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"over üd uuu, Leipzig   säu-ioOoo,»lZdam 2000, Bielefeld   5000, tamburg wohl 100 000, Staßfurl 1500, Dorf Loderburg   bei taßfurt 200. Breinei haven: Festziig 3000 Personen, 12 Fahne», Fest im Kolosseum 5000 Personen. Elberfeld   und Braunschweig  sehr starker Besuch, Mainz   5000, Halle   a. S. 22500(beim verregneten Ausflug nach der Dölauer Haide), die Polizei war überflüssiger Weise äußerst zahlreich vertreten. In Offenbach   war an Stelle des verregneten Waldfestes in drei Lokalen die für diesen Fall vorgesehene Feier arrangirt worden, der Besuch der- selben war zahlreich. Reden über die Bedeutung der Maifeier durften, angeblich auf Anordnung des Kreisamts, nicht gehalten werden, was im Gesetze keine Stütze findet. Mannheim   56000 Personen. In Ludwigshafen   war die Vormittagsversammlung infolge des Regenwetters nicht stark, von ca. 400 Per- sonen besucht, der Zudrang zum Festbankett dagegen, das Abends stattfand, war so bedeutend, daß Hunderte keinen Platz mehr fanden. Dessau   500 Theilnehmer, Würzburg  sehr zahlreicher Besuch des Volksfestes trotz des schlechten Wetters. München  : die Volksversammlung im Münchener  stindl-Keller war von weil über 5000 Personen besucht. In Dresden   war der Ausflug durch das schlechte Wetter be- eintrachtigt- immerhin nahmen nach der dortigenGerichts-Ztg." noch gegen 6000 Personen an demselben Theil. Brandenburg  : Die Zahl der Theilnehmer am Spaziergang nach Schmerzke   be- trug zwischen drei« und viertausend. Nürnberg  : Die beiden Volksversammlungen am Sonnabend waren trotz des zur Zeit ihres Beginns eingetretenen Schneesturms sehr gut, namentlich auch Seitens der Frauen besucht; auch die Versammlungen in den Vororten erfreuten sich guten Besuchs, mit Ausnahme Muggenhofs; das zum 1. Mai geplant gewesene Volksfest ist be- kanntlich verschoben worden. Breslau  : Die vier Volksversainm- klingen waren sehr stark besucht; am Ausflug nach der Schweden  - schanze betheiligten sich viele Tausende; das Wetter war un» günstig. Am Ausflug der Magdeburger   nach Ottersleben  nahmen über 6000 Personen Theil; von den Versammlungen am Sonnabend hatte die in Buckau   2000 Besucher. Frankfurt   a. O.: Unerwartet zahlreiche Betheiligung. Guben  : Volksversammlung voii 2000 Personen besucht. In Cannstadt wurde das Fest ivegen ungünstigen Wetters verschoben, trotzdem besuchten 400 bis 500 Personen das Festlokal. Ulm  : Da nicht allein die Lokale, sondern auch die Plätze abgetrieben worden waren, zogen die Mai-Manisestanten nach Neu-Ulm. Stuttgart  : Vormittags vier große Volksversammlungen; die Betheiligung am Nach- nlittagösest in den verschiedenen Lokalen war zahlreich. In Bremen   zählte der Festzug mehr als 6000 Theilnehmer; die Zahl der Fahnen betrug ca. 50; Bruhns und Gottlieb hielten die Festreden. Frankfurt   a. M.: Die Versammlungen waren gut besucht, zum Theil überfüllt; das Waldfest ist des außerordcutlich schlechten Wetters wegen bekanntlich verschoben worden. In Hanau   hatten sich trotz des strömenden Regens immer noch 500 Personen auf dein Festplatze eingefunden. In Friedberg   kam man Abends in helle» Schaaren zum Festlokal. Altona  : Guter Verlauf der Feier. Die Stettiner zogen in Zahl von mehreren Tausenden nach Pommerensdorf. » Tie Maifeier der Hamburger   Arbeiterschaft hatte sich einer bedeutend größeren Betheiligung