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Nr. 31.
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Vorwärts
8. Jahrg.
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Redaktion: Beuth- Straße 2.
Parteigenossen!
In Ausführung des auf dem Parteitage zu Halle a. G. gefaßten Beschlusses, und in Rücksicht auf die Nothwendigkeit, die im Jahre 1889 vom internationalen Arbeiterkongreß zu Paris beschlossene Kundgebung zu Gunsten des Achtstundentags zu einer einheitlichen und wirksamen zu gestalten, hat die unterzeichnete Fraktion, nach eingehender Erörterung mit allen gegen eine Stimme beschlossen:
Freitag, den 6. Februar 1891.
Expedition: Beuth- Straße 3.
kürzung und gesetzliche Festlegung des Arbeitstages das einzige Liebkosungen von Dirnen, und es war der berühmte PolizeiMittel ist, um den schlimmsten Wirkungen dieses Zustandes mann Avé- Lallemant , der in seiner Geschichte des deuteinigermaßen zu begegnen: erscheint es als eine ganz besondere schen Gaunerthums den Mangel einer Gastkontrolle in Pflicht, alles aufzubieten, um die Maifeier zu einer wahrhaft den Bordellen damit begründet, daß die Polizei fürchten großartigen Kundgebung zu gestalten.
Hoch die internationale Sozialdemokratie. Berlin , den 4. Februar 1891.
Die sozialdemokratische Fraktion des deutschen Reichstages.
Den deutschen Arbeitern zu empfehlen, die Mai. Auer. Bebel. Birt. Blos. Bod. Bruhn 3. Die B. alter ihrer männlichen Angehörigen aufweisen, als die Are
feier am ersten Sonntag im Mai zu begehen, und weiter dahin zu wirken, daß auch für die Zukunft der gleiche Tag festgehalten wird. Als Hauptgrund für diese Entscheidung fiel ins Gewicht, daß ein Tag zu wählen sei, welcher der gesammten Arbeiterklasse die Betheiligung an der Rundgebung ermöglicht.
Hierzu erscheint nur der Sonntag geeignet. Jeder andere Tag der Woche macht es einer sehr großen Zahl von Arbeitern unmöglich, an der Feier Theil zu nehmen. Einmal ist vielen Arbeitern das Feiern an einem Werktage besonders zu einer Zeit unmöglich, wo die bürgerlichen Feiertage sich häufen.
treten werdet.
wird.
Dreesbach. Förster. Frohme. Gener. Grillenberger. Harm.
Heine. Hickel. Joest.
Runert. Liebknecht. Meister. Megger.
Moltenbuhr. Schippel. A. Schmidt. W. Schmidt.
Singer. Stadthagen . Stolle. Zuhauer. Ulrich
Schulze. Schumacher. Schwarz. Seifert.
Vollmar. Wurm.
Berr Adolf Lehr, der Moralstatistiker.
II.
müsse, heute eine„ Respektsperson" in den Armen von Prostituirten zu finden, in denen gestern ein steckbrieflich verfolgter Gauner gelegen hat. Die Bourgeoisie bedarf der Prostitution, weil die besitzenden Klassen infolge ihrer ganzen gesellschaftlichen Entwicklung ein höheres Heirathsbeiterklasse, die, wie englische Erhebungen, so gut wie die jüngst veröffentlichte Arbeit von Harald Westergaard und Marcus Rubin über dänische Zustände, beweisen, weit früher heirathet, als die„ Herren". Die Bourgeoisie bedarf der sicheren Abzugskanal für die Gelüfte der Wüftlinge erProstitution oder wähnt wenigstens so, weil sie in ihr den blickt, einen Abzugskanal, welcher die Tugend ihrer Weiber und das ungebrochene Magdthum ihrer Töchter schützen foll vor den Verführungskünsten der Roués; das ist freilich ein Irrthum, wie die moderne Sittengeschichte handgreiflich zeigt.
