und dessen Folgen. Der Kampf wurde von der deutschen Social'demokratie mit bewunderungswürdiger Energie geführt.Zu den ö st reichischen Aerhältnissen übergehend erklärtder Redner: daß zur Schilderung der östreichischen Verhältnisse einMonatskursus nicht ausreiche. Um diese verstehen zu können,mühte man schon Oestreicher sein. Die ungarischen Zuständeverstehen selbst wir Oestreicher nicht. Aber deswegen sind wirnicht so dumm, als man vielleicht annehmen könnte. Wir haben inunserm Staatsgebilde Volksstämme, die ebenso intelligent undentwicklungsfähig sind, wie jedes beliebige Volk. Der ebenso traurigeals grenzenlose Wirrwarr in Oestreich ist verursacht worden durchdas Verbrechen, Völker, die nach Sitte und Sprache nicht zusammengehören, zu einenr Staate zusammen zu kuppeln, sie alle in eineUniform zu zwingen.Nachdem Adler die Ursachen des StrahenstreitcS erörtert, fährter fort: Die Ursachen dieses Streites können nur beseitigt werdendurch die Zerschlagung des Feudalismus. Die Interessen desFeudaladcls sind mit der feudalen Gesetzgebung unzertrennlich verknüpft; nur die Vernichtung des crsteren ziehtdas Verschwinden jener Gesetzgebung nach sich. Für dasProgramm unsrer Deutsch° Nationalen haben wir nichts übrig;an seine Verwirklichung ist in absehbarer Zeit aus tausendund einem Grunde nicht zu denken. Hierüber inachen wir uns keineIllusionen. Wenn das östreichische Siaatengebilde verfaulen will,haben wir nichts dagegen einzuwenden: aber die Arbeiterklasseist nicht im gering st e n gewillt, mit zu verfaulen,deshalb richten wir uns in Oestreich, das heute eine traurige Not-wendigkeit geworden ist, wohnlich ein. In der nächsten Zeit wird esbei uns sehr still sein. Wir sind in das Stadium der Stagnationeingetreten. Strahendemonstrationen, Sturm im Parlamenl wirdes nächstens nicht geben. Es kann wohl ein Minister fallen; aberdas hat nichts zu sagen und verursacht keinen Lärm.Unter stürmischem Beifall schloß Genosse Adler seine humorvolleRede wörtlich: Aber wenn Sie in nächster Zeit von unsrer Parteinichts hören, so nehmen Sie ja nicht an, daß wir schlafen, sonderndaß es uns am besten geht. Die Ruhe zur stillen Arbeit ist unsrerPartei so nötig als das liebe Brot.(Nach einem Hoch auf die internationale Socialdemokratie gingdie Versammlung auseinander.—Italien.Im Prozeß Cassibile wurde am 27. Dezember das Urteil gesprachen. Die Advokaten Patti und Catania wurden wegen fortgesetzten Betruges um hohe Summen zu je 6 Jahren und 9 MonatenGefängnis und zu 22 599 Frank Geldstrafe verurteilt. DerAdvokat Ciraolo, ein Dr. Fiocespano und ein Appellationsrat wurdenwegen Mangels an Beweisen freigesprochen-, dagegen erhielten eineAnzahl anderer Angeklagter, die bei den großen Betrügereien Mit-Hilfe geleistet hatten, Strafen von 6 Monaten bis zu 2 Jahren. DieMarquise Cassibile wurde wegen Bestechung zu einer Geldstrafe von'LS09 Frank verurteilt.—Spanien.Barcelona, 20. Dezember. Sehr zahlreiche Arbeiter ver-schiedener GeWerke, darunter Arbeiter der Nordbahn, sind in denAusstand getreten und versuchen, andre Arbeiter zur Einstellung derArbeit zu bewegen. Die Polizei hat mehrere Berhaf-t u n g e n vorgenommen.Schwede«.Eine Anklage gegen die Polizei. Nachdem man lange genugvergeblich gewartet hat, daß die leitenden Beamten fürdie am 29. April bei den Wahlrechts- Demonstrationendurch falsche Mahnahmen herbeigefiihrten Krawalle verantwortlichgemacht werden, reichte der VollziehungsauSschuh der