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einer AVgabe der Unternehmer genügen lassen, fondern man «ürde die im Interesse der allgemeinen Wohlfahrt noth- »endigen Unternehmungen in städtische Regie nehmen und sich nicht zum Handlanger des Privatkapitals machen. Bei solcher Bewirthschaftung hätte man weder Mieths- steiler noch Gassteuer nöthig, und man brauchte auch keine ! Ivv pCt. Einkommensteuer zu erheben. Freilich auf fette Dividenden aus städtischen Objekten müßte die Bourgeoisie verzichten; aber wir denken, die Straßen und Plätze Berlins   sind doch nicht dazu da, um als Milchkuh für eine Handvoll Kouponabschneider zu dienen. Die Beschlüsse der vorigen Stadtverordneten-Bersamm- lung beweisen, daß das jetzige städtische Wirthschaftssystem, im Dienste des Kapitalismus stehend, unfähig ist, die Interessen der Arbeiterklasse und damit der Majorität der Bürgerschaft wahrzunehmen. Aufgabe der Wähler ist es, dafür zu sorgen, daß ge. recht«, und nicht die Interessen einer verschwindenden Minderheit berücksichtigende Grundsätze in der städtischen Berwaltung maßgebend werden. Krieg im Frieden. DaS kleinkalibrige Gewehr hat einen Triumvh gefeiert, die Schlagkraft der Geschosse hat sich glänzend bewährt, ein deutscher Soldat hat nutten im Frieden zwei Deutsche aus offener Straße niedergeschossen. Niedergeschossen laut seiner Instruktion, niedergeschossen mit kaltem Blut und treffsicherer Hand. Ein Berauschter neckt den Posten, er greift ihn thätlich an, der Posten ladet, der Andere ergreift die Flucht und der Soldat schießt nach der von der.Norddeutschen Allgemernen Zeitung" auS amtlicher Quelle gegebenen Darstellung den Fliehenden über den Haufen und mißerdem einen Unschuldigen, der zufällig sich in der Nähe des Fliehenden befindet. Es ist das selbstverständliche Recht jedes Angegriffenen, sich zur Wehr zu setzen, das Recht der Nothwehr. Der Soldat ist geneckt und mit einem Taschen- meffer bedroht, jedoch nicht verletzt worden, er hat erst dem Ausreißer die tödtliche Kugel nachgeschickt, die diesen und einen Unbetheiligten zu Boden streckte. War der Posten in Lebensgefahr? Aber er schoß ja erst, als der andere ent- wich. Und genügte hier nicht das Seitengewehr, der Gc- wehrkolben gegen das Taschenmesser? Ein junger kräftiger, nüchterner Mann gegenüber einem Trunkenen.... Der Polizist, der Gensdarm, der Forstbeamte, soweit sie überhaupt Schußwaffen führen, sind in ihrer Anwendung mit Recht auf das Nothwendige beschränkt. Und die Sicherheits Polizei geräth in weit ernstere Konflikte, i z. B. mit dem Verbrecherthum, sie ist oft in Situationen, die in der That eine Gefahr für Leib und Leben bedeuten. Aber nur der Soldat hat Schießfreiheit, eine Schießfreiheit, die Opfer und immer neue Opfer fordert, ohne daß Wandel geschaffen wird. Noch ist in Aller Gedächtniß der Vorfall vor der Reichs- ldrnckerei. Der Posten schießt auf einen harmlosen Menschen, der aus der Straße ein natürliches Bedürfniß befriedigt, der sich einer Uebertrrtung schuldig macht, die mit einem Straf- mandat von drei Mark gebüßt wird. In der Reichstags- Sitzung vom. Februar 1892, bei der zweiten Berathung des Militär-Etats, ist der Fall zur Sprache gebracht worden. Die Militärbudget- Kommission hatte folgende Resolution eingebracht, in welcher es u. A. hieß: Die verbündeten Regierungen zu ersuchen:... auf