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Nr. 36.

20. Jahrgang.

2. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt.

Der Kurpfuscher- Prozeß.

Achter Tag.

Die heutige Sigung wird erst eine halbe Stunde nach der fest­gefeßten Zeit eröffnet. Einer der ständigen Richter, Landgerichtsrat Lewinsohn ist erkrankt, und es muß für ihn der Hilfsrichter Assessor Eichelfraut eintreten.

Ms Sachverständiger wird zunächst

Prof. Dr. Oskar Lassar ,

Donnerstag, 12. februar 1903.

Pelz: Nach Auskunft des Kriminalschuhmanns Busse ist am Wohnung, wo er nur etwas Nahrung zu fich nahm und Montagnachmittag jemand in ziemlich beschmuktem Zustande hier sich dann wieder entfernte. Frau N., die in Berlin zurück­an Gerichtsstelle erschienen, hat Sie in aller Gile herausrufen lassen, Sie haben ihm etwas gesagt und derselbe ist in aller Eile per Rad wieder weggefahren. Wer war dieser Mann? Der Zeuge er flärt, sich auf einen solchen zwischenfall überhaupt nicht befinnen Erster zu können und bleibt trop vieler Vorhaltungen dabei. Staatsanwalt Dr. Pelz:

Beuge

Apotheker Goldmann,

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Zeuge:

geblieben ist, will von dem Fluchtplane teine Kenntnis gehabt haben, und weiß auch angeblich nicht, wohin sich ihr Main gewandt hat. Dies konnte auch bisher polizeilich umsoweniger festgestellt werden, als Nardentötter wohl vorausgesehen hat, daß eine Beschlagnahmung seiner Briefe an feine Familie angeordnet wird und er demgemäß von einem schriftlichen Verkehr mit seiner Frau aksieht, oder ihn auf Umwegen bewirkt. Es wird angenommen, daß der Kurpfuscher nach London geflüchtet ist, wo er bereits am Sonntag eingetroffen sein dürfte. N. würde sich dort in vollständiger Sicherheit befinden, da England wegen Kurpfuscherei nicht ausliefert.

Die neueste Kuppelei Skandalgeschichte nimmt einen immer größeren Umfang an. Es erfolgen täglich viele Vernehmungen von jungen Mädchen und manche Verhaftung dürfte noch in Aussicht stehen. Das Ermittelungsverfahren wird mit großer Schnelligkeit betrieben und dürfte bald in das Stadium der Boruntersuchung hinübergehen. Die strafbaren Handlungen beschränken sich zunächst auf die Gegend des Scheunenviertels. Es ist bezeichnend, daß wohl­Inhaber der" Fortuna- Apotheke" hat von Mitte März bis August fituierte Leute ihren Weg dahinfanden. Der Eigentümer Haberkorn alle von einem 1901 mit Nardenfötter in Verbindung gestanden. Er hat ihm ver- besitzt in jener Gegend 41 Häuser, die tragsmäßig die Medikamente zum Selbstkostenpreise mit einem kleinen Comptoir in der Neuen Friedrichstraße aus verwaltet wurden. einem alten, fleinen Gebäude, Aufschlag geliefert und ein festes Entgelt von 100 M. monatlich er- In einem dieser Häuser, halten. Er will nicht gewußt haben, daß Nardenfötter ein Kur- hatte die Witive Remme seit sechs Jahren die erste Etage inne. Die pfuscher ist und behauptet, die Medikamente nur gegen unter Remme bestreitet, von dem Treiben irgend etwas gewußt zu haben, schriebene Rezepte verabfolgt zu haben. Die Berabfolgung geschah sie sei zum Zweck des Handels zumeist in der Markthalle oder auf ohne Aufschrift der Kopien, der Zeuge hat sich vielmehr auf Ver- der Straße gewesen. Ebenso stellt sie in Abrede, Vermögen oder langen des Dr. Kronheim darauf beschränkt, die betreffenden Buch­staben des Rezepts als Signum anzufügen. Er behauptet, dies Ersparnisse zu besitzen, Pferd und Wagen habe sie auf Abzahlung. gethan zu haben, weil er die betr. Zettel nur als Lieferscheine" Sie behauptet, daß die Mädchen unglaubwürdig und trotz ihrer angesehen habe. Diese Auffassung ist von der vorgesetzten Behörde Jugend bereits total verdorben seien. Als Beweis für die letztere nicht gebilligt, dem Zeugen vielmehr eine Rüge erteilt worden. Behauptung macht sie Angaben haarsträubender Natar. Der Haupt­Auch der angeklagte, Landmesser Steldt, hat dem Justizrat Er. Sello, Frau Apotheker Barthel, Remme dem Rechtsanwalt Dr. Werthauer und die Mitangeklagte Fran Zehme dem Rechtsanwalt Dr. Schwindt die Verteidigung über­

