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flärung wissen, daß wir gegen den Antrag stimmen würden. Ich bitte über den Antrag v. Kardorff zur Tagesordnung überzugehen. ( Lebhafter Beifall und Händeklatschen bei den Socialdemokraten.)

das Wort

Ich habe jetzt folgende Erklärung abzugeben:

was

durch die Art und Weise, wie die Beratung bisher seitens der Social " Mit dem Antrag v. Kardorff und Genossen hat sich die demokratie und der Freisinnigen Vereinigung geführt ist, davon über Mehrheit des deutschen Reichstags außerhalb der Geschäftsordnung zeugt, daß wenn der Zolltarif im einzelnen beraten wird, die Be­und der Verfassung gestellt.( Gelächter rechts.) In der Voraussicht, ratung nie zu Ende kommt." Herr Bassermann ist also an Gegen den Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung erhält daß die Mehrheitsparteien die zur Beschlußfähigkeit notwendige Zahl we i aufeinander folgenden Tagen thatsächlich der Mitglieder nicht für die Zeit zusammenhalten können, die zur durchaus verschiedener Meinung über das, Abg. v. Kardorff( Np.): fachgemäßen Diskussion und Verabschiedung des Zolltarifs erforderlich der Antrag bezweckt, gewesen. Daraus ergiebt sich, daß Am 18. Oktober 1877 hat der Abg. v. Woltzien den Schluß ist, haben die Mehrheitsparteien, ohne auch nur den Versuch die Diskussion über den Zolltarif nicht ausgeschlossen ist. einer Geschäftsordnungs- Debatte beantragt. Darauf antwortete der einer Beratung des Tarifs im Plenum des Reichstags zu Das steht im völligen Widerspruch zu dem, was Herr v. Kardorff Präsident: Ich halte allerdings den Antrag auf Schluß dieser unternehmen, vor Beginn der Specialberatung des Tarifs statt der gesagt hat. Ich nehme als selbstverständlich an, daß Herr v. Kardorff ſpeciellen Diskussion in Bezug auf diese Geschäftsordnungs- Frage geſchäftsordnungsmäßigen Diskussion und Beschlußfaffung einen Gewalt auch seinen neuen Antrag als En bloc- Anname interpretieren für zulässig. Ich werde daher, wenn ein Widerspruch sich gegen streich verübt, um durch einen Bruch der Geschäftsordnung, der Ver- wird. Dann müßten wir zunächst die 23 Referate ſeitens der Bericht­diesen Antrag nicht erhebt( hört! hört! bei den Socialdemokraten), faffung und des parlamentarischen Rechtes dem deutschen Wolfe ein erstatter entgegennehmen. Wir schließen uns selbstverständlich der darüber abstimmen lassen." Darauf hat er den Antrag zur Ab- fassung stimmung gebracht. Ich will den Präsidenten nicht kritisieren, aber Intereſſengeſetz zu Gunsten einer winzigen Minderheit zu oktroyieren. Interpellation des Herrn Bassermann an, daß i.. 3olltarif zu­nächst beraten werden muß und da halte ich es für richtig, nach meiner Auffassung ist es sehr zweifelhaft, ob der Antrag Singer Vicepräsident Graf Stolberg- Wernigerode: Ich muß Sie unter- daß die Referenten lediglich über die einzelnen Positionen bezw. wo brechen. Abg. Singer wirft der Mehrheit des Hauses vor, daß sie Zusammenfassungen für zwedmäßig erachtet werden, über die Ab­nicht nur einen Geschäftsordnungsbruch, sondern auch einen Ber- schnitte referieren. Ich spreche ausdrücklich den Wunsch aus, daß faffungsbruch begangen hätte.( Sehr richtig! bei den Socialdemo- dies zunächst geschehen möge. fraten.) Ein solcher Ausdruck ist unzulässig.( Buruf bei den Social- Nach unsrer Meinung widerspricht der neue Antrag Kardorff Ordnung.( Große Unruhe bei den Socialdemokraten.) demokraten: Aber wahr!) Jch rufe den Abg. Singer deswegen zur dem§ 19 der Geschäftsordnung, weil er zweifellos eine En bloc= Annahme des Tarifs bedeuten würde. Ueber alle Anträge