seitens der Gewerkschafts- korporationen l.»d anderer Arbeitervereinigungen zu erfreuen, als im vorigen Jahre. Die dortigen Korrespondenten auswärtiger bürgerlichen Organe depeschirten, wie uns von dort berichtet wird, ihren Blättern lächerlich geringe Zahlen hinsichtlich der am Fcstzuge Belheiligten. DieFranks. Ztg." z. B. giebt die Zahl dersetben auf 15 000 an, möglich, daß ein Jrrthum vorliegt und eine Stull vergessen wiirde. Der Wahrheit am nächsten kommt es jedenfalls, die Zahl der am Zuge Theilnehmenden auf 100000 zu schätzen. Aus dem Festplatze drängten sich gewiß annähernd 150 000 Menschen. ES marschirten im Zuge 150 verschiedene Korporationen mit ihren Fahnen und Emblemen und über 15 Musikkorps. Mehr als 4000 Frauen und Mädchen nahmen am Festzuge theil. Die Aufstellung, erfolgte am linken Ufer der Außenalster, so daß das Ende des Zuges sich in der Nähe der Kunsthalle formirte. Der Festplatz ielber war beim sogenannten Mühlenkamp aus der Rennkoppel des Traberklubs, einem ge- räumigcn Areal, das sich aber als fast zu klein für die Fest- theilnehmer erwies. Sämmtliche Zugänge zu den Straßen, in welchen der Zug Ausstellung nahm und durch welche er sich be- wegte, war von Schutzleuten zu Pferde und zu Fuß abgesperrt, so daß die Festzügler sich in freiesler Weise bewegen konnten. Die Ordnung seitens der Arbeiterschaft war natürlich eine musterhafte. De» Weisungen der Festordner und-Ordnerinnen wurde überall bereitwilligst Folge geleistet; aber auch das Benehmen der Schutzmaunschaften war im Gegensatz zu vielen anderen Städten kein störendes. Das Wetter war, wenn auch ohne hellen Sonnen- schein, doch freundlich und miliH, so daß der Ausenthalt im Freien durchaus nicht unbehaglich war. Einen prächtigen Anblick ge- währte es, als auf der Tribüne sämmtliche Banner- und Fahnen- träger in langer Reihe versammelt waren und vor den Tausend und aber Tausenden, die dicht gedrängt sich schaarten, der Reichs- tags-Abgeordnete Karl F r o y m e seine kernige Festrede hielt, worauf von sämmtliche» Gesangvereinen bei Musikbegleitung die Arbeitennarseillaise gesungen wurde. In gemüthlichster Weise vertheilte sich darauf die Menge in die verschiedenen geräumigen Erfrflchungszelle, welche, über 60 an der Zahl, freilich die Gäste bei Weitem nicht bergen konnten, so daß eine große Zahl Fest- theilnehmer sich auf die benachbarten Lokalitäten vertheilte; auch der große Park des Mühlenkamp-Etabliflements war voll besetzt. So verlies die Maiseier der Hamburger   Arbeiterschaft in der er- sreulichsten und würdigsten Waise und wenn die Bourgeoispresse, da sie sonst nichts zu tadeln findet, die Zahl der Theilnehmer in kleinlicher Weise zu verkleinern sucht, so kann man ihr dieses kindliche Vergnügen gerne gönnen. Dortmund  . Die Betheiligung au der Maifeier hat selbst die kühnsten Hoffnungen übertroffen. Mehr als 7000 Menschen füllten schon Nachmittags 3 Uhr die weiten Räume der Hoberts- bürg und immer noch zogen neue Schaaren herbei, so daß gegen 5 Uhr die Zahl der Theilnehmer noch eine erheblich höhere war und das Gedränge nicht nur auf der großen Festwiese auf »velcher Schaubudenbcsitzer ihre Sehenswürdigkeiten mit lauter Slimnie anpriesen sondern selbst in den weiten Gartenanlagen sich fast bis zur Unerträglichkeit steigerte. In den Saal zu ge- langen, worin Genosse Block die Festrede hielt, war unter diesen Umständen für mehr als