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Nr. 29. 20. Jahrgang.

2. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Abgeordnetenbaus.

12. Sigung. Dienstag, den 3. Februar. 11 Uhr. Am Ministertische: Frhr. v. Rheinbaben.

Die zweite Etatsberatung wird beim Etat der indirekten Steuern fortgefest.

Finanzminister Frhr. v. Rheinbaben:

Abg. Kindler- Posen( frf. Vp.):

Mittwody, 4. Februar 1903.

Abg. Dr. Sattler( natl.):

Auf die Reden im Reichstage sollte der Herr Minister immer

Steuerdirektor erklärt, solche Dummheiten mache er nicht mit.( Große Entlassung eines Beamten nicht vor das Forum dieses Hantses Unruhe und lebhaftes Hört! hört! rechts.) gehört. In diesem Falle entspricht aber die Art, wie dieser Beamte Der Provinzial- Steuerdirektor hat auch keine Bedenken getragen, hingeleitet worden ist, seine Pensionierung nachzusuchen, nicht dem seine abweichende Auffassung seinen Untergebenen einzuflößen. Er Geiste des Pensionsgesezes. Ein Disciplinarverfahren ist gegen hat gesagt: Man solle die Polen reden lassen, wie Ihnen der Herrn Löhning niemals eröffnet worden, Der eine Beamte wird Schnabel gewachsen wäre.( Sehr richtig! links.) Er könne sich für wegen seiner ablehnenden Haltung in der Stanalfrage entlassen, der die jetzige Strömung nicht begeistern." Ich hätte mich einer Untreue andre wegen seiner Stellung zur Polenpolitik. Aber die politische gegen die Ostmarkenpolitik schuldig gemacht, wenn ich diesen Beamten Haltung eines Beamten sollte niemals Anlaß zu seiner Maßregelung an der Spize jener Verivaltung gelassen hätte.( Bravo ! rechts.) geben.( Bravo ! im Centrum.) Ich ergreife an dieser Stelle die erwünschte Gelegenheit, um Ich konnte ihm nach Kenntnis dieser Thatsachen auch keine andre mich über den Sachverhalt der Dienstentlassung des Provinzial. Stelle im Staatsdienst übertragen, und habe ihm nahe­Steuerdirektors Löhning in Posen zu äußern. Die Angelegenheit gelegt, seine Benfionierung nachzusuchen.( Sehr richtig! rechts.) ist vor hurzem im Reichstag zur Sprache gekommen. Ich Wie sollen wir das Polentum bekämpfen, wenn wir uns nicht auf fofort im Reichstage erwidert. Sonst gehen die Anklagen ohne Wider­habe mich mit voller Absicht ant der Erörterung im unsre eignen Beamten verlassen können? Nur mit einer treuen, zu- legung ins Land hinaus. Ich habe lebhaft bedauert, daß der mir Reichstage nicht beteiligt, denn es handelt sich hier um verlässigen Beamtenschaft werden wir die großzen nationalen Auf- persönlich bekannte Provinzial- Steuerdirektor Löhning die Hand dazu geboten hat, daß sein Fall in der Presse erörtert wurde. Biel Gutes eine rein interne preußische Angelegenheit, die in feiner Weise gaben im Osten lösen können.( Lebhafter Beifall rechts.) ist dabei nicht herausgekommen. Diese öffentlichen Erörterungen zur Zuständigkeit des Reichstages gehört.( Sehr richtig!) Es muß lagen nicht im Interesse des Beamtenstandes, nicht im Sinne des zu einer vollkommenen Berwischung der verfassungsmäßigen Zu ständigkeit des Reiches und der Bundesstaaten, insbesondere zu einer Wenn es sich bloß um die Person Löhnings handelte, so würde Deutschtums und nicht im Sinne der preußischen Staatsidee. Jch Beeinträchtigung der Rechte dieses hohen Hauses führen, wenn ich die Verteidigung seinen konservativen Freunden überlassen; frene mich, daß der Herr Minister sich so energisch von den thörichten Staatsminister sich herbeilassen wollten, an einer Erörterung teilzu er ist nämlich ein streng konservativer Mann.( Lachen rechts.) Ideen des Kastengeistes losgesagt hat. Wenn die junge schöne Dame nehmen, für die das Reich schlechterdings nicht zuständig ist.