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Nr. 34.

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Erscheint täglich außer Montags. Abonnements- Preis für Berlin : Bierteljährlich 3,30 Mart, monat­lich 1,10 Mart, wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit bem ,, Sonntags- Blatt" 10 Bfg. Post- Abonnement: 3,30 Mart pro Quartal. Unter Kreuzband : Für Deutschland u.Desterreich- Ungarn 2 Mart, für das- übrige Ausland 3 Mart pro Monat. Eingetrc.gen in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1891 unter Nr. 6469.

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8. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder beren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochentagen bis 1 Uhr Mittags und von 3 bis 7 Uhr Nachmittags, an Sonn- und Festtagen bis 9 Uhr Vormittags geöffnet.

Fernsprecher: Amt 6, Nr. 4106.

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: Beuth- Straße 2.

Dienstag, den 10. Februar 1891.

Expedition: Benth- Straße 3.

Wieder ein mißlungener Feldzug jt, als die Organe des Vereins, in der Absicht, ihr des Vereins herbeiführten, welcher zuſammen einige Hun­gegen die Sozialdemokratie.

den Hals; und diese Gegnerschaft wuchs zur Todfeind- Buchhandlungen einen nennenswerthen Absatz der Hefte fittliches Streben in möglichst glänzendes Licht zu stellen, dert Exemplare betragen soll, und meine Vermuthung, daß die Herren Schundromanschreiber, Verleger und-Ver- der Rest der Abonnenten nur noch vereinzelt durch den Vor einiger Zeit wurde wieder einmal ein Kreuzzug breiter als ehrlos an den Pranger stellten. Kolportagehandel und die eigenen Kolporteure des Vereins, gepredigt wider die Sozialdemokratie, und zwar von den War es auch mit diesen großen Worten keineswegs in der Hauptsache durch den eigentlichen Buchhandel ge­Rittern des Geistes, welche Staat und Religion, Eigen- so schlimm gemeint, so änderte das doch an der Thatsache wonnen sei, also nicht in die Schichten komme, für welche thum und Familie gegen den Umſturz zu vertheidigen sich nichts, daß der Kolportage- Buchhandel mit all seinem die Publikation berechnet war, wird wohl keine falsche zur Aufgabe gestellt haben. Es wurde unter großem Trosse den Kampf aufnahm und mit großer Energie und sein."

Aufwande vielversprechender Worte und großmäuliger vielem Erfolge für seine Existenz gegen deren Bedrohung Wie total der literarische Feldzug des Vereins für Selbstverherrlichung mächtigen Thatendranges, ein Verein durch den Verein eintrat. Es nüßte nichts, daß der Gene- Maffenverbreitung guter Schriften gescheitert ist, geht für Massenverbreitung guter Schriften ralsekretär des Vereins, der der Sozialdemokratie wegen außer dem vorstehend mitgetheilten ganz besonders noch gegründet, der seinen Wohnsitz im Herzen Deutschlands , seiner Abstammung von einem sozialdemokratisch gesinnten aus dem Umstande hervor, daß der Verein bisher für die zu Weimar , nahm und einen neuen Weg zur sittlichen Vater und infolge seiner in Leipzig und Chemnitz geübten Vervielfältigung seiner braven und frommen Schriften und geistigen Hebung des deutschen Volkes", das heißt dummdreisten Befehdung der sozialdemokratischen Bestrebun- 18 000 m. verausgabt hat, während er nur 2000 M. aus dem Verblumten in's Unverblümte übersetzt, zur Aus- gen wohlbekannte Dr. Fränkel, in einer Broschüre über durch deren Absatz einnahm, also mit Riesenschritten rottung der Sozialdemokratischen Irrlehren einschlagen die Zwecke des Vereins betheuerte, der Verein werde mög- seinem Bankerott sich genähert hat. Aber nicht nur in lichst brave, sanfte und from me" Schriften zur finanzieller, sondern auch in literarischer Beziehung ist der

wollte.

breiten.