Ich frage Sie auf Ihren Eid: Wissen Sie, wohin sich Nardenkötter begeben hat? Nein. der bekannte Dermatologe, vernommen. Er soll sich darüber äußern, ob bei Gonnorrhoe eine mikroskopische Untersuchung notwendig ist. fest, daß dieser mehrfach lediglich von Nardenfötter ausgeschriebene Durch Befragen des Zeugen Vettertind stellt der Vorsitzende Er erklärt, daß man hier nicht generalisieren könne. Es werde gewiß viele Aerzte geben, die bei Zeitmangel gegenüber der Rezepte nach der Kronen- Apotheke hinunter gebracht und dort ohne gewiß viele Aerzte geben, die bei Zeitmangel gegenüber der weiteres angefertigt erhalten habe. Die durchlochten Zettel mit den Gonnorrhoe so vorgehen, wie die Aerzte früher borgingen, Stopien seien dann schon in der Apotheke wieder abgerissen worden. che man das Mikroskop als Hilfsmittel hatte. Ein vielbeschäftigter Zeuge Dr. Homeyer bestreitet dies und der Zeuge Vetterkind be­praktischer Arzt, der große Routine habe, werde für die Ent- stätigt, daß Dr. Homeher persönlich dabei nicht in Frage komme. scheidung bei Gonnorhoe im Einzelfalle, beim Vorliegen ganz akuter Ansteckung der mikroskopischen Untersuchung entraten können, weil er aus ganz bestimmten Anzeichen aus seiner Erfahrung heraus die Natur des Leidens erkennen kann. Bei verschleppten Fällen und vorliegenden Spätsymptomen sei eine mikroskopische oder sorgfältige Sonden- Untersuchung notwendig. Bom wissenschaft­lichen Standpunkte aus sei die die verfeinerte, verbesserte Untersuchung zur Feststellung des Falles unbedingt erforderlich.- Präf.: Der Angekl. Nardentötter hat kolossale Reklamen in die Welt geschickt und nach seiner Behauptung 75 000 m. jährlich für Reklamen ausgegeben. Darin hat er behauptet, er habe ganz besondere Mittel, um Geschlechtskrankheiten selbst in veralteten Fällen mit Sicherheit zu heilen. Ist dies möglich?- Sachverst. Prof. Dr. Lassar: Diese Frage fann ich ohne weiteres mit Rein" Ganz verwerflich ist es besonders, veraltete Fälle brieflich zu behandeln. Für ein verschlepptes Gonnorrhoe- Leiden die Diagnose zu stellen, erfordert eine große Kunstfertigkeit und eine Kur auf brieflichem Wege zu absolvieren, ist unzulässig. Ganz unmöglich ist es, Hautkrankheiten, offene Wunden 2c. par distance zu beurteilen. Derartige Dinge muß der Arzt ansehen, es ist oft außerordentlich schwer, selbst für ein geübtes Auge, den wahren Charakter der Krankheit festzustellen. Das ist die Kunst des Arztes; auf das laienhafte Urteil der Stranten bei Beantwortung der Fragebogen kann sich der Arzt nicht verlassen. Die Reklamen und der ganze Geschäftsbetrieb des Angeklagten Nardentötter tragen alle Anzeichen des betrügerischen Kurpfuschertums

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beantworten.