( Sehr Seine Entlassung hat aber weit über die Grenzen Preußens hinaus den alten Herrn zum drittenmale heiraten wollte( Stürmische Heiter­richtig! rechts.) Dem Exposé des Herrn Löhning ist in feinem feit), so war das eine Privatsache. Leider scheint der Oberpäsident Es ist auch von der ernsten Presse bemängelt uffehen erregt. worden, daß ich nicht im vorigen Jahre sofort zu Wir haben auch keinen Grund, an von Posen von diesem Kastengeist nicht ganz frei zu sein. Ebensowenig Punkte widersprochen worden. einer Klarstellung der Sachlage in der Presse übergegangen bin. der Glaubwürdigkeit des Herrn Löhning zu zweifeln. Redner giebt hierauf kann ich das Verfahren des Landrates von Frauſtadt gutheißen, der Wenn ich meinem persönlichen Wunsche gefolgt wäre, so hätte ich das nach dem ihm vorliegenden Exposé eine eingehende Darstellung des Falles. Herrn Löhning beranlassen wollte, einen seiner Beamten bei einer fofort gethan. Es ist nicht gerade erfreulich, derartige Angriffe Aus diefer Darstellung geht also hervor, daß die Verlobung bei der Wahl zu beeinflussen. Andrerseits bin auch ich der Meinung, daß schweigend zu ertragen, zumal wenn sie in die Urlaubszeit fallen. Pensionierung in den Bordergrund gestellt worden ist. Ich gebe nur ganz zuverlässige Beamte, die die Staatsregierung aus vollem Allein, alle persönlichen Wünsche müssen zurücktreten vor dienstlichen zu, daß Herr Löhning nicht recht daran that, feine Pensionierung Herzen in ihrem Kampfe gegen die Polen unterstützen, in die östlichen Rücksichten, und diese machten es mir zur Pflicht, mich in eine Preiselbst abzuwarten, zumal er als nicht politischer Beamter nicht Provinzen entfandt werden. Aber auch die Regierung ist verpflichtet, erörterung mit einem ausgeschiedenen Beamten nicht einzulassen. einfach zur Disposition gestellt werden konnte. Der ganze Vorgang die Beamten mit Vorsicht und Umsicht auszuwählen.( Bravo ! bei den Ich hatte es dem Provinzial- Steuerdirektor Löhning unter dem zeigt, daß immer noch ein Mandarinentum unter den Beamten Nationalliberalen.) 9. April vorigen Jahres nochmals ernstlich zur Erwägung gestellt, besteht, wie es nicht sein sollte und dieses Mandarinentum Abg. Schröder( Pole): Wir haben keinerlei Beziehung zu Herrn da ich seiner amtlichen Thätigkeit in Zukunft kein Vertrauen mehr wächst leider je mehr man vom Westen nach dem Osten kommt, mit Röhning und urteilen über diesen Fall vollkommen objektiv. Der entgegenbringen könne, seine Pensionierung einzureichen. Glaubte jedem Grade wächst der Kaſtengeist und die Schneidigkeit, die durch Beamte kann wie jeder Staatsbürger seine freie Willensmeinung Herr Löhning, daß ihm Unrecht geschehen war, so konnte er es einfach des Bürgertums ist den östlichen Provinzen könnte man viel er den Zeitungen wird immer nur das erwähnt, was gegen uns das Reserveoffiziertum großgezogen wird. Ueber die Zurücksetzung verlangen. Wir leben doch nicht in einem byzantinischen Staat? Ji ablehnen, die Pensionierung feinerseits einzureichen. Ein Provinzial­Steuerdirektor als nicht politischer Beamter fann nicht beliebig zur Diss Bofen wurden zum Beispiel die freisinnigen Abgeordneten über borgebracht wird. Was wir sagen, laffen die Herren Berichterstatter nach genauer Prüfung der Sachlage erfolgen können. Diesen Weg ist er Haupt nicht geladen, wahrscheinlich weil sie noch nicht ein- Herren, in Zukunft etwas objektiver zu verfahren( Heiterkeit.) Räte III. Klasse warent. nicht gegangen, er hat sofort freiwillig die Pensionierung nachgesucht Löhning außer Gewissen Leuten scheint es sehr unangenehm zu sein, daß es Polen könnte höchstens 34 überhaupt giebt.( Beifall bei den Polen .) und hat dann die Vorgänge in der Beleuchtung, wie sie ihm er einer Verlobung vorgeworfen wurde, feiner Versetzung, niemals aber schienen, in einer Drudschrift niedergelegt. Diese Drudschrift sollte zu seiner Pensionierung Finanzminister Frhr. v. Rheinbaben: nach seiner Aussage nur für seine Verwandten und näheren Bekannten führen. Landräte, die für den Bund der Landwirte agitieren, find bisher stets unbehelligt geblieben, und ich glaube, sie Die Mehrzahl der Redner hat das eingeschlagene Verhalten ja bestimmt gewesen sein. Ich stelle thatsächlich fest, daß dieses Exposé werden auch unbehelligt bleiben, trotzdem jetzt das Tischtuch zwischen gebilligt. Ich stimme mit dem Grafen Limburg darin überein, daß Personen zugestellt worden ist, die weder zu seinen Verwandten gehören, noch zu seinen näheren Bekannten gerechnet werden können. Bund der Landwirte und Herrn v. Podbielski zerschnitten ist. Und man nicht in die Rechte der Strone eingreifen solle. Es war aber Vor allem stelle ich fest, daß das Exposé einer großen Anzahl Löhning war gar kein politischer Beamter. Die Aeußerungen zur notwendig, heute den Fall Löhning hier zu besprechen, weil sich sonst meiner eignen Untergebenen zugestellt, worden ist.