auf einfache Tagesordnung über einen Schlußantrag zulässig ist. ( Redner macht nach diesen Worten eine ziemlich lange Bauſe, während deren er in seinen Manuskripten umhersucht. Er kann offen­bar das gesuchte Material lange nicht finden. Abg. Bebel ruft: Sehr schlecht vorbereitet!) Abg. v. Kardorff fährt darauf fort:§ 53 der Geschäftsordnung bestimmt: Der Antrag auf die Vertagung oder auf den Schluß der Debatte bedarf der Unterstügung von 30 Mitgliedern. Wenn folche erfolgt, so wird demnächst ohne weitere Motivierung des Antrages und ohne Diskussion über denselben abgestimmt." Wenn aber ein Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung gestellt wird, so wird dadurch ja eine Diskussion über den Schlußantrag herbeigeführt, was die Geschäftsordnung einschließt. Dafür ist kein Präcedenzfall da, daß jemals zu einem Schlußantrag der Antrag auf einfache Tagesordnung gestellt worden wäre.

( Unruhe bei der Mehrheit.)

Abg. Singer( fortfahrend): Die Mehrheitsparteien haben damit betreffend Abänderung der Positionen würde mit einem Male zur die Diktatur des Bollwuchers proklamiert.( Lautes Gelächter rechts.) Tagesordnung übergegangen werden. Das war bei den Anträgen Die socialdemokratische Fraktion hat beschlossen, deshalb jede Teil Wangenheim zu den Mindestzöllen allenfalls noch möglich, da es sich " ahme an diesem parlamentarischen Staatsstreich bei ihnen um einen einzigen Paragraphen handelte, hier aber abzulehnen und hat sich an der Beschlußfassung über die Zu- handelt es sich um ein dickleibiges Ungetüm von 938 noch aus­lässigkeit des Antrags Kardorff und Genossen nicht beteiligt, indem stehenden Positionen, alle dazu gestellten Anträge fönnen geschäfts­sie von der Gewalt an das Recht, von der volksfeindlichen Mehrheit ordnungsmäßig unmöglich mit einem Schlage totgemacht werden. des Reichstages an das Volk selbst appelliert.( Lebhafter Beifall bei Sie haben mit diesem Beschluß in keiner Weise verhindert, daß den Socialdemokraten. Unruhe bei der Mehrheit.) der Zolltarif beraten wird. Der Zolltarif steht auf der Tages­Sie( zu den Socialdemokraten) sehen so zubersichtlich in die Vicepräsident Graf Stolberg: Wir fahren fort in der Tagesordnung, und wir werden unsre Anträge zum Zolltarif ruhig ein­Zukunft.( Abg. Bebel: Jawohl!) Sie hoffen, daß Sie einmal die Majorität im Reichstag bekommen und daß einmal der Moment ordnung.( Rufe bei den Socialdemokraten: Zur Geschäftsordnung!) bringen. Von keiner Seite ist versucht worden, den Beweis zu komme, wo Sie die deutschen Fürsten vor die Frage stellen, ob sie Ich gebe Ihnen gleich das Wort zur Geschäftsordnung. Ich führen, daß wir Obstruktion getrieben haben. Nun sollen es die eröffne nunmehr die Diskussion über§ 1 Absatz 1 der Dauerreden in der Kommission sein. Ehrlich gesprochen war auch zu Gunsten von Bebel und Singer abdizieren wollen.( Rufe bei Kommissionsbeschlüsse im Zusammenhang mit dem Antrag v. Kardorff mir manche Rede zu lang. Wenn aber alle socialdemokratischen den Socialdemokraten: Huh! huh! Große Unruhe.) Wenn Sie und den dazu gestellten Anträgen.( Wiederholte Rufe bei den Social- Redner nur die Hälfte der Zeit gesprochen hätten, wieviel wäre aber die Majorität im Reichstag besäßen und die 58 royalistischen demokraten: Zur Geschäftsordnung!) Ich bemerke dazu, daß der erspart worden? Eine Woche! Sehen wir uns nun einmal die Mitglieder des Reichstages sich diese Art der Verhöhnung der Antrag v. Kardorff in folgender Weise abgeändert worden ist. Dieser Bahl der Anträge beim ersten Teil des Zolltarifs an, der Majorität, diese Art der Obstruktion herausnähmen, die Abänderungsantrag lautet: 1. Die Worte ,, Eventualantrag zu Nr. 704 240 Pofitionen umfaßt. Da hat die Mehrheit im ganzen Sie uns gegenüber bis jetzt angewandt haben, was würden der Drucksachen" unter der Ueberschrift der Drucksachen fallen fort. 179 Bollerhöhungen beantragt und vier Zollermäßigungen. Von der Sie wohl für Maßregeln ergreifen? Dann würden die 2. An Stelle der Einleitungsworte Der Reichstag wolle beschließen: Freifinnigen Volkspartei find 58 Anträge eingelaufen, von der Freis Danton, Marat und Robespierre die Leute sein, für den Fall der Annahme des§ 1 Absatz 1 des Entwurfs eines finnigen Vereinigung aber nur 44.( Hört! hört! links. Rufe rechts: nach denen Sie sich richteten!