/«t tretet" im'Smne des Z 151 der Reichs�Gewerbe-Ordnung,sondern nur als G e w e r b e g e h i 1 f e n des Angeklagten aufgefaßt und die in dein Lokale des Letzteren vorgekommenenUnregelmäßigkeiten diesem allein zur Last gelegt.— Dievom Rechtsanwalt Leop. Meyer gegen diese Entscheidung ein-gelegte Berufung hat das Ober-Verivaltungsgericht für begründeterachtet und sich der Vertheidigung in folgendet Ausführung an-geschlossen: Zweifellos ist es, daß der Beklagte im Novemberund Dezember, als das verbotene Spiel in seinem Lokale statt-fand, durch schwere Krankheit verbindert war, sich um sein Geschäftzu bekümmern und von dem verbotenen Spielen keine Kenntnißhatte. Die Geschäfte während der Krankheit besorgte derLI jährige Stiefsohn und der Beklagte könnte für die Handlungenund Unterlasinngen desselben nur verantwortlich gemacht werden:») falls der Stiefsohn wirklicher Stellvertreter war, wenn ihn beider'Auswahl desselben der Vorwurf mangelhafter Sorgfalt träfe;d) falls der Stiefsohn nicht Stellvertreter im Gewerbebetriebewar, wenn der Beklagte sonst die ihm obliegende Pflicht fort-gesetzter Aufmerksamkeit versäumt hätte. Nach beiden Richtungenhin sei Nichts erbracht, namentlich sei dem Beklagten infolgeseiner beständigen schweren Krankheit eine sortgesetzte Auf-merksamkeit unmöglich gewesen. Es könne deshalb auf sich be-ruhen, ob der Stiefsohn ein eigentlicher Stellvertreter ivar odernicht und es müffe die Entscheidung des Bezirksausschusies schondeshalb aufgehoben werden, weil der Thatbestand des Z 53Abs. 2 der Gewerbe-Ordnung nicht erfüllt sei.Eine etwas mysteriöse Dame wurde gestern der 89. Ab-theilung des Schöffengerichts in der Person der Hotelbesitzers-Ehefrau Wilhelmine Dräßler aus der Untersuchungshast vor-geführt. Tie unter dem Verdachte der Hochstapelei stehende An-geklagte ist früher mit einem adeligen Herrn verheirathet gewesen. Nack; dessen Tode hatte sie das Unglück, längere Zeit inder Provinzial-Jrrenanstalt zu Schleswig zubringen zu müssen,sie ist aber im Jahre 1890 als geheilt entlassen worden. Dannhat sie ihren jetzigen Ehemann geheirathet und mit demselbenin Dresden ein Hotel betrieben. Weshalb sie ihren Ehe-mann verlasien hat, gab sie in der Verhandlung nichtan. Mitte Februar erschien sie in dem Groß'schenHotel in der Dorotheenstraye, wo sie sich unter demNamen einer Frau v. Maltzahn ein Zimmer anweisen ließ. Sieführte zwei auffallend schöne und anscheinend werthvolle Hunt,.mit sich, aber keinerlei Gepäck. Daß die Angeklagte auch nichtim Besitze von Mitteln war, stellte sich heraus, als der Portiersie um Vorausbezahlung des Zimmers anging, die angeblicheFrau v. Maltzahn erklärte, daß sie augenblicklich nicht zahle»könne, sie habe aber in Berlin reiche Verwandte, von denen sieam folgenden Morgen Geld holen wolle. Während ihrer AbWesenheit vom Hotel könnten ihre beide Hunde als Pfand zurückbleiben. Die Dame wurde daraufhin nicht weiter behelligt,alle ihre Wünsche wurden befriedigt und daß siegewöhnt sei, auf einem großen Fuße zu leben, ging aus ihremganzen Austreten hervor. Die beiden Hunde erhielten jedermehrere Pfund Rindfleisch. Am folgenden Tage ging die Dameund kehrte nicht wieder. Als sie ermittelt wurde, stellte sichheraus, daß sie auch eine arme