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Br. 103. 19. Jahrgang. 3. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt.

Litteravische Rundschau.

Sonntag, 4. Mai 1902.

Karl Lamprecht  : Zur jüngsten deutschen Vergangenheit. Erster und Reizfamkeit gegenüber der feetschen Eigen- Dokumente, in denen sich die Eigenart modernen Seelenlebens Band. Tonkunft. Bildende Kunst  . Dichtung. Welt art früherer Zeitalter als gemeinsames Renn ausdrückt! anschauung. Berlin   1902. zeichen aufweisen, das ist ein immer stärker in den

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Seelenlebens", in der dritten( 4 Bände, an die zwei Er­

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seinem Denten ein hochmoderner Geist, ein Weltanschauungsmann

Aber all die Vergewaltigungen, zu denen die vermeintliche Bis zum Jahre 1895 waren von dem großangelegten Werte Borstellungsbereich erhobenes( 0) Nervenleben( 9) psychologische Einheitsformel auf dem Gebiet modernen Kunstlebens von dem bis zu Weinträmpfen gesteigerten den Verfasser verführt, erscheinen klein und harmlos, wenn man sie Lamprechts über die deutsche   Geschichte sechs Bände erschienen, welche, mit einer Darstellung des alten Germanentums beginnend, den Ent: Freundschaftsdienst der fünfziger und sechziger mit den wundersamen Auslaffungen des letzten, von der modernen wicklungsgang bis ins 16., und auf einigen Gebieten bis ins 17. Jahr feineren, in der Seele gleichsam noch viel tiefer wird der Bankrott der ganzen Konstruktion auch dem einfachsten Jahre des 18. Jahrhunderts an bis zu den viel Weltanschauung" handelnden Abschnittes vergleicht. Hier hundert hinein verfolgen. Dann trat eine langjährige Stodung abgegrabenen, noch bewußter hervorgerufenen ein. Als ich so sagt der Verfasser in seiner neuen Publikation, die den ersten Ergänzungsband" seiner Deutschen Geschichte" bilden Sensationen" ber Nervenkünstler der Gegenwart." Auge offenkundig. Wenn eine neue Anschauungsweise in den letzten foll zur Darstellung des nationalen Seelenlebens im Aber was heißt das- Nervenleben"? Was heißt ein in dem drei Jahrzehnten das nationale Seelenleben" in allen Tiefen auf­gerüttelt hat, so ist es ganz gewiß das von Maryschem Geist durch 17. und 18. Jahrhundert gelangte, zeigte sich, daß die Vorstellungsbereich erhobenes Nervenleben"? Was hat ein bis zu tränkte socialistische Denken, welches in den großen Massen wirklich so psychologische Charakteristik des individualisti  - hat die Art Nervosität, die man, wenn von dem nervösen Zeit- Neben der historischen Bedeutung dieser gewaltigen geistigen Revo Weinträmpfen gesteigerter Freundschaftsdienst", und vor allem was etwas, wie eine Umivertung aller Werte, angebahnt hat. schen Zeitalters bei feinem Ausgange im 18. Jahr hundert in der Tiefe und Klarheit, die als Ziel vorschweben alter" die Rede ist, meint, mit dem" stärkeren Erheben des Nerven Intion tritt alles, was sich sonst etwa von neuen Anschauungsweisen lebens in den Borstellungsbereich"," worin nach Lamprechts Bein unsrer Periode geformt haben mag, weit weit in den Hinter Kenntnis schon des nächsten, fubjektivistischen Zeitalters, stunst besteht, zu thun? Sobald man derartigen Fragen gegenüber nicht ein, sich über die Tragweite gerade dieses Kulturmomentes zu unter durchaus eingehender hauptung das eigentlich psychische Charakteristikum der Zeit und ihrer grund. Ein