Einzelbild herunterladen
 
  

,, ohne irgendwie behelligt zu werden, systematisch immer nur von] Wilhelm II.   schreiben, also geflissentlich die dem Kaiser schuldige Ehrfurcht außer acht lassen darf". Das Bückler- Blatt weist aber - es sei dies angeführt, weil damit thatsächlich eine wichtige Be­merkung gemacht wird auf die völlige Entsagung der bürger­lichen Reichstags- Parteien gegenüber den Bebelschen Anklagen hin; es fagt:

-

" Noch bedauerlicher aber ist das Verhalten der bürgerlichen Parteien. Warum meldete sich kein Mitglied derjenigen Parteien zum Wort, die sonst für sich in Anspruch nehmen, Hüter und Pfleger des monarchischen Gedankens zu sein? Warum meldete sich niemand aus dem Hause, um das Verfahren des Vorwärts" in Sachen Krupp   gebührend zu brandmarken? Warum besprach man nicht das Verfahren der Staatsanwaltschaft, die unter unzutreffenden Gründen das bereits eingeleitete Ver­fahren einstellte und damit dem Vorwärts" Anlaß zu der Be­hauptung gab, die Regierung sei zurückgewichen, hinter dem Falle Krupp   stehe eine Geheimgeschichte, die man ängstlich hüten und nicht der Deffentlichkeit preisgeben wolle?"

Das Pückler- Blatt hätte weiter fragen fönnen: Warum hat der Reichskanzler den einzig denkbaren Trumpf gegen Bebel nicht ausgespielt? Warum hat er zugestanden, daß an sich alles, was Bebel über die Reden von Essen   und Breslau   gesagt hatte, richtig sei, ohne die Ursachen zu bezeichnen für die Schärfe der kaiser­lichen Reden und dadurch ihre Rechtfertigung zu führen? Warum? Es hätte Pücklerscher Geistesgestörtheit bedurft, um so im Reichstage zu verfahren, wie es das Püdler- Blatt von den bürgerlichen Parteien fordert!

"

=

Die parteioffiziöse Kons. Korresp." findet bereits die ganze Entrüstung ihres heuchlerischen Monarchismus:

,, Unter dem Schuße der parlamentarischen Immunität hat der Abgeordnete Bebel am Donnerstag eine Rede gehalten, die jedem monarchisch gefinnten Manne die Zornesröte ins Gesicht treiben muß. Nicht daß es Bebel gewesen, der sich unterstand, in einer unerhörten Tonart gegen die Person des Kaisers zu polemisieren, ist tiefbetrübend, sondern daß es überhaupt möglich war, eine solche Rede öffentlich zu Gehör zu bringen, und daß es möglich ist, diese Nede nun durch die Presse und in Broschürenform ungehindert in der Bevölkerung zu verbreiten.

"

Das socialdemokratische Centralorgan bezeichnet die Bebelsche Rede als eine nationale That". Wir wollen dem Blatte sagen, was sie in Wirklichkeit war: die schamlose Dreistigkeit eines Bolts­aufwieglers, der den traurigen Mut besitzt, unter dem Schuße der Immunität unehrerbietige Worte gegen den Kaiser zu richten. Die Bebelsche Rede ist ein weithin leuchtendes Fanal, das zum kon­zentrischen Kampfe gegen die Socialdemokratie aufruft, zu einem Kampfe, in dem die Regierung die Führung zu übernehmen hat und zwar nicht bloß mit Worten, sondern mit Thaten."

-

Die Konservative Korrespondenz" wünscht als erste der " Thaten" gegen die Socialdemokratie, zu der sie die Regierungen auffordert, die Zurückziehung der Absicht, das Wahl= geheimnis zu sichern. Sie zeigt damit nur, daß ihre monarchistische Begeisterung nichts ist als der Vorwand für reaktionäre Zwecke.

Thatsächlich hat das Gejammer und das Geschimpfe der reaktionären Umsturzpresse nicht einmal Anspruch auf ernsthafte Beachtung. Die Situation ist nicht danach, daß jetzt dieses Geschmäh irgendwo Aufnahme findet. Es ist die allüberall gemeinsame lleber­zeugung, daß das völlige Versagen des Reichskanzlers in seiner Ant­wort auf Bebel und das Schweigen der bürgerlichen Parteien sich erklärt aus der Unmöglichkeit, sich der zwingenden Gewalt der Bebelschen Ausführungen zu entziehen. Nicht intellektuelle Unfähig­keit hinderten den Reichskanzler, sondern die Empfindung, daß er gegen Anklagen sprechen solle, deren Berechtigung er selbst an­erfennen mußte.