Kutschersfrau um mehrere Markdurch falsche Vorspiegelungen geprellt halle. Die beiden Hundesind inzwischen verkauft worden, ohne daß es gelungenist, den Besitzer zu ermitteln, denn die Angeklagtegab an, daß die beiden Thiere auf der Straße zu-gelaufen seien. Im gestrigen Termine beantragte der Staatsanwalt gegen die Angeklagte eine Gefängnißstrafe von 4 Monaten.Der Gerichtshof nahm aber zu Gunsten der Angeklagten an, daßihr Verhalten im Hotel als ein Betrug nicht aufzulassen sei. dasie sich sofort als mittellos erklärt habe und wohl hoffen durfte,bei hiesigen Bekannten, auf die sie sich im Termin berufen hatte,Unterstützung zu finde». Wegen des zweiten Betrugssalles wurdeauf eine Gefängnißstrafe von einem Monat erkannt und hiervonwurden 2 Wochen für verbüßt erachtet.Ein„verbummeltes Genie" stand gestern in der Persondes früheren Studenten K l a h r vor der II. Strafkammer deshiesigen Landgerichts I, um sich wegen einer Reihe von Be-trügereie» zu verantworten, die er gegen hiesige Geschäftsleuteausgeführt hat. Ter Angeklagte hat verschiedene Geschäfte fürchirurgische Instrumente, Buchhandlungen k. unsicher gemachtund dieselben durch Entnahme von Maaren aus Kredit geschädigt.Er pflegte in der Maske eines fleißigen Kandidaten derMedizin aufzutreten, der zu Studienzwecken der ge-forderten Instrumente, medizinischen Lehrbücher und dergleichenbedürfe. Fast in jedem Falle bediente er sich bei den Verhand-lungen mit den betr. Geschäftsleuten eines Dokuments, inwelchem sein angeblicher Vater, der sich als Rentier Brenning.Jnvalidenstraße 20, unterzeichnet hatte, sich damit einverstandenerklärte, daß sein Sohn zu Studienzwecken die geforderten Maarenentnähme und sich verpflichtete, die Schuld durch Ratenzahlungeninnerhalb dreier Monate zu begleichen. Das ganze Auf-treten des jungen Mannes war so Vertrauen erweckend, daßsich die Geschäftsleute in den allermeisten Fällen mitRucksicht auf das überreichte Dokument zur Kreditgewährungverstanden. Der Angeklagte machte Bücher und Instrumenteaber sehr bald zu Gelbe und überließ es den Geschäftsleute», sichzu spat davon zu überzeugen, daß sie das Opfer eines dreistenBetrügers geworden waren und ein Rentier Brennina in derJnvalidenstraße 20 gar nicht existirte. Da der Angeklagte zurZeit eine ihm kürzlich erst zudiklirte dreimonatige Gefängnißstrafeverbüßt, so erhielt er diesmal eine Zusatzstrafe von I I a h r3 Monaten G e f ä n g n i ß.Wegen wissentlich falscher Ruschnldigung hat das Land-gericht den auch in Berlin bekannte» früheren österreichischenLieutenant L)skar Schloffbauer, zuletzt in Kiel, zu einem Jahrdrei Monaten Gesängi iß verurtheilt. Der„Ehrenmann" hatteeinem jnngen Menschen unter dem schwindlerischen Versprechen,ihm eine Stelle als Korrespondent der„Magd. Ztg." verschaffenzu wollen, überredet, an die Polizeibehörde zu Spandau einePostkarte des Inhalts zu schreiben, daß sich bei einer Frau D.in Hamblira der Mörder Wetzel verborgen halte. Die Folgewar, daß Polizisten Nachts bei der geängstigten Frau eindrangen. Haussuchung hielten und im Begriffe standen, die un-schuldige Frau gesesielt nach Spandau zu befördern. Die Sacheklärte sich indeß rasch als ein Rache-Akt gegen Frau D. auf. mitivelchcr Sch. ein Liebesverhältniß unterhalten