( hört! hört! rechts.) Polenpolitik find erst nach seiner Verlobung in die Wagschale ge- in der Bevölkerung die Legende feftfezzen würde, als ob in Preußen worfen worden. Es zeigt nicht gerade von einem schönen Charakter eine Scheidewand zwischen höheren und niederen Beamten bestünde. Ein Exposé, in dem es heißt:" ich hielt es vor allem auch unter meiner Würde, nach den mir durch den Oberpräsidenten gemachten Eröffnungen der Untergebenen des Herrn Löhning, daß sie ihn denunziert haben. Herr Schröder hat wieder eine der üblichen Polenreden gehalten, Würde, nach den mir durch den Oberpräsidenten gemachten Gröffnungen Es kann nicht bezweifelt werden, daß die Verlobung die Ursache der die vollständig unbewiesene und unbeweisbare Behauptungen enthielt. über den Finanzminister ferner noch ein Untergebener dieses Verabschiedung Löhnings war, wenn es auch bestritten wird und wenn( Zustimmung rechts.) über den Finanzminister ferner noch ein Untergebener dieses Ministers zu sein."( hört! hört!) Dieses Exposé ist an zahlreiche Abg. Dr. Deser( frs. Bp.): meiner Untergebenen in der Provinz Posen eigenhändig adressiert es auch vielleicht nicht die Absicht des Herrn Ministers war. Ferner Die Ansicht, daß Herr Löhning wegen seiner Verheiratung mit von Herrn Löhning sogar an Herren meines eignen Ministeriums tommen auch ſtaatsrechtliche Bedenken gegenüber dieser Pensionierung gesandt worden. Was dem Provinzial- Steuerdirektor recht ist, ist rüftigen Beamten in Betracht. Wenn der Tochter eines Feldwebels entlassen wurde, war ganz allgemein ver dem letzten Unterbeamten billig es würde geradezu das Grab jeder Beamte pensioniert werden sollte, der irgend einmal breitet. Der Minister hätte viel zur Beruhigung der Bevölkerung jeder Disciplin, jeder geordneten Beamtenwirtschaft sein, wenn sich eine Aeußerung gegen die Maßnahmen der Regierung macht, gethan, wenn er die Erklärung, die er heute hier abgegeben hat, der Minister mit ausgeschiedenen Beamten in eine Breßpolemik dann würde unser Pensionsfonds außerordentlich anschwellen. Schon im vorigen Sommer veröffentlicht hätte.( Zustimmung links.) der Minister mit ausgeschiedenen Beamten in eine Preßpolemit über dienstliche Vorgänge, die zu seinem Entscheid führten, herbei- Der letzte Punkt ist die von Löhning verlangte Wahlbeeinflussung. Hoffentlich sehen die Herren, die heute hier für die Subaltern­über dienstliche Vorgänge, die zu seinem Entscheid führten, herbei- Die Abgabe des Stimmzettels bei der Wahl kann unmöglich als beamten so schöne Reden gehalten haben, ihre schönen Worte in lassen wollte.( Sehr richtig! rechts.) Die Vorwürfe, die mir in der Oeffentlichkeit und in der Presse Wahlagitation bezeichnet werden und nur eine solche kann dem Be- Thaten un. Wir werden Sie bei der Aufbefferung der Gehälter 2c. gemacht worden sind, bestanden zunächst darin, daß ich amten verboten werden. Löhning hatte durchaus recht, wenn er ein fräftig unterſtüßen.( Sehr richtig! links.) Ich komme nun au öffentliches Einschreiten gegen den betreffenden Beamten ablehnte. dem Etat der indiretten Steuerit selbst. Ich möchte Ihre Auf­diefen Beamten zum Ausscheiden aus dem Staatsdienst ge- Durch derartige Wahlbeeinflussungen wird nur das Denunziantentum merksamkeit auf den zollfreien Veredelungsverkehr lenken. Es ist drängt habe, weil er die Tochter eines Subalternbeamten geheiratet hätte. Eine folche Stränkung des gesamten Standes der großgezogen, das ja bei diesem ganzen Fall leider eine große Rolle sehr bedauerlich, daß diese Zollfreiheit nur fatultativ eingeführt ist. Subalternbeamten ist mir nie in den Sinn gekommen. Ich werde spielt. Ich will hoffen, daß die Regierung in Zukunft doch etwas nie verurteilen, daß die Tochter eines Subalternbeamten einen vorsichtiger sein und den Beamten ihre freie Meinung gönnen wird. höheren Beamten heiratet. Ich habe ausdrücklich ausgesprochen,( Bravo ! links.)