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Der Verein suchte gemäß§ 2 ſeiner Satzungen den Beröffentlichung bringen. Unsere biederen christlich- oder Verein gleich von vornherein auf den Holzweg gerathen. angegebenen Zweck durch Vervielfältigung und Massen- israelitisch- germanischen Geistes- Viktualienhändler pfiffen Als erste Erzählung gab er den todten Gast" von herausgabe geeigneter Schriften zu erreichen und ließ die auf Bravheit und Frömmigkeit und verbreiteten ihre schokke heraus, welchen Dr. Fränkel mit den empfehlenden selben durch vom Verein selbst angestellte Kolporteure ver- Schund- und Schandliteratur noch eifriger als zuvor. Worten begleitete, er sei durchaus gesund, spannend und In einem größeren Artikel über den völligen Miß- fesselnd und mache einen dummen Aberglauben lächerlich." Da es sich um die fittliche und geistige Hebung des erfolg des Vereins für Massenverbreitung guter Schriften" Ein Berliner Kolportageblatt äußert sich in Bezug Volkes handelte, konnte der Verein beim besten Willen macht die Deutsche Kolportage- Zeitung" mit vieler Ge- auf diese Schrift, wenn man den Schundroman durch nicht direkt und allein der Sozialdemokratie zu Leibe gehen, nugihuung und vollem Recht darauf aufmerksam, daß es Bschoffe ersehen will, so heiße das den Teufel durch er mußte wohl oder über dem schlimmsten und Niemandem die reine Thorheit seitens des Vereins war, den offenen Beelzebub austreiben. Ueber die von frommen Leuten allerdings viel ver­verborgenen, für Niemanden zweifelhaften Krebsschaden Kampf mit einer Organisation, wie es die des deutschen unferer Literatur, dem Schundroman des Kolportage- Kolportage- Buchhandels ist, aufzunehmen. In dem er- lästerte Unsittlichkeit 3schokke's wollen wir uns hier handels entgegenzuwirken suchen. jeglicher Auslassung enthalten. So viel aber steht fest, wähnten Artikel wird gesagt: Diese Nothwendigkeit gebar nun schon eine große ,, Es giebt zur Zeit in Deutschland ca. 7000 daß 3schokke's Erzählungen nicht mehr geeignet sind, die Schwierigkeit, die vielleicht allein dazu angethan gewesen Kolportage- Buchhandlungen, die etwa 30 000 Personen im Massen des Volkes für eine gesunde Literatur zu erobern. wäre, das vermeintlich so vortreffliche Vorhaben scheitern Ganzen beschäftigen. Hat der Verein wirklich geglaubt, Sie führen uns in eine Zeit zurück, die mindestens ein diese große Korporation im Handumdrehen todt zu machen, Jahrhundert hinter uns liegt; sie vertreten jenen seichten zu lassen. Weil der Schundroman die Haupterwerbsquelle des und andere 20 oder 30 Tausende geeigneter Personen für seine Rationalismus, der heutzutage keinen Hund mehr vom Kolportage- Buchhandels bildet, schien es dem Vorstande des Absichten bereit zu finden? Der Kolportage- Buchhandel hat Ofen lockt und wirken jedenfalls nichts weniger als er­Vereins gerathen, sein Unternehmen nicht den Händen der deut- die Schrift des Herrn Dr. Fränkel ganz richtig als wärmend auf Herz und Gemüth unsres Volkes. Mit den zwei folgenden Verlagswerken des Vereins schen Kolportage- Buchhandlungen und ihren Kolporteuren an- Fehdebrief aufgefaßt und hat sich sofort zum Kampf ge= lieferte er den Beweis, daß es ihm mit der Verbreitung zuvertrauen, in der jedenfalls sehr richtigen Voraussetzung, fammelt und gerüstet." daß diese Leute, welche an dem durch sie zur Verbreitung Zur Kennzeichnung des Mißerfolges, der den Be- der Bravheit, Frömmigkeit und Sanftmuth und mit der gelangenden Literaturschunde verhältnißmäßig sehr bedeu- strebungen des Vereins aus der Feindschaft des Kolportage- Ausrottung des kolportagehändlerischen Literaturschundes tenden Profit machen, feineswegs geneigt sein würden, Buchhandels erwuchs, sei an dieser Stelle nur noch folgender sicherlich bei weitem nicht so ernst war, als mit der Be­die ihnen weniger Profit einbringenden, Sittlichkeit för- Passus des crwähnten Artikels wiedergegeben. Derselbe kämpfung der Sozialdemokratie. Diese beiden Schriften stellen sich dar als Preisnovellen, von denen die erste durch dernden Schriften den so lukrativen, das Volk sittlich lautet:

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schädigenden Schriften vorzuziehen. Deshalb war eben, Der Borsteher eines der Vereine von Kolportage- ihren bedenklichen Titel Die Hochzeitsnacht" auf die Neu­wie§ 2 angiebt, beschlossen worden, die Schriftenver- Buchhändlern hat sehr bald darauf seinen Berufsgenossen in gier und Lüfternheit des großen Publikums spekulirt, breitung hauptsächlich durch vom Verein selbst angestellte den größeren Städten Vorträge über die Absichten des während die zweite Auf Wiedersehen" durch ihren ganzen Kolporteure ins Werk zu setzen. Dadurch aber zog er Weimarer Vereins gehalten, und die Folge dieser Agitation Inhalt darthut, daß sich der Verfasser die Kolportage­sich von vornherein die Gegnerschaft aller mit dem Kol- war, daß der Kolportage- Buchhandel sich völlig fern hielt. roniane zum Muster genommen hat und mit einer Art portage- Buchhandel in Verbindung Stehenden auf Es ist mir bekannt geworden, daß nur zwei Kolportage- Räubergeschichte ganz in deren Weise bemüht ist, Effekt

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Feuilleton.

Nachdruck verboten.]

Bei Mama.

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Für Mama aber war alles gut genug. Sie fand sich in von allem Erdenklichen; zum Schluß geriethen sie auf den Umzug um Fanny willen; diese bekam nun einen für die Verliebeleien ihrer Kinderzeit. Es war, als ob sie sich zeren Weg ins Geschäft. Allein über Lea ärgerte sie sich fürchterlich. Alle Leute glauben, ich habe es nun flott, nachdem ich" so einen Schwiegersohn gekriegt; ja freilich Butter wollte ich, sagte das Weib, als sie statt dessen Fett aufs Brot bekam. Ah nein; so eine alte Mutter steht Einem mur im Weg."