hatte, das von derDame abgebrochen worden war.Wann verjähre» die Ansprüche der Hiuterbliebene»eines infolgeBetriebsunfallesVerstorbenen?Nach§ 59 des Unfallversicherungsgesetzes haben Entschädigungs-berechtige, für welche die Entschädigung nicht von Amtswegenfestgestellt ist, ihren Entschädigungsanspruch bei Vermeidung desAusschlusses vor Ablauf von 2 Jahren nach den» Eintritt desUnfalls bei dem zuständigen Vorstande anzumeldeii. Wird einVersicherter durch einen Unfall un in ittelbar getödtet,so ist es hiernach klar, daß die Ansprüche der Hinterbliebeneninnerhalb der Frist von zwei Jahren nach dem Unfall angemeldetwerden müssen, zweifelhaft aber wird die Frage, wenn der Ver-letzte erst geraume Zeit nach dem Unfälle stirbt, ohne daßvorher auf Grund des§ 5 U.- V.- G. eine Entschädigungfür ihn festgestellt war. Das Reichs-Versicherungsaml hat ineinet Rekurssache dahin entschieden, daß in Gcmäßheit des§ 59Unfallversicherungs-Gesetzes der Lauf der Verjährungsfrist unterden angegebenen Umständen vom Tage des Unfallsbeginnt, der Tag des Todes also für den Lauf der Frist nurdann maßgebend ist, wenn der Verstorbene bereits bei Lebzeitenei ie Entschädigung bezogen hatte.— Trotz dieser Entscheidungtzat nun, wie die„Berufsgen." niittheilt, neuerdings ein berufs-»enosienschaftliches Schiedsgericht in einer Berufungssache dieAnsicht vertreten, daß in Fällen der oben bezeichneten Art,die Verjährungsfrist jür die Ansprüche der Hinter-bliebenen erst zwei Jahre nach dem Tode desVerletzten ablaufe. Der oberste Gerichtshof ist indiesem Falle nicht in die Lage gekommen, die Gründe desSchiedsgerichts zu würdigen und die Frage einer iwchmaligenPrüfung zu unterziehen. Die Auslegung des Reichs-Versicherungs-amtes, so meint die„Berufsgenosienschaft", bedeutet unter Umständen für die Hinterbliebenen eine große Härte, denn wenn einVerletzter kurz vor Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist seineEntschädigungsansprüche geltend macht, dann aber stirbt, bevorfür ihn eine Entschädigung festgesetzt war. so würde für dieHinterbliebenen nur noch eine Frist von vielleicht wenigen Tagenzur Anmeldung ihrer zu erhebenden Ansprüche übrig bleiben. Eserscheint deshalb wünschenswerth, daß bei der in Aussicht ge-stellten Revision des Unfallversicherungs-Gesetzes auch die Regelungdieser Frage in Erwägung gezogen werde.Wegen Vergehens gegen das Vereinsgesetz vomJahre 1857 war der Vorsitzende des sozialdemokratischenAgitationsvereins„Lassalle", Herr Delcourt, vom Schöffengerichte zu 30 M. Geldstrafe event. 10 Tage Gesängniß verurtheiltworden. Gegen dieses Urtheil hatte D. Berufung eingelegt. Eshandelte sich um folgendes Vorkommniß: Der Augeklagte präsidirteeiner Versammlung des Vereins und ersuchte in der üblichenWeise den Schriftführer, das Protokoll der letzten Versammlungvorzulesen. Der die Versammlung überwachende Polizeilieutenanlverlangte vor der Verlesung den Namen des Schriftführers zuwissen. Der Vereinsvorsitzende verweigerte die Namensnennung.Der Schriftführer gehöre zum Borstande, die Namen der Vor-standsmitglieder feien auf dem Polizeipräsidium angemeldet. ImSinne des Gesetzes sei deshalb der Schriftführer doch nicht als„Redner" zu betrachten. Das Schöffengericht war zu entgegen-gesetztem Urtheile gelangt und hatte, wie erwähnt, auf 30 M.Geldstrafe erkannt. Die Strafkammer verwarf die Berufung.Daß Herr Delcourt am 10. März wegen Vergehens gegen§ 106 des R.