eine thunlichste Einschränkung der Militärposten, insbesondere in verkehrsreichen Gegenden hinzuwirken; eine den veränderten Verhältnissen entsprechende Revision der Bestimmungen über den Gebrauch der Schießwaffen seitens der Militärposten herbei- zuführen." Und der Abgeordnete Singer hatte in der Debatte ausgeführt: Der dritte Punkt der Resolution ist der weitaus wichtigste. Ich kann nicht annehmen, daß der Reichstag mit der Erklärung des Herrn v. Goßler zufrieden sein kann. Allerdings zeichnet sich diese Erklärung vortyeilhaft aus vor derjenigen, mit der er sich in Bezug auf diese Frage in der Budgetkommission geäußert tat. Der Zustand, der infolge der jetzigen Instruktion für die Wachtposten sich in Berlin   entwickelt hat, ist unerträglich. Es geht absolut nicht länger, daß aus der Geringfügigsten Ver- anlaffung dem ersten besten Posten die Möglichkeit gegeben wird, Menschen auf belebten Straßen der Stadt zu erschießen. Es handelt sich in allen diesen Fällen um ganz minime Ver- gehen, die im Wege des Polizeimandats mit 10l5 SB., im allerschlinimsten Falle mit einer geringfügigen Haststrase ge- ahndet werden. Und wegen solcher Vergehen sollen Wacht- jetzt wie etwas Unbegreifliches. Er sah, wie das kolossale Reich der Russen an seinen Grenzen kleinlich um Abhaltung aller verdächtigen Elemente bemüht war, als wenn jeder verdächtige Reisende im Stande wäre, den Koloß zum Falle zu bringen, während tm argzerklüfteten, von Feuer- stoffen erfüllten westlichen Europa   schon längst alle der- gleichen Vorsichtsmaßregeln als eitel und vergeblich beseitigt waren. So interessant indessen diese Vergleichungen für ihn sein mochten, tonnte Iwan seine Gedanken nicht zwingen, immer bei ihnen zu verweilen; trotz allem Widerstande flogen sie zurück zu den vergangenen Tagen, in denen er sein nennen konnte, was er allein seinen Mitmenschen nicht zu gönnen vermochte, eine der schönsten Blumen im Rosen- garten der Frauenwelt. Solche blonde Locken sah er nie- mals wieder, nie wieder so ein unergründlich tiefes Auge, solch hellen, in die Seele dringenden Blick. Ein jedes Wort Elisen's war fest in seinem Gedächtnisse eingeprägt, und so oft das eine oder andere ihm wieder in den Ohren klang, schoß das Blut stromweis nach seinem Herzen.Du wirft ein ähnliches Wesen niemals wieder finden", sagte er sich oft,und darum auch kein Glück auf dieser Erde uiehr." Uild ohne ein Glück auf Erden zu leben, welch fürchter- liche Aufgabe! Wie garstig ist das Angesicht des WinterS, wenn er die Blumen dem Auge und das Glück dem Herzen zu gleicher Zeit nimmt, wenn man zugleich von der Sonne der Zivilisation, sie mag noch so umschleiert gewesen sein, Ab- schied nimmt, und der Nacht der Barbarei zufährt. Und Winter war es geworden rings uni ihn herum, denn er war dem Winter entgegengereist. Das merkte er recht, als er die Warschau  -Moskauer Eisenbahn verließ und sich der Post anvertrauen mußte. Die dürren Blätter Langen ein Klagelied über ihre flüchtige Herrlichkeit, indem sie Posten befähigt werden, das Todesurtheik über Mitbürger nicht blos zu verhängen, sondern auch gleichzeitig zu vollstrecken? Dazu kommt, daß diese Fälle durchaus nicht vereinzelt sind. Wir haben in Berlin   gerade in dem letzten Jahre eine Anzahl solcher Fälle erlebt, und auch in Wiesbaden   wurde kürzlich in verkehrsreicher Gegend Seitens