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Inhaber der Immanuel- Apotheke" hat mit Nardenkötter eine Zeit lang in derselben Weise wie der Vorzeuge in Verbindung gestanden. Auch er will nicht gewußt haben, daß Nardenfötter ein Sturpfuscher war. Anfangs fei ihm einiges aufgefallen und er habe gleich die Absicht gehabt, nur die größeren Vorräte, die er von Riedel bezogen, aufzubrauchen und dann die Verbindung mit Nardentötter abzu brechen, dies sei auch geschehen.

Rechtsanwalt Dr. Kempner sucht durch Befragen der Apotheker zu Gunsten seines Klienten Stlespel festzustellen, daß sie und es ist nicht zulässig, als praktischer Arzt seine Dienste einem ursprünglich gar tein Bedenken gehabt haben, den Versand für Narden­solchen Institut zu widmen; das sei vom wissenschaftlichen fötter zu übernehmen und daß ihnen erst durch Mitteilungen von Standpunkte nicht begründbar; vom ärztlichen Standpunite nicht dritter Seite einige Bedenken gekommen seien. Dies falle bei Ales­entschuldbar. Veraltete Leiden vrieflich zu behandeln, sei ein Miß- pel doch weg. brauch. Ein solcher Fragebogen, wie er hier in Anwendung ge- Gelegentlich dieser Erörterungen kommt zur Sprache, daß bracht worden, sei nicht ausreichend als Unterlage für ärztliche Be- Nardenfötter nahe an 100 verschiedene Heilmittel zu seiner Verfügung handlung zu dienen.

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tragen.

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Der Roman der Gräfin Wensierska- Kwilecka scheint eine sonder­bare Wendung zu nehmen. Die Posener Morgenzeitung" will er­fahren haben, daß die Prozeßgegner der Gräfin, das Herrenhaus­Mitglied Graf Hettor Kwilecki- Oporow, sowie deffen Sohn Graf Stanislaus Kivilecki- Dobrojewo, durch ihren Vertreter, Rechtsanwalt Lusowicz, die Erklärung abgegeben haben, daß sie den fraglichen Sohn der Gräfin als legalen Erben anerkennen. Das Berliner Polenblatt Dziennik Berlinski" hat von angeblich sehr hoch­die Mitteilung der Gräfin erhalten, daß gestellter Seite" die Gräfin unschuldig und das Opfer von Intriguen und Berleumdungen fei. Es wird darauf hingewiesen, daß alle bisher über die geheimnisvolle Affaire in die Deffentlichkeit gelangten beruhten, die wahrscheinlich an der Verurteilung der Gräfin ein Interesse hätten. Das Blatt deutet an, daß man sich in der Sache noch auf mancherlei Ueberraschungen gefaßt machen lönne, die das Verhalten der Gräfin in einem ganz andren Lichte erscheinen lassen würden. Ein Verdammungsurteil über die Gräfin sei durchaus noch nicht angebracht.

Dr. Davidsohn giebt Auf eine Frage des Rechtsanwalts hatte und daß sein bezw. seiner Frau Vermögen weit größer ist, als Meldungen auf die Aussagen von Leuten in untergeordneter Stellung

Es werden dann Aussagen von Zeugen verlesen, die zu Gunsten Nardentötters ausgefallen sind. Ein Architekt und Maurermeister hat erklärt: Er habe an Wassersucht gelitten und ver­dante Nardenfötter seine volle Wiederherstellung. Schon einen Tag nach Genuß der ihm verschriebenen Medikamente sei er um 4 Zoll an Umfang dünner geworden."