mal

eines durchaus noch

Was

Finanzminister Freiherr v. Rheinbaben:

Beim zollfreien Veredelungsverkehr stehen sich verschiedene wirt­schaftliche Interessen gegenüber. Gewiß bekommen durch Zulassung der Zollfreiheit zahlreiche Arbeiter lohnende Beschäftigung, andrer­seits vermindern wir bei einer großen Reihe Betriebe die Rentabilität. In diesen wirtschaftlichen Kampf einzugreifen ist nicht Aufgabe des Finanzministers. Vielleicht wendet sich der Vorredner mit seinen wünschen an den Handelsminister.

Abg. Hirsch( fri. Vp.) glaubt nicht, daß die Frage des zollfreien Veredelungsverkehrs furzer Hand bei dieser Etatsdebatte gelöst werden könne, und verteidigt die Kartelle und ihre Preispolitik gegen die An­griffe des Abg. Dr. Defer.

Abg. Gothein( fri. Bg.) behandelt gleichfalls die Kartellfrage. Die Kartelle nehmen den inländischen Konsumenten so folossale Preise ab, daß sie unter den Produktionskosten nach dem Auslande ver­kaufen und den Verlust aus dem inländischen Gewinne decken

Finanzminister Frhr. v. Rheinbaben: Ich würde dem Abg. Gothein dankbar sein, wenn er mir sein Material zur Verfügung stellen würde, denn ich habe das lebhafteste Interesse daran, Miß­stände abzustellen. Hierauf vertagt sich das Haus auf Mittwoch 11 Uhr,( Etat der Gestütsverwaltung; Etat der direkten Steuern.) Schluß 34 Uhr.

in diesem Hause zum Gegenstand der kontradiktorischen Erörterung fönnen. gemacht werden. Man kann wohl allgemeine Grundsäße für die Anstellung und Entlassung der Beamten hier aufstellen, aber es verträgt sich nicht mit der Prärogative der Krone, daß die Regierung in jedem einzelnen Falle der Beamtenentlassung über ihre Gründe hier zur Rechenschaft gezogen werden kann. Schließlich möchte ich noch meiner Befriedigung darüber Ausdruck geben, daß die Regierung ihre Dstmarkenpolitik ernst nimmt.( Bravo ! rechts.) Abg. Frhr. v. Zedlis( frk.):