In weit überwiegender Zahl muß selbst die bürgerliche Presse den gewaltigen Triumph der Socialdemokratic zugestehen.

Selbst die Deutsche   Tageszeitung." sagt deutlich genug: So lange Se. Majestät der Kaiser in wichtigen, geradezu programmatischen Reden und Kundgebungen zu seinem Volke spricht, wird der Reichstag   kaum stillschweigend an derartigen Reden und Kundgebungen vorübergehen können. Das liegt flar auf der Hand und sollte allenthalben erwogen und gewürdigt werden. Je weniger die Person des Monarchen in die politische Tageserörterung und damit in den Kampf der Parteien hinein­gezogen wird, um so besser für die Monarchie. Daran aber, daß diese Hineinziehung nach Möglichkeit unterbleibt, müssen alle Faktoren mitarbeiten."

Die National- Zeitung" führt u. a. aus:

Wert durchdrungener Monarch fich gegen Sie zur Wehr Was Herr v. Richthofen als Dolmetsch der Regierung vor­setzt?" Wir sehen ganz ab davon, ob diejenigen kaiserlichen getragen hat, war freilich auch noch herzlich wenig und herzlich Aeußerungen, welche in den letzten Tagen der Gegenstand der schwach. Ueber den letzten aufsehenerregenden Vorfall, das Erörterung waren, durch Angriffe auf das Ansehen der Monarchie Bombardement des Forts von San Carlos bei Maracaibo  , erklärte veranlaßt waren. Aber der Frage des Reichstanzlers gegenüber

Die, Bosi. 8tg." sagt:

müssen wir sagen: Es ist nicht die Aufgabe eines Monarchen, er, noch feinerlei offizielle Nachricht von der fich persönlich im Kampfe der Parteien zur Wehr zu setzen: An Iodade flotte erhalten zu haben. Das ist in der That auf­griffe auf die Monarchie sind, je nach der Beschaffenheit dieser An- fallend, um so auffallender, als nach einer offiziösen griffe, von den monarchischen Parteien, von den Ministern oder Mitteilung der Nordd. Allg. 8tg." ein Bericht über die am von den Gerichten abzuwehren, nicht von dem Monarchen perfön- Dienstag begonnene zweite Beschießung von San Carlos ein­lich. Und gegen die Folgen seines persönlichen Eingreifens fann gelaufen ist! Ueber die Vorgänge vom Sonnabend voriger niemand ihn decken", weder Graf Bülow noch irgend ein andrer o che ist aber noch keinerlei Nachricht eingegangen! Das ist Reichskanzler." doch höchst sonderbar, daß über Vorkommnisse Nachrichten einlaufen, die am 21. Januar stattgefunden haben, während man von Vor­Was der Abg. Bebel über den Kaiser und seine Reden gestern kommnissen, die am 17. Januar paffiert find, in Berlin   noch sagte, ist das stärkste, was je über ihn in einer deutschen   Volks­vertretung gesprochen worden ist. Seine Ausführungen werden nicht das mindeste weiß! Die vorgeblichen Schwierigkeiten der allenthalben Aufsehen machen; die socialdemokratischen Depeschenbeförderung können dies Rätsel doch wahrhaftig nicht lösen] Blätter, die nicht ermangeln werden, sie im Wortlaut zu ver- Denn wenn England und Frankreich   bereits in der Lage zu veröffentlichen, so sollte öffentlichen, können auf einen ungeheuren Absatz rechnen, zumal find, alle möglichen Details da manche Mitglieder derjenigen Parteien und Gesellschaftskreise, doch auch die deutsche Regierung in die Möglichkeit ge­die sich besonderer Königstreue berühmen, seit geraumer Zeit den fetzt sein, authentische Mitteilungen zu machen! Es giebt Vorwärts" durch Mittelsmänner beziehen, um sich heimlich an deshalb nur eine plausible Erklärung für die wunder­feinen Deutlichkeiten zu ergögen." same Unwissenheit der deutschen   Regierung: die, daß man nichts wissen will. Die Beschießung des Forts läßt sich nach allen bis jetzt In der Sache aber war Bebel- das bewies unter vorliegenden Meldungen ebenso wenig völkerrechtlich anderm der Mangel jeglichen Widerspruchs aus dem Hause in seinem Recht. Ein Monarch, der in so scharfen Worten rechtfertigen, wie die muiwillige Zerstörung der wehrlosen gegen eine große politische Partei öffentlich Stellung nimmt, winzig venezolanischen Kriegsschiffe", die der Marine- Offizier des wie es der deutsche Kaiser gegenüber der Socialdemokratie Tag" als Kladderadatsch" bezeichnete. Das Gefühl der thut, fann sich nicht wundern, wenn diese Partei sich Scham, sich an diesem Kladderadatsch" zu vergreifen, ist dem ihrer Haut wehrt. Sagt der Kaiser seine Meinung frei deutschen   Nelson nicht im geringsten zum Bewußtsein gekommen, heraus, so müßten die Männer, die er in den schärfsten Aus- auch ein Beweis des Ehrgefühls unsrer modernen Wikinger. Wobei brücken ihrer politischen Ueberzeugungen wegen angreift, feine festgestellt werden muß, daß Herr v. Richthofen sich gleich seinem Männer sein, wenn sie das ruhig hinnehmen wollten. Mit Recht Chef, dem Grafen Bülow, über diese Heldenthat der deutschen  betonte Bebel, der Kaiser sei nicht, wie Graf Bülow es hingestellt Marine völlig ausgeschwiegen hat! Wollen die Herren hatte, ein Privatmann, dem nach der preußischen Verfassung das Recht zustehe, seine Meinung frei zu äußern... Nur einmal ging die politische Leidenschaft mit dem Redner durch: als er für die Redeweise des Kaisers gegenüber der Socialdemokratie eine das Maß des Zulässigen überschreitende Bezeichnung anwandte. Und felbst diese zweifellos formell zu weit gehende Kritik der kaiserlichen Kundgebungen fand im Hause kein Oho!", feine Zurechtweisung."

