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Abg. v. Pfetten(Zentr.) widerspricht einer Ausdehnung und Verschärfung der bestehenden Vorschriften,. während Abg. Graf Holstein(dl.) eine strengere Kontrolle für den Rayon des Hamburger Biehmarktes empfiehlt. Senator Bnrchard: Eine solche Kontrolle besteht bereits. Abg. v. Kardorff: Die Ereignisse werden mir Recht geben; eine Verschärfung des Gesetzes wird fich schon in den nächsten Jahren als uothwendig erweisen. Abg. Bamberger   wünscht Auskunft über die Geschäfts- ergebnisse der subventionirten Dampferlinie nach Ostafrika  . Staatssekretär von Bötticher: Bis jetzt haben wir eine vollständige Statistik darüber nicht; wir sind angewiesen auf die Mittheilungen aus den Jahresberichten des Aufsichtsrathes der betreffenden Gesellschaft. Daneben aber sind Schätzungen der Kolonialabtheilnng vorhanden, welche auf dem Ertrage der Zölle beruhen. Schon jetzt eine sichere Prophezeiung über die Zukunft der Linie wagen zu wollen, ist außerordentlich schwer; es sind erst lVs Jahre seit dem Jnslebentreten der Linie vergangen. Darüber, daß es sich hier um ein nützliches und vaterländisches Unternehmen handelt, werden wir uns doch noch verständigen. Abg. Bambergrr: Wir geben doch 900 000 M. jährliche Subvention zu dem Zwecke, die Einfuhr ans und die Ausfuhr nach dem überseeischen Gebiete zu fördern. Inwieweit die deutsche Industrie von dieser Leistung Vortheile zieht, darüber besagt die Antwort des Staatssekretärs nichts. Läßt sich aber darüber über- Haupt nichts sagen, so haben wir doch eine Thorheit begangen, diese Subventionirring zu bewilligen, denn die Reisegelegenheit wurde und wird durch bereits vorhanden« Linien besser und billiger bewirkt, als durch die deutsche Linie. Kapitel 7 a, allgemeine Fonds, wird darauf bewilligt. Der Rest des Ordinariums des Etats des Reichsamt des Innern wird ohne erhebliche Debatte bewilligt. Beim Extra-Ordinarium und zwar bei der Forderung von 40 000 M. zur Ausdeckung des liines romanns kommt Abg. Lieber auf seine Ausführungen in zweiter Lesung über die Verdienste des Herrn v. Cohausen um dieses Unternehmen und über das Verhalten des Professors Mommsen in demselben zurück. Redner erklärt, daß er durch den in derNation" ver- öffentlichten Artikel des Professors Mommsen im Wesentlichen befriedigt sei. da er wenigstens einigermaßen dem verdienstvollen Limesforscher Gerechtigkeit widerfahren lasse. Abg. Barth stellt fest, daß die Angriffe des Abg. Lieber auf den Professor Mommsen durchaus unberechtigt gewesen seien, zumal die Behauptung, daß Mommsen bei dieser Gelegenheit mit einer selbst in Deutschland   seltenen Unanständigkeit ver- fahren sei. Abg. Lieber behauptet dem gegenüber, daß auch der Artikel in derNation" an Verunglimpfungen des Obersten   v. Cohausen das Menschenmögliche leiste. Abg. Barth bestreitet dies entschieden. Bei der Position für den Nordostsee-Kanal bringt Abg. Thonisen verschiedene Beschwerden vor. Nach einer kurzen ErwiiXrung des Staatssekretärs v. Bötticher, durch welche sich der Abg. Lorenzen befriedigt erklärt, wird der Titel bewilligt, ebenso der Rest des Etats des Reichsamts des Innern und ohne jede Debatte der gesammte Militäretat. Die Fortsetzung der Etalsberathung wird um oV« Uhr auf Dienstag 12 Uhr vertagt. Außerdem steht auf der Tagesordnung die Wahl von Mitgliedern des Hauses zur Kommission für Arbeiter- statistik, Rechnungsvorlagen, Gesetz, betr. die Vergütigung für Kakaozoll und die dritte Lesung des Weingesetzes. AbgeoednetenhanS. 