eines Wachtpostens von der Schußwaffe Gebrauch gemacht. Die Thatsache, daß dabei vor- übergehende Passanten in Lebensgesahr gerathen, sollte mit zwingender Nothwendigkeit die Militärverwaltung dahin führen, die Instruktion für Wachtposten in entsprechender Weise abzuändern oder dieselben in verkehrsreichen Straßen nicht mit scharfen Patronen auszurüsten. Der Regierungsvertreter hat ge- meint, ob man die Sache nicht derartig regeln könnte, daß man die Schuldigen möglichst streng bestraft; aber demjenigen Unbetheiligten, der todtgeschossen ist, wird kaum Genuglhuung gegeben, wenn der Veranlasser seines Todes mit einer stärkeren Strafe belegt wird. In der Kommission hat der Vertreter der verbündeten Regierungen die Frage in anderer Weise behandelt, wogegen ich auch hier im Plenum ai f das Allerschärsste Protest erheben muß. Er hat gemeint, die bestehende Instruktion für die Militärposten sei nothwendig, weil man dieselben gerade vor der alleruntersten Volksklasse schützen müßte; man könne die Posten nicht schändlichen Angriffen derselben ausgesetzt lassen. Aber wem in aller Welt ist es eingefallen, irgendwie zu ver- langen, daß der Wachtposten wehrlos etwaigen Angriffen aus- gesetzt sei? Das heißt die Dinge so verschieben, daß man nicht mehr versteht, was weiß und was schwarz ist. Es handelt sich hier nicht um den Schutz der Posten, sondern um den Schutz der wehrlosen Bürger gegen überschäumendes Temperament oder sonstige Unbesonnenheiten der Wachtposten, es handelt sich um den Schutz der Bürgerschaft, von der das Militär lebt. Warum folgen wir nicht dem Beispiel Oesterreichs  , wo der Gebrauch der Waffe seitens der Posten nur dann gestattet ist, wenn sie angegriffen werden? In derartigen Fällen wird Niemand dem Posten verdenken, wenn er sich seiner Haut wehrt, obwohl es dann auch noch nicht nothwendig wäre, eine solche Waffe zn gebrauchen, wie sie das Militär jetzt hat. Zur Vertheidigung könnte auch immer noch das Seitengewehr be- nutzt werben. Der Gebrauch der Schußwaffe seitens der Posten ist ein Ausfluß des Militarismus, ein Ausfluß derjenigen Stellung, die nun einmal das Militär in Deutschland   einnimmt. Die Soldaten werden durch ihre Instruktion in eine so außer- ordentlich bevorzugte Ausnahmestellung hineingebracht, sie werden mit einer solchen Macht umkleidet, daß es erklärlich ist, wenn diese jungen Leute ihren Ansichten in einer der- artigen Weise Ausdruck geben, wie wir sie wiederholt erlebt haben. Aber wir dürfen uns nicht auf den Standpunkt der Regierung stellen; das Volk ist nicht des Militärs wegen da, sondern umgekehrt, und wenn wir in die Hand eines zungen Soldaten die Möglichkeit legen, wenn ein geringes Vergehen vorgekommen ist, den Schuldigen oder alle in der Nähe Befindlichen zu lödten oder schwer zu verwunden, so kämen wir in der äußersten Konsequenz dazu, daß überhaupt nur noch Soldaten vorhanden sind; ob aber der Militarismus dann überhaupt noch bezahlt werden kann, ist ein« andere Frage. Kurz, ich glaube, durch die Annahme der Resolution wäre die Nlegierung doch veranlaßt, der Frage ernstlich näher zu treten, in wie weit es möglich ist, solche Vorkommnisse, die nicht ge- rade zu den Seltenheiten gehören, zu verhindern. Die Regie- rung müßte eine Instruktion erlassen, durch welche die Möglich- kett, Menschenleben zu gefährden, ausgeschlossen