Das Berliner Tageblatt" schreibt:

Ueber die Erwiderung des Reichskanzlers sagt das selbe Blatt:

"

"

nicht endlich einmal ihre Kladderadatsch- Theorie entwideln?!

Eine originelle Völkerrechts- Theorie hat ja Herr v. Richthofen bereits verkündet. Die nämlich, daß zwischen Deutschland   und Venezuela   thatsächlich der Kriegszustand bestehe, da die Verhängung der Blockade mit der Kriegserklärung gleichbedeutend sei. Eine ganz neue Theorie! Eine Theorie, die der, Verbündete" England auf keinen Fall teilt! Die Blockade war ursprünglich als Friedensblockade" geplant, erst auf Amerikas  Einspruch, daß es die Blockade nur dann dulden werde, wenn Es war eine echte Bülow- Rede, die man da zu hören be- sie als Kriegsblodade" proklamiert werde, wurde ihr dieser fam. Glatt war der Redefluß, aber die Rede selbst ließ eine bündige Antwort auf Bebels Kritik der kaiserlichen Kundgebungen sonderbare, einzigartige Charakter einer" friedlichen Kriegsblockade" völlig vermissen.. Bei den Hörern, auch bei seinen aufgeprägt! Troz dieser eigenartigen Blockade besteht aber kein Freunden, ließ der Reichskanzler das Bedauern darüber Krieg mit Venezuela  ! Herr v. Richthofen hat diesen Zustand nur um die völkerrechtswidrigen zurüd, daß es ihm so gar nicht gegeben war, wenigstens etwas deswegen erfunden, um die vorzubringen, was den Angriffen Bebels auf die kaiserlichen Kund- Handlungen Deutschlands   in milderem Lichte erscheinen gebungen einigermaßen wirksam begegnet hätte." zu lassen. Und die bürgerliche Opposition, die die Unmöglichkeit einer solchen Auffassung, die rechtliche Unmöglichkeit des ganzen deutschen   Vorgehens ganz genau erkannt hat man vergleiche die seinerzeit von uns reproducierte Auslassung der Vossischen Zeitung" läßt sich durch derartige plumpe Ausreden willig, allzuwillig ab­speisen!