Das
Sodann hält auch die Erwägung von Konflikten mit der Auf der einen Seite stößt die Bourgeoisie als NutzUnternehmerschaft viele Arbeiter von der Betheiligung ab. Hierzu nießerin des herrschenden Systems Jahr für Jahr Zehntommen noch als besondere ,, Hinderungsgründe" für das laufende Nicht in den Kreisen der Prostituirten ist die Mehr- tausende ins Lumpenproletariat, jagt durch Hungerlohn Jahr die außergewöhnlich lang andauernde Arbeitslosigkeit wäh- zahl der unehelichen Mütter zu finden; die Prostituirten und Krisen, durch die Nücken und Tücken der rend der verflossenen harten Wintermonate und die zunehmende liefern die geringste Geburtenzahl, ein Phänomen, das die Ausbeuterwirthschaft die weibliche Arbeiterbevölkerung wirthschaftliche Krise, welche an sich schon zehntausende von Ar- medizinische Literatur und die Moralstatistik längst fon- schaarenweise in die Reihen der Straßendirnen, auf der beitern auf das Pflaster wirft und die gesammte Arbeiterschaft ftatirt haben, wovon Herr Lehr durch einen Blick in anderen Seite absorbirt und vernützt sie diese Deklassirten in noch höherem Grade als sonst der Willkür der Unternehmer Dettingen's Moralstatistik sich überzeugen kann. Aber des Proletariats, les dernières des dernières, die Letzten preisgiebt. Herr Lehr giebt dies ja selbst am Schluffe seiner Aus- der Letzten, wie der Franzose sagt, mit derselben RücksichtsParteigenossen! Dies sind die Erwägungen, die uns be- führungen zu, er widerlegt sich somit selbst. losigkeit im Prostitutionsprozeß, wie die Brüder, Väter, stimmt haben, den Arbeitern Deutschlands den ersten Sonntag Wozu also der Lärm? Wozu die so gründlich miß- Mütter, Schwestern im Produktionsprozesse. im Mai für die Achtstunden- Kundgebung vorzuschlagen. Wir glückte Beweisführung? Die Bourgeoisie ist nervös, sehr Kapital geht noch weiter, es kombinirt, es vereinigt, es ersind überzeugt, daß Ihr diesem Vorschlage mit Einmüthigkeit bei- nervös geworden, und die Elendmalerei der Wirthschafts- gänzt die beiden Prozesse, es ersetzt den einen durch den historiker ward ihr allgemach ein Gräuel. Unliebsame anderen, es verschmilzt beide, es läßt im Zyklus der Es handelt sich nun darum, unverzüglich alle Vorbereitungen Thatsachen, die starrnackig und trotzig sich in den Weg Produktionsweise den einen auf den anderen folgen für die Feier zu treffen, welche insbesondere in Massenausflügen, stellen, gilt es fortzureißen. Die Zeichendeuter treten auf Die Arbeitslosigkeit wirft zahlreiche Saisonarbeiterinnen Maffenumzügen und Massenversammlungen zu bestehen haben und zeigen, daß das, was ist, nicht ist. Legen sie auch nicht auf die Straße, sie verkaufen ihren Körper dem ersten aus, so legen sie doch unter. Und diese Ausdeutungskunst Besten, wie sie vorher dem Fabrikanten, dem Verleger ihre Gure Aufgabe ist es, durch zweckentsprechende Organisationen ist auch eine schöne Gegend". Arbeitskraft verkauft haben. Oder der Verschleiß der dafür zu sorgen, daß die Kundgebung in imposanter, Die Prostitution ist eine aus dem Boden der heu- Waare Arbeitskraft geht Hand in Hand mit dem würdiger und ruhiger Weise verläuft. tigen Gesellschaftsordnung emporgewachsene soziale Ein- Vertrieb der Waare Liebe, und das Mädchen, das sich Parteigenossen! Angesichts der Hartnäckigkeit, mit der richtung, eine nothwendige Konsequenz der Maſſenarmuth, in unmenschlich langer Arbeitszeit für ein Bettelgeld abdie Regierungen und die herrschenden Klassen sich weigern, in ein nothwendiges Bedürfniß für unsere Bourgeoisie. Ein rackert, kann das Mindestmaß ihrer Lebensbedürfnisse nur eine gesetzliche Beschränkung der Arbeitszeit für alle Arbeiter, im nothwendiges Bedürfniß für die Bourgeoisie, welche in befriedigen, wenn sie sich preisgiebt. Die unerbittliche Interesse ihres törperlichen und geistigen Wohlbefindens, zu erster Reihe die Prostitution braucht, zahlt, unterhält, Klarheit der Zahlen, wenn diese Zahlen von ehrlichen willigen; angesichts der Thatsache, daß das kapitalistische Pro- weil dieselbe das gesetzmäßige Korrelat der kapitalistischen Forschern dargelegt, nicht von den Sykophanten der duktionssystem uns eben wieder einer Krise von unabsehbarer Ehe, des großbürgerlichen Familienglückes ist. Die goldene Herrschenden in schmählicher Weise vergewaltigt werden, Dauer entgegenführt, in welcher das Ucberangebot von„ Händen" Jugend und die verheiratheten Lebemänner entschädigen spricht ſich darüber deutlich genug aus. Jede Krisis, jedes und die Lohndrückerei in Permanenz gelangen, wo also eine Ver- sich für die Mühseligkeiten ihres Familienidylls durch die Nothjahr schwellt die Ziffer der syphilitischen Erkrankungen. Fanny bei Schulze den Thee genommen. Der alte Fünfundzwanzig Kronen, d. h. sechs Thaler, eine Mark Schulze war galaut und begleitete sie heim; beim Ab- und sechs,... 20 Thaler im Quartal, schied schlug er ihr vor, sie solle ihm ein Bussert" geben, Kronen im Jahr, - ob sie zufrieden war!! so wolle er ihr zur Belohnung einen Muff schenken. Fanny Sie hätte dem alten Graubart um den Hals fallen tam lachend nach Hause und erzählte es. Mama lachte und ihn küssen mögen. Gar nicht zu erwähnen, daß er auch. Dann aber sagte sie: pah, hättest Du ihm den Kuß obendrein gesagt hatte„ vorläufig" nicht geben können?" Es war halb und halb im Scherz Ihr Glück war nicht zu ertragen. Nun vermochte sie Fanny versteckte sich ins alte Sopha und begann zu nicht allein sich selbst im Fahrwasser zu halten; sie konnte Mama ging es auch nicht gut. Die Augen thaten ihr frei werden, frei! Niemals jemand Anderem zur Last überdies auch Mama helfen. Ihre Schulden bezahlen;
Feuilleton.