- St.- G.- B. zu 3 Monaten Gefänarnß verurtheiltworden ist, haben wir seiner Zeit schon mitgetheilt.Soziale Llcbcvlirhk.Der Streik bei Krüger, Fabrik chirurgischer Instrumente,Berlin. Arlilleriestr. 23, dauert unverändert fort.Ans den Zechen Wattenscheid's ist am 15. März zahl-reichen Bergleuten gekündigt worden. Ungefährzur selben Zeit wurden in jener Gegend M i s s i o n s-predigten abgehalten. Um den Bergwerks-Besitzern dasGewisien zu schärfen oder die Bergleute aufs Jenseits zu ver-trösten?Ter Verein der Londoner Setzer hat nach dem soebenveröffentlichten 44. Jahresbericht im letzten Jahre 200 000 Markan Arbeitslosen-Unterstützung verausgabt; ein Beweis, wie noth-wendig die Verkürzung der Arbeitszeit ist.Räch 4« wöchentlicher Dauer mußten die LondonerBuchbinder, und zwar jene, welche in B n ch d r n ck e r e i e nbeschäftigt sind, ihren Streik um den Achtstundentag aufgeben.Für die meisten Londoner Buchbinder ist ja der achtstündige Ar-veitstag schon längere Zeit durchgeführt, die Buchdruckerei-Buch-inder aber mußten sich mit einer Lohnzulage von 2 Shillingpro Woche begnügen. Die Unternehmer motivirten ihre Ab-lehnung damit, daß in einem Betriebe nicht zweierlei Arbeits-zeit herrschen könne. Die Buchdrucker haben neunstündige Ar-beitszeit.Aus Charleroi wird der„Kölnischen Zeitung" unterm21. März gemeldet: Auf Zeche Nord du Flsnu ver-weigerten bei der gestrigen Nachtschicht zwei Drittel der Arbeiterdie Einfahrt wegen bedeutender Lohnkürzungen. Die Bergleutevon Zeche Houssu beschlosieu auf einer gester» in Baumeabgehaltene» Versammlung die Fortsetzung des Ausstandes.Die Bediensteten der kanadischen Pacific- Eisenbahnhatten kürzlich in der Gegend westlich von Winnipeg die Arbeite i n g e st e l l t. Am Dienstag dehnte sich der Streik über dieganze Linie von einem Ozean bis zum anderen aus. SeitSonntag ist kein Personenzug aus dem Westen mehr einge-troffen.Bezüglich des Halberstädtcr Gewerkschaftskongresseswerden wir um Veröffentlichung des Folgenden gebeten: ZurBegründung des Organisationsentwurfes der Generalkoininissionführte Genosse Legren unter Anderem noch aus: Es ist eineunleugbare Thatsache, daß in einzelnen Gewerkschaften ein ge-wisier Kastengeist vorhanden ist, dem durch Bildung größererVerufsorganisationsarnppe» entgegeu getreten werden muß. DieBildung von Jndusirieverbänden kann jedoch nicht empfohlenwerden, sie ist wegen Verschiedenheit der Einrichtungen in deneinzelnen Verbänden zur Zeit noch nicht möglich. Die Hinder-nisse, die der Zusammensasiung der Berufsorganisationen inUnionen entgegenstehen, sind viel leichter.zu überwinden. Eineeinheitliche Leitung der Agitation und des Unterstützungswesensdurch die Unionen resp. die Generalkommission würde der bisjetzt herrschenden Anarchie ein Ende machen. Wenn die Schaffungvon Unionen jetzt noch nicht möglich sein sollte, so müsse mandiese wenigstens anstreben, in dem sich die einzelnen Berufs-organisationen mittelst Kartellen vereinigen, denen im Wesentlichendieselben Aufgaben zufallen würden, die der ursprüngliche Ent-ivurf der Generalkoininission für die Unionen vergesehen hat.Die VolkSschullehrer der Stadt Hannover hatten beiden städtischen Kollegen um Ausbesserung ihres Gehaltespetitionirt. Man überwies das Gesuch der Schul- und Finanz-komuiisflon zur Vorber-ithung; diese lehnte es endgiltig ab. daim Bürgervorsteherkolleg keinerlei Sympathie für das Gesuchvorhanden war.