Und endlich in der Volks- Zeitung" wird der Eindruck der Bebelschen Rede also geschildert:

-

" Die gestrige Rede Bebels war eines der bedeutendsten parla­mentarischen Ereignisse in der ganzen, jetzt zu Ende gehenden Legislaturperiode. Sie war äußerst geschickt in ihrer Wirkung gesteigert. Sie wurde, namentlich in ihrem legten Teile, mit einer glänzenden Auf das Gebiet des Märchenerzählers begab sich, so könnte man Beredtsamkeit, mit einem hinreißenden Temperament vorgetragen. Sie protestierte gegen die antisocialdemokratischen Kundgebungen des annehmen, der Regierungsvertreter mit seiner Mitteilung, daß Kaisers und des Kronprinzen mit einem Freimut, einer ehrlichen bereits 1901 die deutsche Regierung Venezuela   den Vorschlag ge­Offenheit, welche die Bewunderung jedes objektiv Denkenden macht habe, den Streitfall dem Haager Schiedsgericht zu finden muß, mag er politisch selbst auf der äußersten Rechten unterbreiten. Warum giebt man erst jetzt der ungläubigen Welt stehen. Dieser faszinierende Eindruck muß der socialdemo- die Nachricht dieses deutschen   Entgegenkommens? Und warum hat kratischen Partei neue, ungeahnt große moralische Erfolge sichern, Deutschland  , wenn es so für das Haager Tribunal schwärmt, nicht während der parlamentarische Wortführer der freisinnigen auch diesmal gleich den Vorschlag Castros, die Angelegen durch ersichtlich geschwächt wochenlangen

Bolkspartei,

Die

*

Deutsches Reich.

Schimpfereien gegen die Socialdemokratie, gänzlich auf die heit dem Haager Schiedsgericht zu unterbreiten, voriveggenommen?! Erzielung solcher Erfolge verzichtet zu haben scheint. Der Wucht der Bebelschen Rede vermochte sich niemand im Hause zu entziehen. Nicht der Präsident, der starr aufrecht dastand, bereit, die Glocke zu rühren aber es blieb bei der Bereitschaft; Die Sicherung des Wahlgeheimnisses. Der dem Bundesrat vor­nicht der Reichskanzler und die Minister; nicht die Mehrheit des liegende Antrag des Reichskanzlers auf Sicherung des Wahlgeheim­Hauses, die nicht den leisesten Zwischenruf wagte; nicht das Publi- nisses entspricht, wie verlautet, im wesentlichen dem Antrag Rickert. fum, das in engster Enge Stunde um Stunde ausharrte. Mäuschenstill Die Stinzettel müssen 9 Quadratcentimeter und die Umschläge war es im Saale  ; atemlos hingen alle an des Sprechers Minde; 12 Quadratcentimeter groß sein. Den bereitgestellten Nebentisch(?) beschämt und schuldbewußt senkte sich der Blick manches Volks- oder Nebenraum muß jeder Wähler benutzen, wenn sein Stimm­vertreters zu Boden, als Bebel zürnend am Ende seiner Rede die zettel gültig sein soll. Charakterlosigkeit, die Streberei und Kriecherei, die Stellen- und Mammonsjägerei, die Jammerseligkeit vor Königsthronen geißelte, die leider das Charakteristikum für einen großen Teil unsrer Zeit­genossen bilden."

Herr v. Richthofen über Venezuela  .

V

-

Die Wahlprüfungs- Kommission des Reichstags beschloß in der Sigung am 22. Januar, im Plenum zu beantragen, die Wahlen der Abgeordneten Faber( 3. Oberfranken  ), und Wehl ,, Wir fragen: soll es dahin kommen, daß alljährlich im Reichs­( 14. Hannover  ) für gültig, dagegen die Wahl des Abgeordneten Sieg für ( 3. Marienwerder) ungültig zu tag, sei es bei der Etatsberatung oder in andrer Form, eine crklären. Abrechnung großer Parteien mit dem Kaiser Die Regierung hat sich in der heutigen Reichstags Sigung Der letztere Beschluß wurde mit 7 gegen 6 Stimmen gefaßt. stattfindet? Das Unheil, welches sich aus einem endlich veranlaßt gesehen, auf die völkerrechtliche Seite Der Abg. Schwarze( Centrum) war bei der Abstimmung nicht derartigen Stande der Dinge ergeben müßte, könnte auch durch die des deutschen   Vorgehens gegen Venezuela   einzugehen. Herr v. Bülow anwesend und der Abg. Ernst, freisinnige Vereinigung, ſtimmte geschichtesten und geistreichsten Kanzler- Steden nicht abgewendet hat sich als vorsichtiger Mann gehütet, diesen heiklen Gegenstand mit den Konservativen und Nationalliberalen gegen die ungültigkeits­werden. Gestern hat Graf Bülow bei der, wie jedermann an­erkennen wird, unlösbaren Aufgabe, auf den thatsächlichen anzuschneiden. Und doch hätte gerade er, der seiner Zeit über die Teil der Bebelschen Rede mit Erfolg zu ermängel des herrschenden Seerechts so schmerzliche Klage ge­widern, sich an die Socialdemokratie mit der Frage gewendet; führt hat, in erster Linie Veranlassung gehabt, sich über diesen Gegen­Sie suchen mit allen Mitteln das Ansehen der Monarchie zu stand mit der ihm so wohl anstehenden, jovialen Offenherzigkeit schädigen, und da wundern Sie sich, daß ein von seinem auszusprechen.