( Große Unruhe, Gelächter Bolltarifgefeges denselben zu fassen wie folgt" ist zu sehen: Der Geschäftsordnungs- Debatte! Geschäftsordnungs- Debatte!) Wir haben bei den Socialdemokraten.) Ich bitte, den Antrag Singer ab- Reichstag wolle beschließen: den Absatz 1 des§ 1 des Entwurfs nun hier im Plenum für drei namentliche Abstimmungen mehr ge­zulehnen. eines Bolltarifgesetzes wie folgt zu fassen: Berlin , den 2. Dezember 1902. ftimmt als die Freifinnige Volkspartei. Ist das Obstruktion? Diese Zur Geschäftsordnung hat das Wort Abg. Gothein. Behauptung ist doch geradezu lächerlich.( Glocke des Präsidenten.) Abg. Gothein( frf. Vg.): Der Präsident hat vorhin erklärt auf Das ganze Geschrei über Obstruktion ist nur ein fadenscheiniger meine Bemerkung, daß ich mich rechtzeitig zur Geschäftsordnung Mantel, um die Blöße der Arbeitsunfähigkeit des Hauses zu be= gemeldet hätte, bevor wir in die Abstimmung eingetreten sind, daß decken.( Lebhafte Zustimmung bei den Socialdemokraten.) Im Aus­biefe Meldung nicht bei ihm erfolgt sei und daß eine Meldung zum legen der Geschäftserdnung ist die Mehrheit hübsch munter, legt ihr Wort beim Präsidenten erfolgen müsse, daß die Meldung beim nicht aus, so leget unter.( Sehr gut bei den Socialdemokraten.) Schriftführer nicht genüge. Diefer Rat des Mephisto wird von der Partei fleißig befolgt, die Vicepräsident Graf Stolberg- Wernigerode: Ich möchte kein Miß- fich die Partei der Wahrheit, der Freiheit und des Rechts nennt, vom verständnis aufkommen lassen. Ich habe Ihnen daraus keinen Vor- Centrum. Aber es ist eine Partei, die die Wahrheit ver­wurf gemacht, sondern nur gesagt: ich habe nicht gewußt, daß Sie dunkeln, die Freiheit inebeln und das Recht brechen will. Noch vor vierzehn Tagen hat ein Führer hier erklärt, daß es un Abg. Gothein( fortfahrend): Ich bin dem Präsidenten sehr dank- denkbar sei, daß die nationalliberale Partei mit­bar, aber daß er mir daraus einen Vorwurf machen wollte, habe machen würde, und heute haben wir es erlebt. Warum? ich selbstverständlich nicht angenommen.( Sehr gut! lints.) Jch Herr v. Kröcher sagt, im Kriege sind alle Mittel erlaubt. Was aber Zur Unterstützung erheben sich die socialdemokratischen Ab- halte es für absolut ausreichend, wenn man seine Wort im Kriege die Genfer Konvention , das ist hier die Geschäftsordnung. geordneten und die Mitglieder der freifinnigen Parteien; nur Abg. meldung beim Schriftführer anbringt. Das war bisher( Lebhafter Beifall links, Unruhe rechts.) Ihr großer Barlamentarier Richter( frs. Vp.) und Dr. Müller- Sagan( fri. Vp.) bleiben stets üblich.( Zustimmung links.) Es steht mit teinem Worte Stahl fagt: Recht geht vor Wacht, Autorität nicht Majorität. Wir jizen. Die Unterstüßung ist ausreichend. in der Geschäftsordnung, daß diese Wortmeldung beim Präsidenten werden nie das Recht einer Minderheit antasten, wie Sie es gethan erfolgen müßte. Es wäre ein schwerwiegender Präcedenzfall, wenn haben. Ihr erster Schritt muß weitere Schritte nach sich ziehen. tonstatiert würde, daß man sich nur beim Präsidenten melden darf. Sie sind noch nicht zu Ende, aber Sie sollen auch den Becher bis ( Sehr richtig! links.) zur Neige leeren. Den einzigen stichhaltigen Grund für die Es ist soeben ein neuer Antrag zum Antrage v. Kardorff zu- Außerachtlassung der Geschäftsordnung hat Herr v. Kröcher gegangen.( Rufe bei den Socialdemokraten: Noch nicht zu angeführt: Das Jagdvergnügen der Junker.( Sehr gut lints.) gegangen!) Dieser Antrag ist, wie er uns vorliegt, gänzlich Ein Nationalliberater, der noch kein Epigone war, Treitschte, hat ein­anonym, es steht gar fein Name darunter. mal ausgerufen:" Hüten Sie sich vor dem ersten Schritt! Sie ziehen ( Unruhe rechts.) Ich weiß nicht, ob er im Original darunter steht. sonst die Schleusen auf für eine schutzöllnerische Agitation, die in Fch_halte efen Antrag nicht für zulässig.( Große Unruhe rechts, wildem, bacchantischem Treiben unser ganzes Land mit wildem Hader Zustimmung links.) Sie haben einen Beschluß gefaßt, wonach ein erfüllen wird. Hüten Sie sich davor, Deutschland durch eine Politik andrer Antrag zulässig ist. Aber in feiner Weise haben Sie der Sonderinteressen unglücklich zu machen!" Diese Voraussicht ist beschlossen, daß dieser Antrag zulässig sei.( Zustimmung links.) Wahrheit geworden, und die eignen Freunde dieses Mahners helfen Dieser neue Antrag ist nach der Geschäftsordnung gänzlich un- dazu. Sie( zur Mehrheit) werden weiter schreiten auf zulässig, er fann nicht zur Debatte gestellt werden. diesem Wege. Aber wundern Sie sich nicht, wenn auch die Ent. rüstung von Tag zu Tage steigt! Die Schuld trifft die Urheber das sind Sie!( Beifall lints.)