43. Sitzung vom 28. März,!l Uhr. Am Ministettische: Graf Eulenburg  , v. Bötticher, Miguel, Hcrrsurth, v. Berlepsch, Bosse, v.Heyden und Kommist arien._ Vor dem Eintritt in die Tagesordnung nimmt das Wort der Ministerpräsident Graf Elttenburg: Meine Herren! Der Mittheilung, welche Ihnen über Personalvernnderungen im Staatsministerium zugegangen ist, möchte ich Folgendes hinzu- fügen: Die Vereinigung der Aemter des Reichskanzlers und des Präsidenten des preußischen Staatsministeriums bringt, wie nicht erst in neuerer Zeit bekannt geworden ist, ein Maß" von Arbeit und Verantwortung mit sich, welches die Kräfte auch des leiftimgs- fähigsten Mannes vorzeitig aufzureiben im Stande ist. Dazu kommt, daß die Stellung des Reichskanzlers eine freiere wird, wenn dieselbe von Zwischenfällen unabhängig wird, welche allein preußische Angelegenheiten betreffen. Wenn diese Erwägungen dazu geftihrt haben, das Amt des Reichskanzlers von dem des Ministerpräsidenten zu trennen, so ist dadurch, daß der Reichskanzler Minister der auswärtigen Angelegenheiten und Mitglied des prenßi- schen Staatsministeriums bleibt, Fürsorge getroffen, daß die einheit- liche Leitung der auswärtigen Angelegenheiten und das bisherige gegenseitige Verhältniß des Reichs und Preußens nicht be- einträchtigt wird. Was sodann den Ihnen vorgelegten Gesetz- entwurs über die Volksschule angeht, so hat die Erörterung im Hause und im Lande scharfe Gegensätze hervortreten lassen, welche sich bisher unvermittelt gegenüberstehen. Auch die Berathungen Ihrer Kommission haben zu einer Verständigung nicht geführt (Widerspruch rechts und im Zentrum), und die Aussicht, daß sich eine solche werde erreichen lassen, nicht eröffnet. Da unter diesen Umständen ein befriedigendes Ergebniß nicht zu erwarten ist(Widerspruch rechts und im Zentrum), verzichtet die königl. Staatsregierung auf die Fortsetzung der Berathung des Gesetz- entwurfes(lebhafter Beifall links; Zischen rechts) und behält es der weiteren Erwägung vor, wann und in welcher Weise inner- halb des durch die Verfassung gegebenen Rahmens auf die An- gelegenheit zurückgekommen wird.(Beifall links; Zischen rechts.) Abg. Rickert erklärt zur Geschäftsordnung, daß er sofort um das Wort gebeten habe, um auf die Rede des Minister- Präsidenten zu antworten; der Präsident habe ihm nicht das Wort ertheilt. Er behalte sich deshalb vor, bei nächster Gelegen- heit auf die Rede zurückzukommen. In dntter Berathung genehmigt das Haus den Gesetzent- wurf betreffend das Ruhegehalt der Geistlichen und die Fürsorge für die Wiltwen und Waisen derselben. Bei der ersten Berathung des Gesetzentwurfes betreffend die äußere Heilighaltung der Sonn- und Fe st tage in den Provinzen Schleswig- Holstein  , Hannover   und Hessen- Nassau  , sowie in den Hohenzollernschen Landen spricht Abg. Jmwalle(Zentr.) spricht den Wunsch aus, daß der religiöse Geist, welcher durch die älteren Polizeiverordnungen weht, auch in die neueren Verordnungen übergehen möge. Minister von Berlepsch: Dem Wunsche des Vorredners wird willfahren werden, soweit es innerhalb der Grenzen der Möglichkeit liegt und soweit es geschehen kann, ohne die be- rechtigten Interessen zu schädigen und das gewerbliche Leben am Sonntag überhaupt lahm zu legen. Abg. Sack: Man sollte doch in Bezug auf die Sonntags- rnhe