"

Unnötige Verhimmelung.

erklärung.

*

Aus der Beratung ist als bemerkenswert hervorzuheben, daß die Abgeordneten Arendt( freik.) und Semmler( natl.) ihrer Er­regung über die Haltung der Mehrheit der Wahlprüfungskommission in heftigen Angriffen Ausdruck gaben und drohten, sie würden im sagte: Mut, Mut, mein lieber Kamerad. Morgen haben alle unsre Leiden ein Ende.

D, warum nicht heute schon", rief der andre mit einem Schmerzensschrei." Aeußerst bezeichnend für das Preußen des großen Königs" ist eine Antwort, die Thiébault von mehreren aus Frankreich  stammenden Soldaten auf seine Frage, wie sie denn in ein Land gehen mochten, in dem sie täglich geprügelt würden, erhielt. D, meinten die Leutchen lachend, hier in Preußen ist es teine Schande, Prügel zu bekommen."

schiedenen Stellen den Rohrstod niedersausen zu fehen. Ich sah einmal einen fünfzehnjährigen Junker, der wegen eines geringfügigen Versehens einen mehr als fünfzig Jahre alten Grenadier vortreten ließ und ihm mit dem In der preußischen Armee ist bekanntlich Friedrich II. Trumpf. Stod aus Leibeskräften, ich weiß nicht wie viele Schläge auf Arme Namentlich in neuerer Zeit wird er ganz besonders verherrlicht, an und Schenkel verabfolgte. Dem armen Kerl liefen die Thränen über feinem Geburtstag( 24. Januar) bringt das Militär- Wochenblatt" das Geficht, aber er durfte nicht wagen, auch nur ein Wort zu alljährlich einen ellenlangen Lobeshymnus auf ihn und seine Armee, äußern. Ich konnte den Anblick nicht ertragen und entfernte mich und außerdem erhält bald dieses bald jenes Regiment zur Erinne- schleunigst. rung an den großen König" ein neues Abzeichen, ja neuestens" Die unmenschliche Strenge, erzähte Thiébault weiter, brachte wurde die Garde sogar mit einem Gewehrgriff aus der friedericianischen viele Soldaten zur Verzweiflung; es hatte sich unter ihnen ein Betrachtet man die heute noch geltende preußische Gefindes Zeit bedacht. Wir sind nun der Meinung, daß zu all dem eigentlich furchtbarer Aberglaube ausgebreitet. Sie sagten sich, es Ordnung, die gelinden Strafen, die über prügelnde Schutzleute, fein Anlaß vorhanden ist, denn mag Friedrich II.   dank seiner Feld- wäre am besten zu sterben. Ilm   aber nicht durch Offiziere und Unteroffiziere im Deutschen   Reiche verhängt werden, Herrngabe große Siege erfochten haben, die Zustände, die er mit diese Sünde in die Hölle zu kommen, müßte man ein so muß man die Ueberzeugung gewinnen, daß auch in unsren Tagen feiner Grausamkeit und Härte in seiner Armee herbeiführte, waren unschuldiges Kind ermorden, das auf diese Weise ins Paradies fäme. noch sehr viele Angehörige der Nation der Dichter und Kritiker die derart, daß getvichtige Gründe vorlägen, die Erinnerung an jene Wenn man sich dann selbst anzeigte, so hätte man Beit genug, zu nämliche Anschauung haben wie die oben erivähnten Franzosen. angeblich auch so glorreichen Tage nicht unnötig aufzufrischen. Gott um Verzeihung zu beten, ehe man zum Tode geführt würde. Nur bekommen die Betreffenden nicht selbst die Prügel, sondern Zum Beweise des Gesagten wollen wir einem Manne Ich habe viele hinrichten sehen, die sich zu diesem überlassen das Vergnügen den Dienstboten, Arbeitern und Soldaten. das Wort geben, der sogar ein großer Verehrer des Glauben bekannten." Nun ist es allerdings richtig, daß Friedrich II.   später etwas Königs war und ihn entschuldigte, wo er nur fonnte." Es ist Charakteristisch ist, wie der große