Präsident Graf Ballestrem: Es find Zweifel ausgesprochen an der Zulässigkeit des Antrages auf einfache Tagesordnung.§ 53 fagt aber nach dem vom Abg. v. Kardorff verlesenen Passus:" Der Antrag auf einfache Tagesordnung kann zu jeder Zeit gestellt werden und bedarf keiner Unterstützung." Dieser zweite Baffus spricht nicht von einer Ausnahme in Bezug auf Anträge auf Schluß oder Ver­tagung. Deshalb konnte ich nach der wörtlichen Auslegung der Geschäftsordnung diesen Antrag nicht zurüdweifen.( Abg. Singer bittet ums Wort zu einer persönlichen Bemerkung.) Jezt hatte nur ein Redner für und einer gegen den Antrag Singer zu sprechen. Hier ist eine persönliche Bemerkung nicht zulässig sich gemeldet haben. Abg. Singer hat beantragt, über den Antrag auf einfache Tages­ordnung namentlich abzustimmen. Dieser Antrag bedarf der Unterstügung.

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Es wird zur namentlichen Abstimmung geschritten. Nach dem Schluß derselben erklärt Präsident Graf Ballestrem: Das Resultat wird verkündet werden, wenn die urkundlichen Listen protokollarisch festgestellt sind, also etwa in einer halben Stunde. Ich schlage vor, die Sigung so lange zu vertagen.( Große Bewegung.) Unterbrechung der Sigung 3 Uhr. Wiederbeginn der Sigung 3 Uhr 35 Minuten.. Vicepräsident Graf Stolberg- Wernigerode : Das Resultat der Ab­stimmung ist folgendes. Es find abgegeben worden 293 Stimm zettel, davon mit" Ja" 75, mit Nein 216, der Abstimmung enthalten haben sich 2 Mitglieder. Der Antrag auf einfache Tagesordnung ist somit abgelehnt, und wir kommen nun zur Abstimmung über den Schluß der Geschäftsordnungsdebatte über den Antrag v. Kardorff. Ich bitte, daß die Herren...