— Die Lehrer können hieraus ersehe», wienützlich es auch für sie ist. wenn in die Geineindevertretungenanstatt der Anhänger des Bürgerthums Sozialdemokralen geivähltwerden. Bevor unsere Partei nicht in den Gemeiiidevertretungendie Mehrheit hat, werden auch die Volksschullehrer auf keinengrünen Zweig komnien.—Löblich! Da die Bielefelder städtische Behörde dieArbeitslosen nur einige Tage beschäftigte und dann wieder ent-ließ, wandte sich eine Kommisston von zwei Personen nachMinden an die Regierung. Oberregierungsrath von Lüpke er-klärte der Kommission, die Regierung interessire sich auf dasEingehendste dafür, dem Nothstand, der in allen Städten desRegierungsbezirks Platz gegriffen hat, nach besten Kräften entgegenzutreten. Zu diesem Zwecke würde an die betreffendenstädtischen BeHorden die Aufforderung erlassen werden, ent-weder Brot oder Arbeit für die Arbeitslosen zu schaffen,gleichgiltig ob verheirathete oder ledige Personen von der Ar-beitslosigkeit betroffen seien. Diese von den städtischen Behördengewährte Unterstützung habe mit der sonstige» Arnienünterstützungnichts gemein." Die � Kommission unterrichtete nun Herrnv. Lüpke von der Aeußerung des Bielefelder Oberbürgermeisters,die Wegebauten vorläufig nicht in Angriff nehmen zu können.Herr v. Lüpke erklärte darauf, es wäre gleichgiltig, ob städtischeArbeiten vorhanden wären oder nicht; die Anweisung, solche zubeschaffen, würde dennoch erfolgen. Er bedauere sehr, daß dieArbeiter im Regierungsbezirk Minden von einer allgemeinenArbeitslosigkeit heimgesucht worden seien. Die Arbeitslosenwerden nun das Weitere abwarten.Aus einer Reihe sächsischer Weberdörfer wird gemeldet,daß die Bevölkerungsziffer derselben fortgesetzt zurückgehl. Ineinigen Orten stehen eine Anzahl Häuser schon seit längerer Zeitleer, denn Käufer sind für diese ärmlichen Wohnstätten kaumzu finden, deren einstmalige Bewohner wegen dauernderErwerbslosigkeit es vorgezogen haben, der H e i m a t hden Rücken zu kehren. Findet sich für solche„Häuser"überhaupt noch ein Käufer, so bewegen sich die Preise oft inGrenzen zwischen 100 bis 150 M., ja in Grüne Tanne ist sogarkürzlich ein solches Grundstück zum Preise von achtzigMark losgeschlagen worden.— Eine blutige Satire zum Heim-stättengesetz'der norddeutschen Junker!Eine sanitätsstatistische Erhebung. Seitens des preu-ßischen Kultusministers sind der„A. R.-K." zufolge Erhebungendarüber angeordnet worden, in welcher Weise für die Heilungder an Geschlechtskrankheiten leidenden Personen, welche Orts-,bezw. Betriebs-, Dienstbotenkranken- oder ähnlichen Kassen an-gehören. gesorgt wird, insbesondere ob jene Personen freieBehandlung in einem Krankenhause, wo ein solches vorhandenist, erhalten.Vevssc» inmtu ngc it.Die Verkündigung des Wahlresultats im SS. Kom«munal-Wahlbezirk erfolgte gestern Abend in einer öffentlichenKommunalwähler- Versammlung. Das Resultat stellt sich wiefolgt:T ö r m e r sdfr.) 