Arbeiterparteiam 23. Dezember bei dem Justiz-Sachvcrwalter— dem vom Reichs-tage gewählten Beamten, der über die verfassnngsgemähen Rechteund Freiheiten zu wachen hat— Anzeige gegen die Polizeiein und verlangt, daß der Oberstatthalter von Stockholm. Dickson,der erste Polizei- Intendant von Sydow und der DetektivchefStendahl wegen der bei den Demonstrationen am 29. April be-wiesenen U n g e s ch i ck I i ch k e i t i m A ni t e zur Verantwortung ge-zogen werden, und daß Stendahl noch besonders für gesetzwidrigvorgenommene Verhaftungen verantwortlich° gemachtwerde. Diese Forderungen werden in einem Schreiben, das vondem Anwalt der seiner Zeit verhafteten Demonstranten verfaßt ist,sehr ausführlich begründet und des weitern noch allgemeine Matz-regeln gegen die jetzt florierende Polizeiwillkür verlangt. DemSchreiben ist ein Protokoll der Verhandlungen des deutschenReichstages v o m 22. N o v e m b er 1992 über Polizei-Mißgriffe beigefügt, uni zu zeigen, wohin der Mißbrauch derPolizeigewalt führen und wie die Ausübung dieser Gewalt zu einerpolitischen Parteisache werden kann, bei der alle Humanitären Rück-sichten auf feiten der ausübenden Personen eine ganz untergeordneteRolle spielen.—_Die Einleitung der Ehescheidung.Das„Dresdner Journal" meldet amtlich:„Nachdem der Kronprinz die Absicht kundgegeben hat. die mitsemer Gemahlin entstandene Eheirrung auf gerichtlichemWege zum Austrag bringen zu lassen, ist von Sr. Majestät demKönig darauf gemäß Paragraph 12 Absatz 1 des Nachtrags zumköniglichen Hausgefetze vom 29. August 1870 zur Entscheidungdieser Ehcirnmg ein besonderes Gericht von siebenRichtern niedergesetzt worden, das aus dem Präsidenten des Ober-landeSgerichts und sechs vorwiegend mit Ehesachen beschäftigtenOberlandesgerichtSräten besteht. Auch über das Verfahren hatSe. Majestät der König besondere Vorschriften getroffen. DerKlage-Antrag wird auf Aufhebung der ehelichen Gcmciuschaftgerichtet werden.Die Kronprinzessin handelt auch hierin weit folgerichtiger.Sie zeigt, daß sie nicht nur dem Druck des Hofes entrinnen will,sondern auch den Zwangsdogmen des mittelalterlichen Katholicismus.Wie aus Genf genieldet wird, hat die Kronprinzessin auch ihrerseitsdie Scheidungsklage gegen den Kronprinzen eingeleitet. Die Krön-Prinzessin fordert aber eine„reinliche Scheidung", sie will völlig fteiwerden von der Last, die ihr unerträglich wurde. Sie erklärte einemVertreter des„New Dork Herald": Ihre religiösen Ansichten ge-statteten ihr anders zu denken als der sächsische Hof. Sie werde dieunangenehme Situation von heute zu beenden, die Hindernisse zuüberwinden wissen, die ihrer Verheiratung mit Giron entgegenstehen.Die letztere Aeußerung, meint der Korrespondent des genanntenBlattes, sei als Hinweis auf einen beabsichtigten Religionswechselanzusehen.Das„Schuldbewußtsein" der Kronprinzessin.Sin Mitarbeiter der Wiener„Zeit" wurde gesteni zweimal vonder Kronprinzessin in Genf empfangen. Sie erzählte ihm, daß derAdvokat Lachenal befürwortet habe, ihre und ihres BrudersAngelegenheit vollständig getrennt zu führen. Von den Berichtenüber die Affaire sprechend, sagte die Prinzessin:„Am meistenärgert mich daS Wort„Schuldbewußtsein". Ich habe esnicht, ich that nach reiflicher Ueberlegung. was mirdas Rechte schien. Die Welt müßte erst auch nur annähernd ahnen können, was ich gelitten, dann dürfte fie andersurtellen." Von dem zu erwartenden Kinde redend, erklärte sie denGedanlen für unerträglich, daß