Kulturhistoriker", sollte man meinen, müßte der letzte das in der deutschen Entwicklung mit der Periode der absichtlich die Augen verschließt, lösen sich die klingenden Worte, täuschen. Aber in der neuen Kultur", in der nach Lamprecht fich Empfindsamkeit einsetzt. Und als ich demgemäß zunächst das in denen der Autor den allgemeinen Standpunkt seiner psychologischen das Seelenleben" des Zeitalters offenbart, zählt jene größte geistige feelische Wesen dieser Beriode festzulegen suchte, ergab sich wiederum, Betrachtungsweise näher präcifiert zu haben scheint, in lauter Dampf Umwälzung einfach nicht mit. Just der Hauptzug im Bilde moderner daß das nur vollständig möglich war unter anschaulicher und ganz und schwebenden Rebel auf. genauer Kenntnis der psychischen Strömungen des 19. Jahrhunderts, vor allem auch der jüngsten geit und meinen, eine Aufgabe der Physiologie, welche die Zusammenhänge des bier Versäumte in einem andren Bande nachgeholt werden soll! Um so Das Nerveuleben ins Bewußtsein zu erheben" wäre, sollte man eltanschauungen fehlt bei ihm! Richt einmal ein Hinweis, daß das Gegenwart. Kurz es Gegenwart. Kurz es stellte sich heraus, daß die unter Nervensystems, die Funktionen der einzelnen Nerven, die Bedingungen eines Niegsche gehandelt! schiede der feelischen Zeitalter der neuen und Nervensystems, die Funktionen der einzelnen Nerven, die Bedingungen ausführlicher wird von den launenhaft verworrenen Gedankensprüngen Was bei solcher Darstellungsweise neuesten Zeit, so evident und bedeutend sie sind, doch bis in ihrer Thätigkeit usw. unsrem Verstand klarzulegen, uns ein herauskommt, wirft geradezu wie eine tolle Starrikatur. Wer den die eben noch mögliche feinste Ausgestaltung ihres Wesens hineingänge zu vermitteln sucht. Diesen naturwissenschaftlichen Sinn, kennen lernen will, der erhält den Eindruck, als treibe das moderne jene verborgenen physikalisch- chemischen Vor- Geist des Zeitalters und seiner neuen Kultur aus diesem Buche nur dadurch flargelegt werden können, daß man die jeweils unter fuchte Periode bis ins kleinste mit der vorhergehenden und der soviel ist klar, soll der Lamprechtsche Ausdruck natürlich nicht haben. Bewußtsein mit vollen Segeln einer in dunklen Ahnungen und Ges folgenden vergleicht." So sei es gekommen, daß die Vor wachsender Ausdehnung ins Bewußtsein gehoben wird, ist selbst geistreich- feinen Kopfe wie Lamprecht diese erstaunliche Teübung des Das was noch, nach seiner Ansicht, immer stärker und in immer fühlen schwelgenden Romantik entgegen! Und woher bei einem so arbeiten für diesen die tünstlerische Kultur der jüngsten schon ein Seelisches: Stimmungen, Empfindungen, Gefühls­deutschen Bergangenheit behandelnden Ergänzungsband zuerst schattierungen, Eindrüde und Impulse, die früher eine mehr latente, augenmaßes, durch welche alle Proportionen der Wirklichkeit in ig Ein zweiter Ergänzungsband" grotester Weise verkehrt werden? Woher würde die Entwicklung von Wirtschaft, Gesellschaft, Reich und unbewußte oder nur halbbewußte, dämmernde Schatteneristenz in vornehmlich aus der Sucht, da wo Mannigfaltigkeit und Gegen­Bolt" in dieser jüngsten, die letzten drei Jahrzehnte um punkt der Physiologie betrachtet, zugleich Nervenleben" ist, stimmt Soll die moderne Epoche einmal partout das Zeitalter der Reiz unfrem Innenleben führten. Daß dieses Seelenleben", vom Stand- fäge find, eine Einheit der