die Hälfte der Anwesenden zur Un- Möglichkeit geworden. Die Stimmung war trotzdem eine vor- treffliche. Die überflüssigeriveise zahlreich ausgebotene Polizei- Mannschaft verhielt sich ruhig, nur Abends 11 Uhr, als plötzlich von einem Kommissar Feierabend geboten und zum Auseinandergehen ausgefordert wurde, welchem Verlangen bei dem Gedränge natürlich nicht ein Jeder sofort Folg? geben konnte, kam es zu bedauerliche» Rempeleien, wobei eimge Personen von den Pferden der Polizisten über den Hausen gerannt wurden. Bei dieser Gelegenheit haben die sozialdemokratischen Arbeiter Dortmunds bewiesen, daß sie sich bewußt sind, unserer Sache einen besseren Dienst zu erweisen, wenn sie jede Provokation, von welcher Seite sie auch immer kommen niöge, kaltblütig von sich abweisen, als nach dem Rathe gewisser Maulhelden ihr Recht mit der Faust zu vertheidigen. Erfreulich ist es, miithcilen zu können, daß wir hier aus dem Lande festen Fuß gefaßt haben selbst in solchen Orten, wo bisher die ultramontane Heuchlersippe das ganze öffentliche Leben beherrschte. Die starke Betheiligung der Arbeiter aus solchen Orten an der Maifeier hat den Beweis� dafür geliefert. Vom Harz. Die Genoffen von Lauterberg  , Herzberg  , Andreasberg und Umgegend beginge» die Maifeier gemeinschaft- lich in Schcrzfeld. Zirka 600 Genossen und Genossinnen betheiligten sich daran. Nachmittags von 25 Uhr war Konzert, welchem eine Ansprache des Vertrauensmanns folgte und zuin Schlüsse gab's Tanzvergnügen, welches bis zum Morgen dauerte. Nur zu schnell vergingen den Festtheilnehmern die froh verlebten Stunden, bis der schrille Ton der Lokomotive zum Abschied mahnte. Mit dem Bewußtsein, den Achtstundentag aufs würdigste gefeiert zu haben, fuhr man der Heimat zu. Würzen i./S. 2. Mai. Trotz des regnerischen Wetters verlief die heutige Maifeier unter außergewöhnlich zahlreicher Bctheiligung. Bei rinnendem Regen strömten an 700 Genossen und Genossinnen nach dein eine Viertelstunde von der Stadt gelegenen Festlokal. Nach dem Gesang der Marseillaise  hielt Redakteur Thiele die Festrede, welche stürmischen Beifall fand. Punkt 5 Uhr mußte auf Anordnung der Polizei die Feier beendet sein, da für diese Stunde der'Wirth den Beginn der Ballmusik angemeldet hatte und eine vom Wirthe erbetene Hinaus- rllckung des Beginns desselben von der Polizei nicht genehmigt worden war. Trotzdem war die Anordnung getroffen worden, daß von 5 bis 6 Uhr der Saal leer stehen müsse. Da die ander- weiten Räumlichkeiten des Festlokales bei weitem nicht hinreichten, die Erschienenen während der Sperrstunde aufzunehmen, mußten fast alle den Weg zur Stadt machen und dann wiederkommen. Das geschah denn auch in einem Umfange, daß der abendliche Ball überaus starken Zuspruch fand. Auch dieser Theil der Feier verlief in bester Weise. »» Maifeier im Auslände.* Die italienischen Blätter stellen, wie dieVoss. Ztg." miltheilt,hochbefriedigt den ruhigen Ver- lauf der Maifeier fest und bedauern die vom Bürgerthum viel- fach bewiesene Aengstlichkeit." Die Mailänder Presse verlangt die Versetzung des Polizei-Direktors, weil er u n n ö t h ig ein scharfes Vorgehen der Truppen und unterschiedslose Ver- Haftungen verschuldet hat. Laut derTribuna" befinden sich unter den 55 Verhafteten überwiegend friedfertige Passanten, denen nur ungenügende Leichtfüßigkeit bei der Räumung des Domplatzes und der Galerie durch das