daß ich mich über die Verlobung jedes Urteils enthalte, und habe Abg. Graf Limburg- Stirum( t.): Auf alle Einzelheiten will ich lediglich gerügt, daß der betreffende Beamte mir von seiner Ver- nicht eingehen. Die Dinge liegen nicht ganz klar.( hört! hört! links.) lobung keine Anzeige gemacht hat.( Hört! hört! rechts.) Mir konnte mit dem, was der Herr Finanzminister über die Frage der Ver­nach allen Meldungen nicht mehr zweifelhaft sein, daß ge- lobung und ihren Einfluß auf die Verabschiedung gesagt hat, wiffe Dinge lokaler und privater Art das Berbleiben diefes stimme ich überein. Im allgemeinen tann die Frau eines Beamten im Osten unmöglich machten. Ich muß es ab- Beamten sehr wohl auf auf die Stellung eines Beamten lehnen, auf diese rein privaten Dinge hier einzugehen, ich möchte schädigend einwirken, weim sie die notwendigen Eigenschaften des nur hervorheben, daß der Vorivurf des Kastengeistes vollkommen Geistes und des Herzens vermissen läßt. Ob sie aber aus niederen ausscheidet. Ich habe dem Provinzial- Steuerdirektor eine Versetzung oder höheren Kreisen stammt, tommt dabei gar nicht in Betracht. an eine andre Stelle vorgeschlagen, ein Beweis, daß ich seine Ver- Was die Entlassung des Herrn Löhning anlangt, so gebe ich dem bindung mit der Tochter eines Subalternbeamten nicht als Grund Herrn Minister darin recht, daß die Entlassung erfolgen mußte, zum Ausscheiden aus dem Staatsdienste ansah. Nun ist ein Gegen- wenn Herr Löhning in seiner erponierten Stellung nicht die jayz konstruiert worden zwischen meiner Ansicht und der des Ober- Politik der Regierung vertrat. Dagegen kann ich mich präsidenten. Der Oberpräsident soll gesagt haben: Ihre politischen nicht damit einverstanden erklären, daß die Gründe der Entlassung Ansichten können Ihnen den Hals nicht brechen." Das hat der Oberpräsident aber gesagt ohne Kenntnis zu haben von dem alten mäßigen Material, das mir damals schon vorlag.( Hört! hört! rechts.) Bezüglich der Feldwebeltochter fann ich mich den Ausführungen des Striegsministers im Reichstage vollkommen aufchließen. Die Feldwebeltochter ist bei meinem Vorgehen überhenpt nicht in Betracht gekommen. Ich habe erst aus den Zeitungen davon Kenntnis er halten, daß Herr Coccius früher ein Feldwebel war.( Hört! hört! rechts.) Ich bin selber Soldat gewesen, mein Vater ist auf dem Schlachtfelde gefallen, und ich weiß, was die Armee der Mutter des Soldaten, dem Feldwebel, verdankt.( Lebhaftes Bravo! rechts.) Zunächst muß ich dem Minister danken, daß er im Reichstag Für mich ist lediglich die politische Gesinnung dieses Beamten nicht über den Fall Löhning gesprochen hat. Hätte der Minister maßgebend gewesen. Die augenblidliche Lage in Bosen macht bei direkt mit Löhning verhandelt und nicht durch Mittelspersonen, so unfern Beamten ein besonderes Intereffe für nationale Dinge not- wäre die Legendenbildung von der Feldwebelstochter unmöglich ge­wendig.