Psychologie entdecken zu wollen? faffenden Periode zu schildern haben. Das Gesamtwert aber, wenn natürlich, aber das verhilft, da, von diesem physiologischen Stand- samkeit", des in verstärktem Maß uns bewußt gewordenen Nerven es zur Vollendung gelange, würde sich in drei große Abteilungen punkt aus gesehen, das ganze Seelenleben sich zugleich als Nerven lebeus" sein," dann müssen sich halt auch die Weltanschauungen der gliedern. In der er sten( 4 Bände) käme die fogen. Urzeit und leben darstellt, au feiner näberen, irgendwie fruchtbaren Charakteriſtik. Seit irgendwie auf jene Seelenstimmung hin deuten lassen. Reim das Mittelalter, die Zeitalter des symbolischen, typischen. Der physiologische Ausdrud Nervenleben" scheint nur gewählt, dich, oder ich freß dich Nietzsche   läßt sich schon irgendwie darauf fonventionellen Seelenlebens", in der zweiten( 4 Bände) um jenen psychologischen Prozeß des ins Bewußtseinhebens", der sich die sogenannte neuere Zeit, das Zeitalter des individuellen als wirkliche charakteristische Massenerscheinung in dem realen reimen ein Beweis, daß er, der große Dichter, zugleich in gänzungsbände sich anschließen)," die sogen. neueste Beit, das Beit- läßt, mit der Nervosität", die als solche charakteristische reint sich ganz und gar nicht darauf, also was hat sie dann im gänzungsbände sich anschließen), die sogen. neueste Beit, das Beit- gesellschaftlichen Leben unsrer Zeit ganz und gar nicht nachweisen der Gegenwart ist! Die socialistische Gedankenwelt dagegen, die alter des subjettiven Seelenlebens" zur Darstellung. Massenerscheinung gilt, in eine innerlich völlig unklar bleibende Kreis moderner Weltanschauungen zu suchen? Ihr fehlt der -Der vorliegende Band ist eine höchst charakteristische Stichprobe Verbindung zu bringen. In Wahrheit handelt es sich um alvei Baß, den man von ihr verlangt, d'rum weg mit ihr aus diesem auf die Methode. Wer noch bezweifeln wollte, was aus allgemeinen piychologisch ganz verschiedene Erscheinungen; und selbst tv enn auserwählten Streise! Erwägungen doch schon von vornherein einleuchtet, daß diese psycho- Lamprecht der Nachweis gelungen wäre, daß überall in der modernen logische Konstruktion und Klassifikation historischer Zeitalter, wie sie Stunst die Tendenz auf schärfere Herausarbeitung jenes Unbewußten, zeichnen, das wäre nicht möglich gewesen, ohne zugleich die materia­Ein andres kommt hinzu. Die socialistische Gedankentvelt zu Lamprecht im Vorwort proflamiert, ins völlig unbestimmte und oder vielmehr mir momentan Bewußten deutlich hervorträte, hätte liftische Geschichtsauffassung" zu behandeln und sich mit ihr kritisch Willkürliche verlaufen, ja an Willkür die Hegelsche Geistesphilosophie er damit vielleicht ein intereffantes psychisches Charakteristikum für die auseinander zu setzen. Wie aber hätte die psychologistische Schematit, der Geschichte noch weit überbieten muß, der kann sich an der Hand Kunst des Beitalters, aber ganz und gar nicht eine Formel nach der Lamprecht die Zeitalter als Stufen nationalen Seelenlebens" des Bildes, das der Verfasser hier von dem modernen für die wirkliche Psychologie des Beitalters gewonnen. fcheiden und ordnen will, eine solche Auseinandersetzung überstehen nationalen Seelenleben" entivirft, zur Genüge davon über- Der Gedanke aber, daß es so etwas wie eine Formel gäbe, die das können? Schon die einfache materialistische" Reflexion, daß