ihm ein Leben unter ihren andrenKindern am sächsischen Hofe beschieden sein könnte, da man dochwisse, woher eS stamme. Blutröte steigt bei diesen Worten in ihrhübsches Gesicht, und leiser setzt sie hinzu:„Es müßte für michbüßen, das kann und darf niemals sein!" Mit Ungeduld erwartatKronprinzessin Luise die Entwicklung ihrer Angelegenheit; siewolle zur Ruhe in der Einsamkeit kommen._Vcrantwortl. Redakteur: Carl Leid in Berlin. Inseratenteil verantwortlich:$£Schwere Erkrankung des sächsischen KönigS.Im Befinden des Königs von Sachsen ist, wie aus Dresdengemeldet wird, eine Verschlimmerung eingetreten. Die In-fluenza, an welcher König Georg erkrankte, hat einen andauerndenSchwächczustand hinterlassen, der zu ernsteren Besorgnissen Anlaßgiebt. Professor Curschmann aus Leipzig wurde zur Konsultationnach Dresden berufen. In Dresden wird folgendes Bullettn aus-gegeben: Das Befinden des Königs von Sachsen ist unverändert.Die Schleimabsonderung ist noch bedeutend. Appetit und Kräftesind mangelhaft._Sociales.Der Vertrauensarzt als Gutachter.Der Steinträger A. K. verunglückte am 8. Juni 1091 dadurch.daß er aus dem dritten Stockwerk eines Neubaues ettva 13 Meterhoch mit einer Leiter herunterstürzte. Er erlitt schivere Verletzungen;außer einer Kopfwunde einen Bruch des rechten Unterschenkels undeine Quetschung des Kreuzbeines. Hieran wurde er im Charlotten-burger Krankenhause bis zum 24. September 1091 behandelt. Da dasHeilverfahren infolge der Schwere des Unfalls noch nicht als ab-geschlossen gelten konnte, wurde K. in die Behandlung des Special-arztcs Dr. Roemert genommen und bis zum 11. Januar 1092behandelt. An diesem Tage erklärte Dr. Roemert das Heilversahrenfür beendet und sein Gutachten über den Zustand des Verletztenlautete auf eine Erwerbsbeschränkung von 25 Proz. Dem-entsprechend setzte die Seition I der Nordöstlichen Bauberufsgenossen-schaft unter dem Borsitz des bekannten Stadtverordneten E tz m a n ndie Rente fest.K. wandte sich an den Chirurgen Dr. Adler und dieser gabam 28. Januar ein umfangreiches Gutachten ab. worin er erklärte,daß das Heilverfahren bei dem Verletzten keineswegs als ab-geschloffen gelten könne und daß dieser zur Zeit noch völlig er-Iv erbsunfähig sei.Das Schiedsgericht, bei welchem K. Beruftmg eingelegt hatte,schloß sich in allen Teilen dem Gutachten des Dr. Adler an undverurteilte die Bernfsgenosscnschast, dem K. auch über den 1. Februar1092 hinaus die Vollrente zu zahlen.Gegen diese Entscheidung legte die Berufsgenossenschast Rekursein. K. wurde nun noch einmal von Herrn Dr. Roemert untersucht undjetzt, am 10. April 1092, also drei Monate nach der Enflassung ausseiner Behandlung, von ihm festgestellt, daß K. noch um 50 Proz.in seiner Erwerbsfähigkeit beschränkt sei, während er damals nur25 Proz. festzustellen vermochte.Das Reichs-Versicherungsamt holte nun ein Obergutachten beiProfessor Dr. Mendel ein und dieser erklärte, daß K. ohneZweifel noch bis Mai 1092 völlig erwerbsunfähig gewesen sei.Von da an sei mit Rücksicht darauf, daß K. nur zeitweilig leichteArbeiten im Sitzen verrichten könne, bis auf weiteres eine Erwerbs-beschränkung von 75 Proz. anzunehmen. Das Reichs-VersicherungS-amt folgte diesem Gutachten und verurteilte die Berufsgenossen-schaft demgemäß.Wäre der verletzte Arbeiter schüchtern und ratlos genug ge-Wesen, die gutachtlichen Aeutzerungen des Dr. Roemert als un-anfechtbare Offenbarungen zu betrachten, dann bekäme er schon seitdem