung ver aufzugeben. jahende Antwort des Seidel diesen ein, auf sein Gehöft zu leiten lassen. Als Dessau abermals erschien, um nominell Brandenburg , den 6. März 1892. fommen. Dort angelangt, verschloß der Schulze Sauer die Hof- freisinnige Flugblätter zu vertheilen, in Wahrheit aber Für den Verbands Ausschuß der Handschuhmacher. thür, faßte den p. Seidel an der Brust mit den Worten: Nun für die Sozialdemokratie zu wirken, wollten wir den Gg. Schneider. hab ich Dich, Du Hund, Du sollst mir nicht mehr lebendig vom ungebetenen Gaft nicht weiter bei uns dulden. Wir haben in Hof kommen." Demnächst schlug er mit einem schweren Stock der Annahme, daß er gegen das Gesetz verstieße, wenn er ohne 300 Arbeiter, welche auf der Strecke Meppen Lingen am auf Seidel los, sodaß der durch die verschiedenen Schläge ver- behördliche Erlaubniß Flugblätter vertheile, ihn unserem vor- Dortmund Ems- Kanal beschäftigt waren, sind entwundete Seidel zu Boden fiel. Seidel war durch die erlittenen gefeßten Polizeikommiffar vorgeführt und ihn bei dieser Gelegen- affen worden, weil der Frost die Fortsetzung der Arbeiten Mißhandlungen nicht nur außer Stande, daß ihm aufgetragene heit geschlagen. Wir bedauern unser Bergehen und find bereit, hindert. Geschäft der Stimmzettel Bertheilung weiter zu besorgen: er ist auch 8 Tage nach dem Wahltage arbeitsunfähig gewesen. Beweis: Zeugniß des Bigarrenmachers Seidel in Schönlanke und des Bauern Kuß in Behle.
H
Größtes Geschäft des Nordens.
"
"
Sühne zu geben, nur möchten wir vor dem Gefängniß bewahrt Die Parquettbodenleger in Bern , Basel , Lausanne bleiben. Wir sind beide noch jung und daher unbesonnen ge- und 3ürich haben die Arbeit eingestellt, weil die Unternehmer wesen, wir sind noch nicht bestraft. Unsere Nachbarn würden die Anerkennung des von den Gehilfen vorgeschlagenen einheit hinfort mit Geringschäßung auf uns herabsehen, wenn wir im lichen Lohntarifs verweigerten.
Singer& Co.,
empfehlen zur
Chausseestr. 56,
Ecke Liesenstr.
Lieferanten verschiedener Vereine,
Streng reelle Bedienung. Feste Preise.
Frühjahrs- Saison nachstehende Stoffe zu auffallend billigen Preisen:
1 große Bartie neuer moderner Frühjahrsstoffe im englischen Geschmack, doppeltbreit, statt 1,50 jetzt Meter 85 Pf. 1 große Bartie Hauskleider- Stoffe, vorzüglich im Tragen, in wundervollen Streifen, doppeltbreit, statt 1,75 jetzt Meter 1 Mk. 1 große Partie reinwollene Neuheiten im englischen Geschmack und unabsehbarer Auswahl, statt 3 und 4 Mt. jetzt 1,50 u. 2 Mk. 1 große Bartie Mousseline in großer Auswahl und wundervollen Mustern, garantint wasch- und luftecht, jetzt Meter 75 Pfg. 1 große Partie schwarze reinwollene Cachemires und Fantasiestoffe, unter Garantie für Haltbarkeit, statt 2,50 und 3 Mt. jetzt Meter 1,00 und 1,50 Mk. Belfener Gelegenheitskauf:
1 große Partie reinseidene Merveilleux in 40 wundervollen Farben für elegante Strassen- und GesellschaftsToiletten, statt 4 Mt. jetzt Meter 2,25 Mk.
Unsere billigen Preise sind nachweislich ohne jede Konkurrenz.
Der gute Ruf unseres seit Jahren bestehenden Geschäfts bürgt für strengste Reellität. Umtausch bereitwilligst jeden Vormittag gestattet.