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minder scheuten, nun, da sie einander nackt gesehen, und hier, in der freien Natur, unter der Sommersonne, wurden ihre fürchterlichsten Geheimnisse nicht mehr so groß. Sie amüfirten sich über ihre beiden edlen Kommis; dann löste eine Ge­schichte die andere ab, und schließlich war es ziemlich schwierig zu entscheiden, welche von beiden in ihren Kindertagen am Roman von Arne Garborg . Als Andersson abreifte, wurde es öder in der Ansgar meisten verliebt gewesen. Grethe erzählte von einer ihrer Eine voll Begnadete war Fanny aber doch noch nicht; es mangelte noch Eines: das freimüthige Bekenntniß. mission. Die norwegischen Verkünder ahmten ihm nach, Freundinnen, die während der Schulzeit sogar verlobt ge­Sie hatte mit ihm Briefe ge­" Ihn für Jesus Zeugenschaft abzulegen. Nicht einmal vor Mama er, und sagten es auf schwedisch wie er; allein es war dennoch wechselt und ihn gefüßt; ja, ich versichere Dir!" wagte sie zu zeugen; Mama hätte sie nur ausgelacht. Mama nicht dasselbe. Und dann kam der Frühling und der Sommer. auch geküßt!?" Ja wohl! Nun war sie eine der seinsten lachte sie übrigens schon jetzt aus. Das ist doch ein gräß- Es wurde angenehmer, im Freien zu sein. In der That Damen in der Stadt und wollte gewiß von der Ge­schichte nichts mehr hören; aber wahr blieb es doch. liches Gerenne; dünkt es Dir, daß" Du jetzt auf einmal zu fonnte man ja den Herrn auch dort anbeten. Jedoch die Sonne, das Licht und die Blumen waren Hihihi, dent' Dir nur, ich hatte auch einmal so schrecklich gut geworden bist für diese Welt?"" Immer diese Ueber­triebenheit, da sitzt sie und läßt die Ohren hängen und ist gefährlich; mit ihnen schlich viel Weltlichkeit in Fanny's Lust, einen Knaben zu küssen," fuhr Grethe fort, ia, da Herz ein. Und dann geschah etwas, das ihr fast allzu viel mals war ich noch ganz klein, versteht sich... Gott , was so ergeben, daß sie nicht einmal den Mund aufmacht!" so kleinen Mädchen alles einfallen kann; keiner von den Er­Sogar im Laden suchte Fanny ihre Gottesfurcht geheim zu von ihrem alten Lebensmuthe wieder gab. halten. Bei Thorseng getraute sie sich nicht ein Wort zu Grethe Magnesen begann sie wieder aufzusuchen; die wachsenen würde es glauben!" Fanny fiel Grethen plötz­außern, obschon sie von Herzen gern Lea gerettet hätte. Ach, selbe brauchte ein verständiges Wesen, dem sie ihre Erzählung um den Hals. Sie war so froh, daß sie laut hätte heulen welch' ein schlechtes und niedriges Geschöpf sie war! Zu vorlesen konnte, sagte sie. An einem sonnenheißen strahlen mögen. Also war sie nicht ordinär! Sie war wie die Anderen. wissen, daß die eigenen Verwandten am Rand des Unter den Julisonntag gingen sie zum Ladegaardsee, um Ruhe zu gauges wandelten, und dennoch schweigen; schweigen aus haben; als sie hinausgelangt waren, packte sie die Luft zu Vielleicht hatten die meisten ebenso gefühlt wie sie!- D Gott , Furcht vor dem Spotte der Welt; o, noch hatte sie baden. Auf der Südseite der Insel, wo der Strand hoch welches Glück! Ihre Beängstigung verflog wie Sonnenrauch einen weiten Weg, che sie in Wahrheit ein Kind Gottes und der Wald dicht ist, fanden sie einen einsamen Winkel; in der weißen Luft und sie athmete voll und frei wie in da kleideten sie sich aus und stiegen ins Wasser. Sie konnten alten Tagen. Alles war in Ordnung. Sie war eine Dame; Mama konnte sich doch nicht zur Ruhe setzen; noch nicht schwimmen, standen nur und plätscherten und wuschen sie war gesund; sie konnte jedermann in die Augen sehen; vor nichts zu schaudern. Denkt Euch, einmal mußte sie ausziehen. Die Schuld trug Zea. Thorseng sich dann wurden sie ininter, bespritten einander mit sie brauchte follte von jeder Baarauslage verschont werden; außerdem Wasser und lachten. Bald waren sie wieder droben, und fie, die herumgegangen war und sich eingebildet hatte, fle fonnten sie auf andere Weiſe vil Dachwohnung in ihrem während sie sich ankleideten, ließen sie die Zunge laufen. set verloren! Daß ſelbſt Gott kaum sie zetten könne!' uns Hause auf Throndhjemsvejen doch wohl, nicht loskriegen. Sie fühlten sich gut aufgelegt und behaglich und plauderten nun war es nur etwas, womit auch andere Menschen sich

wurde.

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