Januar 1092 nur ein Viertel der Vollrente. Die vielenaußergewöhnlich starten Berichtigungen, die Herr Dr. Roemert inseiner Thätigkeit als Unfallgutachter schon über sich ergehen lassenmuhte, sollten ihn doch um seinen ärztlichen Ruf etwas besorgtwerden lassen._Ein kommunales Arbeitsamt trilt am 2. Januar 1993 in demIndustrie-Orte Zirndorf bei Nürnberg ins Leben. Die Arbeits-verinittelung ist unentgeltlich. Bei Aussperrungen und Arbeits-ausständen stellt das Amt jede Thätigleit für den in Betracht kom-wenden Betrieb ein._Hus der frawenbewegung»Bon der Ansbreitung der proletarischen Frauenbewegung inTeutschland giebt das Adreffenverzeichnis der VertrauenspersonenKunde. Genossin Baader, die Vertrauensperson der GenossinnenDeutschlands, vermag in der letzten Nummer der„Gleichheit" bereitsaus 57 Orten die Adressen von 63 Vertrauenspersonen zu ver-öffentlichen.Auf einen hübschen Erfolg ihrer Thätigkeit im abgelaufenenJahre können die Genossinnen Haniburgs zurückblicken. Wie auSdem Bericht hervorgeht, den die Genossin Zieh in der letztenNummer der„Glcichhest" erstattet, erreichten sie es durch rührigeAgitation, daß den socialdemokratischen Vereinen Hamburgs jetztgegen 1199 weibliche Mitglieder angehören und daß die Zahl derAbonnenten auf die„Gleichheit" von 169 auf 599 stieg. Die Ein-nahmen der Bertrauensperson betrugen 775,31 M.Zur Geschichte der Sittenpolizei. Frau Rappeport in Altona,die bekanntlich schwere Benachteiligung durch Altonacr Polizei-Organe erfahren hat, hat Strafantrag gegen diejenigen Personengestellt, welche bei der Festnahme und unwürdigen Behandlung derFrau mitgewirkt haben. Die auf Mißbrauch der Amtsgewalt.Freiheitsberaubung und thätliche Beleidigung lautenden, vom Ver-leidiger formulierten Anklagen richten sich gegen den Kriminal-Inspektor Engel, den Polizei-Arzt Dr. Koll— der die Frau fürgeschlechtskrank erklärte, obwohl sie völlig gesund Ivar— und gegendie Frau des verstorbenen Gefängnisinspektors Nicdorf.Venezuela.Die Nnterwerfung unter das Haager Schiedsgerichtist thaffächlich von den Exekutionsmächten vollzogenworden. Das Haager Schiedsgericht wird also wirklich wieder ein-nial in Aktion treten. England und Deutschland haben gegenüberAmerika ihre Bereitwilligkeit erklärt, den Konflikt dem HaagerSchiedsgericht zu unterbreiten. Lediglich Castros formale Ein-willigung fleht noch aus, die aber zweifellos erfolgen wird, da jaCastro selbst durch den amerikanischen Gesandten B o w e n dasAnerbieten gemacht hat, die Sache den: Haager Schiedsgericht zuunterbreiten, und zwar bevor noch Deutschland dem PräsidentenRoosevelt das Schiedsrichteramt angetragen hatte. Eine Meldungaus Washington besagt:In den Verhandlungen über die venezolanische Angelegenheitwird jetzt auf eine Aeußerung Castros gewartet. DasStaatsdepartement hat den Gesandten B o w e n über dasErgebnis des Schriftwechsels mit Berlin, London und Rom voll-'tändig unterrichtet. Er hat Auftrag erhalten, dieSache selbst in die Hand zunehmen und die Einzel-heiten des Protokolls se st zusetzen, dessen Aufstellungder Unterbreitung der Entschädigungsansprüche bei dein HaagerSchiedsgericht voranzugehen haben wird.Ueber dieBedingungen Deutschlands und Englands,unter denen man sich dem Schiedsspruch unterwerfen will, wird nochgemeldet: Nach der„Morning Post" haben Großbritannienund Deutschland am 20. Dezember dem amerikanischen Staats-departement ihre Bedingungen für die schiedsgerichtliche Eni-cheidung des