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Abg. Barth: Ich beantrage namentliche Abstimmung.( Lachen rechts.) Bicepräsident Graf Stolberg: Wir befinden uns bereits in der Abstimmung.( Stürmische Unterbrechungen links, Rufe: Nein! nein!) Abg. Gothein stürmt aufs Präsidium und verhandelt erregt mit den Schriftführern, die Mehrheit hat sich bereits einschließlich der Nationalliberalen von den Plätzen erhoben. Vicepräsident Graf Stolberg: Ich habe gesagt, ich bitte, daß die jenigen Herren, welche welche den Schluß der der Geschäftsordnungs­Debatte über den Antrag v. Kardorff annehmen wollen, ( Stürmische Unterbrechungen links: Nein, das haben Sie noch nicht gefagt!) Vicepräsident Graf Stolberg wiederholt seine Worte.( Neue Unterbrechungen.) Ich habe gesagt, wir kommen zur Abstimmung über den Schluß der Geschäftsordnungsdebatte über den Antrag v. Kardorff. Ich habe ferner gesagt, wir stimmen ab und ich bitte die Herren, welche für den Antrag sind, sich zu erheben. Das ist geschehen, der Schluß ist somit beschlossen.( Bravo ! bei Ser Mehrheit.) Es sind Zweifel über die Zulässigkeit des Antrags v. Kardorff ausgesprochen. Wir haben daher zunächst über die Zu­lässigkeit des Antrags abzustimmen.( Abg. Dr. Barth: Zur Geschäftsordnung!) Ich kann nur noch das Wort geben zur Frage der Art der Abstimmung.

Abg. Dr. Barth( frf. Vg.): Ich beantrage namentliche Ab­stimmung. Abg. Gothein( frs. Vg.): Ich habe mich zur Geschäftsordnung gemeldet, ehe der Herr Präsident das Wort ergriffen hat, also bor Ser Abstimmung.

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Vicepräsident Graf Stolberg: Herr Abgeordneter, ich möchte Sie einen Augenblick unterbrechen. Der Antrag liegt mit der Unter schrift des Herrn v. Kardorff bei mir vor, wenn diese Unterschrift nicht auf den Druderemplaren sich befindet, so kann ich nur an nehmen, daß das ein Versehen der Druckerei ist.( Große Heiterkeit links.)

Abg. Molkenbuhr( Soc.):