869 Stimmen»Flatow(Soz.) 652 Stimmen,Die Genossen Janz und Flatow gaben der UeberzeugungAusdruck, daß dieses Resultat im besten Sinne überraschen muß,indem dieser Bezirk einer der ungünstigsten ist und die Parteihier zum ersten Male in die Kommunalwahl eingetreten ist. Auchdie Agitation ist erst 8 Tage vor der Wahl in die Wege geleitet wor-den. Daher berechtige dieses Resultat zu der Annahme, daß nachanderthalb Jahren dieser Bezirk der Sozialdemokratie zufallenwerde. Aus einen Sieg war von vornherein nicht gerechnetworden und dankte Genosse Flatow den Wählern, die ihm sounerwartet zahlreich ihre Stimme gegeben haben, in aufrichtigerWeise. Auch das Wahlkomitee sprach seinen Dank aus. Miteinem Hoch aus die internationale Sozialdemokratie schloß dieVersammlung.Der Arbeiter-BildnngSverein zu AdlerShof hielt am17. März eine gut besuchte Volksversammlung ab, in welcherReichstags-Abgeordneter M. Schippe! über den Einflußder Großgrundbesitzer in Preußen einen Vortraghielt, dessen Gedankengang im Folgenden kurz skizzirt ist. Nachden Wahlen vom 20. Februar 1890, als das Kartell, welches dreiJahre hindurch die Herrschaft im Reichstag ausgeübt halte, ge-schlagen war, erwarteten Manche eine etwas freiere, das Volkweniger belastende Richtung in unserer Politik. Sie täuschtensich. Das Zentrum, das früher in vielen Angelegenheiten mitden Oppositionsparteien stiuimte, bildet jetzt mit den beidenkonservativen Parteien zusammen ein noch viel reaktionäreresKartell, als das frühere war. Sehen wir zu, wer hinterdiesem Kartell steht, so finden wir, daß es der Großgrundbesitzer,der Junker ist, der in Preußen und Deutschland so_ maß-tebend wie in keinem anderen Lande ist. Wie kommt das? ImMittelalter waren um das Rittergut des Junkers herum dieBauern angesiedelt, der eine mit mehr, der andere mit wenigerLand, das er für sich bestellte, um dessen Ertrag für sich undseine Familie zu'verbrauchen. Sie mußten jedoch für de»„gnädigen Herrn" einzelne Tage in der Woche arbeiten, unddiejenigen von ihnen, welche Gespanne hakten— die sog. spann»fähigen Bauern— mußten mit ihrem Gespann dem„gnädigenHerrn" Dienste verrichten. Der Junker brauchte also weder de-sondere Arbeiter zu halte», noch eine Wirthschaft, Pferde,Wagen:c. zu haben. Als nun die Bauern, die nicht von derScholle fortgehen oder ihre Kinder fortziehen lassen, oder auchnur lernen lassen durften, was diese wollten, immer mehr vonden Junkern geschunden wurden. strebten sie danach,ihr Joch abzuschütteln. In Frankreich besorgte dasdie französische Revolution, die einfach einen Strich durch dieFrohnden, welche den Junkern zu leisten waren, machte; eswurde bestimmt: Von morgen an sind die Bauern aus ihremAcker frei und haben dem Rittergutsbesitzer weder persönlicheDienste zu leisten noch Gespann zu stellen w. In Preußen wurdeAehjiliches den Bauern versprochen, als es galt, das vor denfranzösischen Herren zusammengebrochene vollständig verloddertePreußen wieder aufzurichten. Die Wiederaufrichtung konnte, daswar klar, nur durch das Volk, und das waren damals hauptsächlich die Bauern, geschehen. Daher die Versprechungen. Wiewurden dieselben gehalten? Als Napoleon verjagt und das Werkder Bauernbefreiung in Angriff genommen wurde, verhunzte mandasselbe