Machdrud verboten.]
Endlich.
Bei Mama.
XV.
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weinen.
-
Die Probezeit hatte lang gewährt. Sie hatte schon die weh von dem ewigen Nähen und der Kopfschmerz plagte fie fallen.
dreihundert
Und dann endlich einmal Mama ein wenig Die Arme, lang genug hatte sie sich
Hoffnung aufgegeben. Der alte Houen war Monate hin- fast wie in alten Tagen. Sie konnte nicht mehr so froh machen. die eine und die andere geplagt; jetzt war es an der Zeit, daß man es
hatte sich nicht getraut zu fragen.
Natürlich konnte er
Ihre Kleider platten in allen Nähten, und die Schuhe fielen Freundin verließ fie. Sie hatte in der letzten Zeit zum ihr erleichterte. Gott ! wie wurde die Welt so frei und burch herumgegangen und hatte geschwiegen wie eine Wand. flink sein, wie früher; die ihr, Fleck um Fleck, von den Füßen; er schwieg. Sie Arbeiten für Geschäfte ihre Zuflucht nehmen müssen; hell; Gott, wie kriegte man nun Ellbogenraum und das hieß sich rein zu Grunde richten. Wenn fie den ruhige Zuversicht. Geschäftsmüde, wie sie war, tanzte sie kommt mark) Mama ihr nicht Haegdehaugen und als tante fie für gar nichts. Früher hatten die Leute ihr eingeredet, fie fonnte sie nicht mehr Geld verdienen, als eine Mark*) oder die Wangen Klopfte und sagte, sie sei ja dennoch ein kluges sei geschickt; nun exiftirte Niemand, der sie verwenden eine Mart sechs, wenn es hoch kam, eine Krone", wie man Mädchen, da mußte Fanny wieder einmal zum alten Sopha tonnte. So oft fie fragen wollte, verlor sie den Muth dazu. es jetzt nennen sollte; wenn sie aber derart an einem Tage hin... es war ekelhaft, wie leicht sie weinte. eine Strone verdient hatte, geschah es, daß sie am nächsten Tage das Bett hüten mußte. Nein, das ging nicht. Da - Aber lustig fand sie den Laden nicht. Sie war mußte Rath. geschafft werden. Ließ es sich nicht anders siebzehn Jahr alt; ihr junges Blut durchwogte unruhig Du mit Deinem ordnen, so wollte sie... in Gottes Namen... eine Stelle ihren Leib. Es drängte fie, frei zu sein, mitzuthun, sich herum zu tunimeln, sich herum zu drehen; es drängte sie Stolz- merkwürdig, daß es Dir, die Du so ein Kabineta als Dienstmagd suchen.- Und da hatte der alte Houen sie blos gefragt, zu sehen und gesehen zu werden, zu bewundern und bewundert zu werden, aufzutreten und gute Figur zu machen;
Burde sie diesmal abgewiesen, so verschlossen sich ihr alle
Aussichten.
Daheim begann Mama zu brummen und zu spotten.
" Du mit Deiner Tüchtigkeit
"
stück bist, nicht leichter geht!"
Es quälte fie gewiß
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schrecklich, daß fie arm war. Handelte es sich um Gels ob sie mit 25 Kronen monatlich zufrieden sei. Ob sie zu ihr Play war unter Menschen, welche lachen konnten, oder Geldeswerth, so war Mama fast allzu gierig, wie es frieden sei?!
in strahlenden Sälen, wo man zur Geltung kam;
-
*) Bis zum 1. Januar 1877 war in Norwegen die Mart in es drängte sie nach Sonne, Licht und Luft und noch manchesmal etwas; Fanny erschien das läftig und Umlauf. Die Mart oder Ort betrug ein fünftel Speziesthaler; sie sprach davon, sich es zu verbitten; sei nicht nach heutiger Rechnung ist die norwegische Mart= 0,80 Kconen Abends hatte( 80 Dere), die deutsche Mark= 0,88 Kronen.
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Leben; und da sollte sie versteckt hinter einem Ladentisch stehen, in Dämmerniß und Staub, au einen Fleck gebunden, gebunden wie eine Sklavin, vom Morgen bis zum Abend,