Venezuelastreites mitgeteilt. Deutschlaud fordere dieZahlungvon 69 999 Pfd. Sterl. und eine Entschuldigung seitens Venezuelas;Großbritannien sei bereit, auf die Entschuldigung zu verzichten undverlange 8909 Pfd. Sterl. Diese Summen seien zu Entschädi-gungen für die deutschen und englischen Staatsangehörigen be-stimmt, die vc» den venezolanischen Behörden verhaftet undauch anderivri:-in gehörig behandelt worden seien.Beide Regien,..;i lehnten es a b, über diese Beleidigungenstillschweigend hinwegzugehen, da fie sie nicht nmals grobe Verletzungen des Völkerrechts, sondern auchals offene Beschimpfungen der Staatsgewalt zweiereuropäischen Mächte betrachten.Deuffchland will also auf eine„Entschuldigung" nicht verzichten.Es hat an der Tschun- Komödie noch nicht genug gehabt. ImNamen des„verletzten Völkerrechts" heischt es Sühne!Und gerade Deutschland,-das durch die Versenkung der venezolanischenSchiffe allem Völkerrecht zweifellos ins Gesicht geschlagen hat, verlangtfür Handlungen Castros eine feierliche Entschuldigung, die nur eineRepressalie für den deutschen Bölkerrcchtsbrnch darstellt. Hoffentlichmachen Amerika und England Deutschland klar, daß fie nicht gewilltsind, ihre Politik durch derartige groteske Anmaßungen durchkreuzenzu lassen IUeber das Haager Posscngerichtselbst und seine Ignorierung haben sich mehrere Personen geäußert,die im engsten Zusammenhang mit dieser famosen Institution stehenresp. gestanden haben. So ist durch den Berliner Vertreter des„Chicago Daily News", der Professor Zorn, einer der deutschenVertreter bei der konstituierenden Versammlung im Haag, interviewtworden. Das Interview verlief folgendermaßen:1. Hatten die Mächte nicht die Pflicht, den Vene«zuela-Fall von allem Anfang an dem HaagerSchiedsgerichte zu unterbreiten, das Sie doch be-gründen halfen?Antwort Professor Zorns:„Unbedingt nein."2. Ist eine alte, längst anerkannte Schuld über»Haupt noch ein G e g e n st a n d, der vor dem Haager Schieds-gericht verhandelt werden kann?Antwort Professor Zorns:„ I a; Vorbehalt nur von Rumäniengemacht."3. Wird durch die Forderung der Mächte, daßVenezuela eine sofortige Abzahlung seiner Schuldl e i st e, dem Haager Schiedsgericht nicht der Boden füreinen Rechtsspruch entzogen?Antwort Professor Zorns:„Nein."4. Mutz die Blockade aufgehoben und Venezuela»Flotte zurückgegeben werden, ehe das Haager SchiedS-gericht den Fall austiehmen kann?Antwort Professor Zorns:„Die Blockade hört durchSchiedsgericht auf. Die Flotte braucht nicht zurückgegebenwerden.Professor Z o r n hat Deuffchland im Haag in sehr wenigfriedensfreundlichem Sinne vertreten, weshalb man sichnicht darüber zu wundern braucht, daß seine Antwortenauch diesmal sehr anfechtbarer Natur sind. So seineVerneinung der Frage 1. Welchen Zweck soll denn überhauptein Schiedsgericht haben, wenn nicht wenigstens die moralischeVerpflichtung besteht, es zur Schlichtung eines Konflikts anzurufen,bevor man mit brutaler Gewalt sein vermeintliches oderthatsächliches Recht durchzusetzen sucht? Ucbrigens hatten auch dieunbeteiligten Mächte die in den Haager Sffpulaffonen aus-drücklich formulierte Pflicht, die beteiligten Mächte auf dasSchiedsgericht hinzuweisen, was den Mächten natürlich wieder einmalgar nicht eingefallen ist.Ebenso anfechtbar sind auch die obigen Erklärungen Zorns.Nur darin hat Professor Zorn zweifellos recht, wenn er erklärt,daß die Blockade mit dem Augenblick der Annahme des Schieds-gerichts