der Sachverständige zu, daß früher wohl er hier angegeben. verschiedene Aerzte briefliche Behandlung beliebt haben. Durch die neuere Gesetzgebung, Einsetzung der Aerztekammer, sei diesem Ver­fahren der gesetzliche Boden entzogen worden. An das Gutachten knüpft sich noch eine lange Reihe von Fragen medizinischen Charakters, die von dem Gerichtsarzt Dr. Störmer, dem Ersten Staatsanwalt Dr. Pelz und dem Verteidiger Dr. Davidsohn an den Sach­verständigen gerichtet werden. Auch der Angeklagte Dr. Kronheim Ein Rangierer aus Hannover , der an Schuppenflechte litt und greift mit längeren Ausführungen in diese Erörterungen ein, von zwei Kassenärzten ohne Erfolg behandelt worden ist, hat be­um sein Verfahren zu rechtfertigen. Als Ergebnis dieser Erörte- fundet, daß die Nardenfötterschen Mittel ausgezeichnet halfen und er rungen stellt der Vorsitzende und der Staatsanwalt fest, daß sich feineswegs für betrogen halte. das Gutachten des Sachverständigen mit den Ein an Bartflechte leidender Landbriefträger hat ausgefagt, Gutachten des Gerichtsarztes Dr. Störmer und auch des Sachverständigen Dr. Kahnt durchaus übereinstimmt.

Es wird hierauf Apothekenbesitzer Pieper bernommen. Er hat nur vierzehn Tage bis drei Wochen mit dem Angeklagten Nardenfötter in Geschäftsverkehr gestanden. Narden­fötters Bestellungen habe er nur auf Grund ärztlich unterschriebener Rezepte angefertigt, dann kamen ununterschriebene Rezepte, bei denen es sich aber nur um Alaun, Bärenkraut- Thee usw. handelte, d. H. um Dinge, die jeder Kaufmann abgeben kann. Dann famen Rezepte mit start wirkenden Sachen, die er abgelehnt habe, weil es ihm verboten sei, solche ohne ärztliches Rezept abzugeben. Nardenfötter habe ihm darauf geschrieben, daß ihm dies nichts nube. Er sei dann auch einmal ziemlich arrogant in die Apotheke ge= kommen und habe ihm dasselbe wiederholt. Er habe ihm darauf gesagt: Num scheeren Sie sich aber hinaus!" Bei den Dingen, die er ohne unterschriebenes Rezept geliefert, handle es sich aus schließlich um Sachen des Handverkaufs. Alles übrige habe er mit Entschiedenheit abgelehnt. necion

Der nächste Zeuge ist der

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Apotheker Dr. Homeyer,

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daß er von 5 Aerzten erfolglos behandelt worden sei. Er sei jedesmal mindestens drei Monate in Behandlung geivesen, habe für Ston­sultation und Medizin wesentlich mehr bezahlt, als bei Nardenfötter, habe aber nur durch den letzteren eine wesentliche Besserung seines Leidens erreicht. Er sei mit Nardenfötter durchaus zufrieden und durchaus nicht betrogen.

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Der

Rechtsanwalt Kempner beantragt, Dr. Remler und den Ge­schäftsführer der Firma Riedel, Herrn Meister, vorzuladen. Gerichtshof beschließt, die beiden Zeugen vorzuladen. Die Sizung wird auf Donnerstag 9% Uhr vertagt. тополог

novas Lokales.

Eine Warnung vor einem internationalen Mädchenhändler, dem Münzenfabrikanten Josef Schilmann aus Mohilew in Rußland , erläßt das Landratsamt des Kreises Teltow . Schilmann, der sich ab­wechselnd auch Moritz Elin, Gutermann, Brianow, Miron oder Meunier nennt, ist mehrfach wegen Betruges und Sittlichkeits­verbrechens vorbestraft. Er versucht, junge Mädchen unter dem Vorgeben, sie zu heiraten oder ihnen eine günstige Stellung als Gouvernante in Rußland zu verschaffen, zu unsittlichen Zwecken zu verschleppen.

