zweiter Klasse erhalten. Wird er über diese Dekorationgleichfalls einen Erlaß:„An meine Arbeiter" richten?—Gemischte Gesellschaft. Die sozialdemokratischeOpposition in Oesterreich, die„Unabhängigen"— aebeneine Maifestschrist heraus mit Beiträgen von'Gladstone,Clemenceau, Rosegger, Hola, NieuwenhuiS, Spielhagen—Politiker und NichtPolitiker, Radikale, Liberale, Bismärcker,Anarchisten in brüderlicher Eintracht. Mehr kann mannicht verlangen.—Zum Prozeß Ravachol. Einer der Zeugen in demProzeß— ebenfalls ein„Anarchist"— stellt dem Angeklagtenein glänzendes Sittenzeugniß aus:„Ravachol ist ein vor-trefflicher Mensch, ein Wohlthäter der Elenden, er hat niefür sich selbst Verbrechen begangen, sondern nur um Anderenzu helfen!" betheuerte er; und warum sollten wir nichtglauben, daß es ihm damit ernst war? Unsere katholischenBlätter, welche sich vor der Firma Ravachol und Comp.entsetzt bekreuzigen und den„Atheismus" für Alles ver-antwortlich machen, haben am Wenigsten Grund, die sittlichEntrüsteten zu spielem Kennen sie nicht jene Räuber derApeneinen, die gewissenhaft vor dem Kruzifix oder demMadonnenbild beten, ehe sie einem Reisenden die Taschenleeren oder die Gurgel abschneiden, und die dann nach voll-brachter That ebenso gewissenhaft ihren Rosenkranz herunter-leiern und sich Vergebung ihrer Sünden bei der MutterKirche holen? Wenn der Freund Ravachol's mit seinerCharakteristik Recht hat, dann kann die Kirche vielleicht nocheine Eroberung machen.Kennzeichnend ist die Wuth, mit der ein Theil derBourgeoispresse— auch in Deutschland— über die„feigen" Geschwornen herfällt, weil diese Ravacholnicht deS Mords schuldig befunden, und die Richter ver-hindert haben, das Todesurtheil zu fällen. Bei solcherGelegenheit zeigt sich so recht deutlich der Blut-dürft des Angstbürgers. Der tollgewordene Hammel istbekanntlich ein sebr gefährlicher Bursche. Die Geschworenenhaben im Gegentheil Muth bewiesen, daß sie dem Drängender tollgewordenen Hammel nicht nachgaben und sich einfachan die Sache hielten. Ravachol war nur wegen derDynamit-Attentate angeklagt, durch die kein Mensch dasLeben verloren hat, und die deshalb nach dem Gesetze desLandes nicht mit dem Tod zu bestrasen waren. Wohlhatte die französische Kammer in aller Eile ein Gesetzfabrizirt, das die Verhängung der Todesstrafe für derartigeAttentate vorschrieb, allein dieses Gesetz war erst nach denHandlungen, um derentwillen Ravachol vor Gericht stand,angefertigt worden, konnte also auf den Wahrspruch derGeschworeneu keinen Einfluß haben.UebrigenS muß zugestanden werden, daß die französischePresse, mit Ausnahme der monarchistischen und klerikalenOrgane, den Versuchen politischer Fruklifizirung— denenauch die Regierung nicht fernsteht(siehe unten)— sehrkräftig entgegentritt. Daß die sozialistische Bewegung mitdiesen„anarchistischen" Streichen nichts zu thun hat, unddaß diese überhaupt nicht als politische Handlungen auf-gefaßt werden können, das ist auch dem französischen Bürger-thum klar geworden. Die Dynamiterei ist Sache der Polizei,nicht der Politik.—.....Die Reaktion und die Dynamiterei. Wie dieKommis der Kapitalisteyklasse hü Dynamitgeschichte ausbeuten, ergiebt sich aus einer Unterredung, die der französische Ministerpräsident Loubet mit einem Redakteur des„Figaro" gehabt hat. Danach erklärte Loubet,„jetzt ernteman die Früchte der seit einer Reihe von Jahren geduldetenuneingeschränkten Freiheit der Rede und der Feder; diesemMißbrauch wolle er entgegentreten und sei entschlossen, venKampf fortzusetzen, dies sei daS einzige Mittel, mit demAnarchismus ein Ende zu machen. Für den 1. Mai besorgeer nichts, Frankreich werde an diesem Tage sicherlich dasruhigste Land Europas sein; im Uebrigen seien alle Vor-sichtsmaßregeln getroffen, um Persönlichkeiten, welchen Droh-bliese zugegangen, zu beschützen. Die Regierung sei festentschlossen, ohne Schwächt ihre volle Pflicht zu thun." Dasdemokratische Frankreich, repräsentirt durch dieArbeiterschaft, pnrd den Machenschaften des kurzathmigenMinisteriums Loubet einen dicken Strich durch die unfeineRechnung machen. Die französischen Proletarier duldennicht, daß ihr Gemeinwesen russisch werde.—Gladstone triumphirt. DaS öde Philisterthum, dasdie Weiberarbeit profitgierig ausbeutet und die Frau inalle Nöthe des Daseinskampfs hineinstößt, ihr aber in seinesStumpfsinns Uederlegenheit jedes politische Recht versagt,hat im englischen lknterhäuse noch einmal gesiegt. Dasgegen das Frauen- Stimmrecht erlassene greisenhafteManifest des„großen alten Mannes", des Liberalen Glad-stone, des Kapitalisten- Idols, wirkte. Nach fünfstündigerDebatte hat das Haus der Gemeinen am 27. April mit175 gegen 152 Stimmen die zweite Lesung der Bill, durchwelche den unverehelichten weiblichen Personen das legis-lative Wahlrecht verliehen werden sollte, abgelehnt. Diekonservative Regierung behandelte den Gegenstand alsoffene Frage, der erste Lord des Schatzes Balsour unter-stützte jedoch die Bill sehr energisch.—Wahl-„Reform" in Schweden. Die zweite Kammerhat wie aus Stockholm gemeldet wird, mit 134 gegen79 Stimmen beschlossen, jedem volljährigen Mann, welcherein Einkommen von mindestens 500 Kronen versteuert,das Wahlrecht zur zweiten Kammer zuzugestehen. Bisher«var das Wahlrecht an die Versteuerung eines Einkommensvon 800 Kronen geknüpft. Und die erste Kammer lehntemit 65 gegen 51 Stimmen den von der zweiten Kammerangenommenen Beschluß ab. So scheiterte dieser Awach-liche Versuch, das Wahlrecht zu erweitern. Em Versuch,der nur aus Furcht vor der stetig fortschreitenden Sozial-demokratie gemacht worden ist.—Russisches.„Väterchen" ist unwillig über das Urtheilder Pariser Geschworenen in Sachen Ravachol. Die Peters-burger„Nowoje Wremja", ein Regierungsblatt, drückt ihrBefremden darüber aus, daß die Pariser Geschworenen nichtden Muth gehabt hätten, Ravachol zum Tode zu ver-urtheilen. Dieses Verhalten der Geschworenen dürfte diein Freiheit befindlichen Gesinnungsgenossen Ravachols nurzu neuen Unthatcn aneifern. Für die französische Regierungsei das Urtheil um so bedauerlicher, weil es abfälligeKritiken über die Ordnung in Frankreich zur Folg« habenwerde. Die französischen Gewalthaber sind trotz ihrerUnterwürfigkeit, die sich z. B. in der schmählichen BeHand-lung der russischen Flüchtlinge so herrlich offenbaret, denblutrünstigen Gelüsten des Zarismus gegenüber noch immerzu human. Aber Ravachol hat nur im Geiste des russischenDespotismus gehandelt, der mit Meuchelmord und Ver-schwörungen operirt. Er verdient von Rechts wegen denhöchsten russischen Orden.— Vor jeder Organisation hat dasoffizielle Russenthum eine heilige Scheu. Das Gesuch derJournalisten von Helsingfors(Finnland), einen Vereinbilden zu dürfen, ist nach Anhörung der Oberdirektion derPreßangelegenheiten und des Gouverneurs in Nyland Lauvon dem Zaren selbst abschlägig beschieden worden. Derfinnische Journalisten-Klub hätte den Thron umstürzenkönnen, �uatbewa s!t, er sei verflucht!—Maifeier in Afrika. Die Jntemationalität derArbeiterbewegung offenbart sich in der Allgemeinheit undUeberallheit des Maifestes der Arbeit. Aus allen Ländernund Erdtheilen hören wir von Vorbereitungen für dieFeier einerseits, von Versuchen, sie zu hintertreiben, ander-seits. Jetzt erfahren wir, daß auch Afrika, der„dunkleErdtheil", seine Maifeier haben wird— freilich noch nichtdas Afrika, welches durch die sogenannte Kolonialpolitikder sogenannten zivilisirten Völker durch Vivisektion mitobligater Mordbrennerei und Räuberei für diesation" gewonnen werden soll, sondern der Norden Äwo es den Europäern zum Glück nicht gelungen ist, diealte Kultur zu vernichten. Aus Algerien, wo derSozialismus viele Anhänger hat, wird uns geschrieben, daßin verschiedenen Städten, namentlich in Algier undConstantinah, Maifeiern stattfinden werden, und zwar hierwie dort unter Leitung der Arbeitcrbörsen. Auch deräußerste Süden von Afrika, die Kapkolonie, wirdseine Maifeier haben. Wo Kulwr ist, da ist auch derSozialismus.—ZtarkeinaiftrMjtfen.Hans Blum, welchem erst dieser Tage vor dem Landgerichtin Halberstadt Unzuverlässigkeit hinsichtlich sozialdemokratischerDinge in weitestem Umfange nachgewiesen wurde, sucht nun mitHilfe von Gerichten und Slaatsanwälten der Sozialdemokratiebeizukommen, an deren blankem Ehrenschild die Unwahrheitendieses kleinen Sohnes eines großen Vaters so schmählich ab-geprallt sind. Unter anderem hat der Verfasser der Sudelschrift:„Die Lügen der Sozialdemokratie" auch Klage gegen das Hamburger„Echo" erhoben, in welchem ein Artikel aus dem„Wähler" Aufnahmegesunden hat, in dem jener Bismarckverhimmler in seiner Eigenschaftals„sächsischer Patnot" vorgeführt wird. Diesen Artikel vermnthctnun Blum als aus der Feder Liebknecht's geflossen und durch dieVermittelung Auer's soll er in das„Echo" gekommen sein.Letzterer wurde deshalb in der Angelegenheit auch auf kommissa«rischem Wege eidlich ßvernommen. Daß Hans Blum, dem,wenn- er an die Sozialdemokratie denkt, in seinem Oberstübchenalles wie Kraut und Rüben durcheinander geht, zu der kon-fusen Vorstellung kam, ein Artikel aus dem Leipziger„Wähler",welchen Liebknecht im„Echo" abgedruckt haben wolle, bedürfedazu der Vermittelung Auer's, wundert uns nicht weiter. Daß aberStaatsanwalt und Gerichte sich auf eine umfangreiche Beweis-erhebung einlassen, von der man, auch ohne mit zuristischemScharfsinn gesegnet zu sein, im Voraus wissen muß, daß nichtsdabei herauskommen wird, das darf billig verwundern. Und zwarum so mehr, als es sich in der ganzen Angelegenheit, schlimmstenFalles nur um die Beleidigung eines Privatmannes handelt, derselbst, nieder durch- Jahre lang fortgesetzte unqualifizirbare An-griffe seinen Gegner gereizt hat.Rother Sieg im schwarzen Köln. Bei den Wahlen zumGewerbegericht haben bei den zehn Abtheilungen der Arbeiter-beisitzer die Sozialdemokraten in neun Abtheilungen gesiegt. Beiden zehn Abtheilungen der Unternehmer siegten die Sozial-demokraten in einer Abtheilung, in einer zweiten Pbtheilungist eine Entscheidung durch das Loos erforderlich.-— Zu drei Monaten Gefängniß verurtheilte am25. April das Landgericht zu Meiningen unseren Genossen Hugoaus Schmalkalden wegen angeblicher Beleidigung desBürgermeisters Sterying aus Klein-Schmalkalden. Die Be-leidigung soll durch einen Zeitungsartikel erfolgt sein. DerStaatsanwalt hatte 6 Wochen, die Äertheidigung Freisprechungbeantragt. Das überraschend Hohe Strafmaß wurde— wie unsgeschrieben wird— vom Richter damit motivirt, daß der Artikeldazu angethan sei, andere Parteien lächerlich zu machen.Nrmummcrles.Stadtverordneten• Versammlung.Oeffentliche Sitzung vom Donnerstag, den 23. April,Nachmittags 5 Uhr.Der in der zweiten Abtheilung, 14. Wahlbezirk, neugewählteStadtverordnete Buchow wird in der üblichen Weise eingeführtund auf die Städte-Ordnung verpflichtet.In die gemischte Deputation behufs Ankaufs u. s. w. der zurVerbreiterung der Gertraudtenstraße und der Straße Am Spittel-markt erforderlichen Grundstücke sind seitens der Versammlung4 Mitglieder zu wählen. Es erhalten Stqdtv. Franke 73 Stimmen,Meyer I 73, Wagner 30, Namslau 73. Die übrigen � Stimmensind zersplittert, auch der vom Stadlv. Pltschke vorgeschlqgencStadtv. Singer bleibt in der Minderheit.Bezüglich der Vorlage, betr. die Festsetzung von Bauflucht-linien für die Verlängerung der Gormannstraße zwischen Linien-und Lothringerstraße empfiehlt der Ausschuß mit 11 gegen2 Stimmen folgende Beschlußfassung:„Die Versammlung ist einverstanden damit, daß Flucht-linien für die Verlängerung der genannten Straße zurFeststellung gebracht iverden und die Straßenanlage binnen2 Jahren nach der Feststellung ausgeführt werde. Gleich-zeitig ersucht die Versammlung den Magistrat für dieVerlängerung der Gormannstraße über die Lothringer-straße hinaus bis zur Zehdenickerstraße im Treffpunkte der, letzteren mit der Chorinerstraße Fluchtlinien zur Festsetzungzu bringen.Ohne Debatte tritt die Versammlung dem Ausschußantrage bei.lieber die Ausschußberathung bezüglich der Vorlage, welchedie Bewilligung der nöthigen Mittel für den Neubau eines Ver-waltungsgebäudes, eines Beamtenwohnhauses, eines Operations-Hauses und eines Badehauses aus dem Grundstück des Kranken-Hauses Moabit berichtet Stadtv. Langerhans. Der Ausschußbeantragt die Genehmigung des Neubaues der Beamten- Wohn-Hauses und des Operationshauses(letzteres jedoch ohne Unter-kellerung), lehnt aber die Genehmigung zum Bau des Badehausesab. Bezüglich des Verwaltungsgebäudes soll der Magistrat umeine anderweite Vorlage ersucht werden.Die Versammlung giebl ohne Debatte diesen Anträgen ihreZustimmung.Das neue Regulativ für die Erhebung der Gemeinde-Ein»komniensteuer ist am 15. April er. vom Oberpräsidenten ge-nehmigt worden. Beanstandet worden ist nur tz 9, Abs. 1,wonach die besondere Meldepflicht von physischen Personen,welche im Laufe deS Steuerjahres anziehen, bei der städti-schen Steuerbehörde nicht nur dann fortfallen soll, wennsie von letzterer«ine Steuerbenachrichtiguna erhalten haben.sondern auch in dem Falle,„wenn sie ihrer Meldepflicht bei demGemeindevorstande bereits anderweitig genügt haben". DerMagistrat hat dieser Aenderung eine große materielle Bedeutungnicht beimessen können und die Aenderung in Voraussetzung desEinverständnisses der Versammlung vorgenommen. Die Publikationdes Regulativs ist inzwischen erfolgt.Stadtv. Sachs II beanstandet diese? Vorgehen desMagistrats und wünscht zum mindestens nach erkheilter Zu-stunmung der Versammlung die nochmalige Publikation, umeine Anfechtung der Rechtsbeständigkeit des Regulativs zu ver-hindern..Sladtrath Hagen rechtfertigt das Verfahren mit Hinweisauf die Geringfügigkeit der Aenderung und die Dringlichkeit derBestätigung des Regulativs.Die Versammlung heißt die Maßnahmen des Magistrats gut.Der Ankauf eines dem Rentier Allmann in Bernau gehörigen, im Gemeindebezirk Blankenfelde belegenen Grundstückszur Erweiterung bezw. Abrundung des städtischen RieselfeldesBlankenfelde- Rosenthal für 3199 Mark wird ohne Diskussionbeschlossen.Die Vorlage, betr. die Errichtung eines Dienstgebäudes fürdas Märkische Provinzialmuseum und für städtische Bibliothekengeht auf Antrag des Stadtv. Gerstenberg an einen Aus-schuß; die Vorlage. betr. den Ankauf des Grundstücks August-straße 21 zum Bau einer höheren Bürgerschule wird dagegen aufWunsch des Stadtraths de N ö v e von der heutigen Tages-ordnung abgesetzt.Am 23. Anril 1891 hat die Versammlung auf AntragKalisch u. Gen. beschlossen, den Magistrat zu ersuchen, mit ihrin gemischter Deputation darüber zu berathen, auf welche Wessevon der städtischen Verwaltung das Projekt einer Industrie-Ausstellung in Berlin am besten gefördert werde.Die aus Grund dieses Beschlusses zusammengetretene Kom-Mission, bestehend aus 20 Stadtverordneten und 10 Magistrats-Mitgliedern, hat am 13. April getagt und folgenden Antrag mitallen gegen eine Stimme angenommen:Die Gemeindebehörden werden ersucht, zu beschließen:Magistrat und Stadtverordneten-Versammlung begrüßen dasProzekt einer Weltausstellung in Berlin mit großerSympathie und erklären sich bereit, das Unternehmen thatkräftigzu unterstützen. Von diesem Beschlüsse ist dem Präsidium desdeutschen Handelstages Mittheilung zu machen.Der deutsche Handelstag hat schon im Januar d. I. sich fürdas Projekt einer Weltausstellung in Berlin ausgesprochen undsein Präsidium dem Magistrat im Februar die Geneigtheit zuweiteren Berathungen mit den Gemeindebehörden zu erkennengegeben. Der Magisttat hat sich dem Beschlüsse der gemischtenDeputation angeschlossen und ersucht die Versammlung um eineentsprechende Befchlußsassung.Stadtv. Kalisch ist erfreut, daß durch die seit der An-nähme seines Antrages erfolgten umfassenden Erörterungen dieAnschauungen über die Frage einer Weltausstellung in Berlinsich sehr bedeutend geklärt haben. Er ist für den Anttag derDeputation, der zwar etwas platonisch erscheine, aber doch derbeste Ausdruck des für den Augenblick Möglichen sei. Nicht ganz passendfei freilich der Hinweis des Magistrats auf die Erfolge der PariserWeltausstellung von 1839. Paris nahm in Frankreich eine ganzandere Stellung ein als Berlin in Deutschland, außerdem hättendie französische Regierung und die Stadt Paris für die Aus-stellung ä fonds perdu Summen hergegeben, wie sie von demDeutschen Reiche und namentlich von der Stadl Berlin nicht zuerwarten seien. Auch sei die Pariser Weltausstellung an sich keineJndustrie-Ausstellung gewesen. Mit dem Gedanken eines Defizitsmüsse nian flch schon vertraut machen. Dennoch empfiehlt Rednerdie Annahme des Vorschlages der gemischten Deputation unddes Magistrats; es werde jedenfalls eine der Stadt Berlin wür-dige Ausstellung zu Stande gebracht werden.(Bravo!)Stadtv. Singer: Ich bin mit Vielem, was der Vorrednergesagt hat, einverstanden, habe aber doch die eigenthümliche Empfin-dung, daß der Ansang seiner Ausführungen mit den späteren sicheinigermaßen im Widerspruch befindet. Zuerst beklagt er, daßder Beschluß der Deputation ihm zu platonisch erscheint, wünschtaber, daß die Stadt mit viel größerer Energie die Frage in dieHand nehme und das Interesse der Industrie für das Unter-nehmen wachrufe, und dann gießt er Wasser in seinen Wein,indem er meint, die Stadt werde die von ihr zu verlangendenOpfer wahrscheinlich nicht bringen. Die Verwahrung dagegen,daß von Berlin mehr gefordert wird, als die Kommune leistenkann,, war insofern nicht angebracht, als nicht das geringste An-zeichen dafür vorliegt, daß von irgend einer Seite eine das Maßseiner Kräfte übersteigende Betheiligung von Berlin verlangtwird. Auch der Hinweis auf Paris ist nicht ganz richtig, denndann müßte auch das bedeutsame Moment berücksichtigt werden, daßParis durch das Oktroi außerordentliche Einnahmen von derAusstellung gehabt hat. Die Meinung, daß wir uns mit denVeranstaltungen in Paris nicht werden messen können, halte ichauch nicht für berechtigt, behaupte außerdem, daß die Ansicht, diePariser Ausstellung sei keine Jndustrie-Ausstellung gewesen.durchaus falsch ist. Wer sie gesehen hat, wer sie mit Augen ge-sehen hat, die das beurtheilen können, kann zu solchem Urtheilnicht gelangen. Was ihr fehlte, um eine Weltausstellung zusein, war die Betheiligung der deutschen Jndusttie; aber daswar nicht die Schuld der Pariser Ausstellung, sondern derjenigenKreise, welche in der Meinung, aus übertriebenem Ehauvinis-nms(Oho!) von der Pariser Ausstellung fern bleibenzu müssen, sich nicht betheiligt haben. Ich hätte das Wort über-Haupt nid)t genommen, wenn der Vorredner sich darauf beschränkthätte, die einstimmige Annahme der Resolution z» empfehlen.Auch wir werden dafür stimmen, auch wir glauben, daß nichtsBesseres geschehen kann zur Erhaltung des Friedens, zur Ver-brüdcrung der Völker, als Weltausstellungen, daß die deutscheIndustrie sich keineswegs irgendwie zu schänien braucht, sichirgend einer andern an die Seite zu stellen. Alle diese Momentebringen uns zu der Ucberzengung, daß Berlin, wenn es dieVölker zu einem Rendezvous eiuladet, die Probe mit Ehre be-stehen wird, daß die Berliner Weltausstellung sich den früherenwürdig anreihen wird. Die Kritik, welche der Vorredner an derPariser Ausstellung geübt hat, ist am allerwenigsten geeignet, daslebendige Interesse bei den zivilisirten Völkern wachzurufen, dessenes zum Gelingen der unserigen bedarf. Ich habe deshalb dagegenprotestiren wollen, damit nicht im Auslande der Glaube entstehe,als werde der Standpunkt des Vorredners durchweg getheilt.(Beifall bei den Sozialdemokraten.)Stadtv. Kalisch bestreitet, daß Paris durch daS Oktroi sobesonders hohe Einnahmen von der Ausstellung gehabt habe.Der Magistratsantrag wird daraus einstimmig an»genommen.Schluß 6»/e Uhr.Vermipckzkes:In Ruhrort hat sich das schätzungsweise Erträgniß derEinkommensteuer von 73 000 M. vorher auf 240 043 M.diesmal gesteigert. Die Gemeindesteuer konnte deshalb von214 pCt. auf 95 pCt. herabgesetzt werden.Auch 3000 M. hat nunmehr das Bankhaus Rothschildauf die Ergreifung des flüchtigen Kassirers Jäger ausgesetzt.—Merkwürdig spät!Ein merkwürdiges Testament,«stin reicher Grundbesitzeraus Fucecchio hat den König Humbert ztim Universalerben seineseine Million betragenden Vermögens gemacht.— Die armenLeute irgend einer Provinz Italiens wären des Vermächtnissesbedürftiger gewesen.