das zeugen. In den den drei großen Abschnitten über moderne unendlich Mannigfaltige des in einer Epoche fich charakteristisch mani berühmte nationale Seelenleben" doch nichts andres als das Tonkunst, Bildnerei und Dichtung ist eine außerordentliche Fülle festierenden Seelenlebens zur Einheit zusammen zu fassen ver Seelenleben der die Nation zusammensetzenden Gesellschaftsklassen ist, von Material zusammengetragen. Die Charakteristik der einzelnen möchte, ist ja überhaupt eine der wunderlichsten, der Natur der Sache hätte den windigen Bau in seinen Grundvesten erschüttert. Künstler und Kunstrichtungen überrascht, auch wo sie zum Bider nach auf bloße Schein- und Wortbeweise angewiesene Utopie. Denn wie sollte es sich wohl treffen, daß das Seelenleben all' dieser spruch herausfordert, vielfach durch ausgeprägtes fünstlerisches Feine gefühl, originellen treffsicheren Ausdruck der Empfindungen und geist. Aber auch innerhalb des engeren Gebietes der Kunst ist ein und die vor allem doch aus diesen ihren specifisch unterscheidenden Klassen, die in ihren Lebensbedingungen so grundverschieden sind, volle Perspektiven Borzüge, die in einem gelehrten Professoren- folches Streben notwendig zur Infruchtbarkeit verdammt. Auch werk doppelt und dreifach wiegen. Aber die Absicht, diese fünft wenn man von der Vielheit der Künste absehen und nur eine be- ebensbedingungen Hauptinhalt und Nahrung ihres Seelenlebens" Ierische Bewegung auf eine einheitliche psychologische Formel zu fondere Stunftgattung fagen wir die Dichtung herausgreifen Hauptmerkmale von Epoche zu Epoche zu Charakterisierendes wäre? Bon ziehen, etwas in Wert Einheitliches, durch gemeinsame psychologische bringen, in ihr den Ausdruck einer specifisch bestimmten wollte, auch dann wird man innerhalb derselben Epoche auf ganz einem Standpunkte aus tritt die grundsätzliche Verworrenheit und Willkür Seelendisposition, die dann zugleich das entscheidende verschiedene seelische Tendenzen stoßen. Wie will man Schiller   und in den Voraussetzungen der Lamprechtschen Geschichtsphilosophie so Charakteristikum des ganzen Beitalters sein soll, nachzuweisen, fährt, Goethe z. B., oder auch nur den alten und jungen Goethe unter plastisch tlar und überzeugend hervor, wie von dem Standpunkte: überall die unbefangene Betrachtung störend, dazwischen. Bei allen eine und dieselbe pfychologische Formel rubricieren? ber materialistischen, überall auf die ökonomische Gesellschafts Feinheiten im einzelnen wird man im ganzen den Eindruck des ge- Oder wie ist es, um ein Beispiel aus der von Lamprecht behandelten gliederung als festes Fundament zurückgreifenden Geschichtsauffassung. waltsam Konstruirten nicht los. Epoche zu wählen, möglich, die am Ende der achtziger und Anfang Eine psychologische" Geschichtsschreibung, die diesen sicheren Aus.. Die Einheit, die Lamprecht solchermaßen herausrechnet, ist keine der neunziger Jahre frisch aufstrebende naturalistische Dichtung, wirkliche, sondern besteht nur darin, daß ein und dasselbe, begrifflich und dann die Märchendramen, die von Hauptmanns, Bersunkener Glodeangspunt in ihrer Bragis vergißt, ist damit wehrlos auch gröbsten Selbsttäuschungen preisgegeben. völlig unklare Wort, als psychologisches Etikett den aller verschieden eingeläutet wurden, sowie die der Lyrit eines Hugo von Hoffmanns­artigsten, in dieses Zeitalter fallenden künstlerischen