ist. Bei Erlaß der geltenden Instruktion waren die Verhältnisse ganz andere, als heute; abgesehen von dem geringeren Verlehr in den Straßen hatten auch die Schußwaffen nicht die Wirkung der heutigen. Es kann auch jedem vorübergehenden Offizier passiren, abirrenden Kugeln zu begegnen. So lange es aber nicht den eigenen Kreisen fühlbar wird, welche Mißslände die jetzige Instruktion mit sich führt, ist an eine Abhilfe nicht zn denken. Wir im Reichstage aber müssen unter allen Umständen uns bemühen, die Angelegenheit so zu regeln, daß das Volk nicht schütz- und wehrlos den Geschossen der Soldaten preisgegeben ist. Sollte aber wirklich einmal das grenzenlose Unglück passiren, daß ein solcher Mensch, der sich einer Verunreinigung der Straße schuldig macht, entläuft, so nehme ich das lieber in den Kauf, als daß er oder ein Un- schuldiger vom Posten erschossen wird." Der Regierungsvertrcter, Generalmajor von Goßler, erklärte kurz und bündig, daß es beim Alten bleiben werde. Die Sachlage kennzeichnet sich durch ein Wort: E s w i r d fortgeschossen. In der Hand eines jungen Menschen liegt das Leben nicht blos desjenigen, der mit ihm irgendwie in Konflikt geräth. Die Kugel, die den Lauf verläßt, bedroht Jeden, der zufällig in ihren Bereich geräth, sie bedroht nicht blos die Passanten, sondern auch die Bewohner der Häufer, in deren Umkreis das kleinkalibrige Gewehr in Aktion tritt. Wer in der Wurfbahn des Geschosses sich bewegt, ist verloren. Schuldig oder unschuldig, die Kugel macht keinen Unterschied. Und sie wird auch treffen, wenn des Zufalls Spiel einen Minister, einen General, einen Prinzen oder sonst einen Mächtigen in den Bann ihrer ballistischen Kurve bringt.... Aber die Instruktion ist befolgt.... Mögen auch Menschenleben nutzlos geopfert werden: Die Katze, die Katz' ist gerettet." den wenigen Gefährten in der Höhe Abschied sagten, um, den vielen vorangeeiltcn folgend, dem großen Erdengrabe anheimzufallen. Langsam kamen auch schon die Schnee- flocken herangrschwebt, die bald Alles bis zum nächsten Frühjahr einzuhüllen gedachten, und beim Rückivärtsblicken fah der Reisende schon hier und da einen nahrnngsuchenden Wolf den Saum des Waldes verlassen. Tage der Rosen, seid ihr verblüht?" rief Iwan in schmerzlicher Bewegung versunken.Sonne   meines Ledens, bist du untergegangen? Ja, mein Frühling ist vorbei, die Träume sind verschwunden, und nun bleibt für mich nichts mehr, um mir die künstigen Jahre erträglich zu machen, als die freie männliche That. Wenn nur diese meine Lebenszeit auch zu keiner glücklichen gestalten sollte, wird sie mir dieselbe doch verkürzen, auch das ist dankbar anzu- nehmen." Auf dem Gute des Herrn von Sokolow war der Winter mit derjenigen Resignation aufgenonimen worden, die den Russen unter Umständen ganz eigenthümlich. Mau sprach von der Abreise nach Moskau  , um an den Winter- Vergnügungen der mächtigen Stadt theilnehmen zu können, und Herr von Sokolow ivar verreist, um für denjenigen Theil seiner Pflegebefohlenen, der zurückbleiben sollte, die nothwendigen Lebensbedürfnisse zu besorgen. Freifrau Valeska von Sokolow aber saß am Bogen- fenster, das nach Westen blickte, und verbrachte die Zeit, indem sie abwechselnd einen Stich in ihre kunstvolle Stickerei fügte und dem draußen beginnenden Spiel der Schneeflocken ihre Aufmerksamkeit gönnte. Von dem