keinen Rückschritt machen, ein solcher liegt aber in dieser Vorlage vor gegenüber den strengeren bisherigen Bestimmungen. Eigentlich würde die Vorlage eine gründliche kommissattsche Be- rathung erfordern; aber dazu sei wohl keine Aussicht. Abg. Francke-Tondern(natl.) empfiehlt ebenfalls eine kom- missarische Berathung, weil festgestellt werden müsse, wie weit die Befugniß der Oberpräsidenten gehen solle. Die Grundlage für die Sonntagsruhe gebe die Gewerbe-Ordnung; Sache des Ober- Präsidenten würde seiner Meinung nach nur sein, kür die äußere Hcilighaltung deS Sonntags zu sorgen. Es werde mitgetheilt, daß das Schema für die Verordnung bereits ausgearbeitet sei; vielleicht könnte dasselbe der Kommission vorgelegt werden. Minister Berlepsch: Die Kompetenzfrage scheint mir ganz klar zu sein; dem Oberpräsidenten fällt es nur zu, die äußere Heilighaltung des Sonntags zu ordnen. Das ausgearbeitete Schema vorzulegen, dagegen habe ich nichts einzuwenden, aber eiiift kommissarische Berathung wird nicht nöthig sein. Die be- stehenden preußischen Verordnungen über die Sonntagsruhe geben die Grundlage dafür ab. Die Verordnung wird dem Ober- Präsidenten zur Begutachtung vorgelegt werden und ehe sie in Kraft tritt, muß sie dem Provinzialrathe oder dem Bezirks. auSschuffe vorgelegt werden. Eine Schablonisirung wird also nicht stattfinden. Abg. Hansen empfiehlt die Annahme der Vorlage ohne kommissarische Berathung; eine Erörterung der vorbereiteten Vorlage in der Kommission gehe doch nicht an. Redner bittet den Minister, aus die Verhältnisse der Landwirthschaft Rücksicht zu nehmen und nicht über die bestehenden Verordnungen hinauszugehen. Abg. v. Rauchhaupt(k.) hält es für praktisch, daß die Vor- schriften über die Sonntagsruhe provinziell geregelt werden; dabei werde viel mehr für die Sonntagsheiligung geschehen als durch ein Gesetz. Damit schließt die erste Berathung; die Kommissions- berathung wird abgelehnt, in zweiter Berathung wird die Vor- läge genehmigt. Es folgt die erste und zweite Berathung des Gesetzentwurfs betr. die Aufhebung älterer, in der Provinz Hessen- Nassau   geltender gesetzlicher Bestim- mungen über die Untersuchung des Schlacht- viehes und die Ausstellung vonVieh-Gesund- heitsscheinen; die Vorlage wird ohne Debatte genehmigt. Zur ersten Berathung des Gesetzentwurfs betr. die Eni- schädigung für an Milzbrand gefallene Thiere führt Abg. v. Erffa  (k.) aus, daß einzelne Provinzen sich noch ablehnend zur Vorlage verhalten hätten; er wolle aber keinen Widerspruch dagegen erhebe», daß die Frage hier fakultativ gcsetz- lich geregelt werden solle. Die Abgg. Knebel, Ostrop, Sombart   und Gerlich empfehlen ebenfalls die Annahme der Vorlage, weil dieselbe die Entfcheidung in die Hand der einzelnen Provinzen lege. Abg. v. Schalscha spricht sich gleichfalls für die Vorlage aus, hält aber die Gewährung von vier Fünfteln des Gehalts als Entschädigung für zu hoch. Abg. Knebel beantragt, die zweite Berathung von der Tages- ordnung abzusetzen, da er für die zweite Lefung noch einen An- trag vorbereite. Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. v. Schalscha und Knebel und des Regierungskommiffars wurde das Gefetz sofort in zweiter Berathung ohne Debatte angenommen. Es folgte der Gesetzentwurf, betr. die Aufhebung der Befreiung von ordentlichen Personal steuern gegen Entschä-digung. Abg. v. Heercmann(Zentr.) beantragt, die Vorlage einer Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen. Die Begründung der Vorlage lasse nicht erkennen, in welcher Weise mit den in Betracht kominenden Reichsunmittelbaren verhandelt sei. Darüber sei eine genaue Prüfung nöthig. Die Regierung scheine bei diesen Verhandlungen nicht sehr entgegenkommend verfahren zu sein. Erworbene Rechte könnten nach Ansicht seiner Partei nur bei hinreichender Entschädigung aufgehoben werden, daß die Reichs- unmittelbaren ein Recht auf Steuerfreiheit haben, sei anerkannt. Die vorgeschlagene Entschädigung sei nicht»ach einem gewissen Maßstab bemessen. Rechte müßten unter allen Umständen gewahrt werden.(Beifall im Zentrum.) Abg. Rickert(dfr.): Ich will der Kommissionsberathung nicht widersprechen. IS hatte erwartet, daß die Reichs- unmittelbaren unter Anerkennung der Grundlagen unserer Ver- fassnng freiwillig auf die Steuerfreiheit verzichten würden, aber nur zwei derselben sind überhaupt mit der Vorlage einverstanden. Wir erblicken in dieser Steuerfreiheit kein wohlerworbenes Recht und werden gegen jede Entschädigung stimmen. Die Rechtsfrage muß noch«ingehend geprüft werden und auch erwogen werden, ob die Entfchädigung" nicht viel zu hoch ist. Nach dem Ein- kommensteuer-Gesetz hätte die Regierung schon ohne Entschädigung die Reichsunmittelbaren zur Steuer heranziehen und ihnen dann die Vertretung ihrer vermeintlichen Rechte im Rechtswege über- lassen können. General-Steuerdirektor Burckhart: Gerade nach dem Ein- kommensteuer- Gesetz können die Reichsunmittelbaren nur zur Steuer herangezogen werden, wenn die Entschädigungs  - frage gesetzlich geregelt ist. Die Verhandlungen mit den Be- treffenden über die Höhe der Entschädigung sind im Geiste vollster Loyalität und vollsten Wohlwollens von der Regierung geführt worden. Wie die Regierung zu der vorgeschlagenen Höhe der Entschädigung gekommen ist, darüber wird in der Kommission bereitwillig Auskunft gegeben werden. Abg. v. Rauchhaupt(k.): Ich beantrage die Uebcrweisung an die Budgetkommission, da es sich um eine budgetmäßige Frage handelt. Es handelt sich hier um alte wohlerworbene Rechte, und das hat auch das neue Einkommensteuer-Gesetz ausdrücklich anerkannt, sodaß es sich nur noch um die Höhe der Entschädi- gung handeln kann, und in dieser Beziehung stimmen wir den Vorschlägen der Vorlage zu. Abg. v. Tiedemann-Bomst  (frk.): Auch wir halten dafür, daß es sich um wohlerworbene Rechte handelt, und schließen uns im übrigen den Ausführungen des Abg. v. Rauchhaupt vollkommen an. Abg. Friedberq(natl.): Uns ist es zweifelhaft, ob in jedem einzelnen Fall ein Rechtsanspruch aus Steuerfreiheit vorliegt, da indessen das Einkommensteuer-Gesetz das Recht darauf anettannt hat, erübrigt es, die Rechtsfrage noch zu behandeln. Die vor- geschlagene Entschädigung scheint uns reichlich hoch bemessen, und wir schließen uns daher behufs näherer Prüfung dem An- trage auf Ueberweisnng an die Budgetkommission an. Darauf wird die Vorlage der B u d g e t k o m m i s s i o n überwiesen. Schluß I'/e Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch 12 Uhr. (Kleinere Vorlagen und Petitionen.) Wahlnachkläuge. Aus Friedland   i. M. berichtet die Nordwacht":Der Wahlkampf hier hat unserem braven Ge- nassen Herzberg, der mit der größten Aufopferung für unseren Kandidaten Lütgenau agitirt hat, die Existenz geraubt. Er hat zum Wanderstabe greifen müssen und ist abgereist. Der Ordnungsmeute