®« Münchener Staatsrechtslehrer Seydel sagtBayerisches Staatsrecht I, S. 451):„Die Befugnisse,welche dem Regenten entzogen sind, übt kein Anderer aus,sondern sie ruhen, bis der König selbst in der Lage ist, siegeltend zu machendDie Steuergesetzgebung, speziell auch die Besteuerungdes Branntweins, bildet emen integrirenden Theilder Verfassung; nur auf die königliche Initiativehin oder durch Sanktion des Königs kann hier eineAenderung getroffen werde«. Der König aber ist wegengeistiger Gebrechen nicht regierunasfähig, und der Reichs-Verweser darf keine Verfassungsänderung vornehmen. SeydelDas bayerische Staatsrecht IH, S. 481) sagt:.Verfassungsänderungen durch den Regentensind nach bayerischem Staatsrecht un-zulässig.' Das ist ausdrücklich bereits festgelegt indem Staatsraths-Protokoll vom 20. Mai 1818, in welchemdie Schlußberathung über das Verfassungswerk stattfand.Trotzdem haben sich die bayerische Regierung und derbayerische Landtag im �ahre 1887 über diese verfassungS-rechtlichen Schranken hinweggesetzt, das Reservatrecht ge-opfert und das Reichs- Branntweinsteuer- Gesetz akzeptirt.Wir wiederholen also, was wir gesagt:.Damals ging estrotz der Verfassung. Jetzt geht es nicht wegen der Ver-fassung. Aber diesmal handelt es sich um die Erweiterungdes Wahlrechts, und dazu ist der Deutschfreisinn zu—freisinnig!"—Zur Gharakteristik des bayerische« Deutschfrei-finns. Was sagt Herr Eugen Richter zu der in der»Volks-Zeitung"(Nr. 102 vom 1. Mai) am Nürn-dcrger Parteitag geübten Kritik? Da heißt es u. a.:Der bayerische Freisinn, soweit er offiziell nach außen tritt� und dieser ist zur Zeit noch der maßgebende— hat stetsin Wadenstrümpfler-Politik pwr excellence gemacht. Bei derengen Verquickung mit dem RationalliberalismuS, der denFreisinn m Bayern immer nur als nnvermeidliches Uebel be-trachtet und demgemäß behandelt hat, hat in langen Jahrenkein Mtnsch— die sogenannten Parteiführer eingeichlofsen—aus dem Echo auS der Prannerstraß« in München heraus-zuhören vermocht, wo der Rationalliberalismus aufhörte undder Fretstnn anfing; brüderlich haben sich beide Richtungen zuder wächsernen Legierung der Eanstmuch und der Nachgiebig-B*Srn oben verbunden....m � schlichte Wähler versteht eS absolut nicht, wie zweiPaneten, dt« sich de» den Landtagswahlen um den Hals fallen,sich zw« Jahre später bei den Reichstags-Wahlen wie Tod-feinde belämpfen können. Er sagt sich mit Recht, daß daseme oder das ander« unaufrichtig ist. Halbheiten und Korn»promisse haben wir aber ohnedies genugsam in der Welt; dieLandesversammlung der freisinnigen Partei hätte es sich er»sparen können, zu diesem blechernen Münzhaufen noch ihrScherflein beizusteuern....So hat denn der.bayeriscy« Freisinn" die letzte Gelegen-heit vorübergehen lassen, in der er sich zu einer eigenen Parteiaufschwingen konnte. Seine Zukunft wird die des National-liberalismnS sein; beide Richtungen werden stch bemühen, ihrEchisslein durch die ultramontan« Brandung hindurch möglichstgründlich aus de» Sand zu setzen. So sehr wir diese Selbst-Vernichtung bedauern, ebenso zweifellos wird sie eiutreten. InNürnberg ist am letzten Sonntag dem entschiedeuenFreisinn im Bereich der dlau-weißen Grenzpfühle dasGrabgeläute erklungen!"Herr Richter kann doch heute nicht mehr im munterenChor der Denunzianten die„Volks-Zeitung" ein.gemäßigtsozialdemokratisches Blatt" nennen, heute, da der deutsch-freisinnige Reichstags-Abgeordnete für den 7. Re-gierungSbezirk Breslau, Karl Vollrath als Chef-redakteur der.VolkS-Zeitung" zeichnet.