vierzehnjährigen Mädchen, welches unter dem Beistande eines französischen  Hauslehrers mühsam den Sinn eines französischen  Alexandriners aus Racine's  Athalie  " zu enträthjeln ver- sucht und welches der Freifrau wie auS den Augen ge- schnitten erscheint, nimmt sie fast gar keine Notiz. (Fortsetzung folgt.) Es ist fteilich ein Verbrechen, wenn em Trunkener die Schildwache hänselt, ein Verbrechen, das nur mit Strömen Blutes gesühnt werden kann. Das Strafgesetz fteilich würde den Frevler mit etlichen Tagen Hakt, mit einer Woche Gefängniß büßen. Aber der grobe Unfug wird zum Majestätsverbrechen, wenn er verübt wird gegen zweierlei Tuch. Die beleidigte Majestät des Militarismus heischt sofortige Ahndung, er ist Verletzter, Kläger  , Richter und Nach- richter in Einer Person. Er vollstreckt sein Urtheil am Delinquenten ohne Prozeß, vermittelst eines summarischen Verfahrens, dessen blutigen Lakonismus kein Standrecht übertrifft.. Schonzeit für Wild haben wir glücklich in Deutschland  . Schonzeit für die Menschen sollte auch der Militarismus garantiren zum wenigsten für die Zeiten des Friedens. Wie viele Verwundete und Todte sollen noch das Blachseld der Straße bedecken, bis dem kulturwidrigen Zustand, der heute und zwar nur in Deutschland   herrscht, em Ende gemacht wird? Schutz dem Bürger, fort mit der Schießinstruktion! Voltkisth» Meverftöltk. Berlin  , den 2. April. Eine Sommer-Reichstagssessto». Angeblich soll der Reichstag   vor dem Herbst für eine kurze Nachsession wegen des spanischen   Handelsvertrages berufen werden. Schöne AuSsichts-Lotterie. DieFreisinnige Zeitung" schreibt:Das Projekt der S ch l o ß l o t t e r i e zur Ver- besserung der Aussichten des Kaiserschlosses in Berlin   ist noch keineswegs gescheitert oder aufgegeben. Nach wie vor liegt das Projekt dem Minister des Innern vor. Theil- weise dieselven Hände, welche auch bei der Schloßfteiheits- Lotterie die Fäden gezogen, sind auch hier im Spiel. Für das Projekt, so wird von dieser Seite verbreitet, mache sich ein Interesse geltend, dem gegenüber auch die Minister, wenn anders ihnen ihr Portefeuille lieb wäre, keinen Wider- stand leisten könnten. Bis zetzt hapert es noch in Betreff der Bildung eines Konsortiums für die Uebernahme der Loose." So wird das Glücksspiel doch von Statten gehen. Es wird dabei um ein Bischen mehr hazardirt, als um die schöne Aussicht. Das herrschende System spielt dabei auch--- Bvm Denunzianten. Wir haben bereits(Nr. 79 vom 2. April) die Mittheilung gebracht, daß die Verwaltung des Aachener Zeitungsmuseums wegen angeblicher Majestäts- beleidigung in Anklagezustand versetzt worden ist. Wie die Kölnische Zeitung  " mittheilt, handelt es sich umein durch- aus gemeinnütziges Institut, wo aus allen Ländern 351 ver- schiedene Zeitungen und Zeitschriften eintreffen, die dem Publikum unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden." Offenbar ist das Unternehmen ein stramm- loyales. Die Kölnische" weiß wenigstens zu melden:Bei ihrer Ankunft erfahren die Blätter eine genaue Durchsicht. Diese Zensur hat den Zweck, jegliche Zeitung mit strafbarem oder ver- letzendem Inhalt von der Auflegung im Lesesaal auszu- schließen...... Das Zeitungsmuseum verfolgt keinerlei politische Zwecke, es sammelt einfach Zeitungsnummern mit bemerkenswerthem Inhalt, um sie als historisch und kultur- historisch