Militär zur Last fällt. Eine veruuglückte Anzapfung der Sozialdemokratie leistet sich die Berliner  Volks-Ztg.", indem sie in einer Kritik der Hamburger   Tabakarbeiter-Genossenschaft sagt:Entsprechend der Entwickelung des Unternehmens, gebrauchen die Herren mehr Geld; statt dasselbe nun durch Ausnahme neuer Genoffen, welche an dem Reingewinn Antheil haben, zu schaffen, haben sie be- schlössen, das Geld durch Ausgabe von Schuldscheinen zu be- schaffen, d. h. sich Geld zu borgen und dasselbe zu verzinsen, ganz nach kapitalisttfcher Manier." Die Sozialdemokratie hat mit der Errichtung von Genossen- schaften bekanntlich gar nichts zu thun, was auch dieVolks-Ztg." nunmehr wissen könnte. Gerade hinsichtlich der Hamburger  Tabakarbeiter-Genossenschaft hätte sie sich aus den Berichten des Vorwärts" bessere Information einholen können. I« Neudorf, einem am Fuße des Fichtelgebirges gelegenen erzgedirgischen Orte, fand am 30. April zum ersten Male eine öffentliche sozialdemokratische Versammlung statt; der sozialdemo- lratische Wahlverein für den 21. sächsischen Reichstags-Wahlkreis hatte dieselbe arrangirt. Trotz des großen Schneefalles war die Versammlung von über 300 Personen besucht. Genosse Grenz. Chemnitz   sprach über:Die politische und wirthschaftliche Lage Deutschlands  ." Die Zuhörer folgten den Ausführungen nnt großer Aufmerksamkeit und bekundeten durch lebhaften Beifall ihr Einverständniß mit dem Vortrage, der darin gipfelte, daß nur die Sozialdemokratie allein bestrebt und fähig sei, bessere Zustände zu schassen. Trotz wiederholter Aufforderung meldete sich kein Gegner zum Wort. Am 1. Mai sollte Grenz Vor- mittags in Zschopau   und Nachmittags in Annaberg über die Be- deutung der Feier sprechen. Beide Versammlungen sind vereitelt worden: die Versammlung in Annaberg durch Zurückziehung des Lokals, die Zschopauer   Versammlung dadurch, daß sie der angeblich freisinnige Bürgermeister auf Grund von§ 5 des sächs. Vereinsgesetzes verbot. Autisemitische Denunziation. In einer am 29. April in N e u n k i r ch e n bei Chemnitz   stattgehabten antisemitischen Versammlung hielt ein Dr. D a n n e i t aus Bielefeld   einen Vortrag über das Judenthum. Bei Eröffnung der Versammlung brachte der Einberufer ein Hoch aus Kaiser und König aus und bei dieser Gelegenheit blieben die meisten der Anwesenden sitzen. Die aus Chemnitz   anwesenden Genoffen Albert, Grenz, Jrmsch und Langer hatten sich jedoch von ihren Sitzen erhoben. Bei Beginn des Vortrages erklärte nun der Referent, daß sein teutsches" Herz tief verletzt worden sei, als er gesehen, wie die Versammelten sich bei dem Hoch auf Kaiser und König nicht von ihren Plätzen erhoben hätten, und ivandte sich darauf an den überwachenden Gensdarmen, demselben sagend, daß Herr Grenz aus Chemnitz   sich nicht von seinem Platze erhoben hätte, was nach einer Entscheidung des Reichsgerichts eine Majestätsbcleidigung sei. Der Gendarm solle sich den Fall notiren. Genosse Langer erwiderte, daß er seine Freunde bei Beginn der Versammlung aufgefordert habe, bei einem etwaigen Hoch auf Kaiser und König aufzustehen, da man sich in einer Gesellschaft von Denunzianten befinde, und Genosse Grenz verwahrte sich entschieden dagegen, nicht aufgestanden zu sein, worauf der anti- semitische Doktor erklärte, er habe sich in der Person geirrt, es sei ein anderer Herr mit schwarzem Bart gewesen, der nicht