König" diefem schauerlichen mildere Saiten in der Behandlung der Soldaten aufziehen ließ. dies der Franzose Dieudonné Thiébault, der von 1765 bis Kindermord zu steuern fuchte. Das beste wäre wohl gewesen, eine Aber das war sehr, sehr spät, nämlich erst 1785, also ein Jahr 1784 als Lehrer der französischen   Litteratur an der Academie menschlichere Behandlung der Soldaten anzuordnen, aber dies fiel vor seinem Tode. Und wenn Friedrich auch sonst über das militaire" zu Berlin   fungierte und 1804 feine Erlebnisse in Friedrich II.   gar nicht ein, sondern er wir lassen jetzt zu starke Prügeln wetterte, so geschah es nicht aus Humanität, Wurde ein Kerl" zum befahl, es dürfe sich kein katho- fondern nur aus finanziellen Gründen. Preußen in einem Werke Friedrich der Große   und sein Hof" wieder Thiébault   reden ( deutsch   bei Robert Lutz, Stuttgart  ) erzählte. lischer oder evangelischer Priester einem solchen gewisser Krüppel geschlagen, so mußte cben ein andrer gekauft werden. " Ich sprach, schreibt Thiébault  , oftmals mit preußischen maßen von reliquidem quiprud nahen. Auch dieses jektiven Beſchauer zeigt, iſt, abgesehen von der taktiſchen und kriege­Wahnsinn befangenen Ver- Das Bild, das die Armee Friedrichs II. dem genauen und ob­Offizieren über die inmenschliche Prügelei. " Sie haben Unrecht, sich darüber zu beklagen, antwortete man Heilmittel hatte anfangs nicht viel Wirkung; mit der Zeit aber stellte rischen Leistungsfähigkeit, ein geradezu widerliches: Offiziere die Mann­mir, wenn wir nicht so strenge wären, würde man Sie in Ihrem sie sich doch ein, denn es graute den Soldaten davor, ohne geistlichen und Unteroffiziere nur zu oft viehisch verroht, eignem Hause ermorden. Ein Drittel unsrer Beistand zu sterben imd fie befürchteten, auf diese Weise noch sicherer schaften verbittert, verzweifelt, auf jeden günstigen Moment Armee besteht aus Taugenichtsen, die man nur mit der als durch jede andre Todesart der Verdammnis anheimzufallen." zum Entwischen lauernd, ein nicht fleiner Teil davon ausgemachte Fuchtel im Baum halten kann. Die geborenen Preußen brauchen An einer andern Stelle berichtet uns Thiébault folgendes Er- Verbrecher und dazu als oberster Kriegsherr ein Mann, der so ge­wir nicht so scharf anzufassen, weil sie im allgemeinen gutmütig lebnis: Ich war erst seit einigen Wochen in Berlin   und wohnte noch fürchtet war, daß seine Inspektionen als Schredenstage galten und find, aber das andre Pack muß man entweder verprügeln in gemieteten Zimmern, als ich eines Mittags, die Treppen hinauf die Frauen und Kinder aller jener, die an einer solchen Inspektion oder aus dem Lande jagen." Leider, fährt Thiébault   fort, steigend, vor mit drei Soldaten in Fesseln sah, die zu meinem beteiligt waren, stundenlang auf den Knien lagen, um Gott zu hatten die Offiziere recht. Troßdem boten aber diese Wohnungsnachbarn, ihrem Regimentskommandeur, gebracht wurden. bitten, daß dem Gatten und Bater kein Unglück zustoße. Wir glauben Ecenen einen sehr peinlichen Eindruck, befonders wenn Zwei von ihnen, beide verwundet, stützten den Dritten, der daher, daß es wirklich besser wäre, an die Armee Friedrichs П. nicht man zu einer Zeit ausging, wo die Truppen egerzierten; man einen Schuß im Bein hatte. Ich hörte, wie einer von ihnen unnötig zu erinnern. konnte keine 50 Schritte weit gehen, ohne auf verzu diesem, der offenbar große Schmerzen litt, in französischer Sprache

"

mit

"