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Der Eventualantrag Kardorff tann erst beraten werden, wenn der ganze Bolltarif durch beraten ist.( Große Heiter­feit links.) Wir sind bereits in die Beratung des Zolltarifs ein- Abg. Spahn( C.): Ich verstehe einfach nicht, wie Abg. Gothein getreten. Das hat der Präsident am 27. November aus 13weifel an der Zulässigkeit des neuen Antrags v. Kardorff äußern drücklich gesagt.( Lebhafte Zustimmung links.) Ein Wider konnte.( Oho! links.) Der ursprüngliche Antrag b. Kardorff ist spruch gegen den Vorschlag des Präsidenten ist von feiner Seite er- vom Hause für berechtigt erklärt worden. Das hat die Folge, daß folgt.( Lebhafte Zustimmung links. Große Unruhe rechts.) nunmehr der Zolltarif in§ 1, 1 des Gesetzes aufgenommen ist. Es Infolgedessen haben wir die Beratung des Zolltarifs liegt kein Beschluß des Hauses vor, daß die Beratung des§ 1, 1 einzutreten und fönnen in die Beratung des Antrages nach der Beratung des Tarifs erfolgen solle. Aber selbst, wenn ein Kardorff erst eingehen, wenn der Zolltarif erledigt ist.( Große Heiter solcher Beschluß vorläge, so wäre er durch die Zulässigkeitserklärung feit links. Unruhe bei der Mehrheit.) Daß diese Ansicht richtig ist, be- des Antrags v. Kardorff geändert worden. Der neue Antrag hat stätigt der Anonymus, der den neuen Antrag eben gestellt hat. Dem nur eine formelle Bedeutung; die materielle Bedeutung des ursprüng­Somit ist es ist es flar, mit welch unglaublicher Schlauheit die Herren den ersten An- lichen Antrages wird dadurch nicht geändert. trag Kardorff gestellt haben.( Große Heiterkeit links. Wachsende Unruhe eigentlich gar kein neuer Antrag. Auch der Präsident bei der Mehrheit.) Es ist so viel vom Epigonentum die Rede. Mit vollem hat die Sachlage zweifellos so aufgefaßt. Mir sind die Zweifel des Rechte: Der beste Beweis ist, daß die Mehrheitsparteien nicht einen Abg. Gothein absolut unverständlich. unter sich finden können, der einen forretten Antrag einbringt.( Leb­haftes Sehr richtig! links.) Ein so ungeschickter und unbrauchbarer Es ist behauptet worden, daß die Unterschrift des Abg. v. Kar­Antrag wie der Antrag Kardorff, ist noch niemals im deutschen Reichsdorff zu dem neuen Antrag im Original vorliege. Haben tag erlebt worden.( Sehr richtig! links.) Wir sind jetzt dabei, einen aber auch die übrigen Unterzeichner des ursprünglichen Antrages, anonymen Antrag zu beraten. Ich weiß nicht, ob das zulässig ist. die Herren Baffermann, Dr. Sattler, Dr. Stockmann, Spahn usw., ( Glocke des Präsidenten.) ihre Unterschriften zu der Berichtigung" gegeben, wie dies doch ers forderlich wäre? Das ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der Fall. Ein vorliegender Antrag fann aber nicht von einem einzelnen Unterzeichner berichtigt werden. Wie ist es über­haupt möglich geworden, daß man zu so ungewöhnlichen Mitteln greift? Die Mehrheit entschuldigt immer wieder ihren Bruch der Geschäftsordnung mit der Notwehr". Dr. Spahn sagte, seine Abg. Gothein( fortfahrend): Ich nehme selbstverständlich an, daß Freunde seien in der Kommission gehindert worden, sachliche Anträge der Antrag mit der Unterschrift bereits zur Druckerei befördert zu stellen. Darf aber eine Partei, wenn sie sich ihrer Pflicht be­Vicepräsident Graf Stolberg: Mir ist nichts vorgelegt worden. worden ist. Jedenfalls ist der Antrag mit§ 19 der Geschäftsordnung wußt ist, sich von der Stellung fachlich erforderlicher Anträge auf ( Buruf links.) Sie haben sich außerdem bei mir zu melden.( Buruf nicht vereinbar. Was mit dem Antrag bezweckt wird, was er irgend eine Weise abhalten lassen?( Sehr gut! bei den Socialdem.) links: Wozu find denn die Schriftführer da?) Es ist namentliche eigentlich bedeutet, darüber sind ja die verschiedenen Herren Antrag- Die Anträge Herold in der Kommission wurden meist nicht bes Abstimmung über die Zulässigkeit des Antrages v. Kardorff beantragt. ſteller durchaus verschiedener Meinung.