Manifestationen, that oder Stefan George   als Ausstrahlungen ein- und derselben, der von außen her angeklebt wird. Er tauft die moderne Epoche, zu der, ganzen Epoche spezifisch eigentümlichen Seelendisposition zu deuten? wie er behauptet, die Zeitalter der Empfindsamkeit" und der Lamprechts Methode, durch die er hier gewaltiam eine Einheit Romantit" hinüberleiten, auf den Namen der Reizsamteit". Mufit, stiftet, ist charakteristisch für das Gesamtverfahren. Das Wort Im­Bildnerei und Dichtkunst, die künstlerischen Emanationen des Beit pressionismus" muß da Pathendienste leisten. Es empfiehlt alters, follen zugleich die Klassischen Dokumente dieser neuen sich unter den verschiedensten Gesichtspunkten. Einerseits ist durch Seelenstimmung sein. Aber was ist- Reizsamkeit? Hätte ein solches der modernen Dichtung als gemeinsames Mertzeichen Lamprecht auch nur einen ernsthaften Versuch gemacht, angeheftetes Wort zugleich zwischen ihr und der modernen impressio- Diese Sammlung statistischer Arbeiten hat schon viel beffere das nach allen Seiten hin schillerude, unendlich vieldeutige und nistischen Malerei eine Verbindung, wenns auch nur eine Wort Beiträge aufzuweisen gehabt als die vorliegenden. Wer den Heraus, darum an und für sich nichtssagende Wort auf einen laren, verbindung ist, hergestellt. Ferner aber führt eine sehr gelegene Ideen geber dieser Sammlung als einen unsrer ernstesten und genauesten abgegrenzten Sinn zu reducieren, und dann im Verlauf der association vom Impreffionismus" zum Worte Nervenleben" hin, Statistiker fennt, dem wird es wohl wie dem Rezensenten gehen, daß Untersuchung tonsequent an diesem Sinne festzuhalten, so denn find es nicht die Nerven", durch welche Impressionen d. h. er nicht gut faffen kann, daß so viel Mühe und Arbeit, zahllose hätte es ihm nicht entgehen können, wie wenig er mit jenem Eindrüde uns vermittelt werden, steht also eine impreffionistische Berechnungen aufgewandt wurden, die sich nicht lohnen. Wir Worte für sein Ziel einer psychologisch einheitlichen Stunft, welche möglichst unmittelbar die Eindrücke wiederzugeben wissen nicht, ob von Anfang an der Arbeit eine Tendenz zu Grunde Charakteristik gewinnt. Statt dessen läßt er es in schwebender Unsucht, nicht eben darum mit dem uns stärker zum Bewußtsein ge- lag, der Schluß des Vorwortes und eben dieses Handwerk thunlich bestimmtheit. tommenen Nervenleben", mit der modernen Reizsamteit" in einem au festigen und zu fördern bleibt eine hohe, herrliche Aufgabe" läßt Er beruft sich fürs erste einmal darauf( S. 59), daß die inneren Zusammenhange? diesen Verdacht aufsteigen. Neumann kommt wirklich zu den modernen Zustände psychisch längst als die der Nervosität Soviel ist ja zweifellos, daß der Naturalismus bei feinem Schlüssen, daß das Handwerk sich erhält, ja daß es noch zunimmt. erkannt feien". Aber wenn Reizsamkeit" gleichbedeutend mit Nervosität" Streben, wirkliche Gegenwartsmenschen in der ganzen Fülle ihres Er kommt zu diesen merkwürdigen Schlüssen durch ein ungeheuer ist, was ist Nervosität? Wer von dem Beitalter der Nervofität" Seins dichterisch nachzuformen, auch die im Bewußtsein nur flüchtig mutiges, aber sicherlich nicht nachahmenswertes Beginnen, durch spricht, der pflegt an die Haft und Unruhe und die auf Kleine Anlässe aufsteigenden Seelenbewegungen: das Auf und Ab momentaner einen Vergleich der Gewerbezählungen von 1822, 1849, mit