( Zustimmung rechts.) Stein Mensch wird von unfren wesen. Nach der heutigen Erklärung des Ministers scheidet die Verum Beamten verlangen, daß sie stumme Diener der Regierung feien. Tobung mit der Tochter des Feldwebels als Grund für die Ent- Die von dem Angeklagten Nar denkötter für seine Haft­Was wir aber verlangen, ist, daß die Beamten die Gesamttendenz fernung Löhnings vom Amt vollständig aus. Ich stimme den Worten entlassung erforderte Staution von 15 000 M. ist inzwischen gestellt der Regierung billigen.( Sehr richtig! rechts.) Die Regierung muß des Kriegsministers über die Verlobung eines Offiziers in ihren Beamten eine Stüße finden, sie dürfen ihr nicht passiv oder höheren Beamten mit der Tochter eines Subalternbeamten voll- Der umfangreiche Betrieb des Angeklagten ergiebt sich u. a. entgegentreten.( Zustimmung rechts.) Diese Pflicht ist den Beamten ständig bei. Wundern muß ich mich nur, daß der preußische Staat so aus der größeren Anzahl von Personen, die darin beschäftigt waren. ausbrüdlich eingeschärft worden. Der Provinzial- Steuerbiveltor hat fpät erst erkannt hat, wie gänzlich ungeeignet Herr Löhning zur Be Außer dem Erpedienten- Personal waren noch drei Korrespondenten aber in seiner Gesamthaltung befindet, daß er der Politik der fleidung einer höheren Verwaltungsstelle war, die eine starke Hand er beschäftigt, die die Eintragungen in die Patientenbücher besorgten Staatsregierung in sehr wesentlichen Buntten widerstrebt. fordert. Er sollte eine Beamtenschaft im schweren nationalen Stampfe und mit Hilfe von drei Schreibern die Korrespondenz mit den Schon vom Abgeordneten v: Jazdzewski ist der Fall in Fraustatt im Sinne des preußischen Staatsgedankens führen und hat dabei Patienten führten, selbständig Nachfuren anordneten und selbständig gestreift worden. In dieser Stadt wurde in der Stadtverordneten - ganz versagt. Das allein machte ihn gänzlich ungeeignet für den Rezepte ausschrieben, obgleich sie nie ein medizinisches Gramen ab= wahl ein Pole gewählt und zwar weil sich 80-90 Proz. der Kom- Posten eines Provinzial Steuerdirektors. Herr Löhning hat die gelegt hatten. Bezeichnend für die Geschäftsführung des Angeklagten munalbeamten nicht an der Wahl beteiligt hatten. Ein Steuer- Legendenbildung, daß seine Verlobung mit der Tochter des Feld ist, daß er auf Befragen des Präsidenten erklärt, er habe die Stor­beamter hat sogar für einen Polen geftimmt.( Hört! hört! rechts.) webels den Grund seiner Entlassung gegeben habe, in geradezu respondenten für eine derartige Thätigkeit für befugt erachtet, da Die Wahl wurde aus irgend welchen Gründen für ungültig erklärt. raffinierter Weise gefördert.( Lebhafte Zustimmung rechts.) Sein er sie ja drei Monate in der Geschäftsführung unterwiefen habe". Nun wurde den Beamten vom Landrat eingeschärft, bei der Nach- Weggang ist kein Verlust für den preußischen Staat.( Lebhafter Der Vorsitzende hält dies für ganz unerhört, zumal die Sor= wahl ihre nationale Pflicht zu erfüllen. Darauf erflärte der Beifall rechts.) Provinzial- Steuerdirektor: Der Landrat verlangt von mir eine ver­Abg. Kirsch( Centr.):

bleiben, der

Ein Kurpfuscher- Prozeß.