werthvolles Material der Nachwelt aufzubewahren. Mit ganz besonderer Liebe und Aufmerksamkeit beschäftigt sich das Museum hierbei mit unserem Kasserhause. Die Hohenzollernmappe umfaßt mehrere starke Bände, hier ist fast alles zusammengetragen, was an Kundgebungen der Würdigung, Verehrung und Begeisterung für die drei ersten deutschen   Kaiser in Deutschland   wie im fernsten Auslande in den Zeitungen veröffentlicht worden ist..... Die Verwaltung besteht überdies aus Personen, deren Loyalität über jeden Zweifel erhaben ist." Wie man sieht, ist die Gründung reinlich und zweifelsohne, und wir wissen nicht, ob die Zensur, ein Engel mit feurigem Schwerte  , Arbeiterblätter über die patriotisch-monarchische Schwelle läßt. Doch das thut nichts zur Sache. Charakteristisch ist die Geschichte der Denunziation. Höreil wir dieKölnische Zeitung  ": Nun will ein fleißiger Besucher deS Lesesaals, ein Kandidat der Rechte, unter den aufliegenden 121 amerikanischen Zeitungen ein Exemplar entdeckt Häven, das, angeblich in einem Gedichl, die Krilerien der Majestätsbeleidigung enthielt. FlugS eilt der spüreifrige junge Mann zu der Auffeherin deZ Lese­saals, aber nicht etwa, um sie zur Entfernung der betreffenden Zeitung zu veranlassen, sondern um sich ein Kouvert und einen Briefbogen schenken zu lassen, auf welchen er noch im Saale  selbst die Denunziation an den Staatsanwalt niederschreibt. Im Auftrage des Staatsanwalts erschien schon am nächsten Tage ein Polizeikommissar, um das dcnunzirte Zeitungsblatt zu veschlagnahmen. Trotz sorgfältigster Nachforschung fand sich dasselbe aber nicht vor. Nichtsdestoweniger erhielt der Besitzer des Zeitungsmuseums, Herr Oskar v. Forckenbeck, Bürger- meister a. D. und Kreisdeputirler, eine Vorladung zur Ver- nehmung in der gegen ihn wegen Majestätsbeleidigung und Verbreitung verbotener Schriften eingeleiteten Untersuchung." Ueber den Angeber und seine Handlung verlieren wir kein Wort. Person und That werden von unseren Lesern nach Verdienst und aus das Haar richtig bewerthet werden. Das Geschäft des Denunzirens bedarf keiner Kritik, es kritisirt sich selbst. Der Herr Rechtskandidat, der im monarchischen Schwünge seiner Seele die genossene Gast- srenndschaft durch eine Anzeige vergilt, kann später etwa als Strebender noch Bedeutsameres leisten. Aber wer hat das Streberthum, Gebärdenspähen und Geschichtentragen trcibhausmäßig gezüchtet, wer hat die Umversitäten zu Hochschulen banausischer Gesinnung und öden Streberthums gemacht, wer schuf den Nährboden für den Denunziattons- bazillus? Die liberale Bourgeoisie, die sich kopfüber in den Morast der Bismarckei gestürzt hat, darf nicht klagen, daß sie da Sturm erntet, wo sie Wind gesäet hat. Die Renommisten. Schwarz auf weiß steht eS zu lesen in der Ansprache deS Zeutralvorstandes der national- liberalen Partei:Sie(die Partei Drehscheibe) hat nie ge- zögert, die freiheitlichen Errungenschaften, wo Gefahr drohte, zu vertheidigen; noch in neuester Zeit wieder hat sie dies ourch ihre einmüthige, ausdauernde Haltung gegenüber den auf eine Umgestaltung des Volksschulwesens in Preußen ge- richteten, gefahrvollen Bestrebungen bethätigt." Nachdem der Nationalliveralisinus die bürgerliche Freiheit an die Reaktion aus Abbruch verkauft hat, nachdem er in Aus- nahmegesetzen geschwelgt und stets sich willig erwiesen hat.