ſtarten Unluftempfindungen reagierende Erregbarkeit zu denken, Stimmungen, Gefühle, Empfindungen, plötzlich aus dunklen Gründen 1861, 1875, 1882 und 1895. Wer mun diese Zählungen und diese körperlich- seelische Disposition als eine Erscheinung auf beraufschießende und wieder abgerissene Gedankenreiben weit mehr, aus der ersten Hälfte des früheren Jahrhunderts kennt, zufaffen, die wesentlich durch die ökonomisch- socialen Verhältnisse als irgend eine frühere Boefie es that, berücksichtigt und bei der Dar- wer sie nicht nur aus Biebahns Buch" Statistik des zoll­des Zeitalters, durch das fieberhaft beschleunigte Tempo des ganzen stellung verwertet hat. Man dente z. B. an den andeutungsreichen vereinten und nördlichen Deutschlands  " kennt, sondern sich dafür gesellschaftlichen Lebensprozesses, durch die steigende Intensität des Dialog in Jbsenschen und Hauptmannschen Stücken, und im Roman interessiert hat, wie die Aufnahmen bei diesen Zählungen statt Konkurrenzkampfes usw. bedingt sei. Doch was hat der landläufige an den wunderbar nüancierenden Tagebuchstyl Garborgs! gefunden haben, wie durchaus anders die Fragebogen gestaltet Gedanke, daß die Nervosität" oder wenigstens ihre jezige Aus- Aber welche Willtür, dieses im Zusammenhang mit den waren als in den letzten Gewerbezählungen, der wird es nicht wohl dehnung durch moderne Zustände" bedingt sei, mit der Lamprecht charakteristischen Gesamttendenzen des Naturalismus ja ganz felbft begreifen, wie man mit dem größten Ernste und mit dem Aufwande schen Behauptung, daß die modernen Zustände psychisch verständliche Moment nur isoliert herauszugreifen und statt jener jahrelanger Arbeit deren Ergebnisse verarbeiten und neben als die der Nervosität erkannt feien", zu thun? Gesamttendenzen diese Einzeltendenz als das specifisch Moderne, durch die letzten Berufs- und Gewerbezählungen stellen tann. Diese Ausdrucksweise stellt das wirkliche Berhältnis, an das auch das zutiefft jene ganze Sunstrichtung bestimmt fei, zu proklamieren! Daß es dabei nicht ohne Künsteleien abgegangen ist, vers die landläufige Meinung denkt, geradzu auf den Kopf. Es wird was beweist denn die größere Mitberücksichtigung jener flüchtig steht fich von selbst, hat man doch früher die Haus­der Schein erweckt, als sei die durch die modernen Zustände bedingte auftauchenden, mur momentan bewußten, dem Gedächtnis rasch ent- industriellen überhaupt nicht gezählt, beziehungsweise sie als Nervosität vielmehr das eigentlich und wesentlich Bedingende, gleitenden Seelenregungen( der Name Impressionen" deckt die Handwerker aufgeführt. Meister und Famulus scheiden dann vor­ein geheimnisvolles Seelenprincip, das sich in diesen Zuständen" Sache gar nicht) durch die Dichtung für die feelische Disposition fichtig, die Textilindustrie und die Metallindustrie ausdrücklich, ohne oder zum mindesten in dem geistigen und fünstlerischen des Zeitalters selbst? Weder folgt daraus, daß Umfang und Stärke sie besonders anzuführen, aus, weil sie natürlich das Concept über Leben der Epochefozusagen als Beitgeist schöpferisch auswirke! dieser Seelenregungen, noch daß die bewußte Reflexion darauf, das die Entwicklung des Handwerts nach vorgefaßten Ideen arg ver Eine störende und fatale feelische Strankheitserscheinung wäre sich in sie hineinversenken, die" Reizsamkeit", von welcher Lamprecht dorben hätten. Als selbständige Handwerker werden