Ziveiter Tag.

Vorsitzender Landgerichtsdirektor Müller eröffnet die Sigung 9% hr.

worden.

respondenten bei dem umfangreichen Betrieb des Geschäfts, der doch jährlich mindestens auf 100 000 M. zu bemessen fei, auch sonst noch alle Hände voll zu thun hatten. Bei dieser Gelegenheit wird auch zur Sprache gebracht, daß nach der Behauptung des Angeklagten mit unter in den Apotheken Rezepte angefertigt worden seien, die keine Unterschrift trugen, sondern den Vermert hatten:

,, Unterschrift folgt."

"

fassungswidrige Handlung."( Lebhafte Zustimmung links. Unruhe Dem Reichstage muß das Recht gewahrt rechts.) Man fann feinem Beamten verdenken, tvennt er artige wichtige Angelegenheiten wvie den Fall Löhning, einen Polen wählt, auch die Minorität muß vertreten die iveit über den Rahmen des Einzelstaates hinausreichen, vor sein fein.( Große Unruhe rechts. Lebhaftes Sehr richtig fints.) Forum zu ziehen. Nach unsrer Auffassung ist auf beiden Seiten ge­Barum soll nicht auch ein Pole Stadtverordneter fein?" fehlt worden, sowohl von Herrn Löhning wie von der Finanz­Wir müssen von einem königlichen Beamten ein flares Bekenntnis in verwaltung. Es ist erfreulich, daß der Herr Finanz Der Vorsitzende bezweifelt, daß ein solches Verfahren nationalen Fragen verlangen; er muß unter allen Umständen deutsch minister in so positiver Weise erklärt hat, daß der Heirat bei den Apothekern möglich sei, der Angeklagte be­wählen.( Sehr richtig! rechts.) Ein Beamter, der nicht einen Dent- eines höheren Beamten mit der Tochter eines Subaltern- hauptet aber, daß dies in der Salomon- Apotheke" geschehen sei; fchen wählt, hat das Recht verwirkt, im Osten thätig zu sein.( Lebhaftes beamten nichts im Wege stände. Daß man aber zunächst andrer die ärztliche Unterschrift sei auch am nächsten Tage nachgeliefert Bravo! rechts.) Der Provizial- Steuerdirektor hat weiter erklärt, er Meinung fein konnte, dafür sprach zivcierlei: erstens das zeitliche worden. Präf: Wie konnten Sie nur den Mut haben, Preise verdamme den Ostmartenverein( Hört! hört! rechts), also einen Zusammentreffen der Verlobung oder der Heirat mit der Entlassung zu fordern, die kühn bis zu 120 M. für eine Sur hinaufgingen? Verein, der sich zur Aufgabe gestellt hat, die gesamten deutschen und zweitens der Umstand, daß die Regierung so lange mit der Sie haben dafür meist unter 2 M. Objekt geliefert. Einem armen Intereffen dort zu vertreten. Der Minister verliest eine Reihe von Klarstellung gezögert hat. Das dienstliche Verhalten Löhnings kann Dienstmädchen haben Sie 94 M. abgenommen, einem erblindeten Aussagen, in denen Beamte erklären, daß Löhning sich gegenüber der für seine Pensionierung keinen Grund gegeben haben, es Arbeiter 98 M., einem andern Patienten, den Sie durch falsche Be­Bolenpolitik der Regierung passiv verhalten habe. Auf den Erlaß handelte fich immer nur unt Aeußerungen Löhnings in handlung schwer geschädigt haben, 75 M. Es ist eine ganze Anzahl des Finanzministers, daß alle politisch unzuverlässigen Beamten Privatgesprächen über die Polenpolitik. Formell mag Graf von Zeugen vorhanden, die durch Ihre Behandlung in ihrer Ge aus dem Often entfernt werden sollen, hat der Provinzial- Limburg- Stirum recht haben. vent er meint, daß die fundheit arg zurüdgekommen find. Eine ganze Anzahl Ihrer