Der kürzlich hier verhaftete Bankier Hermann Wattff aus Dorst­feld, der frühere Direktor der Dortmunder Handelsbank, ist infolge einer Beschwerde gegen den Haftbefehl auf Anorduang des Ober­landesgerichts Hamm wieder in Freiheit gesetzt worden, doch hat die Dortmunder Staatsanwaltschaft sofort einen neuen Haftbefehl gegen Wulff erlassen. Die Verhaftung war erfolgt wegen eines angeblich wertlosen Hypothekenbriefes, den Wulff verpfändet haben soll.

Einen guten Fang machte die Kriminalpolizei auf dem hiesigen Lehrter Bahnhof und in Friedrichsfelde . Vor einigen Tagen wurden aus einem Warenhause in Neu- Ruppin viele Herrenkleider gestohlen. Die Einbrecher hatten die Anzüge in Säcke verpackt und in der Berliner Patriotismus. Eine Korrespondenz meldet: Der Polizei- Eisenbahn nach Berlin mitgenommen. Der Einbruch wurde in Neu­schutz des Kaisers hat seit einigen Tagen eine ganz bedeutende Ver- Ruppin gleich bekannt, und die von dem Vorfall verständigte Berliner schärfung erfahren. Diese Maßnahme ist, wie wir erfahren, auf die Polizei erwartete die Thäter auf dem Bahnhofe. Es gelang, einen eigne Initiative des Kaisers zurückzuführen, und Veranlassung dazu Ser Verbrecher in dem Augenblicke zu fassen, als er sich mit einem gab folgender Vorfall. Als der Kaiser vor einigen Tagen die Sack auf dem Rücken entfernen wollte. Der zweite entkam zunächst. Absicht hatte, einen Spazierritt nach dem Tiergarten zu unter- Der Verhaftete nannte sich Koralewsky. Durch den Erkennungs­nehmen, wurde wie gewöhnlich eine Schutzmannspostenkette längs dienst wurde aber ermittelt, daß man einen alten Kunden des Reitweges aufgestellt. Als nun der Monarch mit seiner Namens Ehlers ergriffen hatte, der als Haupt einer Begleitung vom vom Schloſſe her zu Pferde nahte, Bestzer der Kronen- Apotheke" in der Friedrichstraße. Er wird das Unter den Linden promenierende Publikum alle Gebote Tagen verbüßt hatte. Er hatte in Neu- Ruppin mit einem jungen vergaß Einbrecherbande eine neunjährige Zuchthausstrafe erst vor drei vom Ersten Staatsanwalt Pe I3 befragt, ob er wie ein ihm der Schicklichkeit und des guten Tones und stürmte ohne alle Geschäftsangestellten Kähler Verbindung angeknüpft und ihn zur sugegangenes Schreiben behaupte am Sonnabend den Angeklagten Stü dsicht über die Rasenanlagen hinweg dem Reitwege Teilnahme an dem Zug verleitet. Se. betrat mun zwar die Wohnung Nardenfötter zur Bahn gebracht habe? Der 3euge verneint dies entschieden. Erster Staatsanwalt Belz: Frau Narden- zu, um dem Kaiser seine Huldigung darzubringen. Die Schußleute seines Spießgesellen in Friedrichsfelde , wo er Unterschlupf finden fötter soll in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag mit Licht hatten den Reitweg zu überwachen und konnten daher dem Publikum sollte, nicht, wollte aber doch erfahren, was aus ihm geworden sei feinen Einhalt gebieten. So sehr nun auch der Kaiser über die und trieb sich in der Nähe der Wohnung umher. Dabei wurde er aus Ihrer Apotheke gekommen sein. Zeuge: Das verneine ich unter meinem Eide . Erster Staatsanivalt Dr. Pelz: Haben Ehrenerweisung des Publikums erfreut war, so war ihm sichtlich von demselben Beamten, dem er anfangs entwischt war, erkannt und Sie mit Nardenfötter in näherem Verkehr gestanden, oder ist dies doch unangenehm, daß die Rafenanlagen von Jung und Alt zertreten festgenommen. Beide wurden am Mittwoch dem Untersuchungs­bei Ihrer Ehefrau der Fall? Der Monarch hat dies auch gefängnis eingeliefert. 