aufgestanden sei! Dem Referenten wurde übrigens gründlichst heimgeleuchtet. Die Chemnitzer   Genoffen bitten nun die Redaktionen aller Ar- beiterblätter dringend, von dem unerhörten Vorfall Notiz zu nehmen, damit alle Arbeiter sich vor Schaden hüten können, wo jener antisemitische Denunziant auftritt. Tie von 600 Personen besuchte Versammlung nahm gegen 5 Stimmen eine Resolution an, ivelche sich gegen den Anti- semitismus richtete. Im Anschluß an die Durchsuchung einer Kaserne in Halle nach sozialdemokratischen Schriften ist auch bei mehreren Genossen Haussuchung gehalten worden. In der Freitag Nacht sollen nämlich an Soldaten Flugblätter vertheilt worden sein, welche die Maifeier betrafen. Dem HalleschenVolksblatt" ist davon nichts bekannt, es handelt sich also wahrscheinlich um ein leeres Gerücht. Keinesfalls hat die sozialdemokratische Partei Halles mit solchen nutzlosen und ftir die Söhne des Volkes, die Soldaten, unter Umständen verhängnißvollen Unternehmungen etivas zu thun. Aetzeude«, ivohlverdieuten Spott schüttet dieFrank- furter Zeitung" im ersten Morgenblatt ihrer Nr. 122 über die Jämmerlinge aus, welche der Arbeiterschaft die Maiseier gestört wissen wollten und deshalb der Polizei auf den schlotternden Knien danken, daß sie wenigstens die Umzüge nicht erlaubt hat. Das einflußreiche süddeutsche Blatt bezeichnet die Maifeier als einen mehr oder iveniger allgemein anerkannten Festtag, der für die Angst- meier aller Länder zu einen: Tag des Echreckgns geworden sei. Dann nimmt das Blatt das Verhalten der Polizei zur Maifeier unter die kritische Lupe, indem sie fragt: Ist's vielleicht der Gegenstand der öffentlichen Kundgebungen, der die Polizei- behörden zu ihren Repressivmaßregeln veranlaßt«? und ant- wortet: Erblickt man aber in der Aufstellung des prinzipiellen Postulats der staatlichen Regulirung der Arbeitszeit ein gesetzwidriges Vor- gehen, dem man mit dem rigorosen Mittel des Polizeiverbots entgegentreten müsse? Dann befände sich die Polizei im schroff st en Widerspruch mit der bekannten Kaiserbotschaft, welche die gesetzliche Regelung der Arbeitszeit im Allgemeinen in Aussicht stellte, im Widerspruch ferner mit unserer Arbeiterschutz-Gesetzgebung, welche wenigstens für die Arbeitszeit der Frauen und Kinder� bereits eine, wenn auch ungenügende gesetzliche Regelung getroffen hat, und mit der neuesten preußischen Berggesetz-Novelle, die in dem fakultativen Eingreifen der Bergbehörden wenigstens einen embryonalen An- sah zu einer gesetzlichen Fixirung der Arbeitszeit der männliche» Arbeiter enthält. Und glaubt etwa die Polizei, durch ihre Ver- böte die weitere Ausbreitung dieses Gedankens hintanhallen zu können? Das würde von einer kaum begreiflichen Verkennung wirthschaftlicher Entwickelungsgesetze zeugen." Der Polizei sind derartige Standreden nicht zum ersten Mal geHallen worden. Sie hat aber das traditionelle Privilegium, an den Forderungen des praktischen Lebens mit militärischer Strain- heit vorbei marschiren zu dürfen. Aus dem Militär rekrutirt sie sich, folglich ist nicht wissenschaftliches Erkennen, sondern schnei­diges Ge- und Verbieten ihr Element. »« Das letzte Vermiichtniß' eines alten Proletariers. Dieser Tage kam der alte Parteigenosse S t i e f l e r, zur Redaktion des Chemnitzer  Beobachters" und übergab derselben eine Anzahl Bücher mit dem Bemerken, er fühle die Nähe feines Todes, die