Rache über den Stimmenzuwachs der Sozial- demokratie hat ihn vertrieben. Der Stimmenzuwachs war aber auch ein außerordentlicher, 11 sozialdemokratische Stimmen am 20. Februar 1890 und 1L3 Stimmen am 19. März 1392." «* Die Hamburger KctverbcgerichtS-Wahle» haben mit der Wahl der sozialdemokratischen Kandidaten für 6. und die 7. Abtheilung der Arbeiterbeisitzer ihren Abschluß gefunden. Das Gesammt- ergebniß ist folgendes: In fünf Abtheilungen der Unternehmer- beisitzer siegten die Innungen, in einer Abtheilung derselben fowie in sämmtlichen Abtheilungen der Arbeiterbeisitzer die Sozial- demokratie. Die Sozialdemokratie besitzt damit im Hamburger Gewerbegericht bei insgesammt 84 Beisitzern 48 Stimmen, also die absolute Majorität. In Bremen   siegten in der zweiten, dritten und vierten Gruppe der Arbeiterbeisitzer gleichfalls die sozialdemokratischen Kandidaten. « Bei de» Gewerbegerichts- Wahlen für de» Kreis Reichenbach   i. Schl. wurden am 23. März in allen drei Kammern die sozialdemokratischen Kandidaten gewählt. Hente findet in Mecklenburg-Strelitz   die Reichs' tags- Stich wähl statt. In Limmer(Hannover  ) siegten bei der Wahl der Arbeiter- Vertreter zum Gewerbegericht die sozialdemokratischen Kan- didaten. «» I» Eelle(Hannover  ) gingen aus der S ch u l v o r st e h e r- Wahl drei Sozialdemokraten als Sieger hervor. Bisher hatten wir im Schulvorstand nur zwei Genossen. Sozialdemokratische Partei der Schweiz  . Die Urab- stimmung über den Parteitagsbeschluh betr. das Recht auf Arbeit ergab folgendes Resultat: Bei einem absoluten Mehr von 624 wurde somit der Partei- tagsbeschluß betr. Einführung des allgemeinen Volksrechtes auf Arbeil in die Bundesverfassung auf dem Wege der formulirten Initiative mit 1013 Stimmen angenommen. Ein erst vom 22. März datirtes und am 23. eingelaufenes Abstimmungs- resultat aus Baden(Spenglerfachverein) 16 Stimmende, 16 Ja konnte, weil verspätet, nicht mehr berücksichtigt werden. Ueber die Art und den Zeitpunkt der Ausführung dieses Be- fchlusses wird das gesammte Parteikomitee, welches zu Monat Juni d. I. zu seiner nächsten Sitzung einberufen werden soll, entscheiden. An einzelnen Vereinen sind mit ihren schweizerischen Mit- gliedern ferner der Partei beigetreten: Grütliverein Oberwyl (Baselland  ), Verein schweizerischer Sozjaldeinokraten Basel  , All- gemeiner Arbeiter-Bildiingsvereiu Wädensweil(Zürich  ). Sodann hat eine weitere Anzahl von Arbeiter- und Grütlivereinen in verschiedenen Orten, ohne der Partei formell sich anzuschließen, den Vertrieb von Partei-Mitgliedskarten übernommen. Neue Mitgliedschaften der Partei haben sich gebildet in: Sursee  (Luzern  ), Stäfa  (Zürich  ), St. Gallen  , St. Fiden(St. Gallen), Horgen  (Zürich  ), Osterwyl(Baselland  ), Langnau(Bern  ), Wattwyl (St. Gallen), Baden  (Aargau  ), Wädensweil(Zürich  ). Polizeiliches, Gerichtliches tc. In Chemnitz   stand am 25. März der Redakteur des Beobachters", W a l t h e r May, abermals vor den Schranken des königlichen Landgerichts. Er hatte sich wegen des in Nr. 13 abgedruckten ArtikelsDie Greuel des Kasernenlebens" zu ver- antworten. Die Verhandlung fand wiederum hinter verschlossenen Thüren statt. Wegen Verächtlichmachung von Staatseinrichtungen wurde ihm unter Wegfall der vor kurzem zuerkannten Strafe von 1 Jahr 3 Monaten Gefängniß nunmehr eine Gesammtstrafe von 1 Jahr 10 Monateu Gefängniß zuerkannt. Der Artikel soll nach