3euge: Keineswegs! und ganz erheblich beschädigt wurden. Staatsanwalt: Sie facen also unter Ihrem Eide , daß Sie feiner Begleitung zu verstehen gegeben und den Wunsch geäußert, daß Vorkehrungen getroffen würden, welche in Zukunft derartige einer Klage, welche voraussichtlich auch noch den Strafrichter be­Eine Zechschuld in Höhe von 350 M. bildet die Grundlage zu nicht wissen, Scenen zu verhüten geeignet sind. Infolgedessen wird fortan wohin. Nardenfötter abgereist die Stredenbesetzung" Unter den Linden eine gesteigerte fein. fchäftigen dürfte. Ein Agent, der mit einem Variétébefizer in fauf­Zeuge Steine Ahnung! Der Zeuge bekundet weiter Namentlich in der Nähe der Hauptverkehrsstraßen kann man männischer Verbindung gestanden, besuchte mit zwei Freunden das auf Befragen, daß er eine Zeitlang für Nardenfötter Medikamente bemerken, daß dort fast alle drei Schritt ein uniformierter Etablissement und veranlaßte angeblich die beiden zu bedeutenden angefertigt habe. Dies sei aber nur auf Grund unterschriebener Schußmann steht, Geldausgaben. Es geschah dies mur deswegen, weil der Agent und tver ein geübtes Auge hat, Der Rezepte geschehen. Er habe nicht gewußt, daß Nardenfötter ein wird auch die große Menge der Kriminalbeamten überschauen hoffte, mit dem Variétébefizer wieder in Geschäftsverbindung Kurpfuscher sei, denn derselbe habe einen Arzt als Leiter feines tönnen. Nach ungefährer Schätzung wird die Straße Unter den Andeutung gegenüber ablehnend. zu konumen, doch verhielt sich dieser jeder dahin zielenden Als nun Instituts gehabt.. die Drei, die Linden beim Bassieren derselben durch den Kaiser annähernd von Medikamente aus der Kronen- Apotheke seien an Nardenfötter geliefert 70 uniformierten Beamten bewacht, denen etwa 30-40 Kriminal- nicht nur den Wirt, sondern auch das gesamte Geschäftspersonal wvorden ohne jede Beschreibung; es wurde nur ein abreißbarer, beamte beibeordert sind. mit Wein, Bier uſtv. trattiert, zahlen sollten, verweigerten sie die durchlochter Zettel angeflebt, auf welchen die Kopie der Medikamente ganz klein geschrieben war. Diese Zettel waren ohne weiteres nicht alle Formen gesellschaftlicher Rücksicht wahrnimmt. Die Herr- der Polizeistunde zu erstatten. Da Wirt und Personal Zeugen bei­Es giebt mehr Beispiele dafür, daß der Berliner Patriotismus Begleichung der Rechnung, und der Agent drohte einer etwaigen Klage gegenüber eine Anzeige wegen Animierens und Uebertretung abzureißen und feien auch von Nardenfötter abgerissen worden. fchaften 3. B., welche zur Mittagsstunde ständig die Schloßwache be- bringen können, daß die Anzeige wegen Animierens zu Unrecht er Der Zeuge giebt dies zu. Narbenfötter habe direkt verlangt, daß gleiten, find in gemeffener Entfernung ebenfalls genießbarer als in folgt, so wird die Angelegenheit nicht nur das Civil-, sondern auch bringen können, daß die Anzeige wegen Animierens zu Unrecht er­folche abreißbaren Bettel angefertigt und die Kopie dort aufgeschrieben handgreiflicher Nähe. werden sollte. Präs.: Sie haben dies also ganz genau gewußt? das Strafgericht beschäftigen. 3euge: Ja! Ich hatte ja gar keinen Einfluß mehr auf den Ab­nehmer, wenn die Medikamente aus dem Hause waren.

ist?