derart, daß den Vortheil allein die Großgrundbesitzerhatten. Die Frohnden wurden abgeschafft, die Bauern für freierklärt— aber, nicht genug, daß die Letzteren Jahrhunderte langvon den Junkern geschunden worden waren, erhielten diese jetztnoch eine Abfindung. Man sagte, und die Rechtsgelehrtenwiesen es nach(wozu wären denn auch die Rechtsgelehrten da!),die Junker hätten ein Recht auf das Land der Bauern, das dieLetzteren nur in Erbpacht hätten, lind dafür, daß die Bauernkeine Frohnden mehr zu leisten hatten, erhielten die Junkererstens eine beträchtliche Geldsumme, was in Frankreich, wieoben erwähnt, nicht der Fall gewesen war; zweitens mußten diegrößeren, die spannfähigen Bauern ein Drittel, vielfach auch dieHälfte ihres Landes an den Junker abgeben; die nicht spann-fähigen Bauern, die bisher dem gnädigen Herrn nur Handdienstegeleistet hatten, mußten ihren ganzen kleinen Acker dem Junker abtreten.Man denke, welchen Machtzuwachs das Alles dem Junker einbrachte.Dazu kam. daß die Arbeiter nun zwar frei, aber besitzlos ge-worden waren. Während sie früher von dem Ertrage ihres Ackershatten leben könne», den ihnen Niemand nehmen konnte, besaßensie jetzt gar nichts weiter als ihre Arbeitskraft. Hatten sie nun-mehr keine Beschäftigung, so hatten sie nichts zu essen; sie mußtendaher mit jedem Lohne, der ihnen geboten wurde, zufrieden fein,und der Junker konnte sie nun weit mehr als früher ausbeuten,was er denn auch gehörig gethan hat und thut bis auf den Heu-tigen Tag. Dieser unverdiente, auf Kosten der großen Masse ge-schehene Machtzuwachs der Junker vermehrte sich in der Folgedurch günstige Unistände noch bedeutend. Man fing an, denSchnaps, der bisher aus Kor» gebrannt worden war, aus Kar-toffeln zu brennen. Die preußischen Junker, die allein Kartoffelnbauten, weil auf ihrem leichten Boden Anderes nicht gut gedieh,steckten ihr Geld in die Anlage von Brennereien und ver-mehrten ihren Viehstand, �für den die Ueberbleibsel von denKartoffeln, aus denen der Schnaps gewonnen worden>var, einevortreffliche Mast sind. Die Junker eroberten mit ihrem Fuselnicht nur den ganzen deutschen Markt und degenerirten damitnamentlich im Westen die bisher aufstrebende, frei denkendeArbeiterschaft, sie eroberten auch den Wellmarkt. Da sie Jahrzehnte lang keine Konkurrenten hatten, strichen sie kolossale Ge-winne ein. Jetzt ist ihre m Fusel der russische über. Aberweiter! Es kam die Zuckergewinnung aus Rüben auf undwieder hatten zunächst ein paar Jahrzehnte hindurch unsere Groß-grundbesiher das thatsächliche Monopol dieser Fabrikation, die denZucker billiger herstellen ließ, als der Kolonialzucker kostete. So floßimmer neuer Reichthum in die Taschen der Großgrundbesitzer.Diese strichen jedoch nicht blos die guten Preise für ihren Fuselund ihren Zucker ein: sie bekamen auch für jede Tonne, die sieausführten, noch eine Prämie vom Staate, der das Geld dazunatürlich vorwiegend aus den Steuern nahm, welche die zahl-reichste Klasse, die der armen Bevölkerung, aufbringt. So flössenden Großgrundbesitzern weitere Millionen und Milliarden zu.Allein für ausgesührten Zucker sind seit 1871 500 Millionen MarkPrämien vom Staate gezahlt worden, eine Summe, die sich aufnur 400 Fabriken— mehr haben wir nicht— vertheilt. Vom