den Urtheilsgründen die Militärverfassung verächtlich gemacht haben, indem darin die in dem Erlaß des Prinzen Georg ge- kennzeichneten Mißhandlungen von Soldaten als allgemein vor- kommend bezeichnet sind. Weiter war behauptet, daß das ganze Soldatenlebcn für das deutsche   Volk entwürdigend und entehrend sei. Von einer Beleidigung des Offiziers- und Unter- osfizierkorps, Hervorgerufe» durch denselben Artikel, wurde May freigesprochen. Er wird gegen dieses, Urtheil Verufung an- melden. Der Zlrbeiter-Sänaerbnud Berlins   und Umgegend sendet uns hetite einen Bericht über seinen am 13. d. M. ab- gehaltenen Liederabend. Der Liederabend am 18. d. M. in Lips' Brauerei im Friedrichshain   ist in wirklich glänzender Weise verlaufen. Es war dem Bund leider nicht möglich, Eintrittskarten ausgeben zu können, da derselbe in erster Linie für seine Mitglieder sorgen muß. Nun gehören dem Bunde 157 Vereine mit ca. 4000 Mit- gliedern an, so daß der Bundesrath ein Recht hat, die Devise zu führen: Nicht daß wir singen, sondern w a S wir singen macht uns groß und stark. Der gewaltige Saal der Brauerei, der sehr geschmackvoll dckorirt war, war bis auf den letzten Platz gefüllt. Als Ehrengäste waren die Abgeordneten und Stadt- verordneten der Partei eingeladen worden, von denen eine gknze Anzahl erschienen war. Eine dem Tage entsprechende Ansprache hielt der Reichstags-Abgeordnete Paul Singer, der namentlich desunbekannten Tobten" im Friedttchshaiu gedachte, der doch der bekannteste Mann im Herzen der Arbeiter sei. Die Rede Singer's erntete stürmischen Beifall. Die Lieder, welche theils von Mitgliedern des Bundes, theils von einzelnen Vereinen vorgetragen wurden, erzielten eine mächtige Wirkung und bewiesen, daß auch in gesanglicher Be- ziehung in den einzelne» Vereinen bedeutende Fortschritte ge- macht worden. Sehr ivacker hielt sich die Musik, gestellt von der Freien Vereinigung der Zivil-Berufsmusiker, deren Dirigent den Beweis lieferte, daß er über ein tüchtiges und gut geschultes Musikkorps verfügt. Einen imposanten Anblick gewährte es, als die Masscngesänge zum Vortrag gelangten. Als die Bundeslieder: Mann der Arbeit aufgewacht",Hoch Ferdinand Lassalle  ", die Arbeiter-Marseillaise" und dieVolkshymne" durch den Saal brausten, war des Beifalls kein Ende. Der Liederabend hat einen wirklich erhebenden Verlauf genommen, mit welchem jedes Mitglied des Bundes vollauf zufrieden sein kann. Jnseratenstndie»" aus Berliner   Blättern haben wir kürz­lich an dieser Stelle veröffentlicht. ES war eine Blüthenlese von Heirathsanzeigen aus der kapitalistischen   Sumpfpresse, die klar zeigten, wie die bürgerlichen Kreise dieHeiligkeit der Ehe" auf- fassen. Diese Heirathsinserate sind nichts weiter, denn ein Aus- bieten von weißen Sklavinnen und Sklaven und sehr oft war der Zynismus in dem Wortlaut ein geradezu widerwärtiger. Einer unserer Abonnenten in Frankfurt   a. M. macht uns nun darauf aufmerksam, daß in Bezug auf diese Inserate, welche dcu Handel mit weißer Menschenwaare in Fluß bringen sollen, Berlin   vor der Provinz durchaus nichts voraus hat. Namentlich in jenen Städten, welche reich gesegnet sind mit Mitgliedern der Plutokratie, ist man oft Berlin   an Schamlosigkrit nochüber. So brachte dieFrankfurter Zeitung  " desbürgerlichen Demo- kraten" Sonnemann vor kurzem folgende Anzeige: Ein junger kräftiger Mann wünscht mit nner älteren Dame bekannt zu werden."____