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Kriminalfommissar Müller II:

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Bräs:

Abstriche vom Etat. Der Magistrat hat am Tiefbau- Etat nicht Schwere Brandwunden erlitt am Dienstagnachmittag die weniger als 4 Millionen Mark gestrichen, darunter 1 Million Mart 23 jährige Frau des Arbeiters Thielow aus der Fehrbelliner­Sie haben uns gefagt, daß Sie die Bettel erst haben anfertigen für die Umpflasterung von Straßen. Die Baudeputation II be- straße 29. Sie unterhielt in der Kochmaschine ein besonders starkes müssen. Sie haben also im gewissen Sinne schäftigte sich gestern mit diesen Abstrichen und mit den Straßen, Feuer und wurde beim Nachsehen der Röhre von einer heraus­die vorläufig nicht umgepflastert werden können. Es find dies schlagenden Flamme erfaßt. Ihre Bluse geriet dabei in Brand und bei dem Betruge die Hand mit im Spiele folgende Straßenzüge: Die Rosenthalerstraße zwischen Weinmeister- Frau Th. lief brennend und schreiend zu ihrer Mutter, die auf gehabt? 3euge: Ich habe in keiner Weise angenommen, daß und Lothringerstraße, der Hafenplay, die Königgrägerstraße zwischen demselben Flur wohnt. Bei dem Versuch, das Feuer zu ersticken, hier ein Betrug vorlag. Askanischem Platz und Mödernstraße, die Hasenheide zwischen Fichtes zog sich die Mutter Verlegungen an den Händen zu. Erst Nachbars­Präf Sie mußten unter den obivaltenden Umständen und Jahnstraße, die Rungestraße, die Saarbrüderstraße, die Prenzlauer leuten, die schnell mit Säden und Deden hinzugeeilt waren, gelang die ganze Sache ablehnen. Wenn fämtliche Apotheker Berlins es Allee und Butligstraße. es, die Flammen zu ersticken. Bis dahin war immerhin einige Zeit abgelehnt hätten, mit Nardenfötter in Verbindung zu treten, so wäre er lahm gelegt worden. Zeuge Jch bin stets ein ordentlicher Die Flucht Nardentötters erfolgte nach den bisherigen amtlichen verstrichen, so daß Frau Thielow an Hals, Bruft und Händen der­Apotheker gewesen. Die Behörde trifft jedoch in diesem Falle auch Feststellungen bereits am Freitagnachmittag nach Beendigung der artige Brandwunden davongetragen hatte, daß sie nach der Charité ein Vorwurf. Wenn die Untersuchung 2 Jahre im Gange war, Prozeßverhandlung in Moabit auf Grund eines sorgfältig aus- gebracht werden mußte. hätte sie doch wohl die Apotheker warnen sollen! gearbeiteten Planes. Veranlaßt wurde die Flucht des Kurpfuschers Abgefaßt wurde ein alter bestrafter Einbrecher, als er einen Der Angeklagte Dr. Kronheim bestreitet, daß er die An- vermutlich durch die Erkenntnis, daß er nicht nur eine Bestrafung Ueberzieher verpfänden wollte. Der Eigentümer des aus glattem ordnung mit den durchlochten, abreißbaren Zetteln getroffen habe. wegen der unter Anklage stehenden Bergehen, sondern auch eine Estimo hergestellten Kleidungsstückes mit schwarzem, gestepptem Auf Wunsch des Staatsanwalts wird der früher ver- Untersuchung und strafrechtliche Verfolgung wegen Steuerhinter- Seidenfutter und doppelreihigen Steinnußknöpfen ist der Polizei nommene Zeuge Privatgelehrter Hartenberg, ein Angestellter ziehungen zu erwarten hatte. Am vergangenen Freitag be- noch nicht bekannt. Der Ueberzieher liegt im Zimmer 37 auf dem Nardentötters, noch einmal vorgerufen. Erster Staatsanwalt Dr. gab sich Nardenkötter von Moabit aus direkt nach seiner Polizeipräsidium aus.