auch die auf danach die Gestalterin der von Lamprecht so hoch gepriesenen neuen spricht, im wirklichen Leben zugenommen hat. der Stör arbeitenden Schneider, Metzger, jedenfalls auch die Sattler  , Kultur"! Der Absurdität dieser letzten Folgerung versucht er frei- Untlarheiten auf Untlarheiten, wohin man den Blick wendet! Schuhmacher 2c. behandelt. Doch wir wollen uns mit dieser lich sofort durch einen näheren Zusatz, der aber statt zu klären, nur und nur mit ihrer Hilfe kommt auch die Einheit innerhalb der Beleuchtung der Methode begnügen und feststellen, daß selbst noch mehr verwirrt, auszuweichen. Man darf," so heißt es an modernen Dichtung zu stande! Alles soll da Impreffionismus sein. derfelben Stelle weiter, mit dem Wort Nervosität" Die naturalistische Dichtung der Epoche wird als vorwiegend nicht ohne weiteres den Begriff des Krankhaften physiologischer", die nicht naturalistische als psychologischer" schließ verbinden, es handelt sich nur um ein uns in lich in" Stimmungsidealismus" auslaufender Impreffionismus" verstärkter Weise bewußt gewordenes Leben etikettiert, und auf dem Drahtseil, das von einem Pol zum andern der Nerven". Darum empfehle es sich auch, da einmal hinüberführt, ist das ganze, buntverschiedene Boetenvolt in sauberer das Wort Nervosität" bestimmte Nebenvorstellungen erwuede, es für Ordnung eingefädelt. Natürlich färbt die Konstruktion auch auf die den hier gemeinten Simm mit dem Worte Reizsamkeit" zu ver- Wertung der Werke sehr bedeutend ab. So manches Kleine wird den Seilern ist die Zahl der Selbständigen auf je 100 000 Gin­tauschen". Daß dann freilich noch in dieser Reizsamkeit" leicht weil es als Probestüd wunderbar erhöhter Reizfamkeit" fich allen etwas Krankhaftes steckt, in dem Sinne, in dem der Arzt von Ent- falls deuten läßt zu fünstlicher Größe aufgebauscht. So gilt wicklungsfrankheit spricht, wer wollte das leugnen? Krankhaft in Lamprecht die schwulstige Manier einiger Lyriker, die sich bei Wieder diesem Sinne sind aber alle jeweils neuen seelischen Erscheinungen gabe einer Stimmung in wildverzückten Farbenräuschen ergeht, als gewesen. Was indes Empfindsamteit, Romaniit Beichen ganz besonderer Nervenkünstlerschaft, als eines der wichtigsten

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C. S.

Thiffen, Dr., Beiträge zur Geschichte des Handwerks in Preußen, unter Mitwirkung des Herausgebers bearbeitet ( Band VI der Beiträge zur Geschichte der Bevölkerung in Deutsch  land seit dem Anfange des 19. Jahrhunderts herausgegeben von. Friedrich Julius Neumann  ). Tübingen   1901, Berlag der H. Lauppa schen Buchhandlung. XX, 250 G. 80

die Beschränkung auf ausgesuchte Handwerke nicht die Ergebnisse gezeitigt hat, die F. J. Neumann feststellen wollte. Obgleich er fich bloß eine Anzahl Handwerke ausgesucht hat, und zwar zum Teil recht fleine, und deswegen wenig beweisträftige, so zeigt sich doch selbst in diesen nur ausnahmsweise der gesuchte Fortschritt. Gab es 1849 auf 100,000 Einwohner in den alten Provinzen Preußens 42 Glafer, so im Jahre 1895 im gleichen Gebiete bloß noch 27. Bei wohner von 1822 bis 1895 zurückgegangen von 26 auf 10. Bei den Böttchern von 1849 auf 1895 von 92 auf 33. Noch stärker war der Rüdgang von 1822 auf 1895. Läßt sich dieser auch nicht fir die gesamten alten Provinzen feststellen, so doch für einzelne. So war der Rüdgang im Regierungsbezirk Köln   von 117 auf 28,