Proletarierkrankheit ist bei ihm bis zum höchsten Stadium gediehen und da er nicht wolle, daß seine werth- vollen Bücher nach seinem Ende in unrechte Hände kämen, ver- mache er sie der Partei! Wahrlich, ein gutes Zeichen für den Geist in unserer Partei! Dieser todtkranke" Proletarier, er kommt mit schlotternden Knien und zitterigen Händen und übergiebt den jungen Parteigenossen die alten Bücher, damit sie Kenntniß erhalten von der Geschichte der Partei! Dodteuliste der Partei. �Zacob H o r n u n g aus Spach- brücken, einer unserer bravsten Genossen im hessischen Kreise Dieburg  , ist in der Nacht vom Sonnabend auf Sonntag infolge einer schweren Lungenentzündung verschieden. Er war ein treuer Verfechter unserer Parteiprinzipien und hat selbst in den schweren Zeiten des Sozialistengesetzes die Fahne�der Partei hoch gehalten. Polizeiliches, Gerichtliches:e. In Hannover   war Genosse Heinrich Meister   vorm Schöffengericht angeklagt, weil er beim Weihnachtsvergnügen des Wahlvereins eine Festrede gehalten hatte, ohne daß das Ver- gnügen der Polizei, welche dasselbe der Festrede halber als Ver- fammlung ansah, angemeldet worden war. Der Veranstalter des Festes, Genosse Weirich und der Restauratenr Narten wurden frei- gesprochen, Genosse Meister dagegen zu 15 M. Geldstrafe bez. 3 Tagen Haft verurtheilt, weil er in der Festrede, nach Annahme des Gerichts, öffentliche Angelegenheiten behandelt hatte. Das Magdeburger   Schwurgericht verurtheilte die Arbeiter Karl Fritsche, Sebastian Rücker,' Alwine Fahnert, Karl Bock, Heinrich Taubel, Friedrich Schneider, Franz Schilling, Jakob Strohfuß wegen Meineids zu Zuchthausstrafen von je 1 Jahr 6 Monaten für alle Angeklagten, mit Ausnahme von Alwine Fahnert, die mit 1 Jahr bestraft ward. Der Thatbestand war nach der Anklage folgender: In einer Versammlung im Lingner'schen Lokal in Staßfurt  , in welchem Genosse Märiens das Referat hatte, soll derselbe die Worte gebraucht haben,das Recht- fprechungssystem sei miserabel". Dieserhalb war gegen Märiens ein Strafprozeß anhängig gemacht wotden, in welchem auch Märiens verurtheilt wurde. In diesem Strafprozeß sollen die Genossen Wieczerowsky, Holz und schließlich auch Neßler einen Meineid geleistet haben; dieselben hatten ausgesagt, daß die qu. Worte vom Genoffen Märiens nicht gebraucht worden waren. Da diese Worte aber nach dem Zeugniß der beiden Polizei- beamtcn doch gefallen waren, so wurden die Genossen Wieczerowsky, Holz und Neßler wegen Meineides angeklagt. In der Schwurgerichtsverhandlung gegen Wieczerowsky und Genossen sollen nun die oben genannten Angeklagten, indem sie letzteren gleichfalls durch Abgabe eines falschen Zeugnisses Beistand ge- leistet, sich eines Meineides schuldig gemacht haben dadurch, daß sie unter Eid aussagten,das Wort miserabel sei in einem Vortrage des Genossen Märiens nur ein einziges Mal gefallen, und zwar nur in Bezug auf die nationalliberale Partei." Außer- dem sollen sie ausdrücklich hervorgehoben haben, daß sie die Worte,das Rechtsprechungssystem sei miserabel" hätten hören müssen, wenn sie gefallen wären. Bei sämmtliche» Angeklagten lag die Sache so, daß sie bei ihrer Vernehmung im Prozeß Wieczerowsky im Vorverfahren bereits uneidlich dieselbe Aussage gemacht haben, wie sie dieselbe nachher im Hauptverfahren be- schworen. Da sich die Angeklagten der Verfolgung einer straf- baren Handlung, nämlich