aufzuhören hat, eine Auffassung, der auch wir bereits Aus-druck gegeben haben.Weniger lax wie der deutsche Anti-FriedcnSprofessor urteiltder ehemalige Justizminister Graf Schönborn, der Mitglieddes Haager Schiedsgerichts ist. Er veröffentlicht im.Fremdenblatt"einen Artikel über Venezuela, in dem er u. a. sagt, man habe es s olange versäunit, die Angelegenheit dem Haager Gericht zuzuweisen,daß sich einem die Frage aufdränge, wozu dieses Tribunaldenn eigentlich geschaffen worden sei, wenn eS nicht benutzt werde.Es sei erfteulich, daß jetzt endlich Gelegenheit geboten sei, denWert dieses Gerichtshofes prakttsch zu erproben, umsomehr als eSsich gleich um einen europäisch-amerikanischen Streitfall handle.Letzte JVacbncbten und Depefeben»Eine geborstene Orduungssäule.Bautzen, 39. Dezember.(B. H.) Der frühere Gemeindeborsteher vonGroß-Schönau, Weichelt, der vor einigen Monaten nach Unter-schlagungen in Höhe von 51999 M. flüchtete und in der Hohen Tatraverhaftet wurde, ist heute vom hiesigen Landgericht wegen Betruges.Unterschlagung im Amte und Diebstahl zu sechs Jahren Gefängnisund fünf Jahren Ehrverlust verurteilt worden.Die marokkanische» Wirre«.Tanger, 39. Dezember.(Meldung der Aaence HavaS.) AusFez eingegangene Nachrichten besagen, die Konsuln hätten sich am24. Dezember zum Minister des Aeutzern Abdel Kerim ben Slimanbegeben, um'sich mit demselben über die Maßregelnzu besprechen, die zum Schutze der Ausländer zu treffenseien. Man habe dem Minister nicht verhehlt, welche schwere Ver-antworllichkeit die Regierung des Sultans möglicherweise aus sichladen könnte. Der Minister habe geantwortet, die Ausländer hättennichts zu fürchten, und er werde, falls die Lage sich verschlimmernsollte, sich mit den Konsuln über zu ergreisende Schritte verständigen.Weitere Meldungen aus Fez bestäffgen die Niederlage derTruppen des Sultans. Der Einfluß des Führers der AufftändischenBu-Hamara erstrecke sich jetzt bis Sidi-Allal, zehn Meilen vor Fez.Er verhandele jetzt mit den zwischen jenem Platze und Fez wohn-haften Stämmen, um ungehinderten Durchmarsch bis zur Haupfftadtzu erhalten._SoldatenauSschreitungrn in Ramur.Namur, 39. Dezember.<W. T. B.) Schlägereien zwischenSoldaten und Civilisten, die sich seit einigen Tagen m hiesigen Tanz-lokalen wiederholten, arteten heute in eine ernstliche Ruhestörung aus.Ein Haufe bewaffneter Ulanen warf in einer Anzahl Straßen alleFenster ein. Die Polizei und die Gendarmerie waren nicht im stände,die Ordnung wieder herzustellen; zwei Polizisten und einer derUlanen wurden schwer verletzt. Der Bürgermeister hat zur Wieder-Herstellung der Ruhe Militär requiriert.Bon einer Lawine erdrückt.Koblenz, 30. Dezember.(B. H.) Der Mediziner Walter Götzeaus München wurde im Zillerthal bei einer Gletschertour amSchwarzenstein von einer Lawine erdrückt. Die Leiche ist unauf-finobar. Sein Begleiter konnte gerettet werden.Gelyncht.London» 30. Dezember.(B. H.) Noch einer New A orker Meldunowurden in der Nähe von Greenwood(Süd-Karolina) ein Neger unkdessen Braut, die einen weißen Farmer ermordet hatten, von beiVolksmenge gelyncht._Hochwasser.Pars, 30. Dezember.(93. H.j Hier ist Hochwasser eingetreten.Der Wasserstand hat eine Höhe von 600 Millimeter über Normal.stand erreicht. Eine Katastrophe steht bevor. Die niedriger gelegener� �__ Stadtteile stehen zum Teil unter Wasser._» Glocke in Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW. Hierzu 2 Beilage« u. ttnterhaltungsblatt.