( Glode des Präsidenten.) gründet, sondern es wurde gesagt, das ist der Kompromiß. Ja, was Vicepräsident Graf Stolberg nimmt die Abstimmung vor. Vicepräsident Graf Stolberg: Herr Abgeordneter, Sie sprechen ist den kompromiß, das ist doch keine anerkannte Körper­Nachdem die Abstimmung geschlossen ist, erklärt Vicepräsident zur Geschäftsordnung. Ich möchte Sie bitten, thatsächlich auch nur schaft, sondern es ist eine Körperschaft, die außerhalb der geſchäfts­Graf v. Stolberg : Meine Herren! Es haben sich bei den nament wörtlich zur Geschäftsordnung zu sprechen( Bravo ! rechts, Zurufe ordnungsmäßigen Formen des Reichstags, außerhalb des Plemums lichen Abstimmungen nach dem neuen Modus kleine Unregelmäßig links) und nicht unter der Form einer Geschäftsordnungsdebatte über und der Kommission tagt. teiten ergeben, die übrigens auf das Resultat selbst ohne Einfluß den ganzen Antrag materiell zu diskutieren. geblieben find. Damit solche Ungenauigkeiten vermieden werden, Abg. Gothein( fortfahrend): Es liegt mir gänzlich fern, materiell bitte ich die Herren Schriftführer, die Zettel doppelt zu zählen. diesen Antrag würdigen zu wollen, dabei sind wir noch gar nicht, ( Heiterkeit links.) ich spreche über die geschäftsordnungsmäßige Zulässigkeit des An­Nach 10 Minuten verkündet der Vicepräsident das Ergebnis der trags.( Sehr richtig! links.) Abstimmung. An der Abstimmung haben sich 254 Abgeordnete be- Vicepräsident Graf Stolberg: Herr Abgeordneter, die geschäfts­teiligt. Davon haben 198 mit Ja, 45 mit Rein gestimmt, 11 Abordnungsmäßige Zulässigkeit ist vorher durch Mehrheitsbeschluß ent geordnete haben sich der Abstimmung enthalten. Der Antrag v. Kar- schieden worden.( Stürmische Zurufe links: Nein! nein!) dorff ist also für geschäftsordnungsmäßig zulässig erklärt worden. Abg. Gothein( fortfahrend): Herr Präsident, es ist die geschäfts­In Bezug auf das eben mitgeteilte Abstimmungsresultat gebe ich das ordnungsmässige Zulässigkeit anerkannt worden von der Mehrheit bezüglich des Eventualantrages v. Kardorff, aber Stationen Wort zu einer Erklärung dem Abg. Singer. Abg. Singer( Soc.): Präsident Graf Ballestrem hatte mir ver- nicht bezüglich des Antrages, der jegt vorliegt.( Sehr sprochen, das Wort zu einer Erklärung vor Verkündigung des eben richtig! links.) Deshalb bin ich durchaus berechtigt, über die ge­gehörten Abstimmungsergebnisses zu geben. Der gegenwärtig schäftsordnungsmäßige Zulässigkeit dieses Antrages zu sprechen. amtierende Vicepräsident wußte von dieser Verabredung nichts, er Wenn ein Antrag vorliegt, so muß man doch wissen, was diefer Swinemde. 760 SD ist aber so liebenswürdig, mir jetzt das Wort zu geben. Zunächst Antrag bezweckt. Bereits über den früheren Antrag herrschte völlige Hamburg 755 D muß ich ein Mißverständnis berichtigen. Ich habe vorhin nicht Unklarheit. Was Herr Bassermann über die Bedeutung jenes An- Frankf./M. 751 SW erklären wollen, daß meine Freunde sich an der Abstimmung über trages gesagt hat, trifft den neuen Antrag genau in derselben Weise. München den Antrag auf Schluß der Geschäftsordnungs- Debatte nicht beteiligen Herr Bassermann fagte, die Einbringung von materiellen Ab- Bien wollen. Das war ein Irrtum. Ich wollte erklären, daß sich meine änderungsanträgen wird dadurch, daß wir sofort in die Beratung Freunde an der Abstimmung über die Frage der Zulässigkeit über die Zulässigkeit des Antrags eintreten, in feiner Weise beschränkt. Am folgenden Tage sagte dann Herr Baffermann: Wir haben uns des Antrages v. Kardorff nicht beteiligen.

Vicepräsident Büsing: Herr Abg. Molfenbuhr, wir sprechen jetzt über die geschäftsordnungsmäßige Zulässigkeit des berichtigten An­trages Kardorff.( Buruf links: Berüchtigten!) Dafür sind die Bor­gänge in der Kommission von feiner Bedeutung. Ich bitte Sie, fich auf die Diskussion der Zulässigkeit des Antrages Kardorffs zu beschränken. ( Schluß im Hauptblatt.) Witterungsübersicht vom 2. Dezember 1902, morgens 8 Uhr.

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752 23 751 3 5 bedeckt

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3 Regen 6 Aberdeen 754 2 3 Regen 3 Paris 757 Still- bedeckt Wetter- Prognose für Mittwoch, den 3. Dezember 1902. Zunächst ziemlich trübes Frostwetter mit Schneefallen und östlichen winden; später aufklarend. Berliner Betterbureau