der Begünstigung ausgesetzt hätten, wenn sie in der Hauptverhandlung eine andere Aussage deponirt hätten als bei ihrer Vorvernehmung, so machte der Schwurgerichts- Präsident Jsenburt darauf ausinerksam, daß sämmtliche» Angeklagten der Schutz des Z 157 des Reichs-Straf- Gesetzbuches zur Seite stehe. Die Geschworenen billigten den Angeklagten den Schutz dieses Paragraphen zu. Wie die Magdeburger  Volksstimme" mittheilt, ertheilte der Vor­sitzende des Gerichts die Rechtsbelehrung an die Geschworenen in leidenschaftsloser, durchaus objektiver Weise. Die gleiche Objektivität scheint, wie wir aus dem Bericht desselben Blattes ersehen, dein Vertreter der Staatsanwaltschaft, Assessor Göllert, nicht nachzurühmen gewesen zu sein. Er erklärte nämlich, für einen Sozialdemokraten sei ein Meineid eine ganz harmlose Sache, durch denselben werde er in der Achtung seiner Genossen nicht herabgesetzt; die Sozialdemokratie habe die Abschaffung der Religion(!) aus ihre Fahne geschrieben, und daß damit die Heilig- keit des Eides untergraben werde, brauche dann erst gar mcht in Verwunderung zu versetzen. Aus dem Munde desjenigen Vertreters des Staates, für welchen subtilste Objektivität selbstverständliche Pflicht ist, eine solche ungeheuerliche Behauptung zu hören, ist denn doch das stärkste, was einer Partei im Schatten des Gerichtssaales, unterm Schutze des Talars geboten werden kann, und es ist deshalb nur zu wünschen, daß jener Vertreter der Staatsanwaltschaft die er- wähnte Beschuldigung öffentlich als Privatmann wiederholt. 'Die Antwort bliebe ihm nicht geschenkt. Die Maifeier hat unter anderem eine Gruppe von Leuten sehr vergnügt gemacht: die Berichterstatter hiesiger, auswärtiger und besonders auch ausländischer Blätter. Diese Herren hatte:» den Auftrag, alles mitzuthcilen, was geschehe, mit den Ausgaben für Depeschen nicht zu kargen, überhaupt auf dem Posten zu sein und die sehnsüchtig begehrten Nachrichten über den 1. Mai in größter Genauigkeit und Ausführlichkeit zu übermitteln. Extra hohe Bezahlung wurde zugesichert. Die ausländischen Redaktionen hatten gemeint, daß der 1. Mai außerordentliche Ordnungs« störungen bringen könne, und die Berliner   Blätter zwingt die Konkurrenz dazu, daß eines es dem anderen in Nachrichten über das Arbeiter- Maifest zuvorthut. Da nun Nichts passirte. depeschirten die Berichterstatter den Wortlaut aller ihnen zu Gesicht kommenden Schriften, die am Vormittag vor»venia Zu- Hörern gehaltenen Reden u. s. w. ausführlich nach Frankreich  , England und Amerika  . Und unsere Berliner   bürgerlichen Blatter berichteten seitenlang über die Feier, in komischem Widerspruch zu ihrer Versicherung, daß es sich blos um eine bedeutungslose Spielerei handle. Diese Berichterstattung hat etwas Spaßhaftes, doch andererseits offenbart sie, daß die Arbeiterbewegung heute im Vordergründe des Interesses steht, daß die Sozialderaokratie in gewissem Sinne politisch leitende Partei wird. Daß die Berichterstattung der bürgerlichen Presse die Feier zu einem ge- wöhnlichen Voltsfest zu stempeln sucht, kann»»an ihrer Verlegen- heit zu Gute hallen; etwas muß doch den Arbeitern am Zeuge geflickt werden, und wo so gar kein Grund zur Bemängelung ist, muß jeder, selbst der begabteste bürgerliche Journalist zu dem Mittel der Flunkerei greifen, von den vornehme» Orgauen des Auslands bis herab zurFreisinnigen Zeitung". Eine Kapital-