—DaS schweizerische AusliefernngSgesetz. Daß dieSchweizer der Reaktion mit ihrem AuslieferungsgesetzHandlangerdienste leisten werden, bezeugt ihnen der Spitzel-vater Bismarck in den„Hamburger Nachrichten".Er schreibt in seinem Leibblatt, daß.dieses Gesetz eineFrucht des seinerzeit anläßlich der A f f ä re. W o.h l-g e m u t h von Deutschland auf die Schweiz geübtenDrucke? sei. Der Zweck der damaligen diplomatischenKampagne, welche im Einverständnisse mit den achtbarstenElementen der Schweiz eingeleitet worden, sei mit demErlaß dieses Gesetzes endgiltig erreicht".„Wühlen Sie nurlustig draus los", das ist das Paßwort der Wohlgemuth-Politik. Zu den„achtbarsten Elementen der Schweiz" ge-hören doch auch noch die Schweizerbürger Attenhoser undSchröder? Man sieht, wem die Vereitelung des Re-ferendums Nutzen gebracht hat.—— Welche Wirkung die Dynamiterei hat, bezeugt dieMeldung, daß der schweizerische Bundesrath„Studien"mach« zu einem Bundesgesetz gegen Anarchistenin solcher Bedeutung für uns weiter nichts als eine herum-lausende Kochmaschine oder ein chemischer Apparat, inwelchem Stosse, die für uns ungenießbar, schwer verdaulichoder nicht wohlschmeckend sind, in genießbarere, leichterverdauliche und unserem Geschmacke angemessenere Speisenumgekocht werden. Wer wollte nach den großen Siegender Chemie aber daran zweifeln, daß wir nicht noch bessereKochapparate erfinden, welche uns jene lebendigen ersetzen,uns sogar die Speisen in noch angemesseneren Zusammen-setzungen aus Gras und Kraut bereiten und ohne die vielenunverdaulichen Beimischungen, welche auch daS Rindfleischnoch für uns hat; daß wir dann noch weniger Ver-dauungsarbeit nöthig haben und mehr Zeit für geistige Ar-beit gewinnen, daß eine große Stoffvergeudung verhütet,Wohnungen für Rindvieh erspart werden, sowie dieMenschenarbeit in Wegsall kommt, welche zur Pslege undBewahrung dieser Thiere noch nöthig ist. Es ist, rcue ge-sagt, das Alles noch nicht da, aber Sie werden m,r dochzugeben, daß eS kommen kann. Und wenn wir nun bedenken,daß das Verdauen des Rindfleisches und der Milch nochviele gedankenfaule Stunden bedingt, welche bei den ohne-hin schon GeisteSträgen oftmals verhängnißvoll werden,so würden auch bei Genuß leichterer Speisen die zweibeinigenOchsen mehr und mehr verschwinden."„Sie sind in der That ein großer Revolutionär, HerrDoktor," meinte Lutz, indem die Anderen bei dieserAuseinandersetzung lachten,„sogar das alte friedlicheVerhältniß zwischen Mensch und Thier wollen Sie um-stürzen!"„Die Wissenschaft ist nun einmal revolutionär," ent-gegnete Lange,„und wenn die Gedanken einmal ihren Laufnehmen, muß man sie lausen lassen, so weit sie wollen. Ichwüßte auch nicht, warum man sie, anhalten sollte. In derwirklichen Welt finden sie schon Grenzen, die sie anerkennenund Dynamitarden. Bezüglich deS Inhaltes verlautet,dasselbe werde die Privatsabrikation und den Besitz vonDynamit untersagen.—Italienisches. Aus Rom meldet das DepeschenbureauHerold unterm 30. April:„Im Säulengange des PalazzoMassimo platzre in der letzten Nacht eine gewöhnlicheCastagnole. Viel Lärm um nichts! Tie Brücken,Banken und öffentlichen Amtsgebäude sind seit heute be-wacht. Gendarmerie und Jnfanteriepatrouillen sorgen fürdie Sicherheit an der Peripherie der Stadt. Das An-schlagen des Aufrufes an die Arbeiter ist überall verbotenund daS Gelegenheitsblatt„Primo Maggio"(der ersteMai) ist mit Beschlag belegt worden."„Die öffentlichen Kassen und Bankhäuser in Venedigwerden militärisch besetzt. In Livorno ist eine Bombeneben der Knabenschule, in Faenza eine Dynamitpatroneunterhalb der Präfektur geplatzt. Mehrere Personen sindverhaftet worden. Die hiesige Marinebehörde hat denArsmalarbeitern die Maifeier verboten. Im Gebäude derFinanzintendantur in Neapel exvlodirte eine Bombe, ohnefedoch Schaden anzurichten. In einem Hause daselbstexplodirten zwei Dynamitkapseln, die das Gebäude be-schädigten. In den oberitalienischen Städten werden fort-dauernd Verhaftungen von Anarchisten vorgenommen. DieZahl der Verhafteten übersteigt bereits dreihundert. Wieaus Rom gemeldet wird, hat sich auch der Vatikan veranlaßtgesehen, im Hinblick auf den 1. Mai besondere Vorsichts-maßregeln zur Verhütung etwaiger Ruhestörungen oder ver-brecherischer Anschläge aus dem Boden des Vatikan? zu er-greifen. Schon seit einiger Zeit ist der Zutritt zu denunterirdischen Räumen der St. Peterskirche, deren Besuchsonst allen Fremden ohne Weiteres gestattet war, nur solchenPersonen eingeräumt, die sich mit einer das Visum deSDomkapitels tragenden Eintrittskarte ausweisen k önnen.Am 1. Mai selbst werden nur mit einem amtlichen Cha-rakter bekleidete Personen in den Vatikan eingelaflen werden.Die vatikanischen Museen und die sonsttgen Galerien bleibenan diesem Tage geschlossen."Mit Einem Wort, der Polizeiminister Nicotera undseine Spießgesellen machen den Philister toll vor Angst,und der Wau-Wau geht um, suchend die, welche nicht allewerden. Nach dem 1. Mai hätte die Geschichte ja auchkeinen Zweck.—Aus Ruhland. Obgleich die international« Lage,schreibt der Warschauer Berichterstatter der„FrankfurterLeitung"(Nr. 120 vom 29. April) wenig Veranlassung zurefürchtung irgend welcher kriegerischer Verwickelungen bietet,herrscht hier doch eine sehr schwüle Temperatur. Es ver-geht keine Nacht ohne Haussuchungen und Ver-Haftungen. Gendarmerie und Polizei sind beständigauf der Suche nach sozialistischen und polnisch- patriotischenAgitatoren. Das Gefängniß für politische Verbrecher in derhiesigen Festungszitadelle ist überfüllt; trotzdem werden ihmstets neue Bewohner zugeführt. Von Prozessen hört manwenig, denn insofern überhaupt eine Bestrafung erfolgt undder Zwischenfall für die Betheiligten nicht auf eine mehr-wöchentliche oder mehrmonatliche Untersuchungshaft beschränktbleibt, erfolgt die Bestrafung im sogen. Verwaltungswege,das heißt durch Verfügung des General- Gouverneurs ohneZuziehung der Gerichte. Manchen außerhalb Polens dürstees nicht bekannt sein, daß wir hier seit dem Jahre1863 noch immer den Belagerungszustand habenund daß der General-Gouverneur bei allen Vergehen, dieeinen politischen Charakter haben, die Entscheidung m seinerHand hat. Er kann bis auf lebenslängliche Deportationnach Sibirien erkennen. Allerdings muß ich ergänzendhinzufügen, daß vor kurzer Zeit das Kriegsgericht einigeSoziali st en abgeurtheilt hat, darunter einen gewissenS. Kawinski, der in den Mendelsohn'schen Sozialisten-prozeß in Posen verwickelt war und nach Verbüßung derdort erhaltenen Strafe an die hiesigen Behörden ausgeliefertworden ist. Hier ist S. Kawinski zum Tode durchden Strang verurtheilt worden. Es heißt, das Urtheilsei bereits vollstreckt worden,«S ist jedoch schwer, in dieserBeziehung etwas Bestimmtes zu sagen, da derartigeExekutionen innerhalb der Mauern der Zitadelle vor-genommen werden und das Publikum davon gewöhnlicherst in einigen Wochen durch offizielle BekanntmachungenNachricht erhält.—müssen, wir aber haben keinen Beruf, ihnen ängstlichoder bedenklicher Weise Halt zu gebieten."„Es ist," bemerkte RaffmauS jetzt,„zwischen HerrnDr. Lange und mir insoweit eine Verständigung erzieltworden, als von erstgenanntem Herrn die Möglichkeit an-erkannt wird, daß sämmtliche Stimmen der freisinnigenParteien auf eine Person vereinigt werden könnten, welchefreilich nicht mehr in der unseres ursprünglich aufgestelltenKandidaten zu suchen wäre."„Und in welcher denn dann? rief Dr. Benjamin ge-spannt, indem ein längst gebannter Hoffnungsstrahl wiederdurch seine Seele zuckte.„In der Person des Herrn Dr. Lutz," erwiderte Raff-maus mit einem Tone, als wisse er, daß er einer auf-lebenden Hoffnung in diesem Augenblicke einen tödtlichenKeulenschlag versetze.„Sehr verbunden", rief Lutz und verbengte sich vor dendrei Herren der demokratischen Partei.„Mit dieser Wahl würden wir unS allerdings unterUmständen einverstanden erklären können", meinte Reinisch.„Dr. Lutz ist die einzige Persönlichkeit, welche auS derliberalen Partei angenommen werden könnte", fügte auchHanke hinzu.„Und was soll der Kaufpreis sein, für welchen die9 Wahlmännerstimmen der Herren Demokraten erlangtwerden können?" fragte Benjamin argwöhnisch.„Anerkennung des allgemeinen gleichen und direktenWahlrechts mit geheimer Abstimmung und Jnbetrachtnahmeeiner Lösung der sozialen Frage durch StaatShilfe."„Ein hoher Preis für neun Stimmen," brummteBenjamin, ärgerlich darüber, daß er nicht durch der-artige Konzessionen schon längst eine größere Popularitätgesucht.„Ein hoher Preis, Herr Dr. Benjamin?" rief aberLange entrüstet.„Worin soll der wohl liegen? Wenn wirZur Maifeier. Am Vorabende des Weltfeiertages derArbeit, nachdem die Arbeiterschaft überall ihre Festvorbereitungengetroffen hat, mag noch kurz der Angriffe gedacht sein, welche dieGegner der Maifeier zu Theil werden ließen. Es ist natürlich, daßdas Unternehmerthum der Demonstration für den Achtstundentagund für wirkliche Arbeiterschutz-Gesetze keine Sympathien ent-gegenbringt, denn der Prosit steht ihm höher, als das Interesseder Menschheit. Demgemäß können auch die von und für Unternehmer herausgegebenen Zeitungen der Maifeier gegenüber keineandere, als eine feindliche Stellung einnehmen. Nicht dem Wesen,sondern nur der Form nach ist diese'Haltung der nichtsozialdemokrati-schen Blätter verschieden. Im Grund« sind sie alle der Maifeierabgeneigt, wie das Kapital, dessen Interessen sie vertreten. Vonden Blättern, die den manifestirenden Ardeitern förmlichen Haßentgegenbringen, mögen einig« zitirt sein.Der in Bochum erscheinende„Märkische Sprecher",ein nationalliberales Blatt, schrieb:„Der 1. Mai ist die Feier des sozialistischen Terrorismus derukunft. er ist ein Faustschlag in das Gesicht der staatlichenutorität. der christlichen, bürgerlichen Gesellschaft und eben ausallen diesen Gründen sollten die Behörden unter keinen Umstänornund an keinem Orte des Reiches dulden, daß der Sozialismusgerade diesen Tag zu einer in ihren Gründen wie Endzielen ver-werstichen internationalen Feier mißbrauche!... Die moderneGesellschaft hat«in klares, unbedingtes Recht, vom Staate zufordern, daß nichts verabsäumt werde, was dem sozialistischenWühlen und Agitiren die Handhaben entzieht,— deshalb mußgefordert werden, daß die Behörden gegen Staat undGesellschaft gerichtet« demonstrativ« Herausforderungen unter-drücken, daß auch am l. Mai nicht eine öffent»liche Verhöhnung der bestehenden gesetzlichen Ordnungstattfinde�. Von diesen Gesichtspunkten allein sind hinsichtlichsozialistischer Umzugsbegehren die behördlichen Entscheidungen zutreffen,— und wo die Unterbehörden anders handeln, wo sie inmißverständlicher Auffassung der Sachlage der Sozialrevoluttonunzeitgemäße, verhängnißvoll« Zugeständnisse machen, welche dochnur der sozialistischen Agitation Nährstoff zuführen würden,—da ist es Pflicht der höheren Regierungsbehörden, unter Auf-Hebung der ertheilten Umzugserlaubniß die Würde und das Rechtdes modernen Staates gegenüber den sozialistischen Straßenheldenaufrecht zu erhalten. In beinahe allen größeren Städten desDeutschen Reiches sind die sozialistischen Straßendemonstrationenverboten morden,—- es ist nicht einzusehen, weshalb seitens desStaates in dieser wichtigen Prinzipienfrage nicht«in einheitliches.summarisches Verhalten gefordert werde» sollte. Mögen stch dieBürgermeister einzelner Städte der Regierung und der Bürger-fchaft gegenüber hundertmal für die Aufrechterhaltung der öffent-liche» Ordnung am l. Mai verbürgen, mögen die Sozialisten-sührer auch tausendmal die gleiche Versicherung abgeben; dermoderne Staat darf nicht dulden, daß der Sozialismus Spottmit ihm lreibe, daß der sozialrevolutionären Strömung durchoffizielle Duldsamkeit der Stempel der Gesetzlichkeit, der Zulässtgkeitausgedrückt werde!"Die,.Magdeburger Zeitung", gleichfalls ein liberalesBlatt, erklärte:„In den meisten Theilen Deutschlands hat man öffentlicheUmzüge der Sozialdemokraten untersagt, in einigen Städten abergenehmigt. � Diese Genehmigung können wir nicht billigen.Solche Aufzüge stören zunächst den Berkehr, sodann bergen sie,weil sie herausfordernd wirken, den Keim zu Ruhestörungen insich. Die Sozialdemokraten mögen ihre Feste und Ausflüge nachBelieben feiern, aber eS ist für die Behörden kein Grund vor-Händen, ihnen die Veranstaltung von den Verkehr störenden unddie Bürgerschaft sowie die Staatsgewall provozirenden Umzügenzu gestalten."Die„Norddeutsche Allgemeine Zeitung" istmit dem Manchestermann sang pbras«, dem DeutschsreistnnigenEugen Richter, ganz desselben Sinnes:„Vollzieht stch auch die Maifeier öffentlich— ob es dabeihie und da zu einzelnen Ausschreitungen kommt oder Alles inOrdnung verläuft. ,st hierfür gleichgiltig—, so folgt daraus dochnicht, daß sie eine öffentliche Angelegenheit im Sinne einer po-litischen sei, und man sollte der Sozialdemokratie nicht den Ge-fallen thun, zu einer solchen zu stempeln, was ihr selbst nur alsdem Volke zu bielende circonses gilt, da sie Brot demselbennicht gewähren zu können sich bewußt ist."—So sehen wir die Vertreter der alten Gesellschaft fest ge-schloffen und feindlich der Arbeiterklasse gegenüber stehen. Wassie sonst trennt, es ist am l. Mai vergessen; der internationaleAufmarsch des Proletariats bringt jede Differenz der bürgerlichenGesellschaft zum Schweigen. Polizeimaßregeln, Denunziation,Hohn und Spott— alle Mittel werden versucht, um die Be-deutung deS 1. Mai zu vermindern, seine Wirkung auf die Ge-sammtheit der arbeitenden Bevölkerung abzuschwächen. Allesdas ist aussichtslos und die Bekämpfung der Maiseier nur einoffenkundiger Beweis für die Einstchtslostgkeit der alten Gesell«schaft. Ziehen wir aus ihrem Verhalten aufs Neue den Schluß,unerschütterlich zum Prinzip der vollständigen, der wirth-schaftlichen und politischen Befreiung der Nichtbesitzenden ausden Fesseln der Besitzenden zu stehen, unverrückbar fortzuschreitenauf dem Wege, den sich die Sozialdemokratie gesteckt hat.iveiter nichts verlangen, als bloße Jnbetrachtnahme derLösung einer Frage, welche in unserer Zeil geradezu eineLebensfrage geworden?"„Mit Staatshilfe, vergessen Sie daS nicht!" warfBenjamin ein.„Nun ja; wenn Sie eine andere Lösung finden, solles unS ganz angenehm sein. Im Uebrigen verlangenwir ein anderes Wahlrecht, oder genügt etwa Ihnendieses Wahlrecht, Herr Dr. Benjamin?"„Jedes Wahlrecht hat seine Mängel."„Ja wohl; es kommt nur aus das„wieviel" an. Aberein dümmeres, blödsinnigeres Wahlgesetz als daS Klassen-Wahlgesetz kann kaum gefunden werden, zumal mit der in-direkten Wahl. Erstens ist kaum die Hälfte der mündigenStaatsbürger wahlberechtigt, folglich ist nur die kleineHalste durch Wahlmänncr vertreten; von den Wahlmännernbringt nur die eine Partei einen Kandidaten wirklich durch,also diesmal vielleicht Sie mit unserer Hilfe den Ihrigen.Da stehen sich 102 und 93 Stimmen gegenüber. Dieklemere Hälfte steht dann gänzlich ohne Vertreter da, undda schon die Wahlmänner nur von einer kleinenHälfte der Staatsangehörigen gewählt sind, ist der Depn-tirte nur Vertreter von reichlich einein Viertel dermündigen Staatsbürger. Und da mm ferner am Landtag-einfache Stimmenmehrheit entscheidet, so könnte es unterUmständen auch wohl vorkommen, daß nur ein reichlichesAchtel der Staatsbürger seinen Willen durchsetzt. Ichdachte, dieses Wahlgesetz leuchtete mit seinen Mangeln soins Auge, daß ein wirklich liberaler Mann es nicht ver-theidigen dürfte, wobei ich noch gar nicht in Betracht ziehe,daß es in Zeiten